E - Tauriska
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Ein Architekt mit langem Atem<br />
Matthias Mulitzer aus Goldegg mit internationaler Wirkung<br />
Die Herkunft prägt den Menschen, in<br />
jeder Hinsicht. Das weiß man aus<br />
eigener Erfahrung, und das betont<br />
auch der 1960 in Goldegg geborene und dort<br />
auf dem stattlichen Bauernhof Rohrmoos<br />
aufgewachsene Matthias Mulitzer, der in<br />
Wien zum Architekten ausgebildet wurde.<br />
„Das großzügige, vielfältig gegliederte bäuerliche<br />
Hofensemble, das über fünf Jahrhunderte<br />
entstanden ist, ist für mich die prägende<br />
räumliche Grunderfahrung für den späteren<br />
Beruf als Architekt.“ 1986 diplomierte er an<br />
der Meisterschule für Architektur an der Akademie<br />
der bildenden Künste. Seine Abschlussarbeit<br />
– der fiktive Entwurf für eine Klostergründung<br />
auf der Kinderalm in St. Veit / Pon-<br />
24<br />
TAURISKA Magazin / Sommer 12<br />
andersetzung mit dem Thema, von der Herangehensweise<br />
an die Aufgabe, von seinen<br />
Ideen und Überlegungen überzeugt. Matthias<br />
Mulitzer wurde als gerade einmal 26-jähriger<br />
mit der Umsetzung seiner Diplomarbeit, für<br />
die er mit dem Würdigungspreis des Wissenschaftsministeriums<br />
für besondere künstlerische<br />
Leistung ausgezeichnet worden war,<br />
beauftragt. Heute, 26 Jahre später, ist das bauliche<br />
Endergebnis einer abwechslungsreichen<br />
Planungsgeschichte in Sicht: Die Fertigstellung<br />
des komplexen Ensembles steht bevor.<br />
Mittlerweile als Kloster „Maria im Paradies“<br />
benannt, beherbergt es eine Gemeinschaft<br />
von 36 Schwestern, die hier ein streng kontemplatives<br />
Ordensleben führen.<br />
Mulitzers Arbeiten: oben Einsiedelei der italienischen Kamaldulenser-Eremiten<br />
in Venezuela, links: Friedhofserweiterung Goldegg, rechts: Architekt Matthias<br />
Mulitzer Fotos (2): Archiv Mulitzer, Porträtfoto: Peter Dressler<br />
gau – war der Beginn einer ausufernden<br />
Lebensaufgabe. Als der angehende Architekt<br />
den Verantwortlichen für dieses Vorhaben<br />
(ein kartausenartiges Kloster in Einsamkeit<br />
für die aus Frankreich kommenden Schwestern<br />
von Bethlehem) seinen Entwurf präsentierte,<br />
war man auf Anhieb begeistert. Gleichermaßen<br />
waren die Schwestern aber auch<br />
von der Person Mulitzer, von seiner Ausein-<br />
Eine planerische<br />
Leistung ermisst<br />
sich unter anderem<br />
daran, wie<br />
sehr sie die spezifischen<br />
Wohn- und<br />
Lebensformen der<br />
Nutzer zu berücksichtigen<br />
vermag.<br />
Matthias Mulitzer<br />
hat mit dem Kloster<br />
„Maria im Paradies“diesbezüglich<br />
eine Meisterleistung<br />
vollbracht.<br />
Durch seine auch<br />
theoretisch intensiveAuseinandersetzung<br />
mit dem Sakral- und Klosterbau kam<br />
der Architekt mit weiteren katholischen<br />
Orden in persönlichen Kontakt, woraus sich<br />
1998 der außergewöhnliche Planungsauftrag<br />
für die Neugründung eines Klosters der italienischen<br />
Kamaldulenser-Eremiten in Venezuela<br />
ergab. Seit dem Jahr 2000 wird nach seinen<br />
Entwürfen auf einem Ausläufer des<br />
Andengebirges eine Einsiedelei für die Eremi-<br />
tenmönche in spektakulärer landschaftlicher<br />
Lage (Bild oben) errichtet. Die Anlage ist in<br />
einer innovativen Lehmziegelbauweise konzipiert<br />
und mittlerweile bis auf die im Rohbau<br />
befindliche Klosterkirche fertiggestellt. Neben<br />
seiner praktischen Tätigkeit als Architekt<br />
beschäftigt sich Mulitzer seit einiger Zeit in<br />
Publikationen auch wissenschaftlich mit dem<br />
speziellen Thema des eremitischen Klosterbaues.<br />
Die Attraktivität und Größe seiner klösterlichen<br />
Bauprojekte überlagert die Tatsache,<br />
dass sich der Architekt – er führt seit 1992 in<br />
Wien ein „Ein-Mann-Büro“ – mit ganz unterschiedlichen<br />
planerischen Aufgabenstellungen<br />
auseinandersetzt. So entstanden in Wien<br />
diverse Umbauten sowie Innenraumgestaltungen<br />
und in Niederösterreich drei Bauwerke,<br />
darunter das Gebäude einer Privatbibliothek<br />
für 10.000 Bücher. Andererseits<br />
hat er in seinem Heimatort Goldegg zwei<br />
Wohnhäuser realisiert, Kindergarten und<br />
Friedhof (Abb. 2) erweitert, die spätgotische<br />
Annakirche revitalisiert und die nicht einfache<br />
Aufgabe des Lifteinbaus im Schloss ausgezeichnet<br />
bewerkstelligt. Derzeit liegen auf<br />
seinem Zeichentisch die Pläne für den Bau<br />
einer Bergkapelle, für ein Friedhofsprojekt<br />
und für die Revitalisierung einer ehemaligen<br />
Huf- und Wagenschmiede.<br />
Anlässlich des Jahresthemas „Spurwechsel“<br />
entwickelt der Kulturverein Schloss Goldegg<br />
die Ausstellung „Matthias Mulitzer: Orte,<br />
Räume und Bauwerke“. Die Eröffnung der<br />
Ausstellung ist für den Samstag, 20. Oktober<br />
2012 im Schloss Goldegg geplant.<br />
Heinz Kaiser<br />
Information:<br />
Kultur- und Seminarzentrum Schloss Goldegg,<br />
5622 Goldegg, Hofmark 1, Tel. +43 (0)<br />
6415 / 8234-0, schlossgoldegg@aon.at<br />
www.schlossgoldegg.at