Beiräte für Stadtgestaltung in Nordrhein-Westfalen Beispiele aus der ...
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1 <strong>Stadtgestaltung</strong> als baukulturelle Aufgabe<br />
Bund, Land und Kommunen reagieren seit e<strong>in</strong>iger Zeit auf<br />
qualitative, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e gestalterische Defizite unserer<br />
gebauten Umwelt, die immer deutlicher von Überlegungen<br />
kurzfristiger Renditen bestimmt wird. Gerade <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
<strong>Westfalen</strong> wurde durch geplante und gebaute <strong>Beispiele</strong> mit<br />
vom Land gestützter F<strong>in</strong>anzierung aufgezeigt, welche Bedeutung<br />
sozialen und gestalterischen Aspekten <strong>für</strong> die notwendige<br />
Umorganisation unserer Wirtschaftsstruktur als<br />
Folge globaler Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ungen beizumessen ist. Es<br />
wurde dabei nachgewiesen, dass <strong>in</strong> unserem dicht verschachtelten<br />
Gesamtbaubestand und <strong>in</strong> den dar<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegrierten<br />
sozialen Strukturen behutsame Verän<strong>der</strong>ungen<br />
unter Berücksichtigung aller Qualitätsmerkmale auf Dauer<br />
mehr bewirken als die auf Momenterfolge programmierten,<br />
wirtschaftlich-quantitativen Optimierungen.<br />
Unsere gebaute Umwelt bestimmt <strong>in</strong> hohem Maße unser<br />
Wohlbef<strong>in</strong>den und damit unser soziales Verhalten, unseren<br />
Berufs-, Familien- und Kulturalltag, unsere qualitative<br />
Gesellschaftsfähigkeit. Da dieser E<strong>in</strong>fluss jedoch den<br />
meisten Menschen nicht bewusst ist, liegt e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Aufgabe dar<strong>in</strong>, das Wissen und Sensibilität <strong>für</strong> diese Zusammenhänge<br />
zu vermitteln und die Urteilsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Allgeme<strong>in</strong>heit zu verbessern. Dass hierbei den Schulen<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Rolle zukommt, versteht sich von selbst. Es<br />
geht zum e<strong>in</strong>en um e<strong>in</strong>e Wahrnehmungsschulung: das<br />
Auge und alle übrigen S<strong>in</strong>ne müssen <strong>für</strong> Dimensionen,<br />
Rhythmisierungen, Proportionen, Materialien und Farben<br />
sensibilisiert, Geplantes und Gebautes unter ästhetischen<br />
Kriterien analysiert werden.<br />
Zum an<strong>der</strong>en ist Wissensvermittlung erfor<strong>der</strong>lich: Planungen<br />
bleiben bisher <strong>für</strong> viele Menschen mangels Anleitung<br />
unverständlich. Gebautes ist ohne Grundkenntnisse <strong>der</strong><br />
Gestaltung und ohne Anwendung sozialer Gesichtspunkte<br />
nicht zu beurteilen. Unterschiedliche Stadtcharakteristiken,<br />
Stadtkörnungen und <strong>der</strong>en Auswirkung auf die Akzeptanz<br />
<strong>der</strong> Betroffenen gilt es zu studieren und die prägenden Gestaltungselemente<br />
e<strong>in</strong>es H<strong>aus</strong>es, e<strong>in</strong>er Straße, e<strong>in</strong>es Quartiers,<br />
letztlich e<strong>in</strong>er ganzen Stadt nachvollziehbar bewusst<br />
zu machen und als Entscheidungskriterien den gut fassbaren<br />
rechnerischen Größen an die Seite zu stellen.<br />
Da dieser Fundus an Erfahrungen und E<strong>in</strong>sichten vielfach<br />
fehlt, hat es die Landes<strong>in</strong>itiative „StadtBauKultur NRW“<br />
relativ schwer, Verständnis und Unterstützung <strong>für</strong> die Umsetzung<br />
von Planungen und Bauten zu f<strong>in</strong>den.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Schwierigkeit liegt dar<strong>in</strong>, dass die Berücksichtigung<br />
baukultureller Aspekte bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er frühen<br />
