1882Erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin.N o 0006 VerbesserteKonstruktion der Stopfbuchse.N o 0010 Zirkulation kalter Salzwassersolein Kühlrohren zur direkten Kühlung von Gär- undLagerkellern, die so genannte stille Kühlung.Erste Kunden und Partner: die BrauerViele kontinentaleuropäische Brauereienstellten ab 1840 auf die untergärige Lagerbier-Herstellung(im Gegensatz zum„englischen“ obergärigen Braunbier) um,denn das Bier blieb länger frisch undschmeckte den meisten Kunden besser.Die Eismaschine, die v. <strong>Linde</strong> beschriebenhatte, schien geeignet, um die dafür erforderlichentieferen Temperaturen zuerreichen und ein genaue Regelung derKühlung zu gewährleisten. Kein Wunderalso, dass einige Großbrauer großes Interessean dieser Erfindung zeigten.Gabriel Sedlmayr von der MünchenerSpaten-Brauerei erklärte sich Anfang der1870er <strong>Jahre</strong> bereit, v. <strong>Linde</strong> in seinerBrauerei mit einer ersten Kältemaschineexperimentieren zu lassen. Die erste Anlagefunktionierte zwar leidlich, war aberzu groß und hatte etliche Mängel. An diezweite Variante mit deutlich kleineren Ausmaßenund guten Leistungen legte Sedlmayrsogar selbst Hand an, wie die zumPatent eingereichten Zeichnungen zeigen.Diese Anlage wurde an die Triester BrauereiDreher zur Luftkühlung geliefert.Auf Vermittlung Sedlmayrs bestellte1877 die Rotterdamer Heineken-Brauereiunter ihrem Direktor Feldmann bei <strong>Linde</strong>eine Eismaschine zur Eiserzeugung. Inder Zusammenarbeit mit der Heineken-Brauerei entwickelte <strong>Linde</strong> die „stilleKühlung“ mit einem unter der Kellerdeckeverlegten Kühlrohrsystem. Feldmannwiederum brachte v. <strong>Linde</strong> in Kontakt mitJ. C. Jacobsen, Chef der Carlsberg-Brauereiin Kopenhagen, der 1878 eine großeKälteanlage bestellte.Eine bedeutende Rolle in der Gründungsphaseder Gesellschaft für <strong>Linde</strong>´sEismaschinen spielte auch Karl Lang,technischer Berater und Aufsichtsrat mehrererrheinischer Brauereien. Er brachte<strong>Linde</strong> mit deren Direktor Gustav Jung inVerbindung, der nicht nur eine Kühlanlagebestellte, sondern zusammen mit Langund dem Bankier Moritz von Hirsch Gesellschafterund Aufsichtsrat der Gesellschaft<strong>Linde</strong> wurde.Die Verbindung der Brauereidirektorenzur Gesellschaft <strong>Linde</strong> blieb zum Teil übermehrere Generationen hinweg erhalten.So übernahm Gustav Jung nach dem Todvon Karl Lang (1894) den Vorsitz imAufsichtsrat. Sohn Adolf Jung folgte 1886nach. Carl Sedlmayr nahm für seinenVater Gabriel den Sitz im Aufsichtsrat ein,und ab 1915 folgte mit Anton Sedlmayrdie dritte Generation dieser Familie. DieFamilien Jung und Sedlmayr behielten ihreAufsichtsratssitze bis nach dem ZweitenWeltkrieg.Noch vor der Gründung der Gesellschaft für <strong>Linde</strong>’s EismaschinenAktiengesellschaft hatte v. <strong>Linde</strong> 20 Kälteanlagen inEuropa ausgeliefert. Der Professor beschloss bereits 1878, seineAktivitäten in einem Unternehmen zu bündeln und sich ganzauf die Vermarktung und technische Weiterentwicklung seinerKältemaschinen zu konzentrieren. Dafür riskierte er es, sich ausder sicheren Beamtenposition zu verabschieden.Entscheidender Auslöser dafür waren Auftragsverhandlungenmit Karl Lang, dem technischen Berater und Aufsichtsrat mehrererrheinischer Brauereien. Er riet Carl von <strong>Linde</strong> 1878, die Lehrtätigkeitaufzugeben und an die Spitze eines neu zu gründendenUnternehmens zu treten.Der Schritt ins UnternehmertumNach einiger Bedenkzeit entschied v. <strong>Linde</strong>, seine gesicherteBeamtenposition als