pdf-Drucker, Job 71
pdf-Drucker, Job 71
pdf-Drucker, Job 71
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Deutschland zu gehen. 74 Selten dürfte jedoch ein Grund alleine für die Migration ausschlaggebend<br />
gewesen sein. Insbesondere bei Angehörigen sogenannter Minderheiten vermischten<br />
sich häufig politische, religiöse sowie ökonomische Gründe. 75<br />
4.1.6 Die Ankunft in Deutschland<br />
Sowohl von der deutschen Regierung als auch von der türkischen fehlte es an Begleitprogrammen<br />
für die türkischen ArbeitnehmerInnen, an ausreichender Vorbereitung auf<br />
die deutsche Sprache, an Informationen über die politische und soziale Situation in<br />
Deutschland oder an Betreuung am neuen Lebensort. Für die zunächst befristete Arbeitsaufnahme<br />
schienen derartige Anstrengungen den meisten Beteiligten überflüssig. Dies hatte<br />
„eine erzwungene Infantilisierung zur Folge, die kränkend wirkte.“ 76 Viele ArbeitsmigrantInnen<br />
wußten bei ihrer Ankunft noch nicht, in welchen Betrieb sie arbeiten sollten, in welcher<br />
Stadt sie leben würden und was sie verdienen sollten. 77 Daß Menschen nicht nur ökonomische<br />
Faktoren sind, wurde von den zuständigen Stellen nicht berücksichtigt. „Während<br />
zu dieser Zeit lediglich die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und auf die Devisenlage<br />
wichtig genommen wurden, fanden die menschlichen Probleme keine Beachtung.“ 78 Teilweise<br />
trennten die MigrantInnen selbst zwischen Arbeit und Geldverdienen einerseits und<br />
Beziehungen und Gefühlen andererseits. 79<br />
Die deutsche Bevölkerung war ähnlich unvorbereitet. Die Mehrzahl der Deutschen<br />
besaßen keine Informationen über die Ziele und Hintergründe der Zuwanderungspolitk sowie<br />
die Situation der ‚GastarbeiterInnen‘. Weder die deutsche Regierung, noch die ArbeitgeberInnen<br />
und Gewerkschaften haben sich bemüht, die einseitige Sicht der MigrantInnen<br />
als ökonomische Faktoren zu korrigieren. 80 In den folgenden Jahren wurde dieses Defizit<br />
weiterhin nirgends aufgegriffen, wechselseitiges Verständnis war nicht angestrebt. Dies<br />
entsprach dem Selbstverständnis Deutschlands, kein Einwanderungsland zu sein. 81<br />
Für die Unterbringung der angeworbenen Arbeitskräfte waren nach den Anwerbeabkommen<br />
die ArbeitgeberInnen verantwortlich. Dies wurde jedoch kaum überprüft, so daß<br />
die Wohnmöglichkeiten sehr unterschiedlich waren. 82 Viele MigrantInnen wurden in<br />
Wohnheimen untergebracht, Frauen lebten jedoch seltener und für kürzere Zeiträume in<br />
Wohnheimen. 83 Zudem galten für ‚deutsche‘ und ‚ausländische‘ ArbeitnehmerInnen verschiedene<br />
Bedingungen. 84 Viele waren mit der Unterbringung zufrieden, für andere war die<br />
Situation fast unerträglich. Mathilde Jamin berichtet nach Interviews mit MigrantInnen:<br />
74<br />
75<br />
76<br />
77<br />
78<br />
79<br />
80<br />
81<br />
82<br />
83<br />
84<br />
Siehe Jamin, Mathilde: Migrationserfahrungen, 208; Yilmaz, Türkan: Rückkehr, 30.<br />
Siehe beispielsweise zur Situation der Yezidi Kleinert, Claudia: Eine Minderheit in der Türkei: Die<br />
Yezidi, in: Zeitschrift für Türkeistudien 6 (1993) 2, 223-234, hier 234.<br />
Jamin, Mathilde: Migrationserfahrungen, 215.<br />
Siehe ebd., 212.<br />
Tufan, Beril: Migration, 39f.<br />
Siehe Jamin, Mathilde: Migrationserfahrungen, 229.<br />
Siehe Yano, Hisashi: Geschichte, 54f.<br />
Siehe auch den Punkt 4.3.1.<br />
Siehe Yano, Hisashi: Geschichte, 51-53.<br />
Siehe Eryılmaz, Aytaç: Das Leben im Wohnheim – Haymlarda ya am, in: ders.; Mathilde Jamin<br />
(Hrsg.): Fremde Heimat – Yaban, Sılan olur. Eine Geschichte der Einwanderung aus der Türkei –<br />
Türkiye'den Almanya'ya Göçün Tarihi, Essen 1998, 1<strong>71</strong>-177.<br />
„Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gewährte seit Oktober<br />
1960 finanzielle Mittel zur Erstellung von Unterkünften für ausländische Arbeitnehmer unter der