Der Originalbegriff im Zeitalter virtueller Welten - Medienwissenschaft
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während die latenten Originale <strong>im</strong> digitalen Raum, die <strong>im</strong>mer erst durch Aktualisierung für<br />
einen Moment zum Erscheinen kommen, auch wieder verschwinden.<br />
Axel Wirths: Das hieße ja, um noch mal auf Reinhold Mißelbeck zurückzukommen,<br />
dass sich den Museen und Sammlungen ein tatsächliches Problem stellt. Wir sind ja auch<br />
deshalb hier zusammen gekommen, um an dieser Problemlösung zu arbeiten. Ich möchte<br />
noch einmal dafür plädieren, eine weitere Zusammenkunft dieser Art zu organisieren und<br />
Fragen der Restaurierung und adäquate Formen der Abspeicherung zu diskutieren. Dabei<br />
würde ich wiederum den von Wolfgang Ernst erwähnten Schritt vom Analogen zum Digitalen<br />
mit einbeziehen wollen, da in dem Moment, in dem wir ein Werk restaurieren - so<br />
wie Jochen Gerz ja restauriert worden ist - der Zeitpunkt der Restaurierung als Beendigung<br />
des veralteten <strong>Originalbegriff</strong>s gesehen werden muss und ein Status Quo des <strong>Originalbegriff</strong>s<br />
der 90er Jahre oder des Jahres 2000, der sich in zehn Jahren wieder geändert<br />
haben wird, definiert werden muss.<br />
Michael Wenzke hat einige pragmatisch-praktische Positionen vorgestellt. Er bezieht<br />
sich eher auf die Installationen und Skulpturen, aber ich finde seine Definition ganz<br />
interessant. Er sprach von Originalität und Rarität hinsichtlich der Versicherung von<br />
Skulptur und Medieninstallation. In der Praxis, so wie ich sie kenne, verfügt der Künstler<br />
über drei Exemplare plus ein artist-proof, d.h., wenn alle drei Werke verkauft sind, darf er<br />
noch eines zeigen, darf es aber nicht verkaufen. Dadurch ist die Rarität der Arbeit gegeben.<br />
In diesem Zusammenhang sprach er auch von Restaurierung und mich hat erstaunt,<br />
dass die Versicherung die Restaurierung einer Installation, d.h. den Austausch von einzelnen<br />
Komponenten der Installation als einen Wertverlust definiert.<br />
Michael Wenzke: Die Problematik ist natürlich, den Wertverlust zu ermitteln. Wir<br />
müssen ermessen oder ermitteln, in welchem Maße in die Originalität der künstlerischen<br />
Substanz eingegriffen worden ist. Das Grundverständnis ist materiell, das habe ich gesagt,<br />
und das liegt einfach dem Versicherungsgedanken zugrunde. Das ist möglicherweise<br />
sehr banal, aber es ist Versicherungsrealität und Tagesgeschäft. Wir ziehen dabei<br />
Kuratoren, Restauratoren und eventuell Gutachter zu Rate.<br />
Axel Wirths: Gibt es Bestrebungen in der Zusammenarbeit mit Museen und Sammlern,<br />
Medieninstallationen grundsätzlich auf eine Auflage von drei bis fünf Arbeiten zu beschränken?<br />
Michael Wenzke: Nein, das definiert der Künstler. Allerdings ist uns allen bewußt,<br />
dass durch die Rarität der Arbeit natürlich der Marktpreis steigt.<br />
Marcel Schwierin: Ich möchte noch einmal auf den <strong>Originalbegriff</strong> und seine Definition<br />
zu sprechen kommen. Es wurde gesagt, wir haben den Algorithmus, der ein Bild <strong>im</strong><br />
digitalen Feld erzeugt. Was heißt es, wenn ein Bild entsteht? Es entsteht ja nicht nicht-intentional,<br />
sondern intentional. D.h., wir haben eine ganz best<strong>im</strong>mte Zuweisung dieses<br />
Bildes an eine Intention zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt. Ich möchte jetzt nicht zur Rekonstruktion<br />
des Autors kommen, aber das alles passiert und damit habe ich auch einen<br />
best<strong>im</strong>mten Output, der wieder <strong>im</strong> musealisierten oder <strong>im</strong> Ausstellungskonzext auftaucht.<br />
Damit habe ich doch wieder einen Rahmen von Originalität, der weit über diese Fragestellung<br />
hinausgeht. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob dieser Bildpunkt das eigentliche<br />
Original ist, weil er sich letztlich nicht entkoppeln läßt von Intentionalität.<br />
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