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Das Magazin 2|2012 (PDF, 3.6 MB) - Deutsche BKK

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„Zu den Risikogruppen gehören z.B. Patienten<br />

mit chronischen Infekten, die immer wieder<br />

ein Antibiotikum bekommen, wie sie auch in<br />

der HNO-Klinik oder der Urologie vorkommen.“<br />

bestätigen sich durch eine weitere biochemische<br />

Analyse. Dabei bestimmen wir<br />

gleichzeitig, welche Antibiotika wirken und<br />

welche wirkungslos sind.“<br />

Wurde ein Patient positiv auf MRSA getes -<br />

tet, beginnen sofort Gegenmaßnahmen.<br />

„Der Patient wird isoliert, d.h. in ein Einzelzimmer<br />

verlegt. Alle Personen, die mit ihm<br />

zu tun haben, kommen mit Schutzkleidung,<br />

also Kittel, Mundschutz und Handschuhen.<br />

Die so genannten Dekolonisierungsmaßnahmen<br />

beginnen, der Rachen wird mit einer<br />

Lösung gespült und eine Nasensalbe muss<br />

fünf Tage lang dreimal täglich aufgetragen<br />

werden. Weiterhin bekommt der Patient eine<br />

Waschlotion, die antiseptisch die Keimzahl<br />

reduzieren soll. Dazu kommen Maßnahmen<br />

wie täglicher Wechsel der Bettwäsche,<br />

täglich neue Schlafanzüge oder Desinfektion<br />

der Zahnbürste bzw. Benutzung von<br />

Einmal-Zahnbürsten. Persönliche Sachen<br />

des Patienten müssen auch desinfiziert<br />

werden. Liegt nur eine Besiedlung mit MR-<br />

SA vor und ist er nicht krank, bekommt er<br />

KAMPF GEGEN KRANKENHAUSINFEKTIONEN � GESUNDHEIT<br />

nur ein lokales Antibiotikum für die Nasenvorhöfe.<br />

Hat er eine MRSA-Infektion, wird<br />

natürlich geschaut, wo diese Infektion sitzt<br />

und welches der MRSA-wirksamen Antibiotika<br />

kann dagegen verabreicht werden“, beschreibt<br />

Dr. Feier das Maßnahmebündel.<br />

Notwendige Untersuchungen finden statt,<br />

„nur wird dann die entsprechende Abteilung<br />

auf den MRSA hingewiesen, damit der<br />

Patient nicht gerade dann dort ankommt,<br />

wenn dort viele andere Patienten warten.<br />

Wir schauen, dass er in einem klar definierten<br />

Zeitfenster kommt und möglichst keine<br />

Wartezeit und keinen Kontakt mit anderen<br />

Patienten hat. Eingriffe, die nicht dringlich<br />

sind, werden aufgeschoben, wenn dies medizinisch<br />

möglich ist.<br />

Medizinisch notwendige Maßnahmen werden<br />

natürlich durchgeführt. Dies gilt auch<br />

für nicht aufschiebbare Operationen. Also:<br />

Ein Patient mit einem Beinbruch, der MRSA<br />

hat, wird natürlich operiert. Allerdings leiten<br />

wir sofort Maßnahmen ein, damit er<br />

möglichst nicht an seinem MRSA erkrankt.“<br />

So wird MRSA-Patienten geholfen<br />

Dabei gibt es einen klaren Zeitplan für die<br />

Behandlung, so Dr. Feier: „Für die Nasensalbe<br />

brauchen wir fünf Tage, dann kommen<br />

zwei Tage Pause, dann machen wir drei<br />

❯❯ FRAGE UND ❮❮ ANTWORT<br />

Drei Fragen an Dr. med. Birgit Feier, Ärztin und<br />

Hygienebeauftragte am Klinikum Wolfsburg<br />

❯❯ <strong>Magazin</strong>: Darf ein MRSA-Patient im<br />

Krankenhaus von seinen Angehörigen<br />

besucht werden?<br />

❮❮ Ja. Wir bitten die Angehörigen nur, dass<br />

sie sich entsprechend unseren Anweisungen<br />

an die Hygienemaßnahmen halten.<br />

Und wir möchten natürlich nicht, dass wir<br />

den Patienten bei uns etwa im Cafeteria-<br />

Bereich wieder finden. Der Patient soll<br />

