pdf-Drucker, Job 71
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strationen gegen die Unterschriftenaktion in verschiedenen hessischen Städten, 204 der oben<br />
bereits erwähnte Frankfurter Aufruf in der Frankfurter Rundschau, 205 oder eine Persiflage<br />
des Aktionskreises Integration in Fürth mit einer Unterschriftenliste „Ja zur Integration –<br />
Nein zur doppelten Staatshörigkeit (!)“. 206<br />
Eine zentrale Begründung gegen die Einführung einer doppelten Staatsangehörigkeit<br />
besteht – neben vertraglich regelbaren Argumente wie der Wehrpflicht oder dem Wahlrecht<br />
in zwei Staaten – in den entsprechenden Diskursen in der ‚anderen Kultur‘, die, wie<br />
oben aufgezeigt, vor allem ‚alten türkischen Immigrantinnen‘ zugeschrieben wird. 207 Der<br />
SPIEGEL-Herausgeber Rudolf Augstein koppelt die Entscheidung für eine der beiden<br />
StaatsbürgerInnenschaften, die er von ‚türkischen ImmigrantInnen‘ verlangt, an die angebliche<br />
Zugehörigkeit der TürkInnen zu einem ‚anderen Kulturkreis‘. 208 Auch Michael Glos<br />
(CSU) argumentiert im Zusammenhang mit der umstrittenen Unterschriftenliste: „Wir wollen<br />
nicht, daß sich hier Lebensformen etablieren, die nicht deutsche sind, wo man nicht<br />
unsere Bräuche pflegt.“ 209 Ein Leser der Frankfurter Rundschau verwehrt sich dagegen,<br />
jedem „noch so Kulturfremden und Integrationsunwilligen die deutsche als zweite Staatsangehörigkeit<br />
nachzuschmeißen“. 210 Bei einem Online-Forum des Deutschen Bundestages<br />
spricht sich eine Diskussionsteilnehmerin gegen die doppelte Staatsangehörigkeit aus, denn<br />
‚AusländerInnen‘ müssten „eine neue Kultur akzeptieren und sich dementsprechend anpassen.“<br />
211 In dieser Argumentation wird die soziale Kategorie ‚Kultur‘ an eine Staatsangehörigkeit<br />
geknüpft, d.h. ethnisiert. 212 Die Staatsangehörigkeit erscheint als Belohnung für die<br />
Annahme der ‚deutschen Kultur‘. In dieser Diskussion wird noch einmal deutlich, daß die<br />
rechtlichen Rahmenbedingungen für ‚alte türkische Immigrantinnen‘, auch ohne die Verwendung<br />
der sozialen Kategorie ‚Kultur‘ dennoch implizit an diese gebunden sind.<br />
Weiterhin wird gegen die doppelte Staatsangehörigkeit argumentiert, daß Menschen<br />
nur einem einzigen Staat gegenüber loyal sein könnten. Hier kommt die Vorstellung der<br />
‚Unvereinbarkeit verschiedener Kulturen‘ und des ‚Zerrissenwerdens zwischen den Kulturen‘<br />
zum Ausdruck. 213 Erwin Marschewski (CDU/CSU-Fraktion) lehnt die doppelte Staatsangehörigkeit<br />
ab, da sie die „neuen Deutschen zu Halb-und-halb Bürgern“ 214 mache. Bülent<br />
Arslan (CDU) wirft in einem Beitrag, in dem er sich gegen die doppelte Staatsangehörigkeit<br />
ausspricht, den TürkInnen vor, „immer noch in ihrer grundsätzlichen Orientierung zu stark<br />
an die Türkei gebunden“ 215 zu sein. ‚Alten türkische Immigrantinnen‘, die in den Migrati-<br />
204<br />
205<br />
Siehe Altbürger, Dirk: Toleranzmeile abgesteckt, in: FR Nr. 20, 55. Jg., 25. Januar 1999, 19.<br />
Siehe „Hier geboren, hier zu Hause – kein Mensch ist illegal“, in: FR Nr. 20, 55. Jg.,<br />
25. Januar 1999, 15 sowie den Unterpunkt 3.4.3.2.<br />
206<br />
Siehe Und keiner durchschaute den Coup, in: Fürther Nachrichten, 25. Januar 1999.<br />
207<br />
Siehe das Unterkapitel 3.3.<br />
208<br />
Siehe Augstein, Rudolf: Heilmittel „Doppelbürger“?, in: DER SPIEGEL, 47. Jg., Nr. 23,<br />
7. Juni 1993, 18.<br />
209<br />
Michael Glos, zitiert in Borchers, Andreas; Schneuer, Bettina; Wedemeyer, Georg u.a.: Ab nach<br />
rechts, STERN Nr. 3, 52. Jg., 14. Januar 1999, 16-22, hier 18.<br />
210<br />
Schlechtiemen, Reoner: LeserInnenbrief, in: FR Nr. 25, 55. Jg., 30. Januar 1999, 25.<br />
211<br />
Charlotte (24), in: Deutscher Bundestag – Online Forum: Doppelte Staatsangehörigkeit macht die<br />
neuen Deutschen zu Halb-und-halb-Bürgern, http://www.bundestag.de/cgi-bin/display.cgi<br />
212<br />
?Integration_findet_nicht_durch_die_Vergabe_eines_Passes_statt+doppel (5. Juni 2000).<br />
Siehe den Unterpunkt 2.3.1.1.<br />
213<br />
Siehe den Punkt 3.6.1.<br />
214<br />
Erwin Marschewski, in: Deutscher Bundestag – Online Forum: Doppelte Staatsangehörigkeit.<br />
215<br />
Arslan, Bülent: Sprechen Sie Deutsch?, in: Rheinischer Merkur Nr. 4, 54. Jg., 22. Januar 1999, 4.