pdf-Drucker, Job 71
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Deutschland und orientiert sich dabei an Nationalität, Aufenthaltsdauer und -status. Von<br />
‚Kultur‘ ist im AuslG nicht explizit die Rede. Der Soziologe Gero Lenhardt (Berlin) macht<br />
daher „die unpersönliche Funktionsweise des politisch administrativen Systems und indirekt<br />
die des freien Marktes“ 161 für die rechtliche Diskriminierung von ‚AusländerInnen‘ verantwortlich.<br />
Seinen Ausführungen zufolge steht der „rechtliche Ausländerbegriff […], so wie<br />
sein Pendant, der Inländerbegriff, rassischen und kulturellen Merkmalen völlig indifferent<br />
gegenüber.“ 162 Daß die Kategorien ‚Rasse‘ und ‚Kultur‘ 163 im Text des AuslG nicht vorkommen,<br />
stützt diese Vermutung. Jedoch unterscheidet das AuslG nicht nur ‚AusländerInnen‘<br />
und ‚InländerInnen‘, sondern unterteilt die Gruppe der ‚AusländerInnen‘ nach ihrem<br />
Herkunftsland in ‚EU-AusländerInnen‘, ‚SpätaussiedlerInnen‘ und ‚AusländerInnen‘ aus<br />
anderen Staaten. Für ‚EU-AusländerInnen‘ werden die Bestimmungen des AuslG weitgehend<br />
durch ein anderes Gesetz, das den Aufenthalt für ‚EU-BürgerInnen‘ regelt, außer Kraft<br />
gesetzt. 164 ‚SpätaussiedlerInnen‘, deren Wunsch nach Ausreise aus osteuropäischen Staaten<br />
als Folge des Zweiten Weltkriegs anerkannt wird, gelten als ‚Deutsche‘ im Sinne des<br />
Grundgesetzes (Art.116 Abs.1 GG) und sind deshalb vom AuslG ebenfalls nicht betroffen.<br />
Es kommen also unterschiedliche Gesetze zur Anwendung, die sich – entsprechend der<br />
oben bereits dargestellten Koppelung von ‚Kultur‘ an eine Staatsangehörigkeit – unausgesprochen<br />
an den Vorstellungen von Nähe und Ferne zur ‚deutschen Kultur‘ orientieren. 165<br />
Menschen, die als nah zur ‚deutschen Kultur‘ gelten – wie ‚SpätaussiederInnen‘ oder ‚Angehörige<br />
der EU‘, haben mehr Rechte als Menschen, die als fern eingestuft werden – wie<br />
etwa ‚TürkInnen‘. 166 Der deutsche Staat bringt dadurch für ‚InländerInnen‘ sowie für ‚AusländerInnengruppen‘<br />
„unterschiedliche Lebenslagen und damit Verhältnisse rechtlicher<br />
Segregation“ 167 hervor. Frauen werden im AuslG ebenso wie in anderen Rechtstexten nicht<br />
explizit benannt. Das AuslG scheint demnach auch dem Geschlecht der ‚AusländerInnen‘<br />
neutral gegenüber zu stehen. Die allgemeinen Regelungen wirken sich jedoch in unterschiedlichen<br />
Lebenssituationen z.T. als Diskriminierung, z.T. als Bevorzugung aus. 168<br />
rer, Cristina; Turtschi, Regula; Le Breton Baumgartner, Maritza: Entschieden im Abseits. Frauen in<br />
der Migration, Zürich 1996.<br />
161<br />
Lenhardt, Gero: Ethnische Identität und sozialwissenschaftlicher Instrumentalismus, in: Eckhard J.<br />
Dittrich; Frank-Olaf Radtke (Hrsg.): Ethnizität – Wissenschaft und Minderheiten, Opladen 1990,<br />
191-213, hier 201.<br />
162<br />
Ebd.<br />
163<br />
Vgl. den Punkt 2.3.5.<br />
164<br />
Gesetz über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen<br />
Wirtschaftsgemeinschaft (Aufenthaltsgesetz/EWG – AufenthG/EWG), in: Deutsches Ausländerrecht,<br />
Beck-Texte im dtv, 12., völlig neubearbeitete Auflage, München 1998, 133-143.<br />
165<br />
Vgl. die Ausführungen unter 2.3.1.1, 3.2.1 und 3.4.1; sowie Miles, Robert; Thränhardt, Dietrich<br />
(Eds.): Migration and European Integration. The Dynamics of Inclusion and Exclusion, London;<br />
Cranbury 1995.<br />
166<br />
Dies soll nicht den Eindruck erwecken, als seien ‚SpätaussiedlerInnen‘ den ‚einheimischen Deutschen‘<br />
rechtlich und gesellschaftlich völlig gleichgestellt. Vgl. dazu Gesetz über die Angelegenheiten<br />
der Vertriebenen und Flüchtlinge – Bundesvertriebenengesetz – BVFG (2. Juni 1993), in Auszügen<br />
abgedruckt in: Harald W. Lederer: Migration und Integration in Zahlen, CD-ROM, Bamberg<br />
1997, MIZ.<strong>pdf</strong>, 593-597; Mies-van Engelshoven, Brigitte: Junge Aussiedlerinnen – Leben in zwei<br />
Kulturen?, in: iza 2 (1997) 32-35.<br />
167<br />
Lenhardt, Gero: Ethnische Identität, 201.<br />
168<br />
Vgl. Baringhorst, Sigrid: Migrantinnen in Europa - Aspekte der Mehrfachdiskriminierung, in: Peripherie.<br />
Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt, 13 (1993) 49, 68-78; Lutz, Helma:<br />
Die Grenzen des Europäisch-Seins: Immigrantinnen in der Festung Europa, in: Frauen in der Einen<br />
Welt 8 (1997) 1, 26-45.