ALLGEMEINE MESSTECHNIK | LeistungsmessungBei Mehrpfadsensoren mit integrierter Signalverarbeitungkann hingegen ein Konzept verfolgt werden, das kompromisslosauf die Eigenheiten dieses Detektortyps zugeschnitten ist.Dazu werden die Signale der bis zu drei Messpfade parallelverarbeitet, sodass immer ein gültiger Messwert vorhandenist. Die Notwendigkeit, eine Messung zu wiederholen, weilder gewählte Messpfad über- bzw. untersteuert war, entfällt.Außerdem kann der gesamte Messkanal so ausgelegt werden,dass sich signalsynchrone Leistungsmessungen durchführenlassen, z.B. an Kommunikationssignalen mit TDMA-Struktur.Man könnte meinen, dass das klassische Konzept wenigstensden Vorteil der größeren Genauigkeit hätte. Doch ausgerechnetbei den ohnehin sehr genauen thermoelektrischen Sensorenzeigt sich, dass integrierte Lösungen noch besser seinkönnen. Das liegt daran, dass analoge Grundgeräte eigeneFehlerbeiträge liefern, die bei integrierten Konzepten nichtgesondert zu Buche schlagen (BILD 3).Mit dem Wegfall des Grundgeräts sind aber noch andere Vorteileverbunden: Weil das Messergebnis nur noch vom Leistungssensorabhängt, lassen sich Verhältnismessungen mitgeringerer Unsicherheit durchführen, Messergebnisse besserreproduzieren und Nullpunktoffsets sensorspezifisch bei derHerstellung kalibrieren. Der Genauigkeitsgewinn bei der Verhältnismessungist erheblich: Statt einer systematischen Unsicherheit(Typ B) von mindestens 1 % für das System Sensor –Grundgerät bei einem klassischen Leistungsmesser müssenbei den integrierten thermoelektrischen Sensoren aus derReihe R&S®NRP-Z5x nicht mehr als 0,23 % veranschlagt werden,und das im gesamten Leistungsmessbereich.50-MHz-Referenzquelle nicht zeitgemäßDie von klassischen Leistungsmessern bekannte Referenzquellegehörte nicht von Anfang an dazu. Eingeführt wurdesie beim Übergang von den heute veralteten Thermistor-Leistungssensorenauf thermoelektrische Ausführungen. WarenErstere durch DC-Substitution inhärent langzeitstabil, gilt diesfür Detektoren auf thermoelektrischer und Dioden-Basis nichtgenerell. Deswegen werden Letztere von den Mitbewerbernbis heute nicht absolut, sondern nur relativ mit Bezug auf50 MHz kalibriert. Den Absolutbezug liefert erst die im Grundgeräteingebaute 50-MHz-Referenzquelle.Obwohl Rohde&Schwarz mit seinen absolut kalibrierten Leistungssensorenaus den Familien R&S®NRV und R&S®NRP vonAnfang an einen anderen Weg ging, war die 50-MHz-Quelleauch hier ein wichtiges Zubehör: zur Verifikation der Sensoren,die – obwohl nachweislich langzeitstabil – beschädigtwerden könnten.Aus heutiger Sicht ist die Referenz- bzw. Testquelle nicht mehrzeitgemäß. Zum einen erfordert ihre Verwendung, dass derLeistungssensor vom Messobjekt getrennt und an die Quelleangeschlossen werden muss: eine Maßnahme, die nicht nurumständlich und zeitaufwendig, sondern häufig gar nichtdurchführbar ist. Zum anderen ist es die Unsicherheit derQuelle selbst, die ihre Verwendung infrage stellt. Mit einemWert von 0,4 % bis 1,2 % liegt diese weit oberhalb beobachtbarerDrift, sodass als eigentlicher Nutzen nur das Erkennengrober Beschädigungen verbleibt.Den entscheidenden Anstoß für eine Änderung des bestehendenKonzepts haben wieder die USB-Leistungssensoren geliefert.Weil an ihrem Einsatzort in der Regel keine 50-MHz-Referenzquellezur Verfügung steht, kann die Verifikation nur inden Sensoren selbst erfolgen. Dies wurde zum ersten Mal,und zwar auf hohem Genauigkeitsniveau, bei den thermoelektrischenSensoren der Reihe R&S®NRP-Z5x realisiert (sieheSeite 22). Diese Sensoren enthalten einen Referenzkreis aufBasis einer hochstabilen Gleichspannungsquelle, dessenZusammensetzung von Messunsicherheiten0,91 %0,41 %0,40 %Grundgerät0,25 %Grundgerät während der Kalibrierung0,50 %Referenzquelle 1 mW / 50 MHzKalibrierfaktorFehlanpassung0,50 %1,1 %Nullpunkt-OffsetRauschenFehlanpassung während der Kalibrierung1,3 % [< 3,0 %] 1,1 % [< 1,6 %]BILD 3 Zusammensetzung der Messunsicherheit bei absoluten Leistungsmessungen mit einem thermoelektrischen Leistungssensor für eine üblicheApplikation: Signalfrequenz 2 GHz, Leistungspegel –3 dBm, SWR der Quelle 1,10. Links: klassisches Leistungsmessgerät aktueller Bauart; rechts:R&S®NRP-Z51 (Modell 03). Die Zahlenwerte stellen mit k = 2 erweiterte Unsicherheiten nach GUM dar. Fett gedruckt: Gesamte erweiterte Messunsicherheitnach quadratischer Addition der Teilunsicherheiten. Klammerwerte: Summe der Teilunsicherheiten nach linearer Addition.28
ALLGEMEINE MESSTECHNIK | Leistungsmessung3-Pfad-KonzeptP i14 dB –19 dBmbis +7 dBm–67 dBmbis –13 dBm34 dB +1 dBmbis +23 dBmChopperADADAD+FehlerkorrekturWichtungExterner TriggerBILD 4 Architektur der Dreipfad-Sensoren aus der Reihe R&S®NRP.P mVergleich MesszeitenMesszeit/s1010,10,010,001Bester Mitbewerber (2 Pfade)¸NRP-Z11 / -Z 21 / -Z 31 (3 Pfade)–40 –30 –20 –10 0 10 20 23Pegel in dBmBILD 5 Kürzest mögliche Messzeit für eingeschwungene Messungen mitMehrpfadsensoren, 2-sigma-Rauschanteil im Messergebnis auf 0,01 dBbegrenzt.Ausgangssignal sich dem Messsignal überlagern lässt. Damitist die Möglichkeit gegeben, die gesamte Messkette vomthermoelektrischen Wandler bis zum A/D-Umsetzer in wenigenSekunden zu überprüfen, ohne dass der Leistungssensorausgebaut werden müsste. Mit einer Reproduzierbarkeitin der Größenordnung von 10 –4 wird zudem ein Vertrauensniveauerreicht, wie es nur die Thermistor- Leistungsmesserboten. Es ist anzunehmen, dass dieses Konzept auch fürandere Sensortypen übernommen wird.Sensor ist nicht gleich SensorNur wenige Produkte schöpfen das Potenzial integrierter Sensorkonzepteso vollständig aus wie die Leistungssensoren derReihe R&S®NRP. Viele der neu auf den Markt drängenden Produktewurden ausschließlich als billige Alternative zu klassischenLeistungsmessern entwickelt und erreichen deswegennicht deren Genauigkeits- und Geschwindigkeitsniveau. Auchkommen Detektoren zum Einsatz, mit denen unwissentlichgrobe Messfehler gemacht werden können.Die Rede ist von CW-Sensoren und Sensoren mit logarithmischenDetektoren. Beide Typen eignen sich definitionsgemäßnur für spektralreine Sinussignale, versagen also bei überlagertenStörsignalen (Rauschen, Oberwellen) und bei Modulation.War der Einsatz von CW-Sensoren in der Vergangenheitnoch berechtigt, weil sie wegen des großen Signal/Rausch-Abstands kurze Messzeiten ermöglichten, müssen sie heutzutageals überholt gelten. Integrierte Mehrpfadsensorensind für diese Applikationen die weitaus bessere Wahl. Siezeigen die genannten Anfälligkeiten nicht – und sind überdiesschneller.Natürlich gibt es auch bei ihnen erhebliche Qualitätsunterschiede,vor allem bei der Messgeschwindigkeit. DreiMerkmale müssen nämlich zusammenkommen, damit Top-Performance entsteht. Beim Ersten handelt es sich um Mehrfach-Detektordioden,das sind integrierte Arrays von in Seriegeschalteten Dioden. Sie verbessern die HF-Eigenschaftenund vergrößern den Dynamikbereich eines einzelnen Messpfades.Das zweite Merkmal ist ein für Rohde&Schwarzpatentiertes Wichtungsverfahren, das es ermöglicht, auf eineharte Umschaltung zwischen den Pfaden zu verzichten undstattdessen einen gleitenden Übergang zu erreichen (BILD 4).Dazu werden die Messergebnisse benachbarter Messpfadezur Berechnung des Endergebnisses herangezogen, und zwarin einem breiten Überlappungsbereich von 6 dB (Leistungsspanne4:1). Allein die beiden genannten Merkmale tragendazu bei, dass sich die Mittelungsfaktoren in den Übergangsbereichenum den Faktor 100 reduzieren lassen.Das dritte Merkmal ist ein dritter Messpfad – ein Feature,das es bisher nur von Rohde&Schwarz gibt. Mit den Mehrpfadsensorenkönnen Messzeiten erzielt werden, die im Mittelnoch einmal um den Faktor 20 kürzer sind als beim bestenMitbewerber (BILD 5). Gleichzeitig ist der Dynamikbereichdieser Sensoren um 10 dB größer.AusblickDie vorangegangene Schilderung könnte leicht den Eindruckerwecken, dass die Entwicklung von USB- Leistungssensorenabgeschlossen sei. Tatsächlich handelt es sich wohl erstum deren Beginn, weil all die Einschränkungen fehlen, welchedas klassische Konzept prägten. So lässt die anhaltendeMiniaturisierung auf dem Bauelemente-Sektor noch leistungsfähigereKonzepte erwarten, zum Beispiel für die Etablierungeiner gemeinsamen Zeitbasis für Mehrkanalmessungen mitverteilten Sensoren.Thomas ReichelNEUES 208/13 29