63 THERAPIENGut kombiniert: Medikamenteund PsychotherapiePsychotherapie und <strong>der</strong> Einsatz von Psychopharmakasind keine Behandlungsmethoden,die sich gegenseitig <strong>aus</strong>schließen müssen.Bei vielen psychischen Störungen ist dieKombination bei<strong>der</strong> Verfahren mittlerweilesogar Behandlungsstandard. Wahrscheinlichist solch eine kombinierte Therapie mehrals die bloße Summe <strong>der</strong> Einzelwirkungen –das jedenfalls hoffen Berliner Wissenschaftler,die eine entsprechende Studie geradeabschließen.„Bei schweren Depressionen o<strong>der</strong> schweren AngstundPanikstörungen ist die Kombination vonArzneimitteln und Psychotherapie sinnvoll“, sagtProfessor Dr. Andreas Ströhle von <strong>der</strong> Klinik fürPsychiatrie am Campus Charité Berlin und dortLeiter <strong>der</strong> Spezialambulanz für Angsterkrankungen.Die Patienten bekämen zunächst Antidepressiva,um die nie<strong>der</strong>gedrückte o<strong>der</strong> ängstliche Stimmungzu verbessern. Mit psychotherapeutischenVerfahren würden dann die Symptome und <strong>der</strong>enBewertung durch die Patienten bear beitet. Beian<strong>der</strong>en psychischen Störungen wird ähnlichvorgegangen: Beispielsweise erhalten meist auchPatienten mit schizophrenen Psychosen eine Kombinationstherapie,bei <strong>der</strong> sowohl Neuroleptika alsauch psychotherapeutische Verfahren zum Einsatzkommen.Auch Psychotherapie verän<strong>der</strong>tGehirnstrukturenPsychotherapeutische Verfahren und Medikamenteverringern aber nicht nur die Symptomepsychischer Störungen. Schaut man behandeltenPatienten mit bildgebenden Verfahren ins Gehirn,zeigen sich auch dort Verän<strong>der</strong>ungen: „Überraschen<strong>der</strong>weiseverän<strong>der</strong>n sowohl Psychotherapieals auch Psychopharmaka Strukturen im Gehirn“,sagt Ströhle. „Die Verän<strong>der</strong>ungen können wir in<strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en Großhirnrinde und in den tieferen,den ‚emotionalen’ Gehirnstrukturen wie demMandelkern sehen.“ Beide Methoden ergänzensich: Die Medikamente modulierten eher die tieferen,emotionalen Zentren im Gehirn, die Psychotherapieeher die kognitiven Strukturen im vor<strong>der</strong>enGroßhirn. „Psychologie und Biologie sindalso keine Gegensätze, son<strong>der</strong>n nähern sich in <strong>der</strong>Nervenheilkunde immer stärker an.“Angst mit Arzneien effizient verlernenPsychotherapeutische und pharmazeutischeMethoden können aber auch noch auf eine ganzneue Art kombiniert werden. Bei Erkrankungenwie etwa <strong>der</strong> Panikstörung mit Agoraphobie (Platzangst)stehen erlernte Angstreaktionen auf harmloseo<strong>der</strong> neutrale Situatio nen im Vor<strong>der</strong>grund.Die Therapie zielt deshalb auf ein „Verlernen“ dieserAngst ab. Das gelingt am besten mit <strong>der</strong> Expositions-und Verhaltenstherapie, bei <strong>der</strong> Patientenunter therapeutischem Schutz mit genau <strong>der</strong> Situationkonfrontiert werden, die ihre Angst <strong>aus</strong>löst.Ziel ist, dass Patienten Strategien erlernen, mitdenen sie ihre Angst und die dadurch hervorgerufenenSymptome – Schwitzen, Herzrasen, flauesGefühl im Bauch – beherrschen können. Die Symptomeund die ihnen zugrunde liegenden Befürchtungenund Annahmen werden in Einzel- undGruppensitzungen besprochen und bearbeitet, biswie<strong>der</strong> ein normaler Umgang mit <strong>der</strong> zuvor angstbesetztenSituation möglich ist.In einem neuartigen Therapieansatz wird nundie Verhaltenstherapie mit dem Wirkstoff D-Cycloserin– eigentlich ein Antibiotikum – kombiniert.Der Wirkstoff – Ströhle bezeichnet ihn als„kognitiven Enhancer (Verstärker)“ – richtet sichdabei nicht wie ein herkömmliches Psychopharmakongegen die Symptome selbst. Es wirkt eherwie ein Katalysator, <strong>der</strong> Lernprozesse beschleunigt.„Erst seit kurzem ist bekannt, dass D-Cycloserinauch auf Lernprozesse speziell bei Angst- undPanikpatienten wirkt. Das Medikament könntedabei helfen, dass die erlernte – konditionierte –Angst im Rahmen einer Verhaltenstherapie schnellund effizient verlernt wird“, fasst Ströhle seineHoffnungen zusammen. „Durch die Kombination
THERAPIEN64mit einem Medikament können wir vielleicht inZukunft noch bessere Behandlungsergebnisse alsmit <strong>der</strong> alleinigen Expositions- und Verhaltenstherapieerzielen.“Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe hat erdiese Fragestellung daher wissenschaftlich untersucht:In <strong>der</strong> Studie wurden Patienten mit einerPanikstörung zunächst mit einer „klassischen“Expositions- und Verhaltenstherapie behandelt.Ein Teil von ihnen nahm zusätzlich eine Stunde vorje<strong>der</strong> Therapiesitzung D-Cycloserin ein. „Die Studiewurde gerade abgeschlossen, wir hoffen, dasswir Anfang 2010 die ersten Ergebnisse haben“,sagt Ströhle. Sollten sich damit die ermutigendenErgebnisse <strong>aus</strong> an<strong>der</strong>en Studien mit Panikpatienteno<strong>der</strong> Patienten mit einer Sozialen Phobiebestätigen, steht Angstpatienten vielleicht baldeine Psychotherapie zur Verfügung, <strong>der</strong>en Wirksamkeitein pharmazeutischer Katalysator nochweiter steigern kann.
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