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theoretisch-didaktische grundlagen - Sir Peter Ustinov Institut

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Vorurteile auf gesellschaftlicher Ebene<br />

24<br />

Aus Jung wird<br />

unweigerlich Alt<br />

Biologie vs.<br />

Gesellschaft<br />

Sexuelle<br />

Orientierung<br />

Religiös motivierte<br />

Konflikte<br />

Parallelen<br />

Nüchterner Blick<br />

auf Unterschiede<br />

für Indien ist. Es gibt kulturelle Unterschiede – aber diese sind weder angeboren,<br />

noch sind sie Grund genug, die eine Kultur, das eine Volk für höherwertiger als das<br />

andere zu halten. Die Geschichte gerade in Europa hat gezeigt, wie sehr nationale<br />

Vorurteile in aggressiven Nationalismus umzuschlagen vermögen und Kriege verursachen<br />

können.<br />

Vorurteile zwischen den Generationen …<br />

… mögen weniger bedrohlich und explosiv sein, sie sind aber hartnäckig. Es hat wohl<br />

noch keine Generation gegeben, in der nicht viele – sobald sie älter werden – zu bemerken<br />

glauben, dass die nächste Generation, „die Jugend“, vieles schlechter macht,<br />

schlechter kann, ja insgesamt schlechter ist. Alte machen sich ein grob vereinfachtes<br />

Bild von „den Jungen“ – und Junge von „den Alten“. Gerade die Hartnäckigkeit dieser<br />

Vorurteile belegt aber, wie sehr sich diese mit der Wirklichkeit reiben: Diejenigen, die<br />

heute jung sind, werden – sobald sie zu „den Älteren“ gezählt werden – vielfach die<br />

Vorurteile der schon heute Älteren entwickeln, Vorurteile, die sich gegen die richten,<br />

die morgen „die Jugend“ sein werden.<br />

Vorurteile, die sich auf das Geschlecht beziehen …<br />

… betonen objektiv gegebene biologische Unterschiede und leiten davon bestimmte,<br />

mit dem Geschlecht verbundene, angeborene Fähigkeiten ab. Nun ist zwar richtig,<br />

dass Männer im Durchschnitt einen Körper haben, der sie zu Leistungen – im Sport<br />

etwa – befähigen, zu denen Frauen nicht fähig sind. Aber aus diesen physiologischen<br />

Unterschieden soziale ableiten zu wollen – etwa, dass Frauen und Männer nicht in<br />

gleichem Umfang zum Studium der Physik oder zur Beschäftigung mit der Politik<br />

befähigt wären –, ist leicht als naiver Unsinn zu erkennen: Denken wir nur an die<br />

Physikerin Marie Curie oder an die Friedensnobelpreisträgerin Berta von Suttner.<br />

Zu dieser Gruppe von Vorurteilen zählen auch die negativen Einstellungen zu Menschen<br />

mit gleichgeschlechtlicher Orientierung: Schwulen und Lesben werden – im<br />

Widerspruch zu allen Erfahrungen – negative Eigenschaften zugeschrieben, nur weil<br />

sie so sind, wie sie sind. Die Vorurteile, die sich auf das Geschlecht und die geschlechtliche<br />

Orientierung beziehen, haben sich vielfach verschoben und sind vielleicht<br />

nicht mehr so aggressiv wie in der Vergangenheit. Dennoch halten sich diese<br />

Vorurteile hartnäckig – auch wenn sie langfristig abgebaut werden können und auch<br />

abgebaut werden.<br />

Vorurteile gegen bestimmte Religionen …<br />

… also religiöse Vorurteile, unterscheiden sich von den anderen Vorurteilen, weil ein<br />

religiöses Bekenntnis – anders als die geschlechtliche Identität oder die Zugehörigkeit<br />

zu einer Nation – grundsätzlich ein gewisses Maß an freier Entscheidung beinhaltet.<br />

Dennoch können wir beobachten, dass sich zwischen den Religionen immer wieder<br />

explosive Vorurteile aufbauen: Wurde lange in Europa der Gegensatz zwischen<br />

Katholizismus und Protestantismus von intensiven Feindbildern bestimmt, die in der<br />

Neuzeit auch zu religiös motivierten Kriegen geführt haben, so ist es heute die Bildung<br />

von Feindbildern zwischen den drei monotheistischen Religionen – den „Bücherreligionen“<br />

des Judentums, des Christentums, des Islam. Bei näherem Hinsehen<br />

fällt freilich auf, dass in allen diesen religiösen Traditionen sich viele Parallelen feststellen<br />

lassen – etwa, was die Rolle der Geschlechter betrifft. Vieles, was – vermeintlich<br />

– die eine von der anderen Religion unterscheidet, ist allen gemeinsam, ist historisch<br />

erklärbar und kann, wird sich im Laufe der Geschichte auch verändern.<br />

Dass sich Menschen voneinander unterscheiden, ist das eine. Dass man die beobachtbaren<br />

Unterschiede im kulturellen Verhalten jedoch zu unveränderbaren, zu naturgegebenen<br />

Differenzen hochstilisiert, ist das andere. Was notwendig ist, das ist der

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