Familienfüchse im Abo
Familienfüchse im Abo
Familienfüchse im Abo
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Nachgedacht<br />
Was ist eigentlich Pubertät? Teil 2<br />
Ich finde Stacheln gut ...<br />
„Aus Sicht einer Mutter etwas über<br />
Pubertät zu schreiben ist nicht automatisch<br />
Wehklagen über die ach so<br />
schwierigen Kinder. Ich bin Mutter von<br />
vier Söhnen <strong>im</strong> Alter von 15 bis 27<br />
Jahren, außerdem bin ich schon lange<br />
als Sozialarbeiterin <strong>im</strong> Bereich Jugendsozialarbeit<br />
tätig.<br />
Neulich war ich mit meinem Zweitältesten<br />
mit dem Auto unterwegs und<br />
<strong>im</strong> Radio kam ein Titel aus den 70ern:<br />
„We had joy, we had fun, we had<br />
seasons in the Sun...“ von Terry Jacks.<br />
Da erzählte ich ihm, dass ich bei<br />
diesem Titel automatisch einen Bahnsteig<br />
<strong>im</strong> Leipziger Hauptbahnhof vor<br />
mir sehe, wo ein für mich wunderschöner<br />
Junge, ca. 14 Jahre alt,<br />
schwarze Haare, südländischer Typ,<br />
einen Stern- Recorder hält, aus dem<br />
eben dieser Titel heraus dröhnt. Ein<br />
paar Worte, ein Lächeln – und weg war<br />
der Zug. Der Junge schaute aus einem<br />
Fenster heraus und winkte mir zu. Ja<br />
und ich, ich fuhr mit meiner Klasse<br />
weiter zur Jugendweihefahrt nach<br />
Thale. Nur ein kleiner Moment, aber ich<br />
erinnere mich noch heute dran, denn<br />
ich war 14: Auch ein Mädchen in der<br />
sogenannten Pubertät und der Zeit des<br />
„Erwachens“ und ich finde heute, dass<br />
so richtig bewusste Erinnerungen<br />
gerade in dieser Zeit beginnen und<br />
bleiben. In dieser Zeit wird man erwachsen<br />
und es ist schön. Ich habe<br />
mich gern mit Lehrern gestritten und<br />
<strong>Familienfüchse</strong> 1/2010 - 25<br />
Keine Angst vor Stacheln!. Foto: ©Kokopelli/PIXELIO<br />
nur die, die mich dabei ernst nahmen,<br />
achtete ich. Das ist nach meiner<br />
„Menschwerdung“ so geblieben.<br />
Achtung, Wertschätzung, so wie ich bin<br />
– erst mal bin – angenommen zu<br />
werden, ist in meinen Augen das<br />
W ic htigste <strong>im</strong> Umgang unter<br />
Menschen. Das gilt auch und gerade<br />
für den gegenseitigen Umgang von<br />
Kindern und Eltern. Dann läuft der Rest<br />
auch so.<br />
Ich habe es ehrlich genossen, als<br />
meine Kinder zu Diskussionspartnern<br />
wurden – auch wenn sie in mancher<br />
Hinsicht auch von mir verlangten, nicht<br />
Freundin, sondern Mutter zu sein. Die<br />
Rolle sollte man auch nicht ablegen.<br />
Freunde sind in dieser Zeit für unsere<br />
Kinder vor allem selber Betroffene, also<br />
auch Jugendliche. Auch wenn Eltern<br />
und gleichzeitig Freund zu sein eine<br />
Herausforderung sein kann, mir jedenfalls<br />
gefällt es. Da kürzlich der Bandcontest<br />
für den „Burning Summer 2010“<br />
war, hier ein passendes Abschlusszitat,<br />
aus dem Liedtext einer der Bands<br />
„Alles auf Anfang“ von der Insel<br />
Usedom:<br />
Anke Beutell<br />
„Ich habe keine Lust zu sein<br />
Wie andere mich gern hätten<br />
Ich habe keinen Bock<br />
Euren Arsch zu retten<br />
Ich lebe mein eigenes Leben<br />
Ohne Sinn und Verstand<br />
Ich habe keine Zeit zu warten<br />
Ich nehme es jetzt selber in die Hand<br />
Irgendwann werdet ihr es vielleicht verstehen<br />
Irgendwann, das werden wir dann<br />
sehen<br />
Ob ihr wirklich soweit seid<br />
Oder ewig so weit bleibt<br />
Die Zukunft kenn ich nicht<br />
Ich will auch nicht an sie denken<br />
Die Zeit vergeht zu schnell<br />
Ich hab nichts zu verschenken.<br />
Ich hoffe nur: Eines Tages werdet ihr<br />
verstehen<br />
Dass ich mein Leben lebe“<br />
Foto: ©myself/PIXELIO