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60 | STABILISIERUNG UND WIEDERAUFBAU
Stabilisierung
und Wiederaufbau
Die Friedrich-Ebert-Stiftung in Afghanistan
Später Nachmittag an einem Samstag in der Kabuler
FES-Vertretung: Aus dem Konferenzsaal strömen
die Zuschauer in den grünen Garten und lassen
sich im Schatten nieder. Im Rahmen des „Women
Film Club“ haben sie gerade einen Dokumentarfi
lm über Frauen im Afghanischen Parlament gesehen
und werden nun mit der Regisseurin und Abgeordneten
diskutieren. An vorherigen Samstagen
saßen an gleicher Stelle Vertreter der afghanischen
Frauen-Fußballnationalmannschaft, der Wahlkommission
oder von Frauenhäusern, um mit jungen
Afghanen, Journalisten, Politikern und zivilgesellschaftlichen
Aktivisten nach Filmvorführungen zu
diskutieren.
Afghanistan befi ndet sich in einer kritischen Phase
der Stabilisierung und des Wiederaufbaus, deren
Erfolg sich nicht automatisch einstellen wird, sondern
deren weiterer Verlauf von internationaler
Unterstützung abhängig ist. Die Aktivitäten der
FES konzentrieren sich auf Themen und Arbeitsbereiche,
die strategische Bedeutung für die Stabilisierung
von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
sowie Konfl iktbearbeitung und -transformation
haben. Angesichts der Gewaltdominanz und der
paternalistischen politischen Traditionen ist die
Förderung einer Kultur des konstruktiven Dialogs
von immenser Bedeutung.
Anfang 2002 hatte Kabul geschätzte 800 000 Einwohner,
2009 sind es ca. 4.5 Millionen. Das Büro
der FES liegt mittendrin, im Herzen der „Neustadt“,
in der reges geschäftliches Treiben das Straßenbild
prägt. Das Haus aus den 1920er Jahren strahlt mit
seinen alten Holzdecken Gediegenheit aus, ein
wunderschöner Garten bietet Platz für ein Zelt,
welches Teilnehmer von Workshops und Gesprächsrunden
beherbergt. Der Kern des Teams, die
Bürohilfen, der Fahrer, die Wächter und der Verwaltungsleiter
arbeiten seit Beginn der Stiftungsarbeit
im Jahr 2002 bei der FES. Die Sekretärin und
die beiden Projektkoordinatoren sind in den vergangen
Jahren zum Team gestoßen, die derzeitige
Büroleiterin ist seit Dezember 2008 an Bord. In
einem Land mit unzähligen internationalen Organisationen,
deren Personal stark fl uktuiert, steht
die FES als langfristiger Partner vor allem für Kontinuität
und Vertrauen.
Einer neuen Generation von Afghanen, die sich
politisch in ihrem Land engagieren will, fehlt es an
Zugängen zu Entscheidungsträgern und Führungsund
Team-Kompetenzen. Wichtige Aufgabe der
Stiftung ist daher die Ausbildung und Förderung
von Young Leaders, die aktive Rollen und Führungsaufgaben
in Politik und Gesellschaft übernehmen,
und von jungen Nachwuchsjournalisten,
die eine transparente, friedliche Auseinandersetzung
über politische Themen fördern. Die Entwicklung
einer besseren Regierungsführung und die
Stärkung gewählter Organe steht bei der Kooperation
mit Provinzräten und dem Parlament im Vordergrund
der Arbeit. Meinungsfreiheit, Vergangenheitsbewältigung
und die Stärkung politischer Parteien
sind weitere zentrale Handlungsfelder der FES
in Afghanistan. Deren krisenbewährtes Team hat in
den vergangenen Jahren viel in Bewegung gesetzt.