Hochschullehrer aufzugeben und sich insriskante Unternehmertum zu stürzen. Mit Lang und dem jüdischenBankier Moritz von Hirsch, der den größten Teil des Kapitals fürdas junge Unternehmen einbrachte, einigte sich v. <strong>Linde</strong> auf einefinanzielle Absicherung im Alter und bei Berufsunfähigkeit – imGegenzug trat er an sie Patentrechte ab. Neben Lang, v. Hirschund v. <strong>Linde</strong> zeichneten auch dessen bisherige Partner Gabrielund Johann Sedlmayr, der Lokomotivenfabrikant Georg Krauss undHeinrich von Buz, Direktor der Maschinenfabrik Augsburg, Aktiender jungen Gesellschaft für <strong>Linde</strong>´s Eismaschinen. Schließlichbeteiligte sich im Mai 1879 auch noch Gustav Jung, Besitzer derMainzer Aktienbrauerei, an der Gesellschaft mit Sitz in Wiesbaden.Das junge Unternehmen wurde finanziell zunächst kurz gehalten.Entgegen v. <strong>Linde</strong>s Forderungen, die Gesellschaft miteinem Gründungskapital von 400.000 Mark auszustatten, bestandenv. Hirsch und Lang darauf, nur 200.000 Mark einzusetzen –und auch das nicht in bar, sondern durch Einlage der Patente.Dem Aufsichtsrat gehörten bei Gründung der Gesellschaft am21. Juni 1879 Lang (Vorsitzender), Sedlmayr, Krauss, v. Buz undJung an.Der Start des Unternehmens fiel auch personell bescheidenaus: Ein Vorstandsmitglied und ein Zeichner bildeten die gesamteBelegschaft. Und geschäftlich herrschte zunächst einmal Flaute.Gärkeller einer Brauerei mit so genannter stiller Kühlung.10
1883Der deutsche Arzt Robert Koch entdeckt die Cholera-Erreger.Von <strong>Linde</strong> notierte in seinen Erinnerungen: „Unser stiller Anfangwurde während der ersten Monate durch eine fast bedrückendeRuhe in dem Fortgang von Verhandlungen und Aufträgen fürdie Lieferung von Kälteanlagen beantwortet, so dass der Eindruckentstand, als sei das erste dringende Bedürfnis bereits befriedigt.“Doch das sollte sich schnell ändern. Das kleine Ingenieurbürostand vor einer stürmischen Entwicklung, die es bald überdie deutschen Grenzen hinaus zum bedeutendsten Anbieter vonKältetechnik machen sollte. <strong>Linde</strong> fertigte nicht selbst, sondernließ in Lizenz bauen. Dadurch war das Unternehmen so schnellwachstumsfähig.Erfolgreicher Start in schwierigem UmfeldDabei sahen die gesamtwirtschaftlichen Bedingungen in Deutschlandin den siebziger und achtziger <strong>Jahre</strong>n des 19. Jahrhundertsgar nicht rosig aus. Nach dem kurzen Gründerboom von 1871 bis1873 war die Konjunktur im jungen Kaiserreich dramatisch eingebrochen.Die „Große Depression“ der Bismarckzeit hatte ihrenTiefpunkt 1879 zwar durchschritten, die Wirtschaftsflaute setztesich jedoch bis ins Jahr 1894 in abgeschwächter Form fort.Doch der deutsche Kompressoren- und Kältemaschinenbauerlebte eine Sonderkonjunktur und eroberte ab 1880 rasch eineinternational führende Position. Von dieser dynamischen Entwicklungprofitierte die Gesellschaft für <strong>Linde</strong>’s Eismaschinenbesonders, da sie durch konsequent internationale Ausrichtungvon Anfang an in vielen Märkten vertreten war und die leistungsfähigstenProdukte anbieten konnte.Wetter als VerbündeterDie wichtigsten Kunden der Kältemaschinenbauer blieben biszur Wende zum 20. Jahrhundert die Brauereien. Hatte sich dieKühlung der Gärkeller und Gärbottiche mit künstlichem Eis beiden Brauern rasch durchgesetzt, so musste das Wetter nachhelfen,um die direkte Kühlung in die Lagerkeller zu bringen.Der erste Aufsichtsrat der Gesellschaft für <strong>Linde</strong>’s Eismaschinen:Oben: Der Vorsitzende Karl Lang, darunter von links: Carl Sedlmayr,Georg Krauss, Heinrich von Buz und Gustav Jung.11