DIE SPUR FÃœHRT NACH HANN.MÃœNDEN - Mauritz & Grewe
DIE SPUR FÃœHRT NACH HANN.MÃœNDEN - Mauritz & Grewe
DIE SPUR FÃœHRT NACH HANN.MÃœNDEN - Mauritz & Grewe
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» WISSEN<br />
Was einige seiner Schützlinge erleben dürfen,<br />
war Albrecht von Haller (1708-1777)<br />
leider – wie allen anderen Menschen übrigens<br />
auch – nicht vergönnt: 300 Jahre alt zu<br />
werden. Der Gründer des Botanischen Gartens<br />
der Universität Göttingen hatte von seinen zahlreichen<br />
Exkursionen jede Menge Pflanzen mitgebracht,<br />
die er in Göttingen seßhaft machte und<br />
die zuweil von einer großzügigen Lebenserwartung<br />
profitieren.<br />
Gefeiert wird von Hallers Geburtstags-Jubiläum<br />
zwar aus naheliegenden Gründen ohne ihn, dafür<br />
aber mit Livemusik, kulinarischen Spezialitäten<br />
aus aller Welt und einer großen Tombola (Preise<br />
sind herzlich willkommen!) und – für aufmerksame<br />
Gäste – mit einer Schatzsuche. Eine schöne<br />
Gelegenheit, die idyllische Grünlandschaft zwischen<br />
Oberer Karspüle, Nikolausberger Weg und<br />
Wilhelm-Weber-Straße am 17. August anzusteuern,<br />
um ein Fest der Sinne zu genießen – obwohl<br />
dies für aufmerksame Besucher jeden Tag des Jahres<br />
möglich ist und sich der Weg zum Botanischen<br />
Garten somit immer lohnt. Nicht zuletzt, weil<br />
man dort auch einiges lernen kann... Mal Hand<br />
aufs Herz: Könnt ihr eine Fliege von einer Biene<br />
unterscheiden? Gut. Und eine Biene von einer<br />
Wespe? Schon schwieriger? Dann wisst ihr aber<br />
bestimmt, ob Hummeln stechen können... (ja)<br />
Oder Libellen...? (nein) Aber wie nah Kartoffeln<br />
und Tomaten miteinander verwandt sind (sehr!),<br />
ist euch nun nicht gerade geläufig...? Dann seid<br />
ihr bei Dr. Gabriele Weis und ihrem Kollegen Dr.<br />
Michael Schwerdtfeger bestens aufgehoben. Die<br />
beiden Göttinger Biologen führen mit regelmäßigen<br />
Exkursionen (siehe Infokasten) durch den<br />
Alten Botanischen Garten der Universität.<br />
Der ist seit der Universitätsgründung 1736 ein<br />
Ort der Pflanzenforschung und „natürlich“ im<br />
Wortsinn ist die fünf Hektar große Grüne Oase als<br />
schönste Grünanlage der Göttinger Innenstadt beliebt.<br />
Rund 90 000 Besucher pro Jahr nutzen das<br />
kostenlose Angebot, nur wenige Gehminuten von<br />
Bahnhof und Fußgängerzone entfernt im Schatten<br />
30 STADTMAGAZIN 37<br />
alter Bäume oder zwischen blühenden Beeten zu<br />
spazieren oder in den historischen Gewächshäusern<br />
dem Zauber tropischer Vegetation zu entdecken.<br />
Und dennoch...<br />
„So schmecken die Tropen“<br />
„Es fällt schon auf, dass gerade Stadtkinder, aber<br />
immer mehr auch Eltern, offensichtlich nur noch<br />
ein eingeschränktes Wissen über Pflanzen und<br />
Tiere haben“ beobachtet Biologin Dr. Weis bei<br />
ihren Führungen. Diese kosten weniger als eine<br />
Kinokarte und erschließen unbekannte Welten<br />
quasi vor der Haustür. „Fühlen und Tasten, mit<br />
allen Sinnen spüren“ heißt ein Angebot, „Nachts<br />
im Botanischen Garten“ wird am besten mit Taschenlampe<br />
und festem Schuhwerk unternommen.<br />
„Mini-Exkursionen durch den Regenwald“<br />
mitten in Göttingen? Klar... „Fleischfresser, Menschenfänger<br />
und Angsthasen“ tauchen in den Berichten<br />
