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Frauen - Männer - Gender - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

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12 | GETEILTE RECHTE, GETEILTE PFLICHTEN<br />

Für die <strong>Frauen</strong> aus Ostdeutschland ist vieles, was<br />

ihre Schwestern im Westen seit Jahrzehnten<br />

bewegt, fremd gewesen – und bis heute fremd geblieben.<br />

Die <strong>Frauen</strong>ministerin <strong>der</strong> ersten Regierung<br />

Schrö<strong>der</strong>, Christine Bergmann, sagt, Begriffe wie<br />

„Versorgerehe“, „männlicher Ernährer“, „Ehegattensplitting“<br />

hätten sie zum Staunen gebracht.<br />

(Sie he Interview Seite 15). Zu arbeiten wie ein<br />

Mann und zu verdienen wie ein Mann war für die<br />

DDR-<strong>Frauen</strong> selbstverständlich. Dass <strong>Frauen</strong>löhne<br />

in Deutschland gut ein Fünftel niedriger sind als<br />

<strong>Männer</strong>löhne ist nicht nur für Christine Bergmann<br />

ein ständiges Ärgernis. Es gab in <strong>der</strong> DDR keine<br />

<strong>Frauen</strong>bewegung wie in <strong>der</strong> BRD nach 1968, keine<br />

harten Diskussionen mit den <strong>Männer</strong>n über Rollenmodelle,<br />

die einseitig zu Lasten <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> gingen.<br />

Das lag vielleicht daran, dass Benachteiligungen<br />

nicht so offensichtlich waren. Dank <strong>der</strong><br />

fl ächendeckenden Kin<strong>der</strong>betreuung war we<strong>der</strong> ein<br />

Zu arbeiten wie ein Mann und zu verdienen wie ein Mann war<br />

für die DDR-<strong>Frauen</strong> selbstverständlich: Zwei Kassiererinnen an<br />

<strong>der</strong> Schnellkasse <strong>der</strong> HO-Kaufhalle 1968. dpa Picture Alliance<br />

Studium mit Kin<strong>der</strong>n noch volle Berufstätigkeit<br />

mit Familie ein Problem. Eines allerdings vereinte<br />

die Schwestern in Ost und West dann wie<strong>der</strong>: Hausarbeit<br />

und Kin<strong>der</strong>erziehung waren und sind auch<br />

bei voller Erwerbstätigkeit in Rostock und Halle<br />

ebenso <strong>Frauen</strong>sache wie in Hamburg o<strong>der</strong> Stuttgart.<br />

Die <strong>Frauen</strong> emanzipierten sich, die <strong>Männer</strong><br />

nicht.<br />

Interessante Unterschiede zwischen Ost- und Westfrauen<br />

zeigt die Studie „<strong>Frauen</strong> auf dem Sprung“<br />

von Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums<br />

für Sozialforschung in Berlin. Sie<br />

hat junge <strong>Frauen</strong> aus Ost- und Westdeutschland<br />

befragt. Über ein Drittel <strong>der</strong> Ostfrauen sieht kein<br />

Problem darin, mehr zu verdienen als ihr Partner.<br />

Bei den Westfrauen sind es nur 20% . Das größere<br />

Selbstbewusstsein hat verschiedene Gründe. Einmal<br />

hatte die DDR bis zum Mauerfall mit 90 % eine<br />

<strong>der</strong> höchsten <strong>Frauen</strong>erwerbsquoten <strong>der</strong> Welt. Im<br />

Westen waren es damals gerade 55 %. Zum an<strong>der</strong>en<br />

mussten die <strong>Frauen</strong> ökonomisch unabhängig<br />

sein, denn es gab nach einer Scheidung keinen<br />

Unterhalt. Die Ostfrauen hatten und haben kein<br />

Problem damit, ihre Kin<strong>der</strong> alleine aufzuziehen.<br />

60 % aller Kin<strong>der</strong> kommen in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

nichtehelich zur Welt, im Westen sind<br />

es nur 26 %. Diese Unabhängigkeit vom männlichen<br />

Versorger hat Folgen, die inzwischen zu<br />

neuen gesellschaftlichen Problemen führen. Die<br />

besser ausgebildeten jungen <strong>Frauen</strong> sind fl exibler<br />

und mobiler als ihre möglichen Partner. Sie ziehen<br />

von Frankfurt/O<strong>der</strong> nach Frankfurt am Main, von<br />

Magdeburg nach Hamburg, wenn es dort die besseren<br />

Jobs gibt. Junge <strong>Männer</strong> in <strong>der</strong> alten Heimat,<br />

die schlechter aus gebildet sind als sie, sind für diese<br />

<strong>Frauen</strong> keine adäquaten Partner. Die Folge: Es<br />

gibt einen kräftigen Überschuss an jungen <strong>Männer</strong>n,<br />

die keine Freundinnen fi nden, mit den bekannten<br />

Folgen: Sie sind anfällig für rechte <strong>Männer</strong>bünde,<br />

suchen Anerkennung bei <strong>der</strong> NPD und<br />

an<strong>der</strong>en Rechtsextremisten, sehen sich als Verlierer<br />

<strong>der</strong> Wende und fl üchten sich in die Suche nach<br />

Sündenböcken.<br />

Was West und Ost von Zeit zu Zeit wie<strong>der</strong> eint,<br />

scheint die Furcht vor <strong>Frauen</strong> zu sein, die ihr Leben<br />

selbst in die Hand nehmen. Schon sind die ersten

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