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BDK_INFO 14 - BDK Bayern

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Drehen der »hinzugedachten« Körper im Raum, wobei sich<br />

das rechte Bild als das gesuchte erweist. Eine solche Umformung<br />

von Vorstellungsbildern wird in der Kognitionspsychologie<br />

als »mentales Drehen« (mental rotation 13 ) bezeichnet,<br />

wozu Google TM mehr als achthunderttausend Einträge aufführt.<br />

Darunter sind auch Hinweise darauf, dass mathematisch<br />

hochbegabte Jugendliche sich weit besser als durchschnittlich<br />

begabte auf das mentale Drehen verstehen. <strong>14</strong><br />

Abb. 2: Ein Sehtest: In der untersten Zeile sind drei Würfelobjekte abgebildet.<br />

Zwei der Bilder zeigen dasselbe Objekt aus verschiedenen Perspektiven, ein drittes<br />

dessen spiegelsymmetrisches Gegenstück. Die Kugelobjekte darüber haben<br />

die gleiche räumliche Grobstruktur. Im Falle der Würfelobjekte ist leicht zu<br />

erkennen, welches Bild dem Gegenstück entspricht. Für die Kugelobjekte gelingt<br />

das nur Probanden, die zuvor körperliche Modelle der Testobjekte anfassen und<br />

hin und her bewegen konnten.<br />

Bei den Kugelbildern (Abbildung 2, mittlere und obere Zeile)<br />

ist es dagegen kaum möglich, das gesuchte Gegenstück herauszufinden.<br />

Das liegt nicht etwa an einer Schwierigkeit mit dem<br />

mentalen Drehen. Die räumliche Struktur der Kugelkörper<br />

bleibt wegen deren gekrümmter Konturen unbestimmt, so dass<br />

dem Versuch des mentalen Drehens ein verlässlicher Gegenstand<br />

fehlt. In den vielen früheren Untersuchungen zum<br />

mentalen Drehen ist das nicht bemerkt worden, weil sie sich<br />

besonders einfach strukturierter Testobjekte bedienten.<br />

Darüber hinaus sind die Versuchspersonen auch noch in<br />

unkontrollierter Weise mit den Testobjekten vertraut gemacht<br />

worden. Die Schwierigkeit der mentalen Rekonstruktion und<br />

damit das Verstehen, räumlicher Strukturen ist jedoch bei<br />

Bildern natürlicher Formen, Zeichnungen aus den Naturwissenschaften<br />

und der Technik 15 sowie Bildwerken der Kunst zuweilen<br />

sehr ausgeprägt.<br />

<strong>BDK</strong> <strong>INFO</strong> <strong>14</strong>/2010<br />

31<br />

Murchison River (Foto: Ingo Rentschler)<br />

S P E C I A L : K U N S T U N D G E H I R N<br />

Für die Frage nach der Erfindung der Form ist die Beobachtung<br />

aufschlussreich, dass auch die räumliche Struktur der<br />

Kugelkörper verständlich wird, wenn die Betrachter(innen)<br />

vor dem Sehtest körperliche Modelle dieser Objekte kurzzeitig<br />

anfassen und hin- und her wenden können (Abbildung 3). 16<br />

Das funktioniert selbst dann, wenn diese Modelle den Blicken<br />

der Versuchspersonen durch Augenbinden entzogen sind. Der<br />

Grund dafür ist in Untersuchungen klar geworden, bei denen<br />

mit Methoden der »Bildgebung« (brain imaging) die hirnphysiologischen<br />

Grundlagen des Sehtests aus Abbildung 2 aufgeklärt<br />

wurden. 17 Demnach hängt die mentale Rekonstruktion<br />

der Kugelkörper von Hirnfunktionen ab, die bei Säugern und<br />

Menschen die Orientierung der Körperbewegung und die<br />

Navigation im Raum ermöglichen. Über die Gleichartigkeit<br />

räumlicher Strukturen im Bild kann also durch bloßes mentales<br />

Drehen entschieden werden, wenn die Strukturen als solche<br />

vertraut sind. Handelt es sich dagegen um neuartige Strukturen,<br />

so ist für deren Begreifen im intellektuellen Sinn ein Lernprozess<br />

erforderlich, der das Begreifen körperlicher Objekte im<br />

motorischen Sinn einschließt.

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