Frauen - Männer - Gender - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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50 | INTERVIEW MIT JENS BÖHRNSEN<br />
Wichtige Themen für Bürgerinnen und<br />
Bürger sind Bildung, Kin<strong>der</strong>betreuung,<br />
Freizeitangebote für Familien. Haben Sie<br />
da angesichts <strong>der</strong> angespannten Haushaltslage<br />
noch Gestaltungsfreiheit?<br />
Bremen hatte die erste <strong>Frauen</strong>beauftragte<br />
in einem deutschen Land.<br />
Hat sich <strong>der</strong> Blick auf ganz praktische<br />
Fragen <strong>der</strong> Gleichstellung dadurch<br />
schon früh geän<strong>der</strong>t?<br />
Haben <strong>Frauen</strong> einen an<strong>der</strong>en Blick,<br />
wenn es um die Auswirkungen<br />
einzelner Entscheidungen auf<br />
die Menschen geht?<br />
Was können Sie in <strong>der</strong> Verwaltung<br />
<strong>Frauen</strong> und <strong>Männer</strong>n anbieten zum<br />
Thema „Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf“?<br />
Die Gestaltungsfreiheit, die wir haben, nutzen wir beson<strong>der</strong>s für soziale<br />
Gerechtigkeit für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in unserem Land. Der Ausbau<br />
qualitativ hochwertiger Kin<strong>der</strong>betreuungsangebote sowie die Verbesserung<br />
von Schulen und Hochschule stehen bei uns ganz oben auf <strong>der</strong><br />
Tagesordnung. Es ist uns gelungen, einen parteiübergreifenden Konsens<br />
über die Schulentwicklung in den kommenden Jahren herzustellen.<br />
Die Einrichtung <strong>der</strong> „Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung<br />
<strong>der</strong> Gleichberechtigung <strong>der</strong> Frau“ war ja eine Folge <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>bewegung.<br />
Die Landesfrauenbeauftragte macht uns Politikerinnen und<br />
Politiker immer wie<strong>der</strong> darauf aufmerksam, wo die Interessen von<br />
<strong>Frauen</strong> bei unseren Entscheidungen zu kurz kommen. Natürlich verän<strong>der</strong>t<br />
sich dadurch Politik. Die Landesgleichstellungsstelle mit ihrer<br />
Vernetzung in die Städte Bremerhaven und Bremen hinein transportiert<br />
immer wie<strong>der</strong> wichtige Anliegen <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> vor Ort. Gleichzeitig<br />
wirkt sie mit ihrer Arbeit in die unterschiedlichen Ressorts hinein und<br />
erwirkt so Strukturverän<strong>der</strong>ungen. Wir erleben zu Anfang des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
in Deutschland einen immer noch eklatanten Wi<strong>der</strong>spruch<br />
zwischen <strong>der</strong> rechtlichen Gleichstellung von <strong>Frauen</strong>, die weitgehend verwirklicht<br />
ist, und <strong>der</strong> faktischen Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> in Wirtschaft,<br />
Politik und Gesellschaft, die bei weitem noch nicht umgesetzt ist.<br />
<strong>Frauen</strong> haben diesen an<strong>der</strong>en Blick nicht, weil sie <strong>Frauen</strong> sind. Sie bringen<br />
jedoch häufi g ganz an<strong>der</strong>e Lebenserfahrungen mit als <strong>Männer</strong>, die ja immer<br />
noch viele Entscheidungspositionen in unserer Gesellschaft besetzen.<br />
Diese Erfahrungen weiten den Blick für die ganz unterschiedlichen Lebensumstände<br />
in unserer Gesellschaft. Deshalb sind gemischte Teams im Problemlösen<br />
besser. Das hat mittlerweile auch die Wirtschaft erkannt.<br />
Bremen hat den bundesweiten Leuchtturm „Verbundprojekt Beruf und<br />
Familie“ entwickelt. Dort werden Unternehmen beraten und vernetzt,<br />
die sich <strong>der</strong> Problematik stellen. Einige unserer Behörden wie die Polizei<br />
haben sich bereits erfolgreich durch das Audit „Beruf und Familie“ ihre<br />
familienfreundliche Politik zertifi zieren lassen, an<strong>der</strong>e sind auf dem<br />
Weg dorthin. Was wir im Moment beobachten: Es geht nicht nur um<br />
die Betreuung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n zunehmend auch um Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer, die Familienangehörige pfl egen und das<br />
zusätzlich zu ihrer Arbeit organisieren müssen. Hier werden sich allen<br />
Arbeitgebern in Zukunft noch große Herausfor<strong>der</strong>ungen stellen.