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Wunsch_2012 - Das Lebendige bei Heidegger - Philosophie

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gemessen <strong>Heidegger</strong> die Grundfrage der traditionellen philosophischen Anthropologie, wasder Mensch sei, hält. Denn sie fragt nicht nach einem existenzialen Strukturzusammenhang,den wir jeweils selbst instantiieren, sondern nach etwas vermeintlich Vorhandenem. Entsprechenderklärt <strong>Heidegger</strong> mit Bezug auf die traditionelle Bestimmung des Menschen als zÖonlógon Écon: „Die Seinsart des zÖon wird aber hier verstanden im Sinne des Vorhandenseinsund Vorkommens.“ (Ebd., 48)Die Kritik, die <strong>Heidegger</strong> auf diese Weise gegen die traditionelle Anthropologie eröffnet,hat jedoch eine Kehrseite, die von ihm in Sein und Zeit nicht reflektiert wird. Der begrifflicheRahmen von Existenz und Vorhandenheit, von Existenzialien und Kategorien ist zugrob, um die Seinsart und Seinsbestimmungen von Tieren oder allgemein von Lebewesen zuerfassen. Den Begriff der Existenz reserviert <strong>Heidegger</strong> – entgegen dem üblichen Sprachgebrauch– für das Sein des <strong>Das</strong>eins, also für die menschliche Seinsweise. Im Rahmen seinerTerminologie kann daher von Tieren und Pflanzen ebenso wenig wie von Steinen oder Stühlengesagt werden, sie existierten. Zudem scheinen für die ersteren die ontologischen Begriffenicht zu passen, die <strong>Heidegger</strong> mit Blick auf die letzteren prägt. ‚Vorhandenheit‘ scheint <strong>bei</strong>ihm für die Seinsart bloßer Dinge wie Steine und Stühle reserviert zu sein; und auch der Begriffder Zuhandenheit, mit dem er diese Seinsart ursprünglicher zu fassen sucht (SuZ 69 ff.),scheint nicht auf Tiere zu passen. <strong>Das</strong> Problem lässt sich so formulieren: Dinge sind zuhandenoder vorhanden; Menschen existieren; was aber ist mit anderen Lebewesen und insbesondereden Tieren? Diese Frage scheint in Sein und Zeit ungeklärt zu bleiben. 3 Es sieht auf den erstenBlick so aus, als würde schon das begriffliche Instrumentarium fehlen, um eine ontologischeBestimmung des Tieres zu formulieren.Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass dieser Eindruck nicht ganz richtigist. Denn an einigen wenigen Stellen von Sein und Zeit wird deutlich, dass <strong>Heidegger</strong> zwischender Seinsart der Dinge und der der Menschen eine weitere Seinsart vorsieht: Leben.„Leben ist weder pures Vorhandensein, noch aber auch <strong>Das</strong>ein.“ (SuZ 50) Schlagwortartiggesagt, entspricht der Folge „Stein – Tier – Mensch“ in ontologischer Hinsicht die Folge„Vorhandenheit – Leben – Existenz“. 4 Die Frage nach der Seinsart der Tiere (und der Pflan-3Auch Jacques Derrida, der auf die Strukturierung der existenzialen Analytik von Sein und Zeit durch dasBegriffspaar ‚Existenzialien – Kategorien‘ hinweist, erklärt in diesem Sinne, dass „sich das Tier mitexistenzialen und kategorialen Mitteln nicht denken“ lässt (Derrida 1988, 69).4Siehe hierzu <strong>Heidegger</strong>s Vorlesung Metaphysische Anfangsgründe der Logik im Ausgang von Leibniz(SoSe 1928): „Existenz ist der Titel für die Seinsart des Seienden, das wir je selbst sind, das menschliche<strong>Das</strong>ein. Eine Katze existiert nicht, sondern lebt, ein Stein existiert nicht und lebt nicht, sondern istvorhanden.“ (GA 26, 159). Vgl. auch die Vorlesung Einleitung in die <strong>Philosophie</strong> (WS 1928/29): „Sokönnen wir mit Rücksicht auf diese verschiedenen Arten des Seins des Seienden scheiden: dasExistierende: die Menschen; das Lebende: Pflanzen, Tiere; das Vorhandene: die materiellen Dinge; das3

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