Frauen - Männer - Gender - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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FRAUEN MÄNNER GENDER | 43<br />
Feministische Ökonomie:<br />
Die Krise zementiert<br />
die Ungleichheit<br />
Ein Gastbeitrag <strong>der</strong> Politologin Gabriele Michalitsch<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise haben das dominierende<br />
neoliberale Markt-Credo erschüttert. Grundlegende<br />
Verän<strong>der</strong>ungen des globalen Finanzsystems<br />
o<strong>der</strong> ein wirtschaftspolitischer Paradigmenwechsel<br />
aber lassen auf sich warten. Mit <strong>der</strong> Stabilisierung<br />
ökonomischer „Systemgrundlagen“ durch<br />
staatliche Krisenpolitik scheinen auch kurzfristig<br />
ins Wanken geratene Machtverhältnisse – nicht zuletzt<br />
zwischen den Geschlechtern – wie<strong>der</strong> wie eh<br />
und je zu funktionieren.<br />
So richten sich konjunkturpolitische Interventionen<br />
vorrangig auf von <strong>Männer</strong>n dominierte<br />
In dustriebranchen und das Bauwesen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite verschärfen sich sozioökonomische<br />
Geschlechterhierarchien: durch steigende Erwerbslosigkeit<br />
von <strong>Frauen</strong> und zunehmende Prekari -<br />
sierung weiblicher Beschäftigung. Durch vermehrte<br />
Eigenleistungen versuchen vor allem <strong>Frauen</strong>, die<br />
Einkommensrückgänge auszugleichen: Das heißt,<br />
ihre unbezahlte Arbeit nimmt zu – mit allen sie<br />
begleitenden Ungleichheiten.<br />
Eine öffentliche Debatte über diese Krisenfolgen<br />
fi ndet bisher nicht statt. Dabei ließen sich Konjunktur-<br />
und Gleichstellungspolitik durchaus verbinden,<br />
würde man das soziale Beziehungsgefl echt<br />
als Ziel und Fundament von Wirtschaften verstehen.<br />
Mittel- und langfristig ist es die Basis wirtschaftlicher<br />
Prosperität, sollte also das „Investitionsobjekt“<br />
schlechthin sein. Das heißt, die fi nanziellen<br />
Anstrengungen sollten sich darauf konzentrieren,<br />
gesellschaftlich marginalisierte Gruppen<br />
ein zuschließen. Es wäre ein Gebot <strong>der</strong> politischen<br />
Vernunft, das ökonomische Potenzial dieser Gruppe<br />
nicht weiter zu vernachlässigen, son<strong>der</strong>n durch den<br />
Abbau von Ausschlussmechanismen zu erweitern.<br />
Eine Schlüsselrolle kommt dabei Investitionen in<br />
Bildung, Pfl ege und Betreuung zu. Dadurch werden<br />
die Konjunktur stützende Arbeitsplätze geschaffen<br />
und darüber hinaus gleichstellungspolitische Impulse<br />
gesetzt. In die Qualität von Bildung zu investieren,<br />
hieße dann auch, <strong>der</strong> Verankerung von<br />
gleichstellungsfeindlichen Stereotypen im gesamten<br />
Bildungswesen entgegenzuwirken. Mit <strong>der</strong> Ausweitung<br />
öffentlicher Pfl ege- und Betreuungsleistungen<br />
würde nicht nur dem wachsenden Bedarf<br />
entsprochen. Das Ausmaß unbezahlter, vorwiegend<br />
von <strong>Frauen</strong> geleisteter Arbeit bei <strong>der</strong> Pfl ege<br />
und Betreuung von Angehörigen ließe sich dadurch<br />
reduzieren.<br />
Zwei <strong>Frauen</strong> stehen vor einem Schaufenster des Bürgerladens in<br />
Frankfurt (O<strong>der</strong>). dpa Picture Alliance