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DGG AG - DGG - Deutsche Gesellschaft für Grundbesitz AG

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Objekt im Detail | Historische Betrachtungen zum Objekthörden 1943 durch das Vorstandssekretariat der Wollgarnfabrikmitgeteilt, dass eine kurzfristig zu realisierende “Wohnung[...] dringend für eine kaufmännische Angestellte [benötigtwird], welche bisher einige leere Zimmer in Untermiete innehatte,dieselben aber wegen Tausch des Hauptmieters räumenmuss. Die Bemühungen um andere Ersatzräume sind bishergescheitert. Die Angestellte ist 31 Jahre alt und hat ein Kindvon zehn Jahren. Sie ist im Büro des technischen Direktors undmit dem Betrieb aufs beste vertraut und wir legen großen Wert17darauf, dass uns die Angestellte erhalten bleibt.” Die Wohnung,bestehend aus zwei Zimmern, Küche inkl. Speisekammerund Innenklosett mit Bad auf einer Gesamtfläche von ca.37 m², sollte in etwa 130 Tagen hergerichtet werden. Die dafürerforderlichen Kosten bezifferte man auf etwa 3.500 Reichsmark.– 1945 spitzte sich die Wohnraumsituation in der sächsischenGroßstadt Leipzig, wie in anderen deutschen Städtenauch, dramatisch zu. Aufgrund der Zerstörungen durch vorangegangeneLuftangriffe, aber auch durch den erheblichen Zustromvon Flüchtlingen und Vertriebenen mangelte es zunehmendan Wohnraum. Der Wiederaufbau in den vormals vorhandeneninnerstädtischen Strukturen oder auch in der Fortführungvon Quartiersbildungen der Weimarer Republik warjedoch kaum in annehmbarer Zeit zu bewältigen, nicht zuletztaufgrund der Tatsache, dass Baumaterial nicht oder nicht ausreichendzur Verfügung stand. Zumal die bis dahin vorherrschendeArchitektur mit historisierender Formensprache handwerklicheQualität und einen hohen Personalaufwand erforderte.Die vorherrschende Materialknappheit nahm stetig zu,so dass der eigens eingerichtete so genannte Dringlichkeitsausschussder Stadt Leipzig ausnahmslos zwingend erforderli-che Investitionen in die von Zerstörungen verschonte Bausubstanzzuließ. In der Praxis waren selbst genehmigte Arbeiten davonabhängig, inwieweit erforderliche Baustoffe überhaupt,wenn ja zu welchem Zeitpunkt und anhand welcher Auswahlkriterienund Prioritäten zugeteilt werden. In der Folge befandensich selbst augenscheinlich bewohnbare Objekte in einemüberaus desolaten Zustand mit vielerorts unzumutbaremWohnraum. Angesichts dieser Tatsache, jedoch vor allem aufgrundknapper finanzieller Mittel und nur bedingt vorhandenerBaustoffe entschloss man sich 1946 unter Besatzungsaufsichtdazu, zumindest die bisherige Struktur mit jeweils zwei Wohneinheitenpro Etage in zwei Geschossen des Objektes Nonnenstraße44 a aufzubrechen und zwei zusätzliche Wohneinheitenzu schaffen. Letztmalig – seit 1950 unter treuhänderischerVerwaltung und nunmehr unter der Firmierung VEB LeipzigerWollgarnfabrik bzw. ab 1969 als VEB BuntgarnwerkeLeipzig – sind bauliche Eingriffe mit dem Ziel zusätzlicher18Wohnraumbereitstellung in den 1960er Jahren aktenkundig.“Wer Künftiges gestalten will, muss in der Vergangenheitblättern” (André Malraux) – Die Revitalisierung der historischenObjekte zielt in Absprache mit den denkmalschutzrechtlichenBehörden und unter Berücksichtigung des vorhandenen Bestandesauf eine Rekonstruktion des architektonischen Erscheinungsbildesab, beinhaltet gleichermaßen die punktuelle Neuinterpretationdurch die Schaffung zusätzlicher Aufgänge, undzielt auf die Entwicklung moderner und auf einem hohen Niveaubasierender Wohnformen innerhalb dieser unverwechselbarenund authentischen Architektur, einer einzigartigen Mischungmarkanter wie kontrastreicher historischer Architekturströmungenim 20. Jahrhundert.Anmerkungen | Erläuterungen1 den überlieferten Planungs- und Bauunterlagen entnommen; in den Beständendes Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt Leipzigsind zahlreiche Aktenbände [Bände I bis XX (1875-2007)] enthalten, diedie Entwicklung der industriell und wohnwirtschaftlich genutzten Arealeentlang der Nonnenstraße 42-44 reflektieren; aus: Mitteilung der SächsischenWollgarnfabrik G.m.b.H. vom 18.12.1928 an das Baupolizeiamtdes Rates der Stadt Leipzig [Band VIII (1928-1931)]2aus: Mitteilung des Verbandes Sächsischer Industrieller vom 31.05.1929an das Wohlfahrtspolizeiamt der Stadt [a.a.O., Band VIII (1928-1931)]3aus: Mitteilung des Wohlfahrtspolizeiamtes vom 19.06.1929 an den vorgenanntenVerband [a.a.O., Band VIII (1928-1931)]4aus: Einspruch vom 02.07.1929 durch den vorgenannten Verband (imAuftrag/in Vollmacht der Wollgarnfabrik) zum Bescheid vom 20.06.1929,zugleich Aufsichtsbeschwerde [a.a.O., Band VIII (1928-1931)]5aus: Bescheid der Kreishauptmannschaft Leipzig vom 16.07.1929 im Rekursverfahrender Wollgarnfabrik [a.a.O., Band VIII (1928-1931)]6Tittel & Krüger – Ende der 1880er Jahre produzierten etwa 500 Arbeiterjährlich etwa 600 Tonnen Tapisseriegarn, zwanzig Jahre später hatte sichdie Belegschaft bereits vervierfacht; Mey & Edlich – heute ein exklusivesLeipziger Modelabel mit deutschlandweiter Ausstrahlung; Mädler – als einesder herausragenden Spiegelbilder des wirtschaftlichen Aufschwungszwischen 1880 und 1918 gilt beispielsweise der Bau der Mädler-Passagein der Leipziger Altstadt (1912-1914), einem der bedeutendsten erhaltenendeutschen Passagebauten aus der Spätzeit dieses Bautyps (Entwurf:Theodor Kösser, freier Architekt und Königlich-Sächsischer Baurat)7durch die Industrialisierung und damit verbundene Landflucht nahm dieEinwohnerzahl in kürzester Zeit sprunghaft zu, von anfangs etwa 40.000(1830er Jahre) auf mehr als 800.000 in der Blüte (1930); ca. 30.000Einwohner zählte der so genannte Leipziger Westen Ende des 19. Jahrhunderts,etwa 10.000 davon arbeiteten in den umliegenden Fabriken8vgl. hierzu die Ausführungen im Capital Immobilien-Kompass 20129bei den Wohngebäuden handelt es sich um Kulturdenkmale im Sinne desGesetzes zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmale im FreistaatSachsen (SächsDSchG) vom 3. März 1993 (in der Gesamtheit als Kulturdenkmalzu betrachten)10nachErrichtung der Fabrikanlagen 1887 als Vulkan Gummiwarenfabrikder Gebrüder Bässler geführt [a.a.O., Band XIII (1887-1972)]; Elster-Saale-Kanal – heute: Karl-Heine-Kanal – 1856 als eines von vielen infra-strukturellen Großbauprojekten von Karl Erdmann Heine initiiert undfinanziert, sollte die Wasserstraße die beschiffbare Weiße Elster mit derSaale (und weiterführend mit der Elbe) verbinden, die Verbindung ist bisheute noch nicht vollständig hergestellt (derzeit eines der größten Infrastrukturprojekteder Stadt Leipzig); der Kanal ist einer der idyllischsten undbeliebtesten Wasserwege im Leipziger Gewässerverbundsystem11 1893 wird in den überlieferten Planungs- und Bauunterlagen erstmals aufden Fabrikanten Philipp Penin verwiesen [a.a.O., Band XIII (1887-1972)];Peninsche Fabrik oder Gummiwarenfabrik Penin – umgangssprachlicheBezeichnung in historischen Dokumenten; eingetragene Bezeichnung alsPhil. Penin Gummi-Waaren-Fabrik Actiengesellschaft12 aus: Mitteilungen der Peninschen Fabrik vom 02.08.1922 und vom28.05.1925 an die städtischen Genehmigungsbehörden, in der auf dieDringlichkeit der geplanten Fabrikerweiterungen verwiesen wird; darüberhinaus wurde dies in einer Mitteilung vom 12.08.1925 an den Stadtratnochmals untermauert, mit dem Verweis, dass “die Arbeiten drängen, dawohl in den nächsten Tagen der Bauarbeiterstreik sein Ende erreicht habenwird und wir großes Interesse an der Fertigstellung dieses Erweiterungsbaueshaben” [a.a.O., Band VII (1913-1928)]13 1927 fusionierte die Phil. Penin Gummi-Waaren-Fabrik Actiengesellschaftmit der Leipziger Gummiwarenfabrik in Leipzig-Großzschocher; in einerAktennotiz vom 10.04.1928 wird darauf verwiesen, dass “die ehemaligeGummiwarenfabrik Penin nicht in Betrieb ist. Eine Wiederaufnahme derArbeit ist nicht zu erwarten, da nach fernmündlicher Aussage des DirektorsWeise die Maschinen verkauft werden.” [a.a.O., Band VII (1913-1928)]14einer entsprechenden Mitteilung des Stadtsteueramtes am 22.06.1928entnommen [a.a.O., Band VII (1913-1928)]15aus: Mitteilung des Rates der Stadt vom 08.07.1929 an die Kreishauptmannschaft[a.a.O., Band VIII (1928-1931)]16so genannte Anordnung zur Wohnraumlenkung – nach Möglichkeit solltedurch den Umbau freier gewerblicher Räume oder durch den Ausbau vonDachräumen zusätzlicher Wohnraum verfügbar gemacht werden17aus: Anlage zum Baugesuch der Wollgarnfabrik Tittel & Krüger und Sternwoll-Spinnerei<strong>AG</strong> vom 19.04.1943 [a.a.O., Band XII (1935-1970)]18der Wohnungsausbau wurde genehmigt, im Rahmen der zeitgleich formuliertenMaterialanforderung “für laufende Ausbesserungsarbeiten” wurde“nach Prüfung [...] festgestellt, dass die Arbeiten größtenteils nicht als vordringlichangesehen werden können.” [a.a.O., Band XII (1935-1970)];vgl. darüber hinaus den Wohnungsausbau und die Schaffung von Wohnunterkünftenin den 1960er Jahren [a.a.O., Band XI (1961-1964)]45

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