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Unsichtbare Geometrie - ISaR Projekt

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Reflexion<br />

© Ulrike Baasch<br />

Die Schüler nahmen das Angebot zur Zusammenarbeit nur sehr bedingt an. Das lag sicher<br />

daran, dass sie aus anderen Fächern Einzelarbeit gewohnt waren und alles andere für sie eine<br />

Umstellung bedeutete. Zum anderen war die Zusammenarbeit bei den Aufgaben nicht so<br />

zwingend wie das bei einem Partnerspiel der Fall gewesen wäre. Jedoch sollte die<br />

Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis erfolgen, daher war lediglich die Möglichkeit der<br />

Teambildung hervorgehoben worden. Auf diese Weise sollte verhindert werden, dass die<br />

Schüler sich aufgrund eines Zwangscharakters von Gruppenarbeit abwenden. Es bleibt<br />

festzustellen, dass unter den Tischnachbarn ein verstärkter Austausch stattfand, sei es für die<br />

Aufgabe selbst oder zum Vergleichen der Ergebnisse. Auch P. arbeitete in dieser Einheit<br />

ausschließlich mit einer Lehrkraft zusammen. Lediglich als er die Bestätigung für sein<br />

Ergebnis haben wollte, wendete er sich an T.. T.‘s Bemerkung, die Flächen sähen aus wie ein<br />

Schloss und eine Kirche, war für P. nicht gleich nachzuvollziehen, da die Form einer Kirche<br />

nichts mit P.‘s unmittelbarer Lebenswelt zu tun hat. Es könnte zwar sein, dass P. schon<br />

einmal das Modell erfühlt hat, aber das Übertragen eines dreidimensionalen Modells auf eine<br />

zweidimensionale Darstellung stellt für blinde Menschen eine hohe Schwierigkeit dar. Mit<br />

meiner Vermutung, P. könne schon einmal ein Hörerlebnis, die Kirchenglocken, mit einem<br />

Kirchturm in Verbindung gebracht haben und den Kirchturm auf der Fläche erkennen, lag ich<br />

richtig. T. konnte das nicht wissen, nicht nachdem er P. erst ein halbes Jahr kannte. Das<br />

Hineinversetzen in die Erfahrungswelt des blinden Menschen ist eine Intention der<br />

Integration. Die sehenden Mitschüler und Lehrkräfte dabei zu unterstützen ist Aufgabe einer<br />

Fachkraft. Im Laufe der Zeit können sich so eine größere Offenheit und ein erhöhtes<br />

Verständnis für die gegenseitigen Erfahrungswelten heranbilden.<br />

Es fiel auf, dass die Motivation bei allen Schülern sehr hoch war. Die Aufgaben waren für alle<br />

zu bewältigen – z. T. nach Austausch mit dem Nachbarn – und gaben den Schülern die<br />

Möglichkeit zu „knobeln“. Das richtige Ergebnis war schnell zu erkennen und es mussten<br />

keine langen Lösungsstrategien nachvollzogen werden. Das Materialangebot für P. erwies<br />

sich als angemessen. Bei dem ersten Arbeitsbogen kam er ohne große Hilfe zum richtigen<br />

Ergebnis. Dabei hat er anders als seine Mitschüler, die die Aufgabe mit der Form eines<br />

„Kreuzes“ sofort in fünf Quadrate unterteilten, um es besser mit den anderen Flächen<br />

vergleichen zu können, keine regelmäßige Unterteilung vorgenommen. Das liegt in der<br />

Tatsache begründet, dass es haptisch wesentlich schwerer ist, die Möglichkeit einer solch<br />

regelmäßigen Unterteilung zu erkennen als visuell.

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