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pdf-Drucker, Job 71

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das Militär wurden 1961 erneut Fünfjahrespläne eingeführt, die es auch schon unter Kemal<br />

Atatürk gegeben hatte.<br />

Um den Arbeitsmarkt in der Türkei zu entlasten, wurde die Migration von Arbeitskräften<br />

staatlich gefördert. 4 Bereits ab etwa 1950 fand als Folge der sinkenden Existenzmöglichkeiten<br />

in der Landwirtschaft und der damit verbundenen Landflucht eine Binnenmigration<br />

in großem Umfang statt. Ab Anfang der 60er Jahre verließen viele Menschen die<br />

Türkei und wanderten nach Westeuropa aus. 5 Innerhalb von 11 Jahren gingen 654.465 ArbeiterInnen<br />

ins Ausland, davon 83,16% in die Bundesrepublik Deutschland. 6 Der türkische<br />

Staat versprach sich von der Auslandsmigration neben der Senkung der Arbeitslosenzahlen<br />

Devisen und rechnete damit, daß die ArbeiterInnen mit neuen Kenntnissen in die Türkei<br />

zurückkehren würden, was für die einheimische Wirtschaft von Nutzen sein würde. 7<br />

Zunächst jedoch blieben viele Menschen in der Türkei, sie nahmen aber saisonbedingte<br />

Arbeiten außerhalb ihrer Heimatregionen an. Als das Einkommen aus der Landwirtschaft<br />

immer mehr abnahm, zogen viele Menschen endgültig in die Städte. 8 Nach den Provinzhauptstädten<br />

waren Städte in anderen Provinzen das Ziel, gefolgt von den großen Zentren<br />

wie stanbul, 9 Ankara, zmir und Adana, in denen sich die Industrieentwicklung konzentrierte.<br />

10 Die Wanderungsbewegung verlief dabei in der Regel aus den östlichen Gebieten<br />

der Türkei in den Westen. Dabei waren es nicht immer „die Ärmsten im Dorf, die in die<br />

Stadt abwanderten. Die Bessergestellten waren sogar die ersten, die den Mut für eine Abwanderung<br />

aufbrachten.“ 11 Dies hatte eine einschneidende Veränderung der Familienstruk-<br />

4<br />

Zum Stellenwert der Migration in den Fünfjahresplänen siehe Gitmez, Ali S.: Yurtdı ına i çi göçü<br />

ve Geri Dönü ler. „Beklentiler … Gerçekle enler…“, Istanbul 1983.<br />

5<br />

Siehe Martin, Philip L.: The unfinished story: Turkish labour migration to Western Europe. With<br />

special reference to the Federal Republic of Germany, Geneva 1991, 21-26; Abadan-Unat, Nermin:<br />

Turkish Workers in Europe 1960-1975. A socio-economic reappraisal, Leiden 1976.<br />

6<br />

Siehe Tufan, Beril: Migration von Arbeitnehmern aus der Türkei (Prozesse der Migration und Remigration),<br />

in: Eckhardt Koch; Metin Özek; Wolfgang M. Pfeiffer et. al. (Hrsg.): Chancen und Risiken<br />

von Migration. Deutsch-türkische Perspektiven (Schriftenreihe der Deutsch-Türkischen Gesellschaft<br />

für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosoziale Gesundheit e.V.; Bd. 2), Freiburg<br />

i. Br. 1998, 38-51, hier 41.<br />

7<br />

Siehe Adanir, Fikret: Geschichte, 92; Jamin, Mathilde: Die deutsch-türkische Anwerbevereinbarung<br />

von 1961 und 1964 – 1961 ve 1964 Almanya-Türkiye gücü Anla maları, in: Aytaç Eryılmaz;<br />

Mathilde Jamin (Hrsg.): Fremde Heimat – Yaban, Sılan olur. Eine Geschichte der Einwanderung aus<br />

der Türkei – Türkiye'den Almanya'ya Göçün Tarihi, Essen 1998, 69-82, hier 69; en, Faruk; Koray,<br />

Sedef: Türkiye'den Avrupa Toplulu u'na Göç Hareketleri, Köln 1993, 70-88.<br />

Jedoch sollten die RückkehrerInnen entgegen dieser Annahme überwiegend nicht in die türkische<br />

Industrie zurückkehren, sondern die meisten von ihnen gründeten Unternehmen bzw. lebten als<br />

RenterInnen. Siehe dazu Abadan, Nermin: Le Non-Retour a l'industrie, trait dominant de la chaine<br />

migratoire turque, in: Sociologie du Travail, 3/1972, 278-293; Martin, Philip L.: The unfinished<br />

story, 38-40.<br />

8<br />

Siehe Leopold, Ulrich: Sozio-ökonomische Ursachen, 102.<br />

9<br />

In Literaturangaben und Zitaten übernehme ich für türkische Wörter die jeweilige (je nach dortiger<br />

Transskription uneinheitliche) Schreibweise, in meinem eigenen Text verwende ich jedoch die türkische<br />

Schreibweise.<br />

10<br />

Das Ziel der Wanderung war für viele stanbul, selbst Ankara, zmir und Adana stellten häufig nur<br />

Zwischenstationen dar. Siehe dazu Leopold, Ulrich: Sozio-ökonomische Ursachen, 102-104.<br />

11<br />

Özbay, Ferhunde: Der Wandel der Arbeitssituation der Frau im innerhäuslichen und außerhäuslichen<br />

Bereich in den letzten sechzig Jahren, in: Aylâ Neusel; irin Tekeli; Meral Akkent (Hrsg.):<br />

Aufstand im Haus der Frauen. Frauenforschung aus der Türkei, Berlin 1991, 120-148, hier 135.

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