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WIEDERAUFBAU UND WIRTSCHAFTSWUNDER - Der Kessener

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Panorama<br />

Wie man das Hirn zum<br />

Spinnen bringt<br />

Karl-Heinz Brodbeck ist dem Geheimnis der Kreativität<br />

auf der Spur<br />

Was tun Sie in der Badewanne? Träumen Sie im warmen Wasser<br />

vor sich hin? Kommen Ihnen dabei lustige oder bedenkenswerte<br />

Einfälle? Das wäre nicht ungewöhnlich. Denn Badewannen<br />

sind kreative Orte. Menschen, die gern baden und sich dabei<br />

treiben lassen, kommen auf viel mehr Ideen als solche, die<br />

mittels Kreativitätstechniken wie Brainstorming versuchen, ihr<br />

Hirn auf Touren zu bringen. Nur die Natur toppt die Badewanne<br />

noch. Aber auch auf Reisen und bei besonders langweiligen Sitzungen<br />

wird das Hirn erfinderisch<br />

Viele Mythen kursieren laut dem Würzburger Fachhochschulprofessor<br />

Karl-Heinz Brodbeck um das Thema Kreativität.<br />

Nur Genies, heißt es, seien kreativ. Das stimmt<br />

ganz und gar nicht. Warum Künstler wie Beethoven<br />

oder „geniale“ Forscher wie Albert Einstein deutlich kreativer<br />

sind als Normalsterbliche, liegt zwar auch daran,<br />

dass sie von der Natur entsprechend intelligent ausgestattet<br />

wurden. Doch spielen weitere wichtige Faktoren<br />

mit hinein.<br />

Nightfever<br />

8 <strong>Der</strong> <strong>Kessener</strong> 03/2009<br />

Würzburg<br />

31. Oktober 2009<br />

18.00 Uhr Heilige Messe<br />

19.00 bis 23.00 Uhr Gebet, Gesang, Gespräch<br />

Sondertermin: 12. September 2009<br />

Kongress Freude am Glauben, Aschaffenburg<br />

21.30 - 24.00 Uhr Gebet, Gesang, Gespäch<br />

www.nightfever-wuerzburg.de<br />

Jeder Mensch kann laut dem Würzburger Kreativitätsforscher<br />

Karl-Heinz Brodbeck kreativ sein. Foto: Pat Christ<br />

Künstler und jene Forscher, die sich einst nicht in den<br />

verstaubten Elfenbeinturm sperren ließen und die sich<br />

heute der Rigidität eines bachelorisierten Hochschulsystems<br />

verweigern, schützen sich, bewusst oder unbewusst,<br />

vor Kreativitäts- und Inspirationskillern. Dazu<br />

gehören Gewohnheiten, dazu gehört der Alltag, dazu<br />

gehören Konventionen. Mehr noch jede Art von Druck<br />

- Erfolgsdruck, Leistungsdruck, Zeitdruck. Das beste Mittel,<br />

Kreativität in einer Schulklasse, in der Familie und<br />

vor allem im Betrieb zu erwürgen, ist darüber hinaus,<br />

Mobbing zuzulassen. Brodbeck: „Je transparenter und<br />

je fairer ein Betriebsklima ist, umso innovativer sind die<br />

Betriebe.“<br />

„Im Geist der Anfänge gibt es viele Möglichkeiten“,<br />

stellt der Kreativitätsforscher weiter fest. Womit er<br />

meint: Kinder sind wie alle Menschen, die sich neu auf<br />

irgendetwas einlassen, offen, neugierig und gespannt.<br />

Ihr Geist ist in steter, lebhafter Bewegung, sie nehmen<br />

wahr, was um sie herum vorgeht, wollen verstehen lernen,<br />

für sich Erklärungen finden. Anders als Experten.<br />

Die haben ihre Denkbahn gefunden und bemühen sich,<br />

immer tiefer in ihr Spezialfach einzudringen. Je spezialisierter<br />

und je stolzer sie auf ihr Spezialistentum sind,<br />

umso weniger bekommen sie mit, was rechts und links<br />

von ihnen geschieht. Wodurch ihnen Inspirationsquellen<br />

entgehen.<br />

Kreativität braucht Freiräume, betont Brodbeck. Braucht<br />

die Erlaubnis von sich selbst oder von der Chefin, dem<br />

Chef, Fehler machen zu dürfen. Irrwege einzuschlagen.<br />

Für Momente, vielleicht auch manchmal für Tage nicht<br />

weiter zu wissen. Ohne dass es sofort Kritik hagelt,<br />

ohne dass auf eilige Problemlösung gepocht wird. Brodbeck:<br />

„Keineswegs lässt sich Kreativität planen.“<br />

Grundsätzlich besitzt jeder Mensch mit dem Frontalcortex<br />

in seinem Gehirn eine Kreativitätswerkstatt mit<br />

unglaublichem Potenzial. Falsch ist laut Brodbeck die<br />

technizistische Vorstellung vom Gehirn als Computer.<br />

Das Gehirn ist vielmehr ein neuroplastisches Organ, das<br />

sich permanent verändert. Dies geschieht zum Beispiel<br />

in hohem Maße, wenn wir mit einem anderen Menschen<br />

sprechen, wenn wir im Austausch Gedanken und<br />

Gefühle äußern. Spontane, freie Sprechakte sind stets<br />

Situationen immenser Kreativität.<br />

Nicht nur, aber vor allem in Krisenzeiten wie der gegenwärtigen<br />

sind (oder vielmehr: wären) kreative Prozesse<br />

in der Wirtschaft „das Wichtigste“, betont der Wirtschaftsethiker.<br />

Sind die Grundbedürfnisse der Menschen<br />

in einer Gesellschaft weitgehend gesättigt, können<br />

Umsatzsteigerung und Firmenwachstum nur durch kreative,<br />

innovativ umgesetzte Neuerungen realisiert werden.<br />

Umso erstaunlicher, dass Kreativität als „weicher<br />

Faktor“ angesehen wird. Es braucht allerdings sehr viel<br />

Erfindergeist, um durch inspirierte Projekte am Markt<br />

punkten zu können. 175 neue, wohl organisierte Projekte<br />

müssen Untersuchungen zufolge durchgezogen<br />

werden, um eine „Cashcow“ am Markt zu platzieren.<br />

Dass die Wirtschaft bei allem Innovationsgesumms letztlich<br />

herzlich unkreativ ist, liegt laut Brodbeck daran,<br />

dass sie in den letzten 20 Jahren „auf Renditedenken<br />

umprogrammiert“ wurde. <strong>Der</strong> Blick ist nicht mehr auf<br />

den Kunden gerichtet, Mitarbeiter lassen sich darum<br />

auch kaum mehr von Kundenwünschen inspirieren. Nur<br />

die Anleger und ihr Kapitalhunger zählen. Eine unkreative<br />

Angelegenheit. Die als eine von vielen Quellen für<br />

die Wirtschaftskrise angesehen werden kann.<br />

Pat Christ

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