DIE SPUR FÃœHRT NACH HANN.MÃœNDEN - Mauritz & Grewe
DIE SPUR FÃœHRT NACH HANN.MÃœNDEN - Mauritz & Grewe
DIE SPUR FÃœHRT NACH HANN.MÃœNDEN - Mauritz & Grewe
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» KULTUR<br />
Nach der Sommerpause melden sich<br />
die Schauspielbühnen mit ihren neuen<br />
Programmen für die Spielzeit 08/09 zurück.<br />
Nachfolgend ein kleiner Vorgeschmack<br />
auf die kommenden Inszenierungen<br />
des JUNGEN THEATERS und des<br />
DEUTSCHEN THEATERS in Göttingen.<br />
Wer willst du sein in dieser Welt? Und wie<br />
soll die Welt sein, in der du Leben willst?<br />
Fragen, die man sich zu stellen vermag,<br />
wenn die Realität bedrohlich nahe kommt und<br />
schleichend das Sein zu bestimmen versucht. Eine<br />
Realität, die kommen muss, das Bewusstsein einzuschalten.<br />
Doch was ist, wenn die Wahrheiten des<br />
Lebens nicht die Form annehmen, die man sich<br />
gewünscht hätte? Was, wenn sie dunkle Abgründe<br />
hervorbringt, deren graue Passagen langsam aber<br />
sicher das letzte Körnchen Glückseeligkeit von<br />
innen heraus zersetzten? Wenn das Sehnsucht-<br />
Haben an Kräften verliert und das Ich nicht mehr<br />
heute lebt, sondern im vorherbestimmten düsteren<br />
Morgen? Es ist nicht einfach, die eigene Identität<br />
zu finden, wenn niemand da ist, der das Licht<br />
anschaltet oder von vorn herein klar ist, dass die<br />
Glühbirne nichts taugt.<br />
Verlorene Persönlichkeiten in ihrem<br />
einsamen Kampf, die darauf warten,<br />
erhört zu werden.<br />
So geht es auch Wendla, die Halt sucht bei ihrer<br />
Mutter. Doch weiß sie nicht so recht, wie ihr<br />
geschieht, als diese für sie eine Abtreibung organisiert,<br />
weil sie selbst ihre Aufklärungsarbeit in<br />
Sachen Sexualität aus Scham verweigerte. Die<br />
halbwüchsige Wendla stirbt an den Folgen des<br />
Eingriffs. Halt bei den Erfahrenen sucht auch Moritz<br />
in seiner pubertären Schwermut. Überfordert<br />
vom Erwachsenwerden wird auch er in die trostlose<br />
Dunkelheit des Einsamseins abgeschmettert,<br />
bis er sich schließlich erschießt. Schnell ist auch<br />
ein Verantwortlicher für den Tod von Moritz gefunden:<br />
der liberal erzogene Melchior, der sich<br />
Sehnsucht<br />
schafft Auflehnung,<br />
trotzt der Lethargie!<br />
kurzerhand in einer Erziehungsanstalt wieder findet,<br />
in der er zu einem angepassten Mann geformt<br />
werden soll. Verlorene Persönlichkeiten in ihrem<br />
einsamen Kampf, die darauf warten, dass sie jemand<br />
erhört. In Frank Wedekinds Frühlings Erwachen<br />
geht es um die Geschichte einer Generation,<br />
die sich alleine am äußersten Rande der Klippen<br />
befindet und zum Scheitern verdammt ist. Es fehlt<br />
die Gelegenheit, nach seinem Ich suchen zu können,<br />
sein Selbst als Teil der Gesellschaft und die<br />
Gesellschaft als Teil des Selbst zu finden. Der Ausweg<br />
scheint unerreichbar, und wenn er überhaupt<br />
kommt, dann oftmals viel zu spät.<br />
Helfen kann man sich nur selbst, und das mit<br />
allen möglichen Mitteln. Da bleibt das eine oder<br />
andere Mal auch die Moral auf der Strecke. Aber<br />
diese hat im Leben doch eh nichts zu suchen.<br />
Wenn das Glück an der Tür klopfen soll, dann<br />
muss diese auch erreichbar sein und nicht von<br />
angstbleichen Verhaltensregel-Offizieren verriegelt.<br />
Da kommt man um Diebstahl, Lügerei und<br />
Intrigen halt nicht herum. Vor allem wenn man<br />
sich etwas wünscht, das man selbst nicht haben<br />
kann. Ein Kind zum Beispiel und das unerschütterliche<br />
Verlangen nach Liebe, Geborgenheit<br />
und Glück. Sich der Realität annehmen und ihr<br />
trotzen steht dann auf dem Plan. Das weiß auch<br />
Frau John aus Gerhart Hauptmanns Die Ratten<br />
und kauft ihrer Nachbarin Pauline Piperkarcka<br />
ihr Neugeborenes ab. Das passte sowieso nicht<br />
in ihre Welt. Einen kurzen Moment scheint alles<br />
wieder im Gleichgewicht, doch dann entschließt<br />
sich Pauline, das Kind doch zu behalten. Fast ein<br />
bisschen ergreifend wirkt der Zusammenbruch der<br />
Netze aus Lügen und unmoralischen Geschäften,<br />
die auf dem Fuße des Egoismus stehen, haben sie<br />
ihren Ursprung doch auch nur in der unbändigen<br />
Sehnsucht nach dem wahren Glück.<br />
Lasst Sehnsüchte walten<br />
und eure Wünsche sprechen,<br />
lebt und bleibt nicht stehen!<br />
Das Erkennen ist es, was uns den Weg weist, denn<br />
nur durch Erkennen entsteht der Drang nach Rebellion,<br />
sich aufzulehnen gegen die Umstände des<br />
eigenen Lebens und nicht etwa zu verharren in<br />
seinem Alltagstrott und der Einöde. Lasst Sehn-<br />
süchte walten und eure Wünsche sprechen, lebt<br />
und bleibt nicht stehen! Denn die Sehnsucht nach<br />
Schönem und Großem übertrifft jede Realität.<br />
// TEXT: SONJA GRZEGANEK / FOTO: STOCK.XCHNG<br />
JUNGES THEATER<br />
18.09.08 <strong>DIE</strong> RATTEN (Gerhart Hauptmann)<br />
25.09.08 BAUMEISTER SOLNESS (Hendrik Ibsen)<br />
26.10.08 AN DER ARCHE UM ACHT (Ulrich Hub)<br />
06.11.08 DER CLUB DER TOTEN DICHTER<br />
(Tom Schulman)<br />
20.11.08 HEIMWEH <strong>NACH</strong> DRÜBEN (Uwe Wilhelm)<br />
29.11.08 VON MAUS UND MOND (Paul Maar)<br />
Januar 2009 KASIMIR UND KAROLINE (Ödön von Horváth)<br />
Februar 2009 <strong>DIE</strong> GROßE ERZÄHLUNG (Bruno Stori)<br />
Februar 2009 KOMMT EIN MANN ZUR WELT<br />
(Martin Heckmanns)<br />
April 2009 CALIGULA (Albert Camus)<br />
Mai 2009 CAMPING CAMPING<br />
(frei nach Sommernächte von M. Gorki)<br />
DEUTSCHES THEATER IN GÖTTINGEN<br />
PREMIEREN IM GROSSEN HAUS :<br />
27.09.08 RICHARD III. (William Shakespeare)<br />
04.10.08 DER MENSCHENFEIND (Molière)<br />
11.10.08 WARTEN AUF GODOT (Samuel Beckett)<br />
15.10.08 TINTENHERZ (Cornelia Funke)<br />
29.11.08 DAS LETZTE FEUER (Dea Loher)<br />
20.12.08 EVITA (Andrew Llyod Webber/Tim Rice)<br />
24.01.09 DANTONS TOD (Georg Büchner)<br />
21.02.09 FRÜHLINGS ERWACHEN<br />
(Frank Wedekind)<br />
21.03.09 <strong>DIE</strong> EHE DER MARIA BRAUN<br />
(Rainer Werner Fassbinder)<br />
18.04.09 <strong>DIE</strong> FAMILIE SCHROFFENSTEIN<br />
(Heinrich von Kleist)<br />
09.05.09 DER MANN IN SCHWARZ<br />
(Das Leben und die Lieder von<br />
Johnny Cash)<br />
06.06.09 GRIMMS WELT<br />
PROJEKTE:<br />
Ab Oktober 2008 <strong>DIE</strong> WELT ALS BÜHNE<br />
Ab Frühjahr 2009 FRIEDLAND<br />
52 STADTMAGAZIN 37 07/2008