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Spieler, Regeln, Hintergründe Milliardär mit Flügeln Der Bootsbauer ...

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TOP SPORT<br />

086 TOP<br />

Faszination Pferd<br />

Erfolgreiche Zucht am Niederrhein<br />

Die samtweiche Nase bohrt sich hartnäckig und nach einem Leckerchen suchend in die<br />

Armbeuge. Die dunklen, glänzenden Augen blicken klug und erwartungsvoll, unter dem<br />

schimmernden Fell geballte Muskelkraft… Wenn Pferdeliebhaber und Züchter Josef<br />

Wilbers in den Stall kommt, begrüßen ihn seine ‚vierbeinigen Mitarbeiter’ freundlich<br />

<strong>mit</strong> einem kehligen Nuckern.<br />

Hier stakst der hoff -<br />

nungsvolle Nachwuchs<br />

neben der<br />

friedlich grasenden,<br />

fuchsfarbenen Mama<br />

durchs hohe<br />

Gras und probt unbeholfen,<br />

was sich<br />

später einmal zu<br />

einem deftigen Buckeln<br />

entwickeln<br />

wird. Lebensfreude,<br />

Übermut und Temperament sind jetzt<br />

auf den niederrheinischen Weiden allerorten<br />

spürbar. Die ersten Fohlen werden<br />

noch im Winter geboren, sind bei den<br />

Fohlenschauen im Juni schon stattliche<br />

und wohlproportionierte Sportler. Klein<br />

noch, aber Kraft, Bewegungsdynamik,<br />

die klaren Gelenke, gut geformten Hufe<br />

und idealen Hals- und Rückenlinien<br />

lassen schon jetzt darauf schließen: Hier<br />

wächst der Nachwuchs nicht nur für den<br />

deutschen Pferdesport heran; Pferde aus<br />

dem Zuchtgebiet Rheinland, aus dem<br />

Bundesland Westfalen haben längst<br />

international einen hervorragenden Ruf<br />

im Spitzensport.<br />

Neuerdings steht etwa für Alfons und Ellen<br />

Baumann einmal pro Jahr eine Reise<br />

nach Florida an –nicht als Urlaubsreise,<br />

sondern um den beiden edlen Vererbern<br />

aus Westfalen einen Besuch abzustatten.<br />

Mit ‚Farewell IV’, einem Sohn des legen-<br />

dären Ausnahmepferdes ‚Fidermark’, und<br />

dem lackschwarzen Münchhausen-Sohn<br />

‚Maybach’ leben die Botschafter der<br />

deutschen Pferdeleistungszucht heute<br />

in Palm Springs, und die Baumanns<br />

besuchen ihre ehemaligen Hengste dort<br />

regelmäßig. Beide „Niederrheiner“ harmonieren<br />

perfekt <strong>mit</strong> ihrem Ausbilder,<br />

dem Columbianischen Dressurreiter<br />

der Spitzenklasse, Marco Bernal. Die<br />

Sportpferde in Amerika haben keine<br />

Stallungen im herkömmlichen Sinne;<br />

sie residieren in<strong>mit</strong>ten ausgedehnter<br />

Parkanlagen in klassizistisch-palastartigen<br />

Gebäudekomplexen.<br />

Die Liebe zu den Pferden hat Alfons<br />

Baumann quasi geerbt. Züchtete der Vater<br />

ursprünglich Kaltblutpferde für den<br />

eigenen landwirtschaftlichen Betrieb, so<br />

sind Alfons und Ellen Baumann heute<br />

Liebhaber der eleganten Sportpferde, die<br />

sich aus Anpaarungen <strong>mit</strong> den leichten,<br />

klugen und temperamentvollen englischen<br />

Vollblütern ergeben. Wie alle<br />

anderen Züchter begründet auch die<br />

Reeser Züchterfamilie den Erfolg auf<br />

dem so unglaublichen schwierigen Gebiet<br />

der Pferdezucht <strong>mit</strong> einer Mischung aus<br />

Glück und Intuition. „Und ein bisschen<br />

Experimentierfreude gehört sicherlich<br />

auch dazu“, so Alfons Baumann, der nach<br />

dem Tod von ‚Fidermark’, von dem er eine<br />

hochkarätige Nachzucht hat, jetzt auf der<br />

Suche nach einer passenden Kombination<br />

Auch in frühester "Kindheit"<br />

schon kritischen Blicken<br />

ausgesetzt: Fohlenschauen<br />

ermöglichen erste<br />

Auszeichnungen<br />

Text Caroline Gustedt M.A.<br />

von Pferdeltern ist. Etwa 18 Pferdekinder<br />

kommen in Rees-Haldern in diesem Jahr<br />

zur Welt, jedes ein Hoff nungsträger im<br />

Hinblick auf den großen Dressur- oder<br />

Springsport.<br />

Neben den etablierten Pferdzüchtern ist<br />

auch der Verband der Nachwuchszüchter<br />

aktiv darum bemüht, die Zuchtziele zu<br />

verwirklichen, um den jungen Reitern<br />

im Pferdesport gute und zuverlässige<br />

Pferde zur Verfügung zu stellen. <strong>Der</strong><br />

Vorsitzende der RheinischenNachwuchszüchter,<br />

der Kalkarer Markus<br />

Heynen, formuliert das<br />

salopp: „Chic ohne Tick!“<br />

ist die Devise, und <strong>mit</strong><br />

seinen Nachwuchspferden<br />

der renommierten Väter<br />

‚Phönix’, ‚Coriando’ und<br />

dem leider viel zu früh<br />

verstorbenen Ausnahmehengst<br />

‚Fidermark’ ist ihm<br />

bereits öff entliche Anerkennung zuteil<br />

geworden. <strong>Der</strong> einjährige Fuchshengst<br />

‚Fianus’ darf für sich das Prädikat „Bester<br />

seiner Altersgruppe im Kreis Kleve<br />

beanspruchen.“<br />

7.666 eingetragene Zuchtpferde gibt<br />

es im Rheinland, knapp 700 sind es im<br />

Kreis Kleve, und da<strong>mit</strong> ist die planvolle<br />

und kontrollierte Pferdezucht in der<br />

Region garantiert. Bereits 1839 wurde<br />

das Landgestüt Wickrath in der Vorburg<br />

der Fürstenresidenz gegründet. Kaiser<br />

Napoleon nutzte die Einrichtung während<br />

der Besetzung des Rheinlandes<br />

ebenfalls als Hengstdepot, und auch<br />

die nachfolgende Preußische Regierung<br />

brauchte eine kontrollierte Pferdezucht.<br />

In Wickrath ist noch heute das Rheinische<br />

Pferdestammbuch e.V. als Nachfolgeeinrichtung<br />

untergebracht.<br />

Ohne Registrierung, ohne Abstammungsnachweis,<br />

der die im Rheinland<br />

seit Jahrzehnten beliebten Zuchtlinien<br />

dokumentiert, gibt es also nichts im<br />

großen Sport. Züchter und Hengsthalter,<br />

ob privat oder in der Verantwortung des<br />

jeweiligen Bundeslandes, registrieren<br />

und dokumentieren jede Anpaarung,<br />

jede Fohlengeburt.<br />

Schon in den ersten Lebenswochen präsentiert<br />

sich der edle Nachwuchs an der<br />

Seite von Mama auf den Fohlenschauen<br />

der Öff entlichkeit, repräsentiert seine<br />

stolzen Eltern, züchterische Erfahrung.<br />

Manches Pferdekind bekommt schon hier<br />

die erste Auszeichnung seines Lebens.<br />

Aber, vor den Preis haben die Götter in<br />

diesem Fall keinen Preis, sondern eine<br />

kleine Blessur gesetzt: Auf die linke<br />

Hinterbacke gibt es ein Brandzeichen,<br />

das die Zugehörigkeit zu einem Zuchtgebiet,<br />

zu einer Pferderasse und <strong>mit</strong> einer<br />

Zahl auch die Unverwechselbarkeit<br />

dokumentiert.<br />

Die Pferdemädchen haben die Chance,<br />

nach einer erfolgreichen, behutsamen<br />

Ausbildung im Sport und/oder in der<br />

Zucht auf sich aufmerksam zu machen.<br />

Die Pferdejungen, und das ist die Hoff -<br />

nung eines jeden Pferdezüchters, werden<br />

neben eindrucksvollen sportlichen Erfolgen<br />

einmal stolze Väter erfolgreicher<br />

Sportpferde im In- und Ausland.<br />

Stolz und Bewunderung – das ist<br />

neben Respekt und Achtung das, was<br />

etwa die Züchterfamilie Wilbers für<br />

ihre ‚vierbeinigen Mitarbeiter’ empfi ndet.<br />

Als Junge ist Josef Wilbers durch<br />

den Vater, der zwei Zuchtstuten hatte,<br />

<strong>mit</strong> dem Pferdsport und der Zucht in<br />

Berührung gekommen. „Kind, was Solides!“<br />

lautete die Devise der Eltern und<br />

das war – zu Josefs Leidwesen – eine<br />

Ausbildung bei der Post. Und dennoch<br />

ist der Pferdefan aus Leidenschaft seinem<br />

Hobby treu geblieben. War es zunächst<br />

die Ponyzucht von Ehefrau Christine<br />

Wilbers (geb. Stücker), so gehört Familie<br />

Wilbers heute zu den bekanntesten und<br />

erfolgreichsten Züchtern von Warmblutpferden<br />

im Rheinland.<br />

„Es war Liebe auf den ersten Blick!“<br />

…und in diesem Fall meint Josef Wilbers<br />

nicht seine Frau. Als sich beide<br />

2000 entschlossen hatten, einen Hengst<br />

zum Aufbau einer Großpferdezucht zu<br />

kaufen, war es wohl eher ein Zufall, die<br />

sie <strong>mit</strong> ‚Louis le Bon’ zusammenbrachte.<br />

„<strong>Der</strong> stattliche Hengst war eigentlich<br />

zur Ausbildung bei uns“, erinnert sich<br />

Wilbers, aber die Begeisterung für den<br />

gelehrigen Athleten war schnell entfl<br />

ammt „Wir hatten einfach das Gefühl,<br />

er passt zu uns!“.<br />

Und so sind die anderen vierbeinigen<br />

‚Mitarbeiter und Geschäftspartner’ wie<br />

Wilbers seine Hengste liebevoll nennt,<br />

auch eher aufgrund einer ‚Bauchentscheidung’<br />

an den Niederrhein gekommen.<br />

‚Sandro Boy’, die neuste Errungenschaft<br />

im Weezer Zuchtstall, oder ‚Sandro<br />

Classic’, den die Wilbers als Fohlen auf<br />

einer Auktion in Bayern entdeckten. Am<br />

Ende seiner Grundausbildung unter der<br />

Pferdewirtschaftsmeisterin Jana Freund<br />

trumpfte der Junghengst schon im Alter<br />

von drei Jahren auf, indem er das Bun-<br />

Pure Eleganz verkörpert<br />

der Münchhausen-Sohn<br />

"Maybach" aus der Zucht<br />

der Familie Baumanns<br />

deschampionat in Warendorf gewann.<br />

Auch der Holsteiner Hengst ‚Coronadus<br />

Boy’ den Wilbers als ‚strubbeligen<br />

Zweijährigen’ aus einer Herde von Junghengsten<br />

auswählten, entwickelt sich in<br />

der Ausbildung hervorragend.<br />

Und trotz all der unverhohlenen Begeisterung<br />

für die Hengste ist einer dabei, der<br />

die Herzen aller im Sturm erobert hat:<br />

Charme, Klugheit und eine unglaubliche<br />

Sanftheit zeichnen ‚Lord Loxley’ aus,<br />

der bereits im Alter von fünf Jahren den<br />

Vizetitel bei der Weltmeisterschaft der<br />

jungen Pferde gewann, und da<strong>mit</strong> eine<br />

Blutlinie aus dem Rheinland international<br />

ins Gespräch brachte. Schon der Vater des<br />

Ausnahmehengstes ‚Lord Sinclair’ hatte<br />

international für Aufmerksamkeit gesorgt<br />

und für die Rekordsumme von 2,4 Millionen<br />

Euro den Besitzer gewechselt.<br />

Pferde aus dem Rheinland – das ist eine<br />

Mischung, die es in sich hat. Immer noch<br />

sind die Vorfahren der heutigen Spitzenpferde<br />

auch Westfalen und Trakehner:<br />

‚Mephistopheles’ hat am Niederrhein<br />

ebenso Zuchtgeschichte geschrieben,<br />

wie etwa der große Dressurvererber<br />

‚Romadour II’ und ‚Rosenkavalier’ oder<br />

die Väter zahlreicher Springpferde ‚Ladykiller’<br />

oder ‚Phönix’.<br />

<strong>Der</strong> inzwischen beachtliche internationale<br />

Erfolg der ‚Rheinischen’ und der<br />

‚Westfalen’ liegt nicht zuletzt auch in<br />

der idealen Verkörperung der gegenwärtigen<br />

Zuchtziele: Rittigkeit, Sensibilität,<br />

Lern- und Arbeitseifer sind, neben einem<br />

guten Charakter Eigenschaften, die sich<br />

die Springreiter von ihren vierbeinigen<br />

Sportpartnern wünschen. Ausdrucksvolle,<br />

schwungvolle Bewegungen, Eleganz,<br />

Rittigkeit und eine gute Portion Gelassenheit<br />

… wer diese Eigenschaften hat,<br />

hat das Zeug zum Dressurpferd.<br />

TOP SPORT<br />

TOP 087

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