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Leunaer Stadtanzeiger - Ausgabe 03/12 - Stadt Leuna

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Zur Premiere<br />

Nr. 3/20<strong>12</strong> | 44<br />

des Schauspiels „Von morgens bis mitternachts“<br />

von Georg Kaiser am Leipziger Centraltheater<br />

Von DIETER BEER<br />

In Georg Kaisers expressionistischem Drama „Von morgens bis<br />

mitternachts“ aus dem Jahre 19<strong>12</strong> geht es um den schnöden<br />

Mammon. Weswegen ein biederer kleiner Kassierer seine Bank<br />

um 60 000 Mark erleichtert und damit ausbricht aus der ihn<br />

umgebenden kleinbürgerlichen Enge, um das wirkliche Leben<br />

zu suchen.<br />

„Von morgens bis mitternachts“ ist ein Stationenstück. Für die<br />

Inszenierung von Christiane Pohle am Leipziger Centraltheater<br />

entwarf Maria-Alice Bahra eine weit in den Zuschauerraum reichende<br />

Schräge, ohne die einzelnen Handlungsorte gesondert<br />

zu kennzeichnen. Im Hintergrund der Bühne befindet sich das<br />

Schalterhäuschen mit dem Fenster für den Kassierer, der namenlos<br />

ist und die Hauptperson in diesem Stück.<br />

Bereits hier verwendet die Regisseurin groteske Ausdrucksmittel,<br />

die dem Stück durchaus dienlich sind. Eine schöne Dame<br />

aus Florenz möchte 3 000 Mark auf der Bank abheben. Den<br />

Mann hinter dem Schalterfenster fasziniert sie derart, dass er<br />

mit ihr bekannt werden und, mit Beuteln voller gestohlenem<br />

Geld, fliehen möchte. Doch er kann zunächst nicht zu ihr gelangen.<br />

Er kommt sich wie eingemauert vor, gestikuliert aufgeregt<br />

und zerstört letztlich die Einrichtung, um zu entkommen.<br />

Dieses stimmige Bild zeigt symbolhaft die Richtung der<br />

Inszenierung an. Denn die kleinbürgerliche Enge, der besagter<br />

Familienvater entfliehen will, äußert sich schon durch seine<br />

stereotype Arbeit. Hinzu kommt die langweilige Atmosphäre in<br />

der Familie. Da sind Mutter, Frau und zwei Töchter, eine spielt<br />

auf dem Klavier die Tannhäuser-Ouvertüre von Richard Wagner.<br />

Die Fragerei nach dem Musikstück wird lustvoll wiederholt, obwohl<br />

es so nicht im Text steht. Das von Christiane Pohle angewandte<br />

Stilmittel kommt auch treffend zum Ausdruck, wenn die<br />

Familienmitglieder wie aufgescheuchte Hühner losrennen, um<br />

im Atlas nachzuschauen, wo genau die vermögende Italienerin<br />

wohnt. Das alles ist für den Zuschauer einsehbar und amüsant<br />

zugleich. Zumal durch diese körpersprachliche Darstellung die<br />

Eintönigkeit, unter welcher der Protagonist des Stücks leidet,<br />

transparent gemacht wird..<br />

Was danach in dieser ohne Pause gespielten zweieinhalbstündigen<br />

Aufführung folgte, war jedoch nicht mehr so spannend<br />

und auch nicht immer verständlich. Da gewann man leider<br />

zwiespältige Eindrücke. Zum Beispiel die Szene im Sportpalast.<br />

Dort stiftet der ausgebrochene Kassierer beim Sechstagerennen<br />

das Preisgeld und genießt den Rausch der Menge. In<br />

dessen Namen kündigt „ein Herr“ die jeweilige Höhe des Betrages<br />

für die Sieger an. Doch der joviale Spender verweigert dann<br />

das Geld und macht sich aus dem Staub. Meiner Meinung nach<br />

ist hier die Atmosphäre szenisch nicht überzeugend herübergekommen.<br />

Aus diesem Grunde erinnerte ich mich an die letzte<br />

Leipziger Inszenierung dieses Georg-Kaiser-Stücks Mitte der<br />

1990iger Jahre in der damaligen „Neuen Szene“ in der Regie<br />

von Wolfgang Engel. Dort hatte nämlich Bühnenbildner Horst<br />

Vogelgesang den großartigen Einfall, eine im Raum schwebende<br />

Scheibe zu entwerfen, auf die Sequenzen vom Sechstagerennen<br />

projiziert wurden. - Die Schauspieler werden stark gefordert<br />

an diesem Abend. Körpersprachlich intensiv spielt Guido<br />

Lambrecht den Bankkassierer, der nach seiner Odyssee zu der<br />

Feststellung gelangt: „Das Geld ist der armseligste Schwindel<br />

unter allem Betrug!“ Er ragt genauso aus dem Ensemble heraus<br />

wie Birgit Unterweger, die mehrere Rollen gestaltet. Mit<br />

achtungsvollem Engagement wirken außerdem Matthias Hummitzsch,<br />

Andreas Keller, Günther Harder, Zenzi Huber und Mareike<br />

Beykirch mit. Seitens des Publikums, das der Premiere<br />

sehr aufmerksam folgte, gab es freundlichen Beifall.<br />

Die nächsten Vorstellungen: am 31. März und am 7. April,<br />

jeweils um 19.30 Uhr<br />

Kartentelefon: <strong>03</strong> 41/<strong>12</strong> 68 -1 68<br />

<strong><strong>Leuna</strong>er</strong> <strong><strong>Stadt</strong>anzeiger</strong><br />

