theoretisch-didaktische grundlagen - Sir Peter Ustinov Institut
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Vorurteile in der Altersgruppe der Zehn- bis Vierzehnjährigen<br />
30<br />
Mit 8 Jahren<br />
Mit 13 Jahren<br />
Mit 13 Jahren<br />
Mit 18 Jahren<br />
Mit 11 Jahren<br />
Jahre später<br />
Mit 15 Jahren<br />
Seit er 12 ist<br />
Ein vorsichtiges Resümee aus den bisherigen Überlegungen könnte lauten, dass es<br />
sich bei den in diesem Alter entwickelten Vorurteilen um zwar sehr problematische,<br />
aber in einer Konkurrenzgesellschaft schwer zu vermeidende Hilfskonstruktionen auf<br />
dem Weg zur persönlichen Identität handelt.<br />
Realitätssplitter<br />
Beobachtung 1: Mit „denen da“<br />
Silvia, 8, auf die Frage, wie viele Kinder aus Afrika in ihrer Klasse seien, nach längerem<br />
Grübeln: „Keines.“ Dann ihre Gegenfrage: „Woher soll ich das wissen?“<br />
Die Erwachsene: „Wie viele deiner Mitschüler und Mitschülerinnen sind schwarzer<br />
Hautfarbe?“<br />
Wieder grübelt Silvia. Es will ihr nicht einfallen. Schließlich sagt sie: „Vielleicht drei.<br />
Oder vier?“<br />
Silvia, nunmehr 13, fragt ihrerseits die ständig in Sachen Interkulturalität engagierte<br />
Erwachsene: „Warum gibst du dich immer nur mit denen da ab?“<br />
Gegenfrage: „Wen meinst du mit ,denen da‘?“<br />
Silvia weiß nicht recht, wie sie „die da“ benennen soll, sagt: „Na, die da, du weißt<br />
schon, die anderen halt.“<br />
Und sie beginnt, „Parkisch“ (= so benennen jene Wiener Jugendlichen, die in Parks<br />
ihre Treffpunkte haben, ihre Kreolsprache, ein kreatives Gemisch aus Deutsch,<br />
Türkisch und slawischen Sprachen) zu parodieren: „Heast, Oide, wüüst Probleme?!<br />
Du host scho Probleme!!!“<br />
Beobachtung 2: „Sie mögen mich nicht“<br />
Kawan, 13, ein dicklicher Bub, der sehr träge wirkt, besucht ein Wiener Gymnasium.<br />
Er mag die Österreicher nicht. Er will so bald wie möglich weg von hier, am liebsten in<br />
die USA. Wir fragen ihn warum. Er sagt, hier seien „sie“ gegen ihn, die österreichischen<br />
Mitschüler und Mitschülerinnen würden ihn nicht mögen, weil er eine dunklere Haut<br />
und schwarze Haare habe. Er merke das täglich in der Klasse.<br />
Kawan, 18, ist heute ein fescher junger Mann, sportlich, ambitioniert. Er will in Österreich<br />
studieren. Er ist Schulsprecher und Chef der Schülerzeitung an seiner Anstalt.<br />
Er unterscheidet jetzt nicht mehr zwischen „echten“ und zugewanderten Österreichern<br />
und Österreicherinnen. Er gehört dazu.<br />
Beobachtung 3: „Du gehörst nicht zu uns!“<br />
Tamuna, 11, ist in ihrer Schulklasse isoliert. Niemand will neben ihr sitzen, niemand<br />
will mit ihr in der Pause reden, niemand will ihre kleinen Geschenke, die sie anbietet,<br />
annehmen. Der Lehrer bemerkt das. Er ist gruppenpädagogisch gut ausgebildet und<br />
weiß, dass er dieses Problem ansprechen muss. Nun hagelt es Vorwürfe gegen Tamuna.<br />
Deren schlimmster: Man sehe es ihr von Weitem an, dass sie nicht zu uns gehöre. Der<br />
Lehrer versucht, Tamuna eine Stimme zu geben, und macht Übungen für alle, die Empathie<br />
fördern sollten. Es gelingt ihm aber erst nach Jahren, Tamuna dabei zu helfen,<br />
ein geschätztes Mitglied der Klassengemeinschaft zu werden. Vielleicht hätte es ihn<br />
gar nicht unbedingt dazu gebraucht, meint er heute selbstkritisch.<br />
Beobachtung 4: Heavy Metal<br />
Joe, wie ihn seine Freunde nennen, ist heute 15. Er besucht ein Gymnasium in Wien,<br />
ist Vorzugsschüler. Vorurteile gegen „Fremde“ hat er nicht. Seine Eltern sind aktiv im<br />
Engagement für Asylwerber. Er ist es gewohnt, dass Leute aus Nepal, der Elfenbeinküste<br />
oder von sonst woher in die Wohnung kommen. Seit seinem 12. Lebensjahr ist<br />
er fanatischer Heavy-Metal-Fan. Er rümpft die Nase, sobald er irgend eine andere<br />
Musikrichtung hört. Er macht weite Reisen, um die großen Konzerte der berühmten