ProPhil - Philologenverband Sachsen
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Zur Diskussion gestellt:<br />
Unsere Ziele im berufs- und bildungspolitischen Bereich<br />
Seit der letzten Bestimmung der Grundsätze der Arbeit des PVS hat<br />
sich in der sächsischen Bildungslandschaft einiges getan. Der Kampf<br />
gegen das gegliederte Schulsystem hat an Schärfe gewonnen und wir<br />
stöhnen unter den Auswirkungen des Bezirkstarifvertrages. Gleichzeitig<br />
werfen die Tarifverhandlungen der Länder 2009 sowie die Verhandlungen<br />
zur neuen Entgeltordnung bereits jetzt ihre Schatten vor-<br />
■ Gegen Gemeinschaftsschulen<br />
und Privatisierung<br />
■ Für frühzeitige begabungsgerechte<br />
Förderung<br />
■ Für ein Gymnasium<br />
als soziale Leistungsschule<br />
<strong>ProPhil</strong><br />
aus. Das zwingt uns, unseren Kurs gemeinsam mit Ihnen den aktuellen<br />
Bedingungen anzupassen, um den Herausforderungen der Zukunft<br />
gewachsen zu sein. Deshalb fordern wir Sie auf, sich auch an dieser<br />
Diskussion zu den berufs- und bildungspolitischen Zielen zu beteiligen.<br />
Senden Sie uns Ihre Meinung zu und gestalten Sie so aktiv die<br />
Verbandspolitik mit. Steffen Pabst<br />
Bildungspolitische Leitsätze des <strong>Philologenverband</strong>es <strong>Sachsen</strong><br />
1. Der <strong>Philologenverband</strong> <strong>Sachsen</strong> wendet sich<br />
energisch gegen alle Versuche, das gegliederte<br />
Schulwesen in <strong>Sachsen</strong> abzuschaffen oder zu verändern.<br />
Mit seinem System der Gliedrigkeit hat es<br />
<strong>Sachsen</strong> nicht nur geschafft bei PISA einen führenden<br />
Platz unter den deutschen Bundesländern einzunehmen,<br />
sondern auch in die internationale Spitzengruppe<br />
vorzustoßen.<br />
2. Eine frühzeitige begabungsgerechte Förderung<br />
gehört zu den besonderen Qualitätsmerkmalen des<br />
sächsischen Schulwesens. Nur durch eine intensive,<br />
leistungsdifferenzierte Förderung seiner Schülerinnen<br />
und Schüler ab der 5. Jahrgangsstufe kann das<br />
sächsische Gymnasium seine internationale Spitzenstellung<br />
auch zukünftig behaupten und die Qualität<br />
des sächsischen Abiturs sichern. Die oft wiederholte<br />
Behauptung, dass heterogene Lerngruppen bessere<br />
Leistungsergebnisse zeigen als homogene wird<br />
durch die internationale Lernforschung in keiner Weise<br />
bestätigt.<br />
3. Alle Versuche, den Eltern die Möglichkeit zu nehmen,<br />
nach der vierten Grundschulklasse ihre Kinder<br />
bei Eignung und Interesse auf verschiedene weiterführende<br />
Schularten zu schicken, stellen eine Entmündigung<br />
der Eltern dar. Wer gegen den Willen der<br />
Eltern die Differenzierung in Schularten abschafft,<br />
leistet einer zunehmenden Flucht vermögender<br />
Eltern in teuere Privatschulen Vorschub, was zu<br />
einem Bildungswesen führen würde, in dem die<br />
Schulbildung vom Geldbeutel abhängig ist. Weder<br />
eine Verlängerung der Grundschulzeit noch die<br />
zwangsweise Einführung einer Gemeinschaftsschule<br />
führen zu mehr sozialer Gerechtigkeit oder gar besseren<br />
Lernleistungen aller Schüler.<br />
4. Wir lehnen Bestrebungen, die 6-Jährige Grundschulzeit<br />
als weitere Variante einzuführen ab, da<br />
auch damit unsere Vorstellungen zum gegliederten<br />
Schulwesen unterlaufen werden. Bekanntlich zeigen<br />
jüngste Untersuchungen auch, dass diese Variante<br />
zu schlechteren Ergebnissen führt als die 4-jährige<br />
Variante.<br />
5. Schule hat einen staatlichen Bildungsauftrag, der<br />
weitaus mehr umfasst als allein der Wirtschaft genügend<br />
passenden Nachwuchs zu liefern. Überdies ist<br />
es Aufgabe der Länder, für eine gerechte Ausstattung<br />
der Schulen und eine gleichmäßige Versorgung mit<br />
Lehrern zu sorgen. Die Bildung unserer Kinder darf<br />
nicht von der Wirtschaftkraft einzelner Regionen,<br />
Schulen oder von Sponsoringpartnern abhängen.<br />
Deshalb lehnt der <strong>Philologenverband</strong> <strong>Sachsen</strong> eine<br />
weiter fortschreitende Privatisierung der staatlichen<br />
Schulen sowie eine Kommunalisierung strikt ab.<br />
Schule ist kein Wirtschaftsbetrieb, sondern eine verfassungsrechtlich<br />
legitimierte, verpflichtende Aufgabe<br />
der Länder und des Bundes.<br />
6. Der <strong>Philologenverband</strong> <strong>Sachsen</strong> bekennt sich zum<br />
Auftrag von Schule, einerseits Jugendliche in Bezug<br />
auf Wissenserwerb und Sozialkompetenzen zu fordern<br />
und zu fördern, andererseits aber auch Leistungen<br />
zu bewerten, Noten zu vergeben um somit Qualifikationen<br />
und Abschlüsse zuzuerkennen. Wer<br />
mithilfe des Vorwurfs der „Selektion" Noten<br />
abschaffen, differenzierte Abschlüsse aufgeben und<br />
letztendlich eine Nivellierung der Schulen und des<br />
Bildungsniveaus will, bietet den Schulabgängern<br />
nicht bessere, sondern schlechtere Startchancen, entwertet<br />
schulische Abschlüsse generell und überlässt<br />
die Bewerbungsauswahl den Hochschulen und<br />
Unternehmen mit oft nicht nachvollziehbaren und<br />
damit auch ungerechteren Auswahlkriterien. Mit der<br />
Aufgabe differenzierte Bildungsabschlüsse und der<br />
damit einhergehenden Nivellierung der Schulen und<br />
des Bildungsniveaus wird die gegenwärtige Tendenz<br />
der Leistungsreduzierung und Minimierung von Forderungen<br />
unterstützt.<br />
7. Das sächsische Gymnasium ist eine Schule für<br />
sozialen Aufstieg, in der nicht Herkunft oder Vermögen,<br />
sondern Begabung, Leistung und Willen des<br />
Schülers über den Bildungserfolg entscheiden.<br />
Wer versucht, das Gymnasium zugunsten einer<br />
Gemeinschaftsschule abzuschaffen, nimmt geeigneten<br />
Jugendlichen die Chance zum sozialen Aufstieg<br />
durch Leistung.<br />
8. Der <strong>Philologenverband</strong> <strong>Sachsen</strong> warnt vor aktuellen<br />
Bestrebungen, das Abitur als Bildungsziel für alle<br />
zu propagieren und in einem massiven Anstieg der<br />
Abiturientenzahlen ein erstrebenswertes Ziel zu<br />
sehen. Ziel des Abiturs ist immer noch die allgemeine<br />
Studierfähigkeit und nicht ein multivariabler, allgemeinbildend-beruflicher<br />
Schulabschluss für alle.<br />
Sollen die inhaltliche und pädagogische Qualität des<br />
Gymnasium zukünftig nicht leiden, müssen erhebliche<br />
Ressourcen in das achtjährige sächsische Gymnasium<br />
gesteckt werden.<br />
Im Einzelnen fordert der PVS:<br />
■ Die Zuweisung zusätzlichen Personals für<br />
Betreungs- und Aufsichtsaufgaben<br />
■ Keine weiteren Stundentafelkürzungen, um das<br />
ohnehin im internationalen Vergleich geringe<br />
Unterrichtsvolumen nicht weiter abzusenken<br />
■ Mehr finanzielle Mittel, um den Unterricht<br />
modern und zeitgemäß durchführen zu können.<br />
Verstärkte Anstrengungen, um die für den Ganztagsbetrieb<br />
notwendige Infrastruktur sicherzustellen<br />
■ Vollbeschäftigung aller Lehrer, die dies wünschen<br />
und keine besondere Arbeitszeitregelung<br />
■ Einen Fond, aus dem Schüler aus ärmeren Familien<br />
entsprechend unterstützt werden können.<br />
Damit können auch Kinder aus sozial schwachen<br />
Familien ohne Probleme das Abitur erreichen.<br />
■ Mehr Unterstützung von Kindern aus bildungsfernen<br />
Familien<br />
Sicherung der gymnasialen Qualität<br />
■ Mindestens zehnsemestriges Masterstudium in<br />
zwei vertieften Fächern unter Beibehaltung des<br />
1. Staatsexamens<br />
■ Beibehaltung des 2-jährigen Vorbereitungsdienstes<br />
in der bisher bewährten Struktur zur Verzahnung<br />
der wissenschaftlichen Methodik und<br />
Didaktik mit der gymnasialen Praxis; Abschluss:<br />
2. Staatsexamen<br />
■ Reduzierung der Klassenstärken in allen Jahrgangsstufen<br />
zur besseren individuellen Förderung<br />
der Schülerinnen und Schüler und um die geforderten<br />
modernen Unterrichtsmethoden angemessen<br />
umsetzen zu können<br />
Mehr Selbstständigkeit von Schulen ist dann erstrebenswert<br />
und sinnvoll, wenn dieser erweiterte<br />
Gestaltungsspielraum der einzelnen Schule tatsächlich<br />
die Möglichkeit gibt, eigene Ressourcen zur Verbesserung<br />
der Schul- und Bildungsqualität einzusetzen.<br />
Soweit allerdings größere Selbstständigkeit lediglich<br />
bedeutet, die Mangelverwaltung von oben nach<br />
unten zu verlagern, ist sie abzulehnen.<br />
<strong>ProPhil</strong> 2/2008<br />
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