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theoretisch-didaktische grundlagen - Sir Peter Ustinov Institut

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Vorurteile auf individueller Ebene<br />

18<br />

Heimliches Motto<br />

Zwischentöne<br />

beunruhigen und<br />

verwirren<br />

Polarisierte Fronten<br />

bringen scheinbare<br />

Ordnung<br />

Heimliches Motto<br />

Angst unabhängig<br />

von Realität<br />

Ignorieren von<br />

Information<br />

mechanismus der Projektion notdürftig abgestützt wird: Eine grundlegende, mehr<br />

oder weniger permanent rumorende Brüchigkeit der eigenen Identität und Selbstachtung<br />

kann so zumindest teilweise verdrängt und in Schach gehalten werden, wenn das<br />

Problem (scheinbar) irgendwo in der Außenwelt „abgeladen“ wird. Und zwar indem<br />

anderen Menschen das in die Schuhe geschoben oder zugemutet wird, was für das<br />

eigene Selbstgefühl als zu unerträglich empfunden wird, um es sich bewusst eingestehen<br />

zu können.<br />

Das heimliche Motto hinter diesem Motiv könnte also lauten: Um an meinem brüchigen<br />

Gefühl für den Wert meiner Person nicht vollends zu verzweifeln, brauche ich andere,<br />

deren Selbstwert noch viel brüchiger sein muss und auf deren Verächtlichkeit ich<br />

meine Aufmerksamkeit konzentrieren kann. (Ja, vielleicht kann ich mich im zugespitzten<br />

Kontrast zu ihnen sogar zum verzweifelt ersehnten Gefühl triumphierender Großartigkeit<br />

aufschwingen – und in diesem Rausch den Schmerz über meine fehlende<br />

Selbstachtung ein wenig betäuben?)<br />

Schwarz-Weiß-Denken<br />

Vorurteile bilden einen unverzichtbaren Bestandteil für alle „schwarz-weiß malenden“<br />

Weltbilder, in denen die menschliche Gesellschaft glatt und unüberbrückbar in „Gute“<br />

und „Schlechte“ aufgespalten wird – in hoch und niedrig zu Achtende, in Freund und<br />

Feind, in „Unsrige“ und Außenstehende, in „Reine“ und „Unreine“, in „Anständige“ und<br />

„Unanständige“, in „Recht-“ und „Ungläubige“ und ähnliche Gegensatzpaare mehr.<br />

Zwischentöne, Nuancierungen, Brückenschläge oder Vermittlungen zwischen den<br />

derart gegeneinander aufgestellten Fronten oder Gruppierungen werden als akut<br />

beunruhigend erlebt und dementsprechend auch oft des hinterlistigen Verrats an der<br />

„richtigen“ Seite beschuldigt. Dieses Motiv verweist in erster Linie auf eine ausgeprägte<br />

Unfähigkeit, sich über eigene widersprüchliche Gefühle Rechenschaft abzulegen –<br />

d.h., die psychologische Realität ertragen zu können, dass in den Einstellungen zu den<br />

meisten Menschen und Dingen „zwei Seelen in unserer Brust wohnen“ (vor allem auch<br />

zu jenen Menschen und Dingen, die für uns wesentliche Bedeutung haben). Die damit<br />

einhergehende Unfähigkeit zu einem Ausbalancieren unserer zwiespältigen Gefühlsregungen<br />

und Wahrnehmungen – bei dem Gründe für Zu- und Abneigung, Licht- und<br />

Schattenseiten zu einem angemessenen Gesamtbild vereinigt werden könnten – erzeugt<br />

ein suchtartiges Bedürfnis nach polarisierten Frontbildungen in der Außenwelt,<br />

hinter denen die unversöhnlich entgegengesetzten Empfindungen der Innenwelt<br />

(scharf voneinander getrennt) „untergebracht“ und somit notdürftig stabilisiert werden<br />

können.<br />

Das heimliche Motto hinter diesem Motiv könnte also lauten: Um an der Zerrissenheit<br />

meiner Gefühle nicht vollends zu zerbrechen, brauche ich ein Weltbild und ein gesellschaftliches<br />

Umfeld, das meiner inneren Gespaltenheit eine äußere Spiegelung (und<br />

damit Rechtfertigung) liefert und mich so vor dem Schmerz der Erkenntnis bewahrt,<br />

wie sehr ich, was ich liebe, auch hasse und was ich hasse, auch liebe.<br />

Angst vor Bedrohung<br />

Den durch die Brille von Vorurteilen wahrgenommenen Menschen werden meist<br />

Macht, Gefährlichkeit und grausame Absichtlichkeit in einem Ausmaß zugeschrieben,<br />

bei dem auf Plausibilität oder realistische Größenordnungen kaum Rücksicht genommen<br />

wird – und das daher dazu tendiert, ins Grenzenlose auszuufern: Die betreffenden<br />

Personen bzw. Gruppen scheinen oft rundum und unaufhaltsam an Macht und Einfluss<br />

zu gewinnen, immer zahlreicher zu werden und von unablässig zerstörerischen Absichten<br />

getrieben zu sein. Dementsprechend muss auch jedes Ansinnen abgewehrt<br />

werden, „die Kirche im Dorf zu belassen“ – d.h. (eventuell auch tatsächlich) von ihnen<br />

ausgehende Belastungen oder Bedrohungen mithilfe von ausreichender Information in

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