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München besetzt<br />
Studentenproteste<br />
(Demos vom 17. und 22. November)<br />
Was will ich eigentlich?<br />
Nur die gängigen Verwertungslogiken reproduzieren? Und<br />
wenn’s ungemütlich wird, nach Updates schreien, um weiter<br />
karrierefähig zu bleiben? Aber das Betriebssystem nie in Frage<br />
stellen?<br />
Mir ist klar, dass die Bildung das integrative Moment in unsere<br />
Gesellschaft darstellt. Bildung beginnt eben nicht erst an der<br />
Hochschule, sondern schon im Kindergarten, hat derzeit viel<br />
mit den Finanzen und der Biographie der Eltern zu tun. Wenn<br />
die nicht auf dem Gymnasium waren, sieht’s für die Kinder<br />
auch schlechter aus mit Abitur.<br />
Das gesamte derzeitige exklusive Bildungssystem ist ein zu<br />
bekämpfendes. Ich lehne es ab, einem unbedingten funktionieren<br />
Müssen in fatalistischer Lehenstreue zu folgen.<br />
Ich will eine emanzipatorische Form des Lernens, ergebnisoffen,<br />
selbstreflexiv und kritisch, die ihre Entsprechung parallel<br />
in einer Praxis findet, die sich nicht an angeblichen<br />
Notwendigkeiten orientiert.<br />
Es ist naiv darauf zu hoffen,<br />
dass meine Wünsche aufgrund irgendwelcher<br />
Bittstellungen erfüllt werden.<br />
Da bekomme ich nie, was ich eigentlich will; ich muss das<br />
selbst in die Hand nehmen, dafür kämpfen. Ich bin der<br />
Produktionsfaktor Humankapital. So eine Scheiße. Es muss<br />
klar gemacht werden, dass den Begrifflichkeiten der immateriellen<br />
Arbeit rund um Wissens- und Informationsgesellschaft<br />
trotz aller gegenläufiger Rhetorik klassische materielle Faktoren<br />
zu Grunde liegen.<br />
Wirklich systemrelevant sind die bis jetzt verursachten Störungen<br />
kaum. Ziel muss ein Widerstand sein, der eine solche<br />
Störung ist, sprich die symbolischen Räume müssen verlassen,<br />
<strong>BDK</strong> <strong>INFO</strong> <strong>14</strong>/2010<br />
13<br />
B I L D U N G S P R O T E S T<br />
Alle Bilder mit Ausnahme des McAdbK Bildes (Verena Ledig) von Sinan von Stietencron.<br />
an verschiedensten Fronten gekämpft werden. Dort verschärft<br />
sich der Ernst des Spiels, geht in die unendliche Verlängerung.<br />
Die Werkzeuge, die wir uns jetzt bauen, das Wissen, welches<br />
wir uns jetzt aneignen, die Gemeinschaften, die sich jetzt<br />
bilden: »Auf zum Kampfe!« Dies wurde so direkt nach der<br />
Besetzung der Akademie in München verfasst. Wie gings weiter?<br />
Ersteinmal die übliche reaktionäre Repression. Security<br />
Mannschaften in die Akademie, am Abend alle rauswerfen,<br />
Debatten um entstandene Schäden aufbauschen etc. Den<br />
salong gibt es immer noch. Die konservative Mehrheit hat an<br />
der Akademie immer noch das Sagen, der Minister ist<br />
gesprächsbereit, aber Grundsatzdebatten werden bitte nicht<br />
geführt, Bologna ist und bleibt spitze.<br />
Wo wird denn die Grundsatzdebatte<br />
geführt? An der Kunstakademie mit<br />
Sicherheit nicht, hier versuchen die<br />
meisten nur ihre eigenen Schäfchen,<br />
mehr schlecht als recht, ins Trockene<br />
zu bringen.<br />
Das gilt auch für die Studierenden.<br />
Einige wenige Beteiligte (ja, auch Angestellte der Akademie<br />
und Professoren waren dabei, zudem Schüler, Studierende<br />
anderer Hochschulen und viele, viele andere aktiv interessierte<br />
…) sind aber durch die Besetzungen und die einhergehenden<br />
Proteste weitergekommen, manche in ihren Karrieren, mit<br />
ihren gebastelten Lebensläufen, die jetzt wohl auch einen<br />
Hauch von Revolution verströmen sollen, andere aber haben<br />
zu einer klaren, eigenen Position gefunden.<br />
Wir beweinen nicht die Seltenheit,<br />
sondern das Verschwinden.