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Ausgabe 02 2006 - ABVP

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j u s t i t i a <strong>02</strong>/ <strong>2006</strong>weil der Träger dieser Einrichtung bereitsnach dem Betreuungsvertrag verpflichtetwar, die streitige medizinische Behandlungsmaßnahmezu erbringen. ImAusgangsachverhalt bestand eine solcheVerpflichtung des Träger zwar unstreitignicht, so dass dem Kläger gegen denHeimträger kein Anspruch auf medizinischeBetreuung in der Form der Krankenpflegezustand, daraus folgt aber nicht,dass deshalb die Beklagte zur Leistungverpflichtet wäre.Dabei kommt es hier entscheidendauf die Frage an, ob ein eigener Haushaltin der Behinderteneinrichtung zur Verfügungsteht. Diese Voraussetzung ist vorliegendaber gerade nicht erfüllt.Das LSG hat unter Berücksichtigungder vom Sozialgericht durchgeführten Beweisaufnahmefestgestellt, dass der Klägerfür seine abgeschlossene Wohnungmit Flur, Küche und Bad einen eigenenWohnungsschlüssel besitzt und sich mitden übrigen Mitgliedern seiner Gruppeüberwiegend selbst versorgt. Die Wäscheversorgungerfolgt ebenfalls selbständigund eigenverantwortlich, wenn auch untertherapeutischer Anleitung. Entsprechendesgilt für die Wohnungs- und Zimmerreinigung.Sämtliche dem häuslichenBereich zuzuordnenden Verrichtungensind in der Wohnung des Klägers möglich.Gleichwohl kann aus diesen Feststellungenallein nicht geschlossen werden,dass der Kläger im Wohnheim der AWOeinen eigenen Haushalt führt und zwarauch nicht in Wohngemeinschaft mit anderenMitbewohnern.Für die Feststellung eines eigenenHaushalts kommt es nämlich nicht nur aufdie Eigentums- und Besitzverhältnisse anWohnung und Hausrat an, sondern auchdarauf, wer die Kosten der Haushaltsführungträgt. Haushalt ist die häuslichewohnungsmäßige, familienhafte Wirtschaftsführung.Diese wird zum „eigenenHaushalt“, wenn der Betreffende die Kostender Lebens- und Wirtschaftsführungim wesentlichen selbst trägt. DiesemPunkt kommt gerade in Wohnheimen,Wohnstiften und Altenheimen besondereBedeutung zu, weil davon die Abgrenzungzur stationären Unterbringung in diesenEinrichtungen abhängt. Entscheidendkommt es dabei darauf an, ob dem Betroffenennoch eine eigenverantwortlicheWirtschaftsführung möglich ist, er sichalso wirtschaftlich selbst versorgen kann.Eine solche eigenständige und eigenverantwortlicheWirtschaftsführung ist demKläger im Wohnheim aber nicht möglich.Der Aufenthalt des Klägers im Wohnheimder Beigeladene zu 2) ist nicht aufGrund eines frei ausgehandelten und vonihm selbst finanziell getragenen Mietvertrageszu Stande gekommen, sondernauf der Grundlage eines Heimvertrages.Derartige Verträge beruhen heute aufden Vorschriften des Heimgesetzes. Nach§ 1 Abs. 1 Satz 2 HeimG sind Heime imSinne dieses Gesetzes Einrichtungen, diedem Zweck dienen ältere Menschen oderpflegebedürftige oder behinderte Volljährigeaufzunehmen, ihnen Wohnraum zuüberlassen sowie Betreuung und Verpflegungzur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten,und die in ihrem Bestand vonWechsel und Zahl der Bewohnerinnenund Bewohner unabhängig sind und entgeltlichbetrieben werden. Dementsprechendhat sich die beigeladene AWO in § 1des Heimvertrages verpflichtet, nicht nurWohnraum entgeltlich zur Verfügung zustellen, sondern auch die Verköstigungim Rahmen der Gemeinschaftsverpflegungund die Reinigung der Wäsche sowieArbeitstherapie, pädagogische Begleitungin der persönlichen Lebensführung bzw.beim sozialen Verhalten und sonstige therapeutischeAngebote. Der Kläger hat sichim Gegenzug bereit erklärt, regelmäßig,pünktlich und aktiv an den angebotenenBetreuungs- und Fördermaßnahmen teilzunehmenund die gemeinschaftlichenDienste wahrzunehmen. Es wird keinemonatlich berechnete Miete geschuldet,sondern ein Tagespflegesatz, der nichtausgehandelt wurde, sondern sich nacheiner Pflegesatzvereinbarung mit demüberörtlichen Sozialhilfeträger richtet.Es handelt sich damit nicht um eine reguläresMietverhältnis, sondern um eineMaßnahme der Eingliederungshilfe nach§§ 53 SGB XII, die der Kläger nur deshalberhält, weil seine Fähigkeit, an der Gesellschaftteilzuhaben, eingeschränkt ist.7Der Aufenthalt in der betreutenWohngemeinschaft der AWO soll dazubeitragen, seine Defizite aufzuarbeitenund ihm das Leben in der Gemeinschaftwieder zu ermöglichen oder zu sichern.Dies geschieht durch eine wohnheimmäßigeUnterbringung, in der u.a. auchdie Fähigkeit zum zukünftigen Leben ineinem eigenen- unabhängigen- Haushalttrainiert wird.Ausgangspunkt für die Wahl einesAnknüpfungspunktes im häuslichen Umfeldwar die Abgrenzung zur stationärenKrankenhausbehandlung. Dieses Kriteriumist in gleicher Weise geeignet, sonstigestationäre Einrichtungen von den Leistungender häuslichen Krankenpflege auszunehmen.Auch die jüngste Änderungdes § 37 Abs. 2 Satz SGB V zeigt, dass derGesetzgeber keinen Handlungsbedarfgesehen hat, häusliche Krankenpflege fürMenschen in Einrichtungen der Behindertenhilfeohne eigenen Haushalt zu ermöglichen.Der Ausschluss des Klägers als Bewohnereiner Einrichtung der Behindertenhilfevon der häuslichen Krankenpflegeist auch nicht verfassungswidrig. Wederliegt ein Verstoß gegen den allgemeinenGleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz)noch gegen das Benachteiligungsverbotdes Art. 3 Abs. 3 Satz 2 vor, dennder Gesetzgeber verfügt über einen weitenGestaltungsspielraum bei der Entscheidungder Frage, welche Lebensrisiken ermit bestimmten sozialen Leistungen sichert.Der Gleichheitssatz ist nicht schondann verletzt, wenn der Gesetzgeber nichtdie gerechteste, allen denkbaren Fallgestaltungenlückenlos Rechnung tragendeLösung, gefunden hat.Der Kläger, der die erforderlichenKosten der medizinischen Behandlungspflegenicht selbst aufbringen kann, wirddadurch nicht in verfassungswidrigerWeise benachteiligt. Zwar erhält er nichtohne weiteres die erforderlich Pflegedurch den Einrichtungsträger, da dieserim Gegensatz zu den Pflegeheimen keinemedizinisch vorgebildeten Pflegefachkräftebeschäftigt, gleichwohl entstehtaber kein „Leistungsvakuum“ zu u

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