E - Tauriska
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Projekt „Eigenarbeit” / Kohr-Film<br />
Keltenfest im Keltendorf Uttendorf: Stamm der Alauni (links Krieger) vor dem Webhaus. Kleines Bild: Archäologe Peter Höglinger, der über mehrere Jahre die<br />
erfolgreichen Ausgrabungen leitete. Foto: Walter Schweinöster / Foto: privat<br />
Beginn einer spannenden Entdeckungsreise<br />
Die Kelten am „Steinerbichl“ in Uttendorf<br />
Bei der Neuverlegung der Ortswasserleitung<br />
war man 1962 auf ein Gräberfeld aus der<br />
Hallstattzeit gestoßen. Ganz zufällig. – 50<br />
Jahre später ist in Uttendorf im Salzburger<br />
Pinzgau der gesamte Lebenskomplex dieses<br />
Volkes erfasst.<br />
„ W<br />
ozu brauch ma dös alte Zeug?“ Das<br />
fragten so manche Bewohner nach<br />
den ersten Grabungen. Doch der<br />
amtierende Gemeindechef Kurt Maier blieb resolut:<br />
„Wennst immer auf die negativen Stimmen<br />
hörst, wird nix draus!“ Alfred Winter trieb<br />
als Landeskulturmanager die Sache mit Maier<br />
vorwärts, und beide blicken heute mit Freude<br />
auf ihre „Ernte“: Erstmals im inneralpinen<br />
Gebiet wird in einer Kleinstregion das Leben<br />
vorchristlicher Bewohner umfassend dargestellt:<br />
ihre Wohnstätte, ihre Gräber, das Ar-<br />
Die Initiatoren des Keltendorfes am „Steinerbichl“<br />
in Uttendorf, v.l.: Bürgermeister Franz Nill,<br />
Renate Ratzenböck, Alt-Bürgermeister Kurt Maier.<br />
Foto: Gemeinde Uttendorf<br />
beitsgebiet im Kupferbergbau. Das macht diesen<br />
Ort archäologisch europaweit bedeutsam.<br />
Natürlich auch der nachgewiesene Handel<br />
mit dem Ausland. – Venetische Keramik des 8.<br />
und 7. Jh. v. Chr. etwa wurde bisher nördlich<br />
des Alpenhauptkammes sonst nirgends ge-<br />
TAURISKA Magazin / Sommer 12<br />
funden. 448 von geschätzten 700 Gräbern<br />
konnten bis 1990 freigelegt werden, weitere 15<br />
im Jahr 2002. Sie zeigen soziale Rangunterschiede<br />
– „Logenplätze“ für die Wohlhabenden.<br />
Die Kelten glaubten an ein Weiterleben<br />
nach dem Tod und gaben ihren Liebsten Nahrungsmittel<br />
und Werkzeuge, Waffen, Schmuckstücke,<br />
Webgewichte mit ins Jenseits. Funde<br />
belegen eindrucksvoll ihren Totenkult. 80 Höhenmeter<br />
oberhalb der Nekropole, auf rund<br />
1000 m Seehöhe, hat das Volk einst am „Steinerbichl“<br />
gelebt. Das nahe Wasservorkommen<br />
(Dorfbach), die gute Verteidigungsmöglichkeit<br />
(erhöhte Lage), die weite Fernsicht und der<br />
Schnittpunkt zweier Verkehrslinien machten<br />
diesen Ort zu einem strategisch guten Platz.<br />
„Es war keine arme Siedlung“, bestätigt der<br />
Archäologe Peter Höglinger, der auch „Luxusartikel“<br />
zutage brachte: Glasgefäße etwa oder<br />
knallrotes, römisches Tafelgeschirr, auch Palmettengürtelhaken,<br />
von denen europaweit<br />
höchstens 25 Stück bekannt sind. Eine mächtige<br />
Randbefestigung aus großen Steinblöcken,<br />
Reste von Herdstellen und Vorratsgruben wurden<br />
freigelegt und Spuren gefunden zu den<br />
weiteren Lebensbezügen. So verband ein Weg<br />
die Siedlung mit dem Gräberfeld. Zu ihrem<br />
Arbeitsplatz, dem Kupfervorkommen, stiegen<br />
die Bergleute hinauf auf 1700 m Seehöhe.<br />
„Keltendorf neu“ zeigt facettenreiches Leben<br />
Heute steht, wie wundersam, wieder ein Keltendorf<br />
am „Steinerbichl“. Jahrzehntelange Arbeit,<br />
ein Wechselbad an Mühen und Freuden<br />
liegen hinter den Initiatoren, allen voran Renate<br />
Ratzenböck von der Gemeinde Uttendorf,<br />
Bürgermeister Franz Nill und neuerdings auch<br />
Hannes Lerchbaumer (Vereinsobmann des<br />
Zukunftskollegiums Nationalpark Hohe Tauern),<br />
die betonen: „Das Wissen der Kelten neu<br />
zu entdecken und weiterzugeben ist eine<br />
schöne, lohnende Aufgabe.” Mit Stolz laden<br />
sie in die rekonstruierte Welt der Vorfahren: in<br />
das Haupthaus mit Schilfdach und Vorratskammer<br />
– in einem solchen lebten die Kelten<br />
einst mit ihrem Kleinvieh; in das Web- und<br />
Töpferhaus; zum Hochspeicher. Die Kelten<br />
horchten auf die leisen Stimmen ihrer „beseelten“<br />
Natur. Quirlig gestalteten sie selbst ihr<br />
Umfeld. Pralles Leben gibt’s auf diesem Berg<br />
auch heute wieder. So an den „Keltentagen“,<br />
die heuer am 4. & 5. August buntes „Keltisches<br />
Lagerleben“ zum Motto haben. Von keltischer<br />
Musik übers Märchenerzählen bis zum keltischen<br />
Handwerk spannt sich der Programmbogen.<br />
Renate Ratzenböck leibt und lebt für<br />
dieses Spezialgebiet. In Führungen erzählt sie<br />
über Wetterregeln und Mythologie, Ernährung,<br />
Verteidigung, Bräuche und keltische Ausbildung.<br />
Brautpaare lassen sich hoch über<br />
Uttendorf standesamtlich trauen und pflanzen<br />
danach ein Bäumchen. Der Bräurup in Mittersill<br />
braut das „Keltenbier“, Spanferkel braten<br />
bei Festlichkeiten am Grill. Runde Geburtstage,<br />
Familienfeiern, Erstkommunion, Firmenjubiläen,<br />
Kurse, Meditationen werden im<br />
Keltendorf zelebriert. Man saugt den Duft der<br />
Pflanzen in der Kräuterspirale ein und macht<br />
innere Einkehr beim keltischen Baumkreis,<br />
einem starken Energieplatz. Oder man versucht<br />
sich im Färben von Stoffen mit Zwiebelund<br />
Nussschalen und beim Eisenschmieden.<br />
Christine Schweinöster<br />
Information:<br />
www.uttendorf.at, Renate Ratzenböck,<br />
Tel. +43 (0) 6563 / 8208-23<br />
Veranstalter Keltenfest: Zukunftskollegium,<br />
Gemeinde und Tourismusverband Uttendorf<br />
und die Kelten vom Stamm der Alauni.