Frauen - Männer - Gender - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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in“, während er an seiner Karriere strickt. Nicht<br />
Rollentausch ist das Ziel, son<strong>der</strong>n faire Verteilung<br />
von Pfl ichten und Rechten.<br />
Und die <strong>Männer</strong>? Sie scheinen zu erkennen, dass<br />
gelebte Gleichberechtigung sie entlasten kann. In<br />
Zeiten, in denen kaum ein Job noch sicher zu sein<br />
scheint, in denen auch Hochqualifi zierte Entlassungen<br />
fürchten müssen und sich mit zeitlich befristeten<br />
Verträgen abfi nden müssen, kann die alleinige<br />
„Ernährerrolle“ zur drückenden Last werden.<br />
Diese jüngere <strong>Männer</strong>generation wurde von<br />
Müttern erzogen, die in <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>bewegung <strong>der</strong><br />
70er Jahre erwachsen geworden sind und ihren<br />
Söhnen an<strong>der</strong>e Werte vermittelt (und an<strong>der</strong>e Beispiele<br />
vorgelebt) haben als frühere Generationen.<br />
Das Ergebnis: Junge <strong>Männer</strong> möchten von <strong>der</strong><br />
Familie mehr sehen als schlafende Kin<strong>der</strong>.<br />
Wenn aber beide Partner das „volle Leben“ haben<br />
möchten mit Beruf und Familie und we<strong>der</strong> die<br />
Hausfrauen- noch die Hausmännerrolle als erstrebenswert<br />
ansehen, dann ergibt sich daraus zwingend:<br />
Die Arbeitswelt wird sich än<strong>der</strong>n müssen,<br />
wird nicht nur den <strong>Frauen</strong>, son<strong>der</strong>n auch den<br />
FRAUEN MÄNNER GENDER | 9<br />
<strong>Männer</strong>n Angebote machen müssen mit an<strong>der</strong>en<br />
Arbeitsformen und Arbeitszeiten. Das wäre gelebte<br />
<strong>Gen<strong>der</strong></strong>politik. Die Hansestadt Bremen geht da mit<br />
gutem Beispiel voran, siehe Seite 49. Doch auch die<br />
private Wirtschaft wird sich schon im eigenen Interesse<br />
auf die verän<strong>der</strong>ten Bedürfnisse einstellen<br />
müssen. Tut sie das nicht, dann wird in unserem<br />
überalterten Land irgendwann <strong>der</strong> letzte das Licht<br />
ausmachen, denn junge Paare werden in unsicheren<br />
Zeiten wie diesen eher auf Kin<strong>der</strong> verzichten<br />
als auf einen Arbeitsplatz, <strong>der</strong> sie ernähren kann.<br />
In <strong>der</strong> Theorie ist das auch dem Vorstandsvorsitzenden<br />
klar, <strong>der</strong> dennoch lieber junge <strong>Männer</strong> als<br />
junge <strong>Frauen</strong> för<strong>der</strong>n lässt. Immer noch ist es in<br />
<strong>der</strong> Privatwirtschaft weitgehend so, dass man den<br />
männlichen Nachwuchs gerne in <strong>der</strong> Vaterrolle<br />
sieht, denn Familie för<strong>der</strong>t das Verantwortungsgefühl.<br />
Beim weiblichen bestens ausgebildeten<br />
Nachwuchs ist die Mutterrolle allerdings wie eh<br />
und je eine Karrierebremse. Doch auch das wird<br />
sich än<strong>der</strong>n, weil bald Fachkräftemangel herrschen<br />
wird. Vor allem aber, weil auch die Patriarchen von<br />
heute immer seltener „die Frau an ihrer Seite“ haben,<br />
die geräuschlos, ohne auf eigene Bedürfnisse<br />
zu pochen, ihr Leben organisiert. Und nicht zu<br />
unterschätzen ist: auch diese <strong>Männer</strong> werden von<br />
ihren Töchtern erzogen, die den Doktor nicht geheiratet<br />
son<strong>der</strong>n selbst gemacht haben.<br />
Wo stehen wir also heute, 90 Jahre nach Einführung<br />
des <strong>Frauen</strong>wahlrechts, 60 Jahre nach Gründung<br />
<strong>der</strong> Bundesrepublik, 20 Jahre nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung?<br />
Die Historikerin Helga Grebing,<br />
Jahrgang 1930, hat zahlreiche Bücher über die<br />
deutsche Arbeiterbewegung und die historische<br />
Rolle <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> in Politik und Wirtschaft geschrieben.<br />
Sie sagt trocken: „Das Patriarchat schwächelt,<br />
aber es lebt noch.“ Siehe Seite 23.