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pdf-Drucker, Job 71

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"<br />

empfanden sie, da sie Stehtoiletten gewohnt waren, als unhygienisch, ebenso wie die europäische<br />

Gewohnheit, sich nach der Toilettenbenutzung lediglich die Hände zu waschen,<br />

nicht aber die Urogenitalregion.<br />

4.1.7 Die Maßnahme zum Anwerbestop (1973)<br />

Wie oben beschrieben, gingen sowohl die türkische wie die deutsche Regierung<br />

bzw. Bevölkerung, als auch die MigrantInnen selbst davon aus, daß die Arbeitsaufnahme<br />

auf eine bestimmte überschaubare Zeit begrenzt sein sollte, nach deren Ablauf die ArbeiterInnen<br />

von neu ankommenden abgelöst werden sollten. Allmählich veränderte sich jedoch<br />

die Interessenlage. Die ArbeitgeberInnen waren zunehmend interessiert daran, nicht immer<br />

wieder neue Leute einzuarbeiten bzw. eingearbeitete Kräfte zu verlieren. Hierbei standen<br />

nach wie vor ökonomische Überlegungen im Vordergrund, und nicht der Blick auf die<br />

Menschen, ihre Gefühle, Beziehungen und Zukunftsvorstellungen war entscheidend. Inzwischen<br />

hatte sich bei vielen Arbeiterinnen und Arbeitern, die länger als erwartet blieben, der<br />

Wunsch entwickelt, über einen längeren Zeitraum, eventuell sogar dauerhaft in Deutschland<br />

zu leben. Unter Bezug auf die Menschenrechte 93 und die Menschenwürde 94 gab es auch Widerspruch<br />

gegen das Rotationsmodell als solches.<br />

Die Aufenthaltsdauer war ursprünglich auf zwei Jahre begrenzt. Bereits Ende 1962<br />

gab es erste Bestrebungen, diese Begrenzung wieder abzuschaffen. In der Neuformulierung<br />

der Anwerbevereinbarung, die am 30. September 1964 in Kraft trat, fiel diese Beschränkung<br />

ebenso weg wie von der Türkei als diskriminierend monierte Formulierungen. 95 Ein<br />

Nachzug der Familienangehörigen war ursprünglich nicht vorgesehen.<br />

Bis 1973 stiegen die EinwanderInnenzahlen kontinuierlich an. 96 Die Verschlechterung<br />

der Beschäftigungssituation war schließlich der Anlaß für den Anwerbestop, den die<br />

Bundesregierung im November 1973 für alle AusländerInnen, die nicht aus EG-Staaten<br />

kamen, verfügte. 97 Lediglich Familienangehörige waren von dem Stop ausgenommen. Das<br />

stellte die aus der Türkei migrierten Frauen vor die Entscheidung, entweder für immer in ihr<br />

Herkunftsland zurückzukehren oder auf längere Sicht in der Bundesrepublik zu bleiben,<br />

während in den Jahren zuvor auch nach einem längeren Aufenthalt in der Türkei eine erneute<br />

Migration nach Deutschland möglich gewesen war. Zur Zeit des Anwerbestops waren<br />

viele türkische ArbeitnehmerInnen erst kurze Zeit in Deutschland, die ihr Migrationsziel<br />

sen; Dokumentationszentrum und Museum über die Migration aus der Türkei e.V. DoMiT e.V.:<br />

Fremde Heimat, 24).<br />

93<br />

Siehe Abadan-Unat, Nermin: Auswirkungen, 204. Abadan-Unat gibt hier allerdings nicht an, von<br />

wem diese Proteste ausgingen, ob von MigrantInnen und/oder von Deutschen.<br />

94<br />

Auf christlich-katholischer Seite spricht sich 1976 die Würzburger Synode gegen das Rotationsprinzip<br />

aus, da diese „in hohem Maß der Würde des Menschen“ widerspreche. (Der ausländische Arbeitnehmer<br />

– eine Frage an die Kirche und die Gesellschaft, in: Gemeinsame Synode der Bistümer<br />

in der Bundesrepublik Deutschland. Beschlüsse der Vollversammlung, Offizielle Gesamtausgabe I,<br />

Freiburg; Basel; Wien 1976, 365-410, hier B.II., 384)<br />

95<br />

Siehe Jamin, Mathilde: Anwerbevereinbarung, 81.<br />

96<br />

Siehe Eryılmaz, Aytaç: Arbeiter, 104; Lederer, Harald W.: Migration und Integration in Zahlen. Ein<br />

Handbuch (Forum Migration; Bd. 4), hrsg. von: Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen,<br />

Bonn 1997, 180f.<br />

97<br />

Siehe Maßnahme zur Eindämmung der Ausländerbeschäftigung, in: Harald W. Lederer: Migration<br />

und Integration in Zahlen, CD-ROM, Bamberg 1997, MIZ.<strong>pdf</strong>, 452f.

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