Planungsphase ansetzen muss. Diese Aufgabe konkret<br />
wahrzunehmen heißt, schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Planungsphase auf<br />
die Berücksichtigung <strong>der</strong> genannten, mitunter schwer<br />
greifbaren Dimensionen, die <strong>in</strong>sgesamt gesellschaftspolitisch<br />
große Relevanz haben, zu achten, ohne die<br />
wirtschaftlichen, konstruktiven, organisatorischen und<br />
zeitlichen Aspekte zu vernachlässigen.<br />
Gestaltungsbeiräten kommt <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong>e<br />
Schlüsselfunktion bei <strong>der</strong> Umsetzung des baukulturellen<br />
Aufgabenfeldes als gesellschaftspolitische Zielsetzung zu:<br />
– Sie können vor Ort ganz konkret helfen, im E<strong>in</strong>zelfalle<br />
das, was auf Bundes- und Landesebene als Zielsetzung<br />
diskutiert wird, umzusetzen.<br />
– Sie können Schulungsorte <strong>der</strong> Sensibilisierung <strong>für</strong><br />
stadtgestalterisch-ästhetische Fragen se<strong>in</strong>.<br />
– Sie können unabhängig, überparteilich und sachbezogen<br />
Ratgeber und Vervielfältiger baukultureller Gedanken<br />
allgeme<strong>in</strong> und im Konkreten se<strong>in</strong>.<br />
Um diese anspruchsvollen Zielsetzungen verwirklichen zu<br />
können, sollten mehrere Vor<strong>aus</strong>setzungen <strong>für</strong> die Arbeit<br />
von Gestaltungsbeiräten unbed<strong>in</strong>gt erfüllt se<strong>in</strong>:<br />
■ Es ist wichtig, dass Politik, Verwaltung und unabhängige,<br />
d.h. vor Ort nicht <strong>in</strong>volvierte, fachkundige<br />
Berater gleichermaßen <strong>in</strong> ihnen vertreten s<strong>in</strong>d.<br />
■ Es ist beson<strong>der</strong>s wichtig, dass dieses Gremium über<br />
Jahre geme<strong>in</strong>same Lernprozesse bewältigt, um die<br />
Grundlagen <strong>der</strong> Wertigkeit <strong>in</strong> baukünstlerischer und<br />
sozialer Abhängigkeit zu erfahren.<br />
■ Es ist wichtig, h<strong>in</strong>sichtlich Vorlagerecht und Vorlagenotwendigkeit<br />
von e<strong>in</strong>zelnen Projekten und Planungen<br />
ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkungen zu machen.<br />
■ Es ist wichtig, zu e<strong>in</strong>em möglichst frühen Zeitpunkt über<br />
die Auswirkungen planerischer Programmvorgaben<br />
auch <strong>in</strong> gestalterischer und stadtstruktureller H<strong>in</strong>sicht<br />
<strong>in</strong>formiert zu werden, um diese im Vorfeld von Entscheidungen<br />
<strong>der</strong> politisch Verantwortlichen diskutieren<br />
und ihnen Empfehlungen geben zu können.<br />
■ Es ist wichtig, dass sich <strong>der</strong> Gestaltungsbeirat <strong>aus</strong> Vertretern<br />
unterschiedlicher Positionen und Berufe, die sich<br />
respektieren und im Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en konstruktiven<br />
Aust<strong>aus</strong>ch pflegen, zusammensetzt. Diskussionskultur<br />
ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Grundvor<strong>aus</strong>setzungen <strong>für</strong> die Erarbeitung<br />
baukultureller Empfehlungen.<br />
Gestaltungsbeiräte <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<strong>Westfalen</strong> haben e<strong>in</strong>e<br />
lediglich beratende Funktion gegenüber Verwaltung und<br />
Politik. Es ist deshalb wichtig, dass sie sich durch kont<strong>in</strong>uierliche,<br />
konstruktive und allgeme<strong>in</strong> verständliche Empfehlungen<br />
das Vertrauen <strong>der</strong> Entscheidungsgremien erarbeiten.<br />
Nur auf diese Weise wird es ihnen gel<strong>in</strong>gen, bereits <strong>in</strong><br />
frühen Planungsstufen über wichtige, auch kritische Projekte<br />
Informationen zu erhalten, um somit Empfehlungen<br />
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