1000 Jahre Schladebach<br />

Teil III. Die Tiefenbohrung Schladebach 1880 - 86<br />

Im Jahre 1880 nahm die Königlich Preußische Bergwerksverwaltung<br />

eine Tiefenbohrung in Schladebach zu Zwecken der<br />

geognostischen Landesuntersuchung auf. Diese Bohrung sollte<br />

zur damals tiefsten der Erde werden. Zum einen sollte diese<br />

Bohrung den Ursprung der Solequelle nachweisen, von welcher<br />

die Saline Dürrenberg gespeist wird. Andererseits wollte man<br />

aber auch den sogenannten Leipziger Grauwackesattel, bzw.<br />

dessen karbonische Sedimente, auf eine Steinkohleführung untersuchen.<br />

Geleitet wurden die Arbeiten von dem Bohringenieur,<br />

Oberbergrat und Oberinspektor Karl Köbrich (1843 - 1893). Die<br />

Bohranlagen wurden innerhalb von 10 Wochen auf dem Gelände<br />

neben der Schäferei der Domäne Schladebach, südwestlich<br />

des Dorfes, errichtet. Dazu baute man ein 27 m hohes hölzernes<br />

Bohrgerüst, ein Aufenthaltsgebäude für den Bohrmeister und<br />

die Bohrmannschaft sowie eine kleine Schmiede. Angetrieben<br />

wurde die Bohranlage von einer stationären dampfgetriebenen<br />

Lokomobile der Firma Wolf mit nur 25 PS Leistung. Die lange<br />

Aufbauzeit war durch die Einführung der neuen Bohrtechnik<br />

des modernen Meißelstoß- und Diamantdrehbohrverfahrens begründet.<br />

Die Bohrarbeiten begannen am 16. August 1880. Sie<br />

waren in den nächsten Jahren aber geprägt von so manchen<br />

Schwierigkeiten. Es gab zahlreiche Havarien und technische<br />

Probleme durch Gestängebrüche, deshalb mussten immer wieder<br />

die Arbeiten eingestellt werden. Große Streckenabschnitte<br />

mussten nachgebohrt werden, sehr komplizierte Fangarbeiten<br />

sind erforderlich gewesen. So war man zum Beispiel Anfang<br />

1881 ganze 18 Tage mit dem heraus fräsen eines verklemmten<br />

Bohrinstrumentes in 250 m Tiefe beschäftigt. Nach 175,52 m erreichter<br />

Teufe ging man am 13. Oktober 1880 von der Stoß- zur<br />

Diamantbohrung über. Die Diamantkrone hatte einen Durchmesser<br />

von 210 mm. Durch den natürlichen Verlust durch Abnutzung<br />

hatte man bis zur Einstellung der Bohrarbeiten Diamanten im<br />

Wert von 100 000 Reichsmark verbraucht. Am 11. November<br />

1882 waren schon 734,60 m erreicht, bis zum Juni 1883 stellte<br />

man daraufhin die Arbeiten erst einmal ein. Nach der Wiederaufnahme<br />

wurden bis zum Ende des Jahres 1883 1080,80 m Teufe<br />

niedergebracht. Nach etlichen weiteren technischen Zwischenfällen<br />

waren dann ziemlich schnell bis 1885 1724,20 m erreicht.<br />

Im Verlauf des Jahres 1885 wurden umfangreiche Untersuchungen<br />

und Erdtemperaturmessungen vorgenommen, in dieser Zeit<br />

konnte nicht weiter gebohrt werden. Schon nach Erreichen einer<br />

Tiefe von 1630 m wurde die Hoffnung aufgegeben noch auf<br />

ein Steinkohlenlager zu stoßen. Dennoch wurden die Arbeiten<br />

nicht eingestellt, denn mit dieser Tiefe war schon der bisherige<br />

Tiefenrekord von 1338 m von Lieth bei Elmshorn an der Unter-<br />

Elbe überschritten. In Anbetracht dieser ungewöhnlichen Tiefe<br />

und dem in der Fachwelt erregten Interesse bohrte man rein aus<br />

technischen und wissenschaftlichen Gründen weiter. Die Rotation<br />

des gesamten Bohrgestänges soll, laut Oberbergrat Köbrich,<br />

spielend leicht gegangen sein und sich durch einen ruhigen sowie<br />

leisen Lauf ausgezeichnet haben. Mit regelbaren 50 - 180 Umdrehungen<br />

in der Minute schnitt sich die Bohrkrone immer tiefer<br />

in die Erde. Nach dieser erwähnten achten Röhrentour begannen<br />

am 5. Februar 1886 die letzten Bohrarbeiten. Bis zum 13. März<br />

1886 wurde ohne Störung weiter gebohrt, an diesem Tag waren<br />

dann 1748,40 m erreicht. Zwei Tage später trat ein komplizierter<br />

Gestängebruch ein bei dem etwa 500 m Bohrgestänge und Krone<br />

im Bohrloch verblieben. In mehreren Anläufen versuchte man<br />

durch Fangarbeiten die Krone frei zubekommen, was aber bis<br />

zum <strong>12</strong>. Juni 1886 nicht gelang. Daraufhin wurden die Arbeiten<br />

endgültig eingestellt. Mit den 1748,40 m Teufe in sechs Jahren<br />

ist ein neuer Tiefenweltrekord erreicht worden. Insgesamt wurde<br />

<strong>12</strong>47 Tage gebohrt, was eine tägliche Bohrleistung von 1,40 m<br />

entspricht. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 2<strong>12</strong> 304 Mark,<br />

also <strong>12</strong>1,43 Mark pro Meter. Der Rekord hatte bis 1893 Bestand,<br />

dann wurde er von der Bohrung bei Paruschowitz in Oberschlesien<br />

übertroffen.

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