DIE WIRTSCHAFT
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MACHER &MÄRKTE 8<br />
„Wenn Du auf Autos stehst –<br />
hol Dir meinen Job!“<br />
Karosseriebauer Tamer Yildirim aus Warendorf macht bundesweit Werbung für seinen Handwerkszweig.<br />
Die Erfinder der Kampagne wissen ganz genau: Ehrliche Begeisterung steckt an.<br />
Bald wieder ein Hingucker: An dem alten SL-Cabrio ist noch einiges zu tun –aber Tamer Yildirim (r.) und seinem Kollegen Bülent Horzum macht die Arbeit sichtlich Spaß.<br />
Foto: Ines-Bianca Hartmeyer<br />
Was genau ihn an seinem Beruf begeistert?<br />
Da muss Tamer Yildirim<br />
nicht lange überlegen: „Für Autos<br />
habe ich mich schon immer interessiert“,<br />
sagt der 24-jährige Karosseriebauer,<br />
der bei der Firma Taflan in<br />
Warendorf angestellt ist. „Aber nur<br />
Kfz-Mechaniker –das war mir zu alltäglich.<br />
Die Arbeit als Karosseriebauer<br />
ist abwechslungsreicher. Es<br />
gehört sehr viel mehr dazu, als nur<br />
aufs Blech zu dengeln. Dazu braucht<br />
man Geduld, Konzentration und<br />
Kraft. Und diese Botschaft möchte<br />
ich auch jungen Leuten auf Lehrstellensucherüberbringen:<br />
Wenn Du auf<br />
Autos stehst –dann hol Dir meinen<br />
Job!“Bei Aussagen wie diesen geht<br />
Hubertus Kost, Pressesprecher<br />
der Handwerkskammer<br />
und verantwortlich für die<br />
Imagekampagne des Handwerks,<br />
das Herz auf. „Genau das wollen<br />
wir mit unserer neuen Aktion erreichen:<br />
über junge Menschen, die sich für ihren<br />
Beruf begeistern, Lust machen aufs<br />
Handwerk!“, sagt Kost. Die Rede ist von<br />
„Abklatschen!Hol Dir meinen Job“, dem<br />
jüngsten Ableger der großen Imagekampagne<br />
des Handwerks. Zwölf Junghandwerker<br />
aus ganz Deutschland werben dabei<br />
mit Videobotschaften im Internet für<br />
ihre Berufe –vom Maßschneider über<br />
eine Bootsbauerin bis hin zum Zimmerer.<br />
Mit ihrem Auftritt wollen sie symbolisch<br />
neuen Auszubildenden den Staffelstab in<br />
die Hand geben.<br />
Mehrere Tausend hatten sich als Gesicht<br />
für die Kampagne beworben, darunter<br />
auch Tamer.„Ich hattebereits vonder Aktion<br />
gehört, als mein Chef mich darauf<br />
ansprach“, erzählt der gebürtigeEnnigerloher.<br />
„Und weil<br />
ich das interessant<br />
fand, hab‘ ich<br />
mitgemacht.“ Mit<br />
Erfolg: Der 24-<br />
Jährige, der bei<br />
Kunden wie Kollegen<br />
gleichermaßen<br />
beliebt ist,<br />
blieb Runde für<br />
Runde im Rennen<br />
„Meine Freunde waren begeistert<br />
Die haben mich sofort angerufen<br />
und mir gesagt: Hey, dubist ja<br />
ein richtiger Werbestar!“<br />
Tamer Yildirim<br />
und landeteamEnde gemeinsam mit drei<br />
weiteren Mitstreitern aus NRW unter den<br />
zwölf Finalisten. Damit begann zugleich<br />
eine „Model-Karriere“ für den türkischstämmigen<br />
Ennigerloher, der in seiner<br />
Freizeit Taekwondo trainiert: „Interviews,<br />
Fotos, Dreharbeiten –das Kampagnen-Team<br />
wardreimal hier“, erinnert<br />
sich Tamer Yildirim schmunzelnd. „Allein<br />
das Film-Team aus Berlin hat einen<br />
kompletten Tag gebraucht, obwohl der<br />
Clip selbst nur eineinhalb Minuten lang<br />
ist!“<br />
Das Ergebnis schlug aber ein wie eine<br />
Bombe: „Meine Freunde waren begeistert<br />
