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Inhalt SONDERAUSGABE CYBERCRIME & CYBERJUSTICE ... - ZIS

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Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu_____________________________________________________________________________________bestandsausschluss gem. § 53 UrhG in Betracht. 80 Nach dieserVorschrift sind gewisse Vervielfältigungen zum privatenund zum sonstigen eigenen Gebrauch ohne Zustimmung desUrhebers gestattet. Da ein umfassendes Verbot weder angemessennoch praktikabel erscheint, legt die Vorschrift imAllgemeininteresse die erlaubnisfreie Kopie urheberrechtlichgeschützter Werke fest. 81 Als Ausgleich für die zustimmungsfreieBeeinträchtigung des Vervielfältigungsrechts sieht dasGesetz eine Vergütung für Kopiergeräte und Leerträger vor(§§ 54 Abs. 1, 54c Abs. 1 UrhG). Da es den Nutzern vonkino.to, YouTube etc. regelmäßig nur auf den privaten Filmgenussankommt (und sie nicht etwa eine vergütete Filmkritikschreiben wollen), dürfte es sich um eine Privatkopie i.S.d.§ 53 UrhG handeln. 82 Doch hat der Gesetzgeber die Zulässigkeitder Privatkopie an die Rechtmäßigkeit der Vorlagegekoppelt. Die Kopie ist nicht von § 53 UrhG gedeckt undfolglich rechtswidrig, wenn die Vorlage ihrerseits offensichtlichrechtswidrig hergestellt oder zumindest offensichtlichrechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde. 83 Der Kopierendemuss nicht Eigentümer des Originals sein. Strittig istindessen, ob die Vorlage ihrerseits eine rechtmäßig hergestellteKopie darstellen kann. Ebenfalls diskutiert wird, obsich die Vorlage im rechtmäßigen Besitz des Kopierendenbefinden muss. All diese Fragen können zumindest bei kino.to(nunmehr kinox.to) dahinstehen, da die Betreiber dieser Seitegewerbsmäßig handelten und die Zwischenspeicherung derabrufbaren Filme auf dem Server durch diese ohne Einwilligungdes Berechtigten erfolgt. Die Vorlage ist somit jedenfallsrechtswidrig. 84Ohnehin wird der Schwerpunkt der Überlegungen stetsbei der Frage liegen, ob die Werkvorlage auch „offensicht-79 Koch, GRUR 2010, 574 (575) m.w.N.80 A.A. Koch, GRUR 2010, 574 (577), der darauf hinweist,dass § 53 UrhG bei Verwendung von Ripping-Software perse nicht zur Anwendung kommen darf; zur „Kopie-Sperre“des § 96 Abs. 2 UrhG Stieper, MMR 2012, 12 (17).81 Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 27), § 53 UrhG Rn. 1;Heinrich (Fn. 21), § 106 UrhG Rn. 93.82 Fangerow/Schulz, GRUR 2010, 677 (679).83 Zu § 53 Abs. 1 UrhG im Allgemeinen Aschenbrenner,ZUM 2005, 145; Berger, ZUM 2004, 257; Braun, ZUM2005, 100; Flechsig, GRUR 1993, 532; Grassmuck, ZUM2005, 104; Jani, ZUM 2003, 842; Krüger, GRUR 2004, 204;Melichar, ZUM 2005, 119; Mönkemöller, GRUR 2000, 663;Poll, ZUM 2006, 96; Stickelbrock, GRUR 2004, 736.84 Dieses Ergebnis kann man schon aus systematischen Gründennicht dadurch umgehen, dass man auf die zwischenzeitlichrechtmäßige Vervielfältigung gem. § 44a Abs. 1 Nr. 2UrhG abstellt, die dem endgültigen Speichern vorgeht. § 53UrhG erfasst wohl gerade keine Vorlagen, die rechtmäßig sind,weil sie ursprünglich nur als „Zwischenspeicherung“ gedachtwaren. Anderenfalls würde man denjenigen, der die Dateidirekt herunterlädt erfassen, während derjenige, der sich erstden Stream ansieht und diesen