bitte in seinem Zimmer bleiben und nicht<br />

durchs Haus laufen. Denn der nächste Patient,<br />

der ihm begegnet, könnte ein besonders<br />

abwehrgeschwächter Patient sein, der<br />

sich dann einen MRSA durch näheren<br />

Kontakt einfangen kann.<br />

❯❯ <strong>Magazin</strong>: Gibt es besondere Vorsichtsmaßnahmen,<br />

wenn ein ehemaliger MRSA-<br />

Patient entlassen wird?<br />

❮❮ Ein MRSA-Patient, der saniert ist, kann<br />

genauso wie jeder andere durch unser Haus<br />

oder draußen spazieren. Bei einem nicht<br />

sanierten Patienten erfolgen bei der Entlassung<br />

mit dem Rettungsdienst evtl. noch besondere<br />

Maßnahmen. Aber der Taxifahrer,<br />

der den Patienten nach Hause fährt, muss<br />

schon nichts Besonderes mehr beachten.<br />

Und auch zuhause in seiner Umgebung<br />

Kontrollabstriche an drei aufeinander folgenden<br />

Tagen. Ist er dann saniert, verlieren<br />

wir ihn nicht aus den Augen, sondern kontrollieren<br />

nach. Denn wir wissen nie genau,<br />

ob wir ihn wirklich geheilt haben oder ob<br />

der MRSA nur unter der Nachweisgrenze<br />

liegt. Man kann MRSA behandeln, aber man<br />

bekommt nicht jeden Patienten MRSA-frei.<br />

Es gibt sogenannte Sanierungshindernisse,<br />

zum Beispiel einen Dialysepatienten oder<br />

einen Patienten mit einer chronischen Erkrankung<br />

oder chronischen Wunden. Muss<br />

ein Patient wegen einer anderen Erkrankung<br />

ein Antibiotikum nehmen, macht es<br />

keinen Sinn, gleichzeitig den MRSA in der<br />

Nase zu behandeln. Dann beendet man erst<br />

einmal die eine Antibiotika-Therapie und<br />

beginnt dann mit der MRSA-Sanierung.“<br />

Der Erfolg all dieser Maßnahmen blieb dann<br />

auch nicht aus. Im Klinikum der Stadt Wolfsburg<br />

konnte damit die im Klinikum erworbenen<br />

MRSA-Rate auf vier bis sechs Prozent<br />

der MRSA-Nachweise, das entspricht 10 bis<br />

15 Patienten von rund 28.000 behandelten<br />

Patienten jährlich, gesenkt werden. Damit<br />

liegt das Klinikum im Vergleich zu den Referenzzahlen<br />

des Nationalen Referenzzentrums<br />

für die Surveillance von nosokomialen<br />

Infektionen bei den besten Krankenhäusern<br />

in Deutschland. �<br />

kann sich der Patient normal bewegen.<br />

Im Krankenhaus müssen wir mit MRSA sehr<br />

viel vorsichtiger umgehen, weil wir immer<br />

davon ausgehen müssen, dass im Nebenbett<br />

oder im Nachbarzimmer ein Patient<br />

liegen kann, der besonders abwehrgeschwächt<br />

ist und für den MRSA deswegen<br />

eine besondere Bedrohung darstellen kann.<br />

Zuhause ist das in aller Regel nicht der Fall.<br />

Natürlich gilt das nicht, wenn ich in der Familie<br />

jemanden habe, der als Krebspatient<br />

gerade eine Chemo-Therapie macht oder<br />

wenn jemand nach einer Organtransplantation<br />

abwehrgeschwächt ist. Aber das sind<br />

Ausnahmen, da muss allerdings sehr genau<br />

hingeschaut werden, um das Risiko einer<br />

Übertragung zu minimieren.<br />

❯❯ <strong>Magazin</strong>: Besteht eine besondere<br />

Gefährdung für seine Familie bzw. seine<br />

Angehörigen, wenn ein Patient mit MRSA<br />

entlassen wird?<br />

❮❮ Nein. Die Kinder dürfen auch in die<br />

Schule oder in den Kindergarten gehen,<br />

wenn ein Elternteil oder der Großvater<br />

MRSA hat. �<br />

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