24.11.2012 Aufrufe

Spieler, Regeln, Hintergründe Milliardär mit Flügeln Der Bootsbauer ...

Spieler, Regeln, Hintergründe Milliardär mit Flügeln Der Bootsbauer ...

Spieler, Regeln, Hintergründe Milliardär mit Flügeln Der Bootsbauer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

TOP PEOPLE<br />

NEUKIRCHEN-VLUYN<br />

048 TOP<br />

Schloss Bloemersheim<br />

„Den alten Weg gegangen ...“<br />

Zwischen Neukirchen-Vluyn und Schaephuysen fängt der Niederrhein erst richtig an. Dort, wo auch<br />

die Geologen gemeinhin das Ende des Ruhrgebietes als zusammenhängend dichtbesiedelte Fläche<br />

erkannt haben wollen – man also sprichwörtlich und leibhaftig die letzte stillgelegte Zeche hinter<br />

sich gelassen hat – beginnt das Land der Waldungen, der Wiesen, Weiden, Dörfer und Felder. Das<br />

bekanntlich auch das Land der hinter Hecken und Holundern versteckten Schlösser ist. Dieses Land<br />

lässt es sich nicht nehmen, schon ganz am Anfang <strong>mit</strong> einem seiner schönsten Herrensitze aufzuwarten:<br />

Schloss Bloemersheim. TOP-Magazin Niederrhein traf den Herrn über Schloss Bloemersheim und die<br />

angrenzenden Ländereien. Friedrich Freiherr von der Leyen verwaltet neben dem landwirtschaftlichen<br />

Betrieb am Stammsitz seiner Familie zwei weitere niederrheinische Güter von Rang. Bei einer Tasse<br />

Tee im Kaminzimmer sprachen Rainer Lohmann (Bild) und Sascha Sielaff (Text) <strong>mit</strong> ihm über seine<br />

Nachkriegskindheit, die staatliche Regelwut unserer Zeit und seine zahlreichen Aufgaben.<br />

Billy hat einen guten Tag. Ausgelassen<br />

tobt der schwarze<br />

Jagdhund durch den Innenhof<br />

auf der Rückseite des Schlosses und verschwindet<br />

schließlich in einer Stalltür.<br />

Man sagt, dass Hunde viel über ihre<br />

Herren verraten. Wenn diese Behauptung<br />

stimmt, dann hat Billy ganz off enbar<br />

einen Herren, der großzügig genug ist,<br />

ihm relativ lockere Zügel zu lassen. Aber<br />

auch ausreichend autoritär, um Billy <strong>mit</strong><br />

einem kurzen Ruf im Nu wieder zurück<br />

an seine Seite zu holen, während er die<br />

Freitreppe zum Eingang des Schlosses<br />

hinaufgeht.<br />

Friedrich Freiherr von der Leyen führt uns<br />

durch einen sehr lichten und breiten Gang<br />

in seine Bibliothek, wo besagter Tee samt<br />

feinem Porzellan, frischen Erdbeeren und<br />

einladenden Kaminsesseln schon bereitsteht.<br />

Kein Detail der perfekten Szenerie<br />

im Inneren des Schlosses – der selbst<br />

ein an die Fenster nieselnder Samstagvor<strong>mit</strong>tag<br />

im späten Wonnemonat Mai<br />

des denkwürdigen Jahres 2006 nichts<br />

anhaben kann – erinnert mehr an die<br />

Umstände, unter denen unser Gastgeber<br />

im September 1944 das Licht der Welt<br />

erblickte. Oder daran, wie nachhaltig<br />

sein Leben davon geprägt wurde, zur<br />

Zeit des zweiten Weltkrieges geboren<br />

zu sein. „Als ich zur Welt kam, krachten<br />

die Bomben buchstäblich links und<br />

rechts des Schlosses herunter.“ berichtet<br />

er. „Es war eine bewegte Zeit.“ Und eine<br />

tragische Zeit, denn nicht nur in Neukirchen-Vluyn<br />

fi elen Bomben, sondern<br />

überall in Deutschland und also auch<br />

in Dresden, wo von der Leyens Vater in<br />

den letzten Kriegstagen 1945 als Soldat<br />

fi el. „Ich habe ihn nie kennengelernt und<br />

musste mein frühes Erbe ohne seine<br />

weisende Hand antreten.“<br />

Wie vielerorts im Deutschland der direkten<br />

Nachkriegsjahre, wo ganze Generationen<br />

von Söhnen ganze Generationen<br />

von Vätern verloren hatten, schlug auch<br />

auf Schloss Bloemersheim zur Stunde<br />

Null die Stunde der Frauen. Es gab sehr<br />

viel zu tun. „Das Schloss war zwar ohne<br />

direkten Treff er davongekommen, aber die<br />

Stallungen wurden getroff en und es hatte<br />

darüber hinaus kein einziges Fenster des<br />

gesamten Anwesens die Bombardierungen<br />

heil überstanden. Zudem waren viele<br />

hungrige Mäuler zu stopfen, zahlreiche<br />

aus den östlichen Teilen Deutschlands<br />

und aus den Großstädten des Ruhrgebietes<br />

gefl ohene Menschen suchten auf<br />

dem Land eine Basis für ihr Überleben“,<br />

berichtet von der Leyen. „Es ist vor allem<br />

meiner Mutter zu verdanken, dass die<br />

nötigen Reparatur- und Renovierungsmaßnahmen<br />

zügig vorangeschritten sind<br />

und die anderen Aufgaben ebenfalls gelöst<br />

werden konnten.“<br />

Seine Mutter war es auch, die in den Fünfziger<br />

und Sechziger Jahren das gesamte<br />

Schloss einer umfassenden Sanierung<br />

unterzog, um es für weitere Generationen<br />

bewohnbar zu halten. „Sie musste durch<br />

den bitteren Verlust meines Vaters über<br />

sich selbst hinauswachsen, aber sie war<br />

seit jeher eine bemerkenswert aktive und<br />

energische Frau. Starke Frauen haben in<br />

unserer Familie Tradition. Beim großen<br />

Ausbau von Schloss und Wirtschaftsgebäuden<br />

zu einem prächtigen Anwesen<br />

romantischer Prägung hatte im frühen<br />

19. Jahrhundert <strong>mit</strong> meiner Ur-Großmutter<br />

ebenfalls eine Frau federführend<br />

ihre Hand im Spiel. Lange vor aller gesetzlich<br />

verankerten Emanzipation, die<br />

doch angeblich erst die Grundlage für<br />

Frauen schuf, überhaupt etwas wollen zu<br />

dürfen.“ Aus den Worten des Freiherrn<br />

spricht noch heute der Junge, für den die<br />

so genannte Gleichberechtigung eine<br />

tägliche Tatsache war, die es keinesfalls<br />

nötig hatte, erst durch Studentenrevolten<br />

oder selbsternannte Weltverbesserer<br />

verwirklicht zu werden. „Wenn Sie als<br />

einziger Mann in einem Haushalt <strong>mit</strong><br />

vier Schwestern aufwachsen, müssen Sie<br />

in Bezug auf Gleichberechtigung der Frau<br />

nichts mehr dazulernen.“<br />

Während seine Mutter dem alten Schloss<br />

sowie den Wirtschaftsgebäuden den<br />

für die kommenden Jahrzehnte nötigen<br />

Schliff gab und darüber hinaus zahlreiche<br />

Häuser als Bleibe für Landarbeiter und<br />

Flüchtlingsfamilien baute oder restaurierte,<br />

besuchte der junge Freiherr von der<br />

Leyen nach der Dorfschule in Vluyn das<br />

altehrwürdige Ernst Moritz Arndt Gymnasium<br />

in Krefeld und dann das Internat<br />

Landschulheim Holzminden, ein bis heute<br />

sehr renommiertes Landerziehungsheim.<br />

1965 machte er dort sein Abitur, um im<br />

Anschluss nach England zu gehen, wo<br />

er eine landwirtschaftliche Ausbildung<br />

erhielt. Nach einem betriebswirtschaftlichen<br />

Praktikum bei einer Kölner Bank<br />

begannen von der Leyens Studienjahre in<br />

Freiburg und Kiel. „Ich entschied mich für<br />

Jura, weil sich diese Richtung für meine<br />

zukünftige Aufgabe als Verwalter unseres<br />

Familienbesitzes anbot“, erläutert<br />

er. Auch die Zeit seines Studiums war<br />

wieder eine sehr bewegte. Mit der Skepsis<br />

eines Mannes, der bereits fester Teil des<br />

Systems war, erlebte er die so genannte<br />

68er-Bewegung und ihre Protagonisten<br />

hautnah. „Ich hatte mehrmals Gelegenheit,<br />

die berühmten 68er bei ihren Auftritten<br />

zu erleben.“ Die Studienzeit währte jedoch<br />

nicht allzu lang. Zu Beginn der Siebziger<br />

Jahre erkrankte von der Leyens Mutter<br />

– der Freiherr und Erbe von Schloss Blo-<br />

TOP PEOPLE<br />

TOP 049

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!