Bernhard Viertler
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Theoretischer Hindergrund<br />
bei einem ängstlichen Patienten vor einer Blutabnahme förderlich, um diese ordnungsgemäß<br />
durchführen zu können. Mit anderen Worten dient der Einsatz von Gefühlen zur Schaffung<br />
einer vertrauensvollen Basis und ist somit Mittel zum Zweck die eigentliche Tätigkeit<br />
ausführen zu können (vgl. Höwler, 2007). Nerdinger (1994) führt dazu an, dass diese Form<br />
der Gefühlsarbeit „im Prozess der Pflege von Patienten zentral ist, damit wird aber nicht wie<br />
bei Hochschild das Hervorrufen eines normativ erwarteten Gefühlsausdrucks der Dienstleister<br />
bezeichnet, sondern vielmehr - dem intuitiven Begriffsverständnis adäquater - die<br />
empathische Einfühlung in und Arbeit an den Gefühlen des Patienten“ (S. 171).<br />
Ein nächster Aspekt von Emotionsarbeit sind Sensitivitätsanforderungen die aus der<br />
Notwendigkeit entstehen, die Emotionslage des Klienten wahrzunehmen bevor diese<br />
verändert werden kann. Dazu gehört nach Zapf et al. (1999) die Fähigkeit sensibel in Bezug<br />
auf Emotionen des Anderen sein und über diese nachdenken zu können.<br />
Sensitivitätsanforderungen sind demnach gering, wenn es sich um eine Tätigkeit mit wenig<br />
Kundenkontakt handelt, in der ohne Berücksichtigung der Gefühle des Klienten nach<br />
Richtlinien der Organisation gehandelt werden kann. Demgegenüber stehen Berufe in denen<br />
das Erkennen der Emotionen des Klienten Voraussetzung für die eigene emotionale Reaktion<br />
ist (vgl. Zapf & Holz, 2006). In Bezug auf die Bewältigung von nichtstandardisierten<br />
Arbeitsanforderungen (bezieht sich in diesem Kontext auf die Interaktion mit ihren<br />
emotionalen Komponenten), wie sie in der Pflege häufig anzutreffen sind, ist das Konzept des<br />
subjektivierenden Arbeitshandeln (Böhle & Weishaupt, 2003) zu erwähnen. Grundlage dafür<br />
ist „ein dialogisch-interaktives Vorgehen, eine komplexe sinnliche Wahrnehmung verbunden<br />
mit subjektivem Empfinden, ein bildhaft-assoziatives Denken auf der Basis von<br />
Erfahrungswissen und eine persönliche Beziehung, die auf Empathie beruht“ (Böhle &<br />
Weishaupt, 2003, S. 149). Ähnlich wie beim Begriff der Sensitivität werden hier die Gefühle<br />
„als „Gespür“ verstanden, und es werden wichtige Funktionen des Gespürs als Arbeitsmittel<br />
bzw. als „Instrumente“ des Wahrnehmens, Erfassens und Verstehens beschrieben“ (Büssing<br />
& Glaser, 2003b, S. 137, Hervorhebung im Original).<br />
Nach dieser einführenden Darstellung von Emotionsarbeit lassen sich zwei komplementäre<br />
Perspektiven unterscheiden. Wie anfänglich erwähnt stehen auf der einen Seite Konzepte,<br />
welche die Anpassung der Emotionen des Dienstleisters an vorgegebene Regeln beschreiben<br />
(vgl. z.B. Hochschild, 1983). Andererseits stehen bei der Gefühlsarbeit (Strauss et al., 1980)<br />
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