Die haben mich sofort angerufen und<br />
mir gesagt: Hey, du bist ja ein richtiger<br />
Werbestar!“<br />
Dass sein Geselle nicht nur ein sympathisches<br />
Auftreten, sondern auch Talent für<br />
seinen Beruf hat, weiß sein Chef Hasan<br />
Taflan ganz genau. „Um ein guter Handwerker<br />
zu sein, braucht man drei Dinge:<br />
den Willen, das handwerkliche Geschick<br />
–und werdann noch diese spezielle Gabe<br />
hat, die über das reine Handwerk hinausgeht,<br />
ist unbezahlbar!“ All dies sieht er<br />
bei seinem ehemaligen Auszubildenden,<br />
der seit Anfang des Jahres bei ihm als Geselle<br />
arbeitet.<br />
Deswegen sei er<br />
der Richtige für<br />
die Kampagne<br />
und erhalte die<br />
volle Unterstützung<br />
von seinem<br />
Betrieb. Zwar habe<br />
das Unternehmen<br />
grundsätzlich<br />
mehr Bewerber<br />
als Lehrstellen –aber nicht immer<br />
brächten diese die richtige Einstellung<br />
mit. „Man muss für das Handwerk leben!“,<br />
ist Hasan Taflan überzeugt. So<br />
rührt er fleißig die Werbetrommel. „Wir<br />
sind bei den Job-Messen dabei, machen<br />
Aktionen an den Schulen, bieten Betriebsführungen<br />
an und arbeiten mit der<br />
Handwerkskammer zusammen“, schildert<br />
Hasan Taflan. „Wenn man Erfolg haben<br />
will, muss man die jungen Menschen<br />
für das Handwerk begeistern, nur dann<br />
hat unser Beruf auch eine Zukunft.“<br />
Für Tamer Yildirim gilt das auf jeden Fall<br />
schon jetzt: Er will erst einmal Erfahrung<br />
als Geselle sammeln –und wer weiß:<br />
Vielleicht ist dann sogar noch der Meistertitel<br />
drin. Ob er sich auf jeden Arbeitstag<br />
freut? „Klar“, meint der gebürtigeEnnigerloher.<br />
„Man lernt jeden Tag was<br />
Neues. Und wenn ich einen Wagen nach<br />
einem Unfall wieder richtig gut hinbekommen<br />
habe, dann macht mich das einfach<br />
zufrieden.“<br />
inb<br />
IMAGEKAMPAGNE<br />
„Abklatschen! Hol Dir meinen Job“ ist Teil der großen Imagekampagne, die das Handwerk vor fünf<br />
Jahren gestartet hat. Die Idee hinter der neuen Aktion: Zwölf Junghandwerker, die ihre Ausbildung<br />
abgeschlossen haben, suchen Nachfolger für ihre Lehrstelle. InVideos rufen sie Jugendliche auf, in<br />
ihre Fußstapfen zu treten.<br />
Rund 150 000 Ausbildungsplätze in130 Handwerksberufen stehen in jedem Jahr zur Verfügung. Bei<br />
der Aktion „Hol Dir meinen Job“ vertreten sind ein Zimmerer, ein Gerüstbauer, eine Mechatronikerin<br />
für Kältetechnik, ein Karosseriebauer, eine Bootsbauerin, eine Technische Modellbauerin, ein Maßschneider,<br />
ein Fleischer, eine Bäckerin, eine Friseurin, eine Orthopädieschuhmacherin sowie ein Orgelund<br />
Harmoniumbauer. Mit dieser Auswahl wollen die Macher die ganze Bandbreite des Handwerks<br />
präsentieren –von traditionell bis modern, von kreativ bis technisch.<br />
Das Konzept kommt an: Im April erst an den Start gebracht, hatten die Videos bereits in den ersten<br />
vier Wochen 800 000 Klicks. Bei so viel Resonanz ist die Handwerkskammer überzeugt davon, nicht<br />
nur die zwölf Ausbildungsplätze der Protagonisten neu besetzen zu können, sondern möglichst viele<br />
weitere Lehrstellen –auch in Berufszweigen, die weniger populär sind.<br />
www.handwerk.de<br />
www.facebook.com/handwerk