Geistesblitze statt Schnapsideen - WIM-Magazin
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BERICHTE | ANALYSEN<br />
450 JAHRE SELBSTVERWALTUNG<br />
Vertrauen ist alles<br />
Die „Neue Marktordnung“ aus dem Jahr 1560 legte den Grundstein für die heutige IHK.<br />
Das Prinzip damals wie heute: Die Wirtschaft regelt ihre Angelegenheiten in eigener Regie.<br />
Vor 450 Jahren erkämpften sich die<br />
Nürnberger Kaufl eute das Recht, ihre<br />
Angelegenheiten unabhängig vom Rat<br />
der Stadt selbst zu organisieren. Am 16. April<br />
1560 läuteten sie erstmals mit dem Börsglöcklein,<br />
das sich an der Sebalduskirche befand,<br />
Beginn und Ende der Marktzeiten an.<br />
An dieses Datum und damit an 450 Jahre<br />
kaufmännische Selbstverwaltung erinnert<br />
eine Gedenktafel am IHK-Gebäude, die anlässlich<br />
des IHK-Jahresempfangs enthüllt<br />
wurde. Der Empfang, zu dem 250 Unternehmer<br />
und Politiker in den Historischen Rathaussaal<br />
gekommen waren, stand unter dem<br />
Motto „450 Jahre Wirtschaftsförderung –<br />
Selbstverwaltung in Selbstverantwortung“.<br />
„Die Kaufl eute haben damals ihre Märkte<br />
und die Regeln bestimmt und deren Einhaltung<br />
überwacht“, fasste IHK-Präsident Dirk<br />
von Vopelius zusammen. Die Marktordnung<br />
und die kaufmännische Selbstverwaltung<br />
markierten zugleich den Beginn des Vertrauens<br />
in eine marktwirtschaftliche Ordnung, in<br />
der die Kaufl eute selbst über Sitte und Moral<br />
eines ehrbaren Kaufmanns wachen. „Das galt<br />
damals, das gilt heute“, so der IHK-Chef mit<br />
Verweis auf Paragraf 1 des IHK-Gesetzes, in<br />
dem es heißt: „Die Industrie- und Handelskammern<br />
haben die Aufgabe, (...) für Wahrung<br />
von Anstand und Sitte des ehrbaren<br />
Kaufmanns zu wirken.“<br />
Der ehrbare Kaufmann ist eigentlich eine<br />
hanseatische Erfi ndung: Herzstück ist – <strong>statt</strong><br />
eines juristischen Vertragswerkes mit Haken<br />
und Ösen – das Wort oder der Handschlag<br />
(„Versprechen sind zu halten“). Das Vertrauen<br />
in diese Geste musste und muss allerdings<br />
Gratulierte dem „Rathaus der Wirtschaft“: Nürnbergs<br />
Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly.<br />
14 08 | 10<br />
Die Marktvorsteher Werner Behringer, Konsul Dr. Johannes Schmitt und Dirk von Vopelius enthüllten<br />
zusammen mit Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Roland Fleck (v.r.) die Gedenktafel am IHK-Gebäude.<br />
durch jahrelanges Handeln begründet sein.<br />
Für von Vopelius gibt es keinen Zweifel: „Wir<br />
tun gut daran, uns an diese Grundsätze zurückzuerinnern.“<br />
Mangel an Moral?<br />
Der IHK-Präsident will die Diskussion um<br />
den ehrbaren Kaufmann auch als Appell verstanden<br />
wissen. Statt sich nur auf Gesetze zu<br />
verlassen, sollten sich gerade auch Unternehmer<br />
freiwillig zu einem verantwortlichen<br />
Handeln bekennen – und sich daran halten.<br />
Gerade vor dem Hintergrund der Wirtschafts-<br />
und Finanzkrise müsse ernsthaft<br />
diskutiert werden, woran es hapere. „Haben<br />
wir einen Mangel an Gesetzen oder haben<br />
wir einen Mangel an Moral? Ich behaupte,<br />
eher Letzteres.“<br />
Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich<br />
Maly will aber nicht die Wirtschaft über einen<br />
Kamm scheren. „Wir kriegen immer<br />
dann Probleme, wenn Nürnberger Produktionsstätten<br />
nur eine Nummer für global agierende<br />
Konzerne sind und am grünen Tisch<br />
entschieden wird.“ Aber er sieht noch eine<br />
zweite Problemgruppe. „Ich hadere auch mit<br />
denen, die mit den Finanzderivaten, also einer<br />
Art ,Massenvernichtungswaffen‘ gearbeitet<br />
haben. Aber nicht mit der Nürnberger<br />
Wirtschaft.“ Prof. Dr. Nick Lin-Hi von der<br />
Universität Mannheim plädierte ebenfalls für<br />
Festlicher Rahmen: Im Historischen Rathaussaal kamen 250 Unternehmer und<br />
Politiker aus dem In- und Ausland zusammen.<br />
Foto: Fuchs