der ersten Übersee-Reisenden über die<br />
dortige Pflanzenwelt auf. Aber was ist dran an<br />
den Geschichten? Probieren geht auch hier über<br />
Studieren, denn: „So schmecken die Tropen“ und<br />
„Gewürze aus aller Welt“ lassen sich auf diese<br />
Weise gut und gern kennen lernen.<br />
Ein Teil der Themenführungen – nämlich jener<br />
für die jüngeren Besucher – passt auch in den<br />
Rahmen eines besonderes Projekts: „Die grüne<br />
Klasse“ richtet sich an Schulen, Kindergärten<br />
sowie Kinder- und Jugendgruppen. „Wir bieten<br />
einen außerschulischen Lernort mit besonderem<br />
Charme“, erklärt Dr. Schwerdtfeger. Die Teilnehmer<br />
können im wahrsten Sinne des Wortes<br />
„begreifen“, um das Wissen aus Bio, Erd- und<br />
Sachkunde oder Religionsunterrricht zu vertiefen.<br />
„Das Angebot gibt es schon seit Jahren, wir haben<br />
ihm jetzt nur einen passenden Namen gegeben“<br />
sagt Dr. Weis.<br />
Was aber blüht (und gedeiht) uns eigentlich<br />
alles am Wall zur Innenstadt? „Die Primeln zum<br />
Beispiel schon Ende Januar, sonst sind sie erst Anfang<br />
März dran“, so eine Garten-Mitarbeiterin auf<br />
einem Frühlings-Rundgang 2008. Dennoch müsse<br />
man einen Einfluss des Klimawandels relativieren,<br />
sind sich Dr. Weis und Dr. Schwerdtfeger einig.<br />
Zu den Schwerpunkten „ihres“ Gartens gehören<br />
Moose und Farne, Sumpf- und Wasserpflanzen,<br />
Bromelien, Passionsblumen und andere Pflanzen<br />
Mittel- und Südamerikas – bemerkenswert allein<br />
sein ungeheurer Artenreichtum: Mit seinen über<br />
10 000 Pflanzenarten zählt der Alte Botanische<br />
Garten Göttingen zu den bedeutendsten Deutschlands.<br />
Er gehört zur Biologischen Fakultät und ist in<br />
Lehre und Forschung mit der Abteilung Systematische<br />
Botanik verbunden. Zur Fakultät gehört<br />
auch der experimentell-ökologisch ausgerichtete<br />
Neue Botanische Garten im Universitäts-Nordbereich<br />
in Göttingen-Weende. Ebenfalls in Weende<br />
liegt der Forstbotanische Garten der Forstwissenschaftlichen<br />
Fakultät. Beide ebenfalls besuchenswert...<br />
Der „Alte“ befindet sich unterdessen noch immer<br />
am selben Ort. Gegründet übrigens als „hor-<br />
Der ALTE BOTANISCHE GARTEN der Uni Göttingen lohnt immer einen Besuch – ganz besonders am 17. August,<br />
wenn der 300. Geburtstag seines Gründers groß gefeiert wird.<br />
tus medicus“, denn Botanik („Kräuterkunde“)<br />
wurde damals von Ärzten und Apothekern betrieben.<br />
Als Initiator und bis 1753 Direktor des Gartens<br />
sammelte der schon zu Lebzeiten berühmte<br />
Mediziner, Botaniker und Dichter Albrecht von<br />
Haller in den Alpen und im Harz Pflanzen für den<br />
Botanischen Garten; schon wenige Jahre nach der<br />
Gründung ließ er auch einen ersten „Gewächs-<br />
Saal“ errichten.<br />
Mit dem Interesse an Kolonialwaren und den<br />
Entdeckungsreisen in ferne Weltgegenden wurden<br />
Botanische Gärten zu Auffangstationen für<br />
zahllose exotische Pflanzen, die der Wissenschaft<br />
noch unbekannt waren. So entwickelte sich die<br />
ursprüngliche Hilfswissenschaft der Medizin zur<br />
Lehre von Bau und Leben der Pflanze und der<br />
Vielfalt der Pflanzenarten.<br />
Tarzan ohne Chance<br />
Aus dem 19. Jahrhundert stammen auch die<br />
07/2008