Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
E I N B E S U C H I M B A S K I S C H E N G E R N I K A *<br />
Gernika wurde ni<strong>ch</strong>t berühmt,<br />
weil es bombardiert wurde.<br />
Gernika wurde bombardiert,<br />
weil es berühmt war.<br />
Eduardo Vallejo<br />
Sommer 2006 – 40 Grad Hitze: I<strong>ch</strong> komme in das baskis<strong>ch</strong>e Städt<strong>ch</strong>en<br />
Gernika, im Kopf das berühmte Bild von Pablo Picasso, das<br />
Bild, das zu einer unmissverständli<strong>ch</strong>en Anklage gegen jeden Krieg<br />
geworden ist, dieser Aufs<strong>ch</strong>rei, der der internationalen Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />
an der Weltausstellung 1937 in Paris zeigen sollte, wel<strong>ch</strong>e Auswirkungen<br />
die Bombardierung ziviler Objekte für die Zivilbevölkerung hat. 1<br />
Eine Kopie des Bildes in Originalgrösse erblicke i<strong>ch</strong> denn au<strong>ch</strong> an<br />
einer Einfahrtsstrasse in den Ort. Ein Ortss<strong>ch</strong>ild mit «Gernika-Lumo<br />
– Stadt für den Frieden» empfängt mi<strong>ch</strong> am Eingang des Städt<strong>ch</strong>ens.<br />
I<strong>ch</strong> gehe in eine Bar, bestelle einen Kaffee, nehme dazu einen Pintxo 2 ,<br />
setze mi<strong>ch</strong> auf die Gasse raus und betra<strong>ch</strong>te die Häuser rundherum.<br />
Die ältesten Bauten stammen aus den 1940er-Jahren. «Da muss wohl<br />
wirkli<strong>ch</strong> alles zerbombt worden sein, damals», denke i<strong>ch</strong> mir und<br />
versu<strong>ch</strong>e, mir vorzustellen, wie es in diesem Landstädt<strong>ch</strong>en mit seinem<br />
grossen Wo<strong>ch</strong>enmarkt 3 wohl vor 70 Jahren ausgesehen haben<br />
mag. Wie es damals war, während des spanis<strong>ch</strong>en Bürgerkriegs, diesem<br />
Krieg, in wel<strong>ch</strong>em Antifas<strong>ch</strong>istInnen aus aller Welt auf Seiten der<br />
Republik gegen die aufständis<strong>ch</strong>en Generäle um General Fransisco<br />
Franco kämpften, in der Hoffnung, wenigstens auf der Iberis<strong>ch</strong>en<br />
Halbinsel dem Fas<strong>ch</strong>ismus Einhalt gebieten zu können.<br />
Es ist heiss an diesem Julitag im Jahr 2006. Um der Hitze zu entfliehen<br />
und mi<strong>ch</strong> in die besagte Zeit vor 70 Jahren zurückzuversetzen,<br />
gehe i<strong>ch</strong> ins Friedensmuseum von Gernika. 4 Am Eingang bekomme<br />
i<strong>ch</strong> einen Faltprospekt mit der Aufs<strong>ch</strong>rift: «refuse to forget, refuse to<br />
take revenge». 5 Kein Vergessen, kein Vergeben? Beim Betreten der<br />
Ausstellungsräume befällt mi<strong>ch</strong> ein mulmiges Gefühl. Wird die Erinnerungsstätte<br />
den betroffenen Mens<strong>ch</strong>en wohl gere<strong>ch</strong>t? Oder werden<br />
sie nur als StatistInnen, Opfer und ni<strong>ch</strong>t als AkteurInnen dargestellt?<br />
Inwiefern ist es nur eine «objektive» Dokumentation oder nimmt<br />
die Gedenkstätte politis<strong>ch</strong> Stellung? Als erstes empfängt mi<strong>ch</strong> ein<br />
Ausstellungsteil zum Thema «Bakea» 6 , es werden Bilder gezeigt, von<br />
vers<strong>ch</strong>iedenen Konfliktherden dieser Welt eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> des lokalen<br />
Konfliktes heute hier in Euskal Herria 7 . Diesen Teil lasse i<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>nell<br />
hinter mir, zumal kaum thematisiert wird, dass Frieden ni<strong>ch</strong>t primär<br />
die Absenz eines militäris<strong>ch</strong>en Konfliktes ist, sondern au<strong>ch</strong> soziale<br />
Gere<strong>ch</strong>tigkeit bedeuten würde. Im eigentli<strong>ch</strong>en Ausstellungsteil zur<br />
Bombardierung empfängt mi<strong>ch</strong> ein Raum, in wel<strong>ch</strong>em eine Zeitzeugin<br />
beri<strong>ch</strong>tet, wie sie diesen folgenrei<strong>ch</strong>en 26. April 1937 erlebt<br />
hat: «…die Kir<strong>ch</strong>englocken, wel<strong>ch</strong>e jeweils vor drohenden Luftan-<br />
192 193<br />
GERNIKA