dann speichert, in den Genussder Privilegierung kommen soll.lich“ rechtswidrig ist. 85 An dieser Stelle kommt das Phänomender unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten erstmalsbesonders deutlich zum Vorschein. Stimmen, die einenbesonders effektiven Urheberrechtsschutz (im Sinne zivilrechtlicherHaftung) befürworten, legen den Begriff der Offensichtlichkeitweit aus und bejahen ihn, wenn der Nutzerkeine oder ungewöhnlich niedrige Preise für die Nutzung zuleisten hat. 86Aus strafrechtlicher Sicht erscheint solch eine Auffassungkaum haltbar. 87 Insb. den Kostenfaktor als Indiz heranzuziehen,ist nicht unproblematisch. Schließlich versucht die MusikundFilmindustrie mit den illegalen Angeboten gleichzuziehenund kalkuliert das Medium Internet mehr und mehr inihre Vermarktung ein. Dementsprechend mehren sich legalesowie kostenlose Angebote im Internet (die sich aus Werbungund Registrierung auf den entsprechenden Seiten finanzieren).Außerdem hat man vom Internet aus Zugriff auf verschiedeneRechtsordnungen und Anbieter, von denen derNutzer nicht auf Anhieb wissen muss, ob das abgerufene Videoin dem jeweiligen Land urheberrechtsfrei ist bzw. ob derjeweilige User verbreitungsberechtigt ist. In YouTube bspw.gibt es Channels der Interpreten selbst, die als User eigene<strong>Inhalt</strong>e hochladen, dann die Channels der Plattenfirmen, dannsolche, die mit den Rechteinhabern Verträge geschlossenhaben und die normalen User bzw. „Fake“-User, denen garkeine Rechte eingeräumt worden sind. Auf den ersten Blickist hier nie erkennbar, in welchem Land der Abruf rechtmäßigist (es sei denn aufgrund der IP wird der Zugriff automatischgesperrt) und welcher User rechtmäßig <strong>Inhalt</strong>e hochlädt.Umgekehrt existieren kostenpflichtige Seiten und Downloadangebote,auf denen dennoch urheberrechtswidrige Materialienzur Verfügung gestellt werden. Außerdem wird die Erkennbarkeitder Illegalität durch die Werbung seriöser Unternehmenauf den Seiten kaschiert, denen die Urheberrechtswidrigkeitder dort gemachten Angebote anscheinend selbstnicht bewusst ist.Da dem Nutzer keine „unerfüllbaren Prüfpflichten“ auferlegtwerden dürfen, darf nicht allzu schnell von einer Offensichtlichkeitausgegangen werden, zumindest soweit es umdie Eigenschaft des § 53 UrhG als Tatbestandsausschließungsgrundgeht. Bei den Angeboten von kino.to müsste man aberselbst bei einem äußerst engen Verständnis von einer „Offensichtlichkeit“des Angebots ausgehen, handelt es sich dochnicht selten um Vorabveröffentlichungen von Filmen, dienoch nicht in deutschen Kinos angelaufen sind bzw. nicht alsDVD zum Kauf zur Verfügung stehen. 88 Auch bei YouTubedürften die Aufmachung des Videos (schlichter Songtext vor85 Vgl. hierzu Stieper, MMR 2012, 12 (17); Fangerow/Schulz, GRUR 2010, 677 (680); Koch, GRUR 2010, 574.86 Dreyer (Fn. 27), § 53 UrhG Rn. 26.87 Vgl. etwas detaillierter Fangerow/Schulz, GRUR 2010, 677(680).88 Insofern ist Radmann, ZUM 2010, 387 (389), jedenfallszuzustimmen; vgl. auch Stieper, MMR 2012, 12 (17); Lüft(Fn. 81), § 53 UrhG Rn. 16; Loewenheim (Fn. 28), § 53 UrhGRn. 14c._____________________________________________________________________________________438<strong>ZIS</strong> 8-9/2012

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