JOURNAL /: PERSPEKTIVE DES ZENTRALVEREINS DER WIENER LEHRERINNEN - WWW.ZV-WIEN.AT JÄNNER <strong>2007</strong>terrichtsfächer. Alle Lehrenden eines Schulstandortes- auch <strong>der</strong> Biologielehrer und die Mathematiklehrerin- sind daher gefor<strong>der</strong>t 1) die Lesekompetenzihrer Schüler zu för<strong>der</strong>n und zu intensivieren,2) das sach- bzw. informationsorientierteLesen zu trainieren und 3) Strategien zur Texterschließungzu vermitteln und zu üben, um denVerstehens- und Verarbeitungsprozess zu erleichtern.Denn nur gemeinsam geplante, gezielteFör<strong>der</strong>ung in allen Unterrichtsfächern ermöglichtes Schülern/innen 1) aus einem Informationstextselbstständig Informationen zu entnehmen, 2) Beziehungenzwischen den Informationen und demeigenen Vorwissen herzustellen, 3) Informationenzu vergleichen, 4) Aussagen kritisch zu beurteilen,5) Informationen dauerhaft zu speichern und6) Informationen in an<strong>der</strong>en Zusammenhängenwie<strong>der</strong>zugeben.Gezielt, systematisch, in allenUnterrichtsfächernTrotzdem ist eine systematische, im Sinne einesCurriculums aufgebaute, För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lesekompetenzin <strong>der</strong> Praxis noch immer nicht verankert.MENZEL (2003) meint dazu: „Das Problemist das weiterführende Lesen. Reichen diecurricular angelegten Methoden des Rechtschreib-,des Schreib-, Grammatik- und Literaturunterrichtszumindest bis in das 7./ 8. Schuljahrhinein, so endet das eigentliche Curriculumdes Lesenlernens beinahe schon mit dem2. Schuljahr. Einen lehrgangsmäßigen und gezieltenKursus im weiterführenden Lesenjedenfalls führt man kaum einmal durch“(MENZEL, W. (2002), S. 20). Ein gezieltes Lesetrainingist jedoch auch für Schüler/innen auf<strong>der</strong> Sekundarstufe I sehr wichtig, wird aber vernachlässigto<strong>der</strong> fehlt ganz. Oftmals wird dasLesen im Rahmen von Supplierstunden sporadischtrainiert. Dabei werden einzelne Aufgabenaus methodisch-didaktischer Unerfahrenheitnicht als ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung<strong>der</strong> Lesekompetenz verstanden, son<strong>der</strong>nnur als ein Beitrag, <strong>der</strong> den Schülern Spaß undFreude macht und sie beschäftigt. Der nähereSinn und die Bedeutung für das Lernen wirdnicht transparent gemacht, ein individuellerbzw. differenzieren<strong>der</strong> Einsatz nicht angestrebt.„Ein gezieltes Lesetraining leistet aber eine solideBasisarbeit (…), indem Wahrnehmungsgenauigkeit,Wahrnehmungsgeschwindigkeit,Konzentration, logisches Verknüpfen undSprachgewandtheit als eine beson<strong>der</strong>e Form desLernen-Lernens geübt werden können“ (KLEE-DORFER, J. (1993), S. 175).Die kompetente Nutzung von Sachtexten ist fürdie Schüler auf <strong>der</strong> Sekundarstufe I beson<strong>der</strong>swichtig, ist doch diese Textsorte in vielen Unterrichtsfächernoftmals die Informationsquelleschlechthin. Dazu sind aber die entsprechendenStrategien nötig, die im Unterricht allerUnterrichtsfächer vermittelt werden sollten. Diefür Lehrer/innen selbstverständliche Fähigkeit<strong>der</strong> Textrezeption ist bei vielen Schülern nurrudimentär ausgebildet, spezifische Arbeitsweisenwie das sparsame, systematische Markierenund das Herausfiltern zentraler Wörter nichtbekannt und nicht trainiert. Doch nur durch dieentsprechenden Strategien erhält je<strong>der</strong> Schüler/jede Schülerin die Kompetenz, den eigenenLernprozess selbstständig zu gestalten und sichWissen aktiv anzueignen, denn „sich Informationenin eigenständiger, zielstrebiger und wirksamerWeise beschaffen zu können ist eineGrundvoraussetzung für erfolgreiches Lernen“(KLIPPERT, H. (1998), S. 85).Aus – und FortbildungEine gezielt aufgebaute För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lesekompetenzbedarf jedoch auch einer gezieltaufgebauten Aus- und Fortbildung <strong>der</strong> Lehrerund Lehrerinnen aller Unterrichtsfächer. Manmuss sie mit <strong>der</strong> Didaktik und Methodik einerbereichs- und fächerübergreifenden Leseerziehungvertraut machen, ihnen gezielte Diagnosemöglichkeitenfür das Arbeiten mit den Schülern/innen geben und sowohl Möglichkeiten<strong>der</strong> Schulung <strong>der</strong> Lesefertigkeit als auch <strong>der</strong>Lesefähigkeit vermitteln. Beson<strong>der</strong>e Beachtungsollte dabei <strong>der</strong> Aufbau einer altergemäßen Texterschließungskompetenzim Zusammenhangmit <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Neuen Medien finden.Beispiel für eine <strong>der</strong>artige - gezielt aufgebaute -Fortbildung ist <strong>der</strong> - im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Wiener</strong>Leseinitiative - vom Pädagogischen Institut <strong>der</strong>Stadt Wien initiierte und vom Verlag öbv&hptim Sinne <strong>der</strong> oftmals gefor<strong>der</strong>ten Partnerschaftmit außerschulischen Institutionen mitfinanzierteAkademielehrgang „Kannst du lesen –kannst du lernen“ (Details unter www.piwien.at/interplus/leselehr.html).Ziel diesesAusbildungslehrgangs ist es, Lehrer und Lehrerinnenzu fachkundigen Lesedidaktikern/innen auszubilden, die die Entwicklung einerschulischen Lesekultur kompetent unterstützen.34 <strong>Journal</strong> /:
ZUKUNFTSINVESTITION LESEFÖRDERUNGIn die Zukunft investierenGezielte Leseför<strong>der</strong>ung kostet. Nicht nur Engagement,Zeit und Geduld, son<strong>der</strong>n vor allemauch Geld und Ressourcen. Doch es wäre eineInvestition in die Zukunft: Eine Investition, dieIndividuen, Wirtschaft und Gesellschaft zu gutekäme!gogische Berufe. Pädagogische Reihe des <strong>Zentralverein</strong>s<strong>der</strong> <strong>Wiener</strong> <strong>Lehrerschaft</strong>, Wien, 2003. S. 158 – 164.WEHLEND, G.: Methodenelemente <strong>der</strong> Leseerziehung.Unveröffentlichte Dipl. Arb. Uni Wien, 1999.WEHLEND, G.: Trainingscurriculum zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong>Lesekompetenz. Unveröffentlichte Diss. Uni Wien, 2003.WEHLEND, G.: Verstehst du was du liest? Lesen undVerstehen im Schulalltag. Ideen und Anregungen zumUmgang mit Informationstexte. In: GW- Unterricht Nr.88/2002, S. 33-39.LiteraturASTLEITNER, D. & WEHLEND, G.: I wer’ narrisch –1: 0 für Österreich o<strong>der</strong> Die Konsequenzen aus PISA. In:PI-News. Son<strong>der</strong>ausgabe Lesedialog. Wien, 2003, S. 3.BÖCK, M.: Lesegewohnheiten, Lesesozialisation und Leseför<strong>der</strong>ung.In: HAIDER, G. & LANG B. (Hg): PISAPLUS 2000. Nationaler Bericht. Studienverlag, Innsbruck,2001, S. 25-103.DEUTSCHES PISA-KONSORTIUM (Hg): PISA 2000.Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalenVergleich. Leske und Budrich, Opladen,2001.FALSCHLEHNER, G.: Vom Abenteuer des Lesens. Residenz,Salzburg, 1997.GROEBEN, N. u.a. (Hg): Lesekompetenz. Bedingungen,Dimensionen, Funktionen. Juventa, Weinheim, 2002.GRUNDSATZERLASS LESEERZIEHUNG. Erlass desBundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten,GZ 29.540/4-V/3c/99. BMUK, Wien, 1999.KLEEDORFER, J.: Projektreflexion aus <strong>der</strong> Sicht des Praktikers.In: VANECEK, E. (Hg): Schulische Leseför<strong>der</strong>ung.Lang, Frankfurt, 1993, S.165-176.KLIPPERT, H.: Methodentraining. Beltz, Weinheim,1998.MENZEL, W.: Lesen lernen dauert ein Leben lang. PraxisDeutsch, 2002/176, 29. Jahrgang, S. 20-24.RING, K.: Resolution zur Lese- und Medienkultur heute.In: RING, K.(HG): Lesen in <strong>der</strong> Informationsgesellschaft– Perspektiven <strong>der</strong> Medienkultur. Nomos, Baden-Baden,1997, S.155-158.SCHMALOHR, E.: Das Erlebnis des Lesens. Grundlageneiner erzählenden Lesepsychologie. Klett-Cotta, Stuttgart,1997.SCHÖN, E.: Zur aktuellen Situation des Lesens und zurbiographischen Entwicklung des Lesens bei Kin<strong>der</strong>n undJugendlichen. Oldenbourg, München, 1996.VANECEK, E.(Hg): Schulische Leseför<strong>der</strong>ung. Peter Lang,Frankfurt, 1993.WEHLEND, G.: „Der Schulunterricht verleidet Kin<strong>der</strong>ndie Lektüre!“ versus „Lesen ist ein Wun<strong>der</strong>!“. In: Erziehungund Unterricht. 1-2/2003, S.88-93.WEHLEND, G.: 1: O für Österreich o<strong>der</strong> die Konsequenzenaus <strong>der</strong> PISA-Studie. Europäische Konzepte zur LeseundSprachför<strong>der</strong>ung im Vergleich. Materialien zur Schulentwicklung.Hessisches Landesinstitut für Pädagogik,Heft 37/2004, S. 19 – 22, S 65-74.WEHLEND, G.: Lesen geht uns alle an. In: WEHLEND,G. u.a.: Kin<strong>der</strong> ins Zentrum einer Hochschule für päda-Rote über Bücher:Foto: OtratowitzArbeiterbüchereien entstanden inden Bezirken.Sehr viele junge Menschen suchtensie auf. In <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Arbeitslosigkeitwaren diese Büchereiengeradezu Oasen in <strong>der</strong> Wüste.Verzweifelte Jugendliche kamen,saßen an den Tischen, auf denenZeitungen und Zeitschriften lagen,lasen sie und besprachen siemiteinan<strong>der</strong> und mit uns, wenn wirgerade Zeit hatten. Wir wurdenihre Freunde. Die Bücherei empfandensie als ihr zweites Heim.Ein- bis zweimal wöchentlich gabes Dichterlesungen. Friedrich Torberg,Hugo Bettauer lasen aus ihrenWerken. (KLEIN-LÖW, Stella:Von er Vision zur Wirklichkeit - von<strong>der</strong> Wirklichkeit zur Vision. S. 27.)<strong>Journal</strong> /:35