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Buch - Integrale Psychotherapie

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92 W. M. Weinreich: <strong>Integrale</strong> <strong>Psychotherapie</strong>________________________________________________________________________________gekürzte Onlineversion 93________________________________________________________________________________DREHPUNKT 0: Entwicklung im und Lösung vom MutterleibDie Zeit vor der Geburt des Menschen ist schwerpunktmäßig durch dasphysische Wachstum vom Zellhaufen über die Organbildung zum reifenFötus gekennzeichnet. Doch parallel entwickeln sich die ersten Fähigkeitendes Bewußtseins, wie protoplasmische Reizbarkeit, Körperempfindungenund Sinneswahrnehmungen, z.B. die Wahrnehmung vonGeräuschen, Helligkeit, Druck, Wärme etc.Das Ungeborene durchläuft nach Stanislav Grof in dieser Zeit 4 deutlichunterscheidbare Phasen, die er perinatale Grundmatrizen nennt 136 :a) symbiotische Einheit: grenzenlose Geborgenheit, völlige Undifferenziertheit;dauert von der Empfängnis bis zum Beginn einer deutlichenEnge für den inzwischen gewachsenen Embryob) Einengung, gekennzeichnet durch Gebärmutterspasmen, wodurchEmpfindungen der Stagnation, Ausweglosigkeit und Angst hervorgerufenwerdenc) Austreibung als Fortbewegung durch den Geburtskanal, gekennzeichnetvom Überlebenskampf des Fötus, mit extremer Lust-Schmerz-Kopplungd) Austritt, gekennzeichnet durch plötzliche Befreiung und Trennungvon der MutterDie Art der Bewältigung dieser Phasen führt zu grundlegenden Prägungendes Menschen, die einen fundamentalen Einfluß darauf haben, wieer alle spätere Erfahrungen erlebt und (emotional) bewertet. Am bekanntestenist in diesem Zusammenhang das Maß an sogenanntem »Urvertrauen«.Während die klassische Medizin den Menschen durchauszugesteht, daß schwere körperliche Erkrankungen im Erwachsenenaltermit starken psychischen Beeinträchtigungen einhergehen und sie auchden empirisch nachgewiesenen Zusammenhang von Geburtskomplikationenund späteren psychotischen Erkrankungen 137 akzeptiert, werdenals Ursache dafür vor allem – weitgehend hypothetisch – minimale zerebraleDysfunktionen verantwortlich gemacht, der psychische Aspekt136 vgl. Grof, 1985, S. 108-124137 vgl. Freyberger et al, 2002, S. 87; Ammon, 1971, S. 343des gestörten Geburtsvorgangs wird jedoch überwiegend ignoriert.Doch erscheint es nur logisch, daß komplizierte Schwangerschaften undGeburten nicht nur mit körperlichen Beeinträchtigungen, sondern auchmit starken psychischen Belastungen einhergehen. Auch wenn der psychischeApparat noch wenig differenziert ist, so ist der Fötus doch inhohem Maße sensibel und gleichzeitig schutzlos. So geht denn Grof davonaus, daß negative Einflüsse und Erfahrungen in den Phasen der Geburtgleichfalls über ihre psychische Wirkung Ursache von Psychosensein können. Diese lassen sich ihm zufolge nach ihrem Charakter derperinatalen Grundmatrize, in der sie entstanden, zuordnen: Symptomewie somatisch-mystische Verschmelzung mit der Umwelt deuten auf einenichtgelungene Differenzierung (Phase b und c), messianischerWahn auf eine gestörte Integration (Phase d) hin. Doch auch leichterePsychopathologien können aufgrund einer generellen Prägung in dieserZeit angelegt sein, da diese Prägung wie ein Kristallisationskern wirkt,der sich durch die Zuordnung emotional ähnlich bewerteter Erlebnisseim späteren Leben zu einem Komplex stabiler Wahrnehmungs- Bewertungs-und Reaktionsmuster (COEX-Systeme) verdichtet. 138 So könnenInvolutionsdepressionen und sadomasochistische Devianzen 139 dort ihreUrsache haben, genauso wie ein Grundgefühl „nicht auf diese Welt zugehören“ oder ein Gefühl genereller Hilflosigkeit. 140DREHPUNKT 1: Das »Ausschlüpfen« des physischen SelbstIn den ersten Monaten lebt das Neugeborene völlig undifferenziertautistischin einer »primären Indissoziation«. Im Bereich des Bewußt-138 vgl. Wilber et al, 1988, S. 157 f; Grof, 1985, S. 249-279; Die COEX-Systemekönnen analog den Jungschen Komplexen als Konglomerate verdichteter Erfahrungenbetrachtet werden.139 V i e l e S ex ua l p s yc hol og en ha l t e n sc hw er e sex uel l e De v i a nz en g r und sä t z l i c h f ür ni c htt he r a p i e r ba r und le i t e n da r a us ni c ht p sy chi sc he Ur sa che n ab. D a s is t s i c he r e i neMög l i chk ei t . E i ne a nd er e wä r e, d a ß k onv ent i one l l e Psy chot he r a pi e a uf g r und ung e-e i g net er I nt er v e nt i ons m odi e i nfa ch ni cht d i e p sy c hog e nen U r s a chen er fa ßt .140 vgl. Wilber, 1996a, S. 662 f

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