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Unsichtbare Geometrie - ISaR Projekt

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1. EINLEITUNG UND PROBLEMDARSTELLUNG<br />

© Ulrike Baasch<br />

Zu Beginn meines zweiten Ausbildungsjahres im Rahmen meines Referendariats in<br />

Schleswig-Holstein wechselte ich an ein Gymnasium, an dem im fünften Schuljahr ein<br />

blinder Junge integrativ beschult wurde. Es war die erste Integrationsmaßnahme an dieser<br />

Schule, so dass auf alle Beteiligten viel Neues zukam. Ich begegnete hoch motivierten<br />

Lehrkräften, die sich erfinderisch zeigten bei der Bewältigung neuartiger Situationen. Ich<br />

vernahm auch Stöhnen über Mehrarbeit durch die aufwendige zusätzliche Medienerstellung<br />

und Frustrationen über unerwartete Schwierigkeiten, z.B. mit dem Computer. Der Fachlehrer<br />

für Mathematik wartete bereits auf mein Eintreffen. Er hatte das Thema <strong>Geometrie</strong>, das in<br />

diesem Schuljahr Bestandteil des Mathematikunterrichts sein sollte, bewusst auf die Zeit<br />

verschoben, in der er auf Verstärkung durch eine zweite Lehrkraft hoffen konnte. Es zeigte<br />

sich, dass das Mathematikbuch, das der Klasse vorlag, im Bereich <strong>Geometrie</strong> nicht in<br />

Punktschrift bzw. auf Diskette übertragen worden war. Vermutlich wäre der reine Text ohne<br />

die vielen Abbildungen ohnehin unverständlich gewesen. Es lagen somit keine erstellten<br />

Medien für das anstehende Unterrichtsthema vor.<br />

Nach BESUDEN (1984, 64) dient die <strong>Geometrie</strong> der Schulung des logischen Sehens. Das<br />

erklärt vielleicht, warum <strong>Geometrie</strong> als Unterrichtsinhalt in der Regel überwiegend visuell<br />

ausgerichtet ist. Jedoch geht die Bedeutung der <strong>Geometrie</strong> über die visuellen Schwerpunkte<br />

hinaus. Schließlich besteht sowohl die natürliche als auch die künstliche Umwelt aus<br />

geometrischen Formen. <strong>Geometrie</strong> dient der Orientierung in der Umwelt und der<br />

Strukturierung von Situationen und Sachverhalten. Sie fördert das „Denken in<br />

Zusammenhängen“ (BESUDEN 1984, 64) und wird als Basis für andere Fächer wie Physik,<br />

Kunst, Biologie oder Chemie benötigt.<br />

Da demnach die Notwendigkeit von <strong>Geometrie</strong> auch für ein Kind mit Blindheit nicht in<br />

Zweifel gezogen wird, stellt sich die Frage, wie ein üblicherweise visuell ausgerichteter<br />

Lerninhalt so aufbereitet werden kann, dass er für ein Kind mit Blindheit zugänglich ist.<br />

Daneben besteht in einer integrativen Maßnahme die Problematik, dass die sehenden Schüler<br />

einen anderen Zugang zum Lernstoff haben, als ein Kind mit Blindheit. Eine konkrete<br />

Unterrichtsgestaltung, die den Prozess des gemeinsamen Lernens ermöglicht, bezeichnet<br />

WALTHES (1998, 55) als die semantische Ebene innerhalb des Integrationsprozesses. Daher<br />

beschäftige ich mich im Rahmen dieser Arbeit mit der Aufbereitung des Themas

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