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AMOK Diskussionsunterlagen - HTL Villach

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A.M.O.K.Du spielst keine Rolle mehr.<strong>Diskussionsunterlagen</strong>Ein Projekt der neuebuehnevillach in Zusammenarbeit mitden <strong>Villach</strong>er Schulen <strong>HTL</strong>, CHS und der HS1 im Rahmen derInitiative "Macht I schule I theater" des BMUKK, 2011


A.M.O.K. Du spielst keine Rolle mehrEin Theaterprojekt "in progress" der neuebuehnevillach in Kooperation mit den<strong>Villach</strong>er Schulen <strong>HTL</strong>, dem CHS und der HS1 AuenIm Rahmen von "Macht I schule I theater" - einer österreichweiten Theaterinitiativevom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur gemeinsam mit KulturKontaktAustria und Dschungel WienNachdem die Besucherzahlen und Einschaltquoten der Unterhaltungsindustriedrastisch gesunken sind, wird ein vollkommen neues, alle bisherige Grenzen vonMoral und Vernunft überschreitendes, neues Format präsentiert, eine neue Show- die ultimative Show. Dabei wird die Perversion moderner Fernsehunterhaltungoffenbart.Reizüberflutung trifft Ästhetik, Material aus Film- und Fernsehgeschichte werdeneingebunden. Rasend schnelle Schnitte.Amok stand am Anfang als Begriff, der in der Gesellschaft immer wiederherangezogen wird, wenn es darum geht auf die zunehmende Verrohung "derJugend" hinzuweisen. "A.M.O.K." hat aber letztlich nur entfernt etwas mitamoklaufenden Jugendlichen zu tun.In diesem Theaterprojekt wird der Begriff weiter gefasst als Zustand desKontrollverlustes, mit dem man sich vielleicht konfrontiert sieht, in einemUmfeld von zunehmender Komplexität, von andauernden Einflüssen, vonEinflüsterungen durch Werbebotschaften und Massenmedien.A.M.O.K. ist eine Mischung aus Theater- und Filmprojekt, ein Work in Progress,in dem die SchülerInnen selbst in hohem Maße an der Idee, den Kostümen, derBühne und dem ganzen Ablauf beteiligt sind. Präsentiert wird an den Abendennicht nur ein entstandenes Stück sondern auch die Dokumentation einesArbeitsprozesses mittels einer Ausstellung, bei dem die Gedanken derJugendlichen im Mittelpunkt stehen.Premiere: 29. April 2011 in der <strong>HTL</strong> <strong>Villach</strong>Weitere Spieltermine: 09.-13.MaiRegie & Autor Clemens Lukas LudererEs spielen Edis Colic, Maria Essl, Christina Knapp und KatharinaMarchettiRegieassistenz Philip KandlerDramaturgie und Projektleitung Martin DuellerHauptplatz 10, PF 214, A-9500 <strong>Villach</strong> Tel.: ++43-(0)4242-287164 Fax: ++43-(0)4242-287164-14 Mobil: ++43-(0)699-11074783Web: www.neuebuehnevillach.at Intendanz: Michael Weger


Clemens Lukas Luderer aufgewachsen in Österreich, Deutschland und der Schweiz.Besuchte mehrere Schulen in Österreich und der Schweiz, bevor er mit 19 seinenersten Film produzierte, für den er mit dem "Gold Special Jury Award" beim WorldFestival in Houston / Texas für den besten ausländischen Kurzfilm ausgezeichnet wurde.Danach diverse Arbeiten in der Filmbranche. Autor, Regisseur und Schauspieler für dieProduktion "Fegefeuer" des klagenfurter ensemble. Filmproduktionen in Frankreich,Spanien und Deutschland als Schauspieler. 2008 als freier Autor in der Schweiz tätig.Seit 2009 wieder in Österreich. Kontakt: Telefon: 0676 9041444 //clemens.lukas@neuebuehnevillach.atMartin Dueller aufgewachsen in <strong>Villach</strong>. Ab 2000 Arbeit als Betreuer und Leiterkünstlerischer Projekte im Jugendzentrum Donaustadt, Wien. Ab 2004 Besuch desWorkshops „TheaterSchreiben“ am Burgtheater unter der Leitung von David Spencer,2005 Fortgeschrittenenworkshop am Burgtheater unter der Leitung von BernhardStudlar. Journalistische Tätigkeit für "thegap" und verschiedene Online-Magazine bis2006. Erstellung von Homepages und Werbemitteln für verschiedene Projekte. DanachRückkehr nach <strong>Villach</strong>. Journalistische Arbeiten für "Die Brücke", "Kleine Zeitung" und"KTZ". Seit Anfang 2008 Dramaturg der neuebuehnevillach, weiters Durchführung desJugendkreativprojekts „LOCAL T“ im <strong>Villach</strong>er Jugendjahr Jugendjahr 2008. Regie bei"ALIENce", Macht | schule | theater 2008/2009. Diverse Veröffentlichungen vonProsatexten in Zeitschriften, szenische Lesungen. Streetart-Projekte. Gründer destheatralen Kollektivs "A.C.M.E.". Kontakt: Telefon: 0699 11882702 //martin.dueller@neuebuehnevillach.at


Bei Fragen und für weitere Informationen:Martin Dueller0699-11074783martin.dueller@neuebuehnevillach.atClemens Lukas Luderer0676-9041444clemens.lukas@neuebuehnevillach.at


Das Thema Amok bzw Amoklauf bekam im letzten Jahrzehnt traurigerweise enorme Präsenz.Sogenannte "school shootings" schockierten die Welt und brachten eine Welle an medialerBerichterstattung hervor, die letzlich immer oft nur die Schuldfrage auf andere Medienschoben: Rockmusik (wie schon vor mittlerweile 60 Jahren), Computerspiele, "das Internet".Diese sehr undifferenzierten Feststellungen fragten aber sehr selten danach, wie es möglichist, dass sich jugendliche Amokläufer Waffen beschaffen können. Im Fall des Amoklaufes vonColumbine haben an diesem Tag nicht nur millionen Menschen auf der Welt, die gleichenComputerspiele gespielt, die auch die Amokläufer spielten und die gleiche Musik gehört, dieauch die Amokläufer hörten - es war auch der Tag, an dem Amerika eine der schwerstenAngriffe im Kriegsgebiet Irak starteten. Ein Zusammenhang zwischen den kriegerischenHandlungen Amerikas und dem Amoklauf lässt sich ebensowenig oder -viel herstellen, wieein Zusammenhang zwischen Amoklauf und Musikgeschmack oder Freizeitgestaltung.Was aber sehrwohl von Bedeutung und Gegenstand von Diskussionen sein kann, ist derUmstand, dass neue Medien neue Kompetenzen erfordern. Im Falle der sogenannten neuenMedien sehen sich Pädagogen damit konfrontiert, dass sich die Kompetenzen verschobenhaben. Jugendliche wachsen mit Medien auf, die für Menschen, welche diese Medien nichtals Teil ihrer Lebenswirklichkeit betrachten oder mit diesen (auf)gewachsen sind, noch einRätsel darstellen und teilweise von diesen immer noch mit Argwohn betrachtet werden, wieauch das Phänomen Rockkonzert oder "Fantum" für Außenstehende befremdlich wirkt.Es geht nicht darum den Mediumkonsum als Ganzes oder einzelne Medien wieComputerspiele im Besonderen zu verteufeln, sondern vielmehr zu akzeptieren, dass diesenicht eine alternative Realität darstellen, in die jemand eintaucht, sondern vielmehr dassdiese Medien Teil der Lebensrealität von (jungen) Menschen sind. Auch diese Feststellung istdiskussionswürdig und kann angezweifelt werden."Keep everyone afraid and they will consume" (Marilyn Manson)Das beste Beispiel ist allerdings die Werbung. Der "moderne Mensch" sieht sich täglich mitca. 6000 Werbebotschaften konfrontiert, niemand würde anzweifeln, dass diese Teil derLebensrealität der Menschen sind, dennoch sind sie es eigentlich, nämlich real, denn dieZahnpasta, die in der Werbung verspricht die Zähne weiss zu machen, funktioniert imBadezimmer eigentlich gleich wie jede andere Zahnpasta.Aber genau diese Überlegungen zu Realitäten (sic!), mit denen man sich konfrontiert sieht,stehen im Mittelpunkt von A.M.O.K. - und eben nicht ein "Amoklauf". Es geht darum, wieMenschen ihre Realität wahrnehmen und schließlich auf einer philosophischen Ebene, wieMenschen und in diesem Fall besonders Jugendliche ihre Realität und schließlich sichwahrnehmen. An welchem Punkt erlebt man eine derartige Überforderung, dass man dieKontrolle verliert? Und was löst die Überforderung aus?Im folgenden finden Sie verschiedene Artikel, Unterlagen und Informationen, die Teil derÜberlegungen zum Theaterstück "A.M.O.K." sind.


BegriffsdefinitionAmok (malaiisch: meng-âmok ‚in blinder Wut angreifen und töten‘) ist eine psychischeExtremsituation, die durch Unzurechnungsfähigkeit und absolute Gewaltbereitschaftgekennzeichnet werden kann.Heute bezeichnet der Begriff meist eine plötzliche, willkürliche, nicht provozierteGewaltattacke mit erheblich fremdzerstörerischem Verhalten mit darauffolgenderErinnerungslosigkeit und Erschöpfung und teilweisen Umschlag in selbstzerstörerischeReaktionen. Täter, die in einer solchen Ausnahmesituation Straftaten begehen können,nennt man Amokläufer oder auch Amokschützen, falls sie Schusswaffen gebrauchen,oder Amokfahrer, falls sie Fahrzeuge einsetzen.Quelle: WikipediaDefinitionenIm DSM-IV wird Amok in den Rubriken Dissoziative Störungen und Störungen derImpulskontrolle aufgeführt, im Glossar kulturabhängiger Syndrome wird Amok als „einedissoziative Episode, die durch eine Periode des Grübelns charakterisiert ist, auf die einAusbruch gewalttätigen, aggressiven oder menschengefährdenden Verhaltens folgt, dassich auf Personen und Objekte richtet“ definiert.(...)BegriffsgeschichteUrsprünglich war Amok keine private Einzeltat, sondern im Gegenteil eine imindonesischen Kulturkreis kriegerische Aktion, bei der einige wenige Krieger eineSchlacht dadurch zu wenden versuchten, indem sie ohne jegliche Rücksicht auf Gefahrden Feind blindwütig attackierten. Dieses Muster findet sich auch beim Berserker.Im 17. bis zum 19. Jahrhundert erreichte der Begriff den westlichen Kulturkreis. Diesgeschah insbesondere durch europäische Berichterstatter, beispielsweise durch CaptainCook, wurde aber weiterhin mit der malaiisch-indonesischen Kultur in Verbindunggebracht. Im westlichen Sprachgebrauch erfuhr die Bezeichnung bis heute eineerweiterte Bedeutung und ist inzwischen bedeutungsgleich für jegliche Art blindwütigerAggression mit oder ohne Todesopfer.Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubte man, dass Amokläufer nur im Vollrauschihre Tat begingen. In Meyers Konversations-Lexikon aus dem Jahr 1888 heißt es dazu:„Amucklaufen (Amoklaufen, vom javan. Wort amoak, töten), eine barbarische Sitteunter mehreren malaiischen Volksstämmen, zum Beispiel auf Java, besteht darin, dassdurch Genuss von Opium bis zur Raserei Berauschte, mit einem Kris (Dolch) bewaffnet,sich auf die Straßen stürzen und jeden, dem sie begegnen, verwunden oder töten, bissie selbst getötet oder doch überwältigt werden.“– Meyers Konversationslexikon, 4. AuflageDer Begriff Amoklauf erfuhr eine Bedeutungsveränderung, da er für Taten benutzt wird,die keinesfalls spontan erfolgen, sondern geplant und gelegentlich auch durchsogenannte Leakings angekündigt werden können. Unterschieden werden zudem zwei


Formen von Gewalttaten, die als Amokläufe bezeichnet werden: die reinfremdgerichtete Aggression und der erweiterte Suizid.School ShootingIn vielen wissenschaftlichen Veröffentlichungen hat sich für schulbezogene Amoktatender Begriff School Shooting durchgesetzt, wenngleich nicht alle Taten mit Schusswaffenoder jede Schießerei auf Amoktaten zurückzuführen sind. Mit diesem Begriff werdenTötungen und Tötungsversuche in einer schulischen Einrichtung von Jugendlichenbezeichnet, welche in einem direkten Bezug zu dieser Einrichtung begangen werden.Dieser Bezug kann sich in der Wahl der Opfer, insbesondere auch nach ihrer Funktionin der entsprechenden Bildungseinrichtung äußern. Amokläufe bzw. Massenmorde anSchulen und schwere zielgerichtete Gewalttaten an Schulen werden häufig synonymverwendet, müssen jedoch qualitativ unterschieden werden.[7] In Medien ist häufigauch von Schulmassakern die Rede.[8]VorstadiumZunächst erfolgt das Vorstadium eines mehr oder weniger langen Brütens und Grübelns.Dem potenziellen Täter erscheint sein Umfeld zusehends undurchdringlich, seineSichtweise der Welt verdunkelt sich mehr und mehr, er isoliert sich selbst, vor allembezüglich seiner sozialen Kontakte und zieht sich weitgehend aus der Welt zurück, diefür ihn immer bedrohlichere Züge annimmt. Die erlernten Anpassungsmechanismenzerfