Der Wolf ist wieder da - Bund Naturschutz in Bayern eV
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Foto: Koerner<br />
Erkundungstour<br />
E<strong>in</strong> sechs Wochen<br />
alter Welpe aus<br />
dem Milkeler Rudel<br />
<strong>in</strong> der Lausitz entdeckt<br />
die Welt.<br />
Die Autoren<br />
Chr<strong>ist</strong>ian Hierneis<br />
<strong>ist</strong> Vorsitzender<br />
der BN-Kreisgruppe<br />
München und<br />
Mitglied des BN-<br />
Landesvorstands.<br />
Als »Beauftragter<br />
des BN für große<br />
Beutegreifer« <strong>ist</strong><br />
er auch Mitglied<br />
der im Text genanntenSteuerungs-<br />
und Arbeitsgruppe<br />
beim<br />
Umweltm<strong>in</strong><strong>ist</strong>erium<br />
und arbeitet<br />
hier an den Managementplänen<br />
für <strong>Wolf</strong>, Bär und<br />
Luchs mit.<br />
Dr. Kai Frobel <strong>ist</strong><br />
Referent des BN<br />
für Arten- und<br />
Biotopschutz<br />
(siehe auch Seite<br />
30).<br />
Foto: Roggenth<strong>in</strong><br />
nen, <strong>da</strong>ss der gesamte bayerische Alpenraum, wie vom<br />
Almwirtschaftlichen Vere<strong>in</strong> Oberbayern gefordert,<br />
»e<strong>in</strong>e No-Go-Area« für Wölfe se<strong>in</strong> soll? Entgegen allen<br />
gesellschaftlichen Zielen für mehr Natur <strong>in</strong> diesem<br />
Land und entgegen allen gesetzlichen Verpflichtungen?<br />
Umgekehrt können natürlich auch andere Interessengruppen<br />
nicht e<strong>in</strong>fach festlegen, <strong>da</strong>ss <strong>Bayern</strong> <strong>Wolf</strong>sland<br />
zu se<strong>in</strong> hat. Aber es gibt Gesetze. Sie schützen den<br />
<strong>Wolf</strong> streng und machen <strong>Bayern</strong> <strong>da</strong>mit automatisch<br />
zum <strong>Wolf</strong>sland, sobald die Tiere zurückkehren. Das<br />
freut uns Naturschützer natürlich, aber <strong>da</strong>s alle<strong>in</strong>e genügt<br />
nicht. Wir brauchen Akzeptanz. Für den <strong>Wolf</strong> und<br />
für die Argumente der jeweils »anderen Seite«. Denn<br />
ohne diese zu verstehen, kommen wir nicht zu e<strong>in</strong>em<br />
Konsens, zu e<strong>in</strong>er für alle Beteiligten akzeptablen Lösung.<br />
Und die muss <strong>da</strong>s Ziel se<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong> Plan für den <strong>Wolf</strong><br />
Um Konflikte abzumildern, Lösungen zu f<strong>in</strong>den und<br />
e<strong>in</strong>en vernünftigen Umgang mit dem <strong>Wolf</strong> und den anderen<br />
großen Beutegreifern Bär und Luchs zu erreichen,<br />
gibt es <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> die Steuerungs- und Arbeitsgruppe<br />
»Große Beutegreifer«. Sie hat sich nach dem<br />
Abschuss des Bären »Bruno« im Jahr 2006 beim bayerischen<br />
Umweltm<strong>in</strong><strong>ist</strong>erium gebildet. In der Arbeitsgruppe<br />
sitzen alle an e<strong>in</strong>em Tisch: Naturschützer und<br />
-nutzer, von Umweltverbänden über Schafhalter und<br />
Berufsjäger bis h<strong>in</strong> zu den Behörden. Hier werden<br />
unter Berücksichtigung der sehr unterschiedlichen Interessen<br />
<strong>in</strong> regelmäßigen Sitzungen Managementpläne<br />
für die Beutegreifer erstellt. Auch für den <strong>Wolf</strong> gibt<br />
es e<strong>in</strong>en solchen Plan; er muss nun wegen des ersten<br />
Foto: Gößwald<br />
14 Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> [1-11]<br />
sesshaften <strong>Wolf</strong>s <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> weiterentwickelt werden.<br />
Managementpläne regeln beispielsweise die Ausgleichszahlungen,<br />
die Nutztierhalter für gerissene<br />
Tiere erhalten. Verantwortlich für die Genehmigung<br />
der Auszahlung und deren Höhe <strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall <strong>ist</strong><br />
e<strong>in</strong>e Trägergeme<strong>in</strong>schaft aus <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong>, Landesbund<br />
für Vogelschutz und Wildland Stiftung des<br />
Bayerischen Jagdverbandes, die geme<strong>in</strong>sam mit dem<br />
Bayerischen <strong>Naturschutz</strong>fonds die Ausgleichszahlungen<br />
auch f<strong>in</strong>anzieren. E<strong>in</strong> »Netzwerk Große Beutegreifer«,<br />
bestehend aus geschulten Jägern, Landwirten,<br />
Förstern und Naturschützern, begutachtet gerissene<br />
Tiere und stellt fest, ob tatsächlich e<strong>in</strong> <strong>Wolf</strong> oder nicht<br />
doch e<strong>in</strong> wildernder Hund verantwortlich war. War es<br />
e<strong>in</strong> <strong>Wolf</strong>, wird der Schaden ersetzt.<br />
<strong>Der</strong> BN arbeitet <strong>in</strong>tensiv <strong>da</strong>ran mit, <strong>da</strong>ss für e<strong>in</strong> Zusammenleben<br />
mit dem <strong>Wolf</strong> bald Lösungen gefunden<br />
werden, die auch für die Nutztierhalter tragbar s<strong>in</strong>d.<br />
Die wichtigste Rolle werden hier vermutlich Herdenschutzmaßnahmen<br />
spielen (s. Seite 20).<br />
Farbe bekennen!<br />
<strong>Der</strong> Rückkehrer <strong>Wolf</strong> verlangt mehr als nur gelassene<br />
Toleranz von den <strong>Bayern</strong>. Die nach Bär Bruno geschaffenen<br />
behördlichen Voraussetzungen müssen jetzt mit<br />
Leben erfüllt werden. Das bedeutet sachkundige und<br />
breite Information vor Ort, <strong>in</strong>tensiven Dialog mit betroffenen<br />
Nutzergruppen wie den Schafhaltern, ausreichende<br />
f<strong>in</strong>anzielle Mittel für Präventionsmaßnahmen<br />
und unbürokratische Lösungen für e<strong>in</strong>e angepasste<br />
Tierhaltung. Das heißt aber auch: Die Rückkehr wird<br />
die Gesellschaft etwas kosten, und zwar den E<strong>in</strong>satz<br />
von Fachkräften und Geld. Wie <strong>in</strong> Frankreich: Dort <strong>ist</strong><br />
der <strong>Wolf</strong> seit 20 Jahren <strong>wieder</strong> heimisch. 20 Rudel mit<br />
circa 150 Wölfen leben mittlerweile im französischen<br />
Alpenraum – zusammen mit 800 000 Schafen. Das<br />
Land <strong>in</strong>vestiert jährlich bis zu fünf Millionen Euro <strong>in</strong><br />
<strong>da</strong>s möglichst konfliktfreie Zusammenleben von <strong>Wolf</strong><br />
und Mensch, also circa 30 000 Euro pro <strong>Wolf</strong>. Zuviel?<br />
30 000 Euro bezahlt man im Durchschnitt für zwei bis<br />
drei Meter neue Autobahn. Straßen werden problemlos<br />
f<strong>in</strong>anziert, obwohl wir <strong>da</strong>von im doppelten S<strong>in</strong>ne<br />
genug haben. Wölfe und Natur nicht. Die Zukunft verlangt<br />
Investitionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e »grüne Infrastruktur« und <strong>in</strong><br />
Wildtiere, die uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er »Abstimmung auf leisen Pfoten«<br />
ganz deutlich sagen, <strong>da</strong>ss sie gerne <strong>wieder</strong> hier<br />
leben würden.<br />
Die Zukunft verlangt auch klare politische Bekenntnisse<br />
für wenigstens e<strong>in</strong> Stückchen mehr freie Natur <strong>in</strong><br />
<strong>Bayern</strong>. Hier s<strong>in</strong>d sowohl der Umwelt- wie der Landwirtschaftsm<strong>in</strong><strong>ist</strong>er<br />
gefordert, wenn <strong>Bayern</strong>s Biodiversität<br />
um e<strong>in</strong>e der bekanntesten und zugleich <strong>in</strong><br />
Deutschland seltensten Tierarten bereichert wird. Aussitzen<br />
hilft nichts. Im S<strong>in</strong>ne der von der Staatsregierung<br />
2008 beschlossenen Biodiversitätsstrategie kann es nur<br />
e<strong>in</strong> Bekenntnis für den <strong>Wolf</strong> geben! <strong>Der</strong> <strong>Wolf</strong> <strong>ist</strong> Teil der<br />
Schöpfung, und als solchen sollten wir ihn – zumal <strong>in</strong><br />
Zeiten, <strong>in</strong> denen man die Bedeutung der Biodiversität<br />
immer klarer erkennt – auch behandeln. Im Ausgleich<br />
zwischen den Interessengruppen und zum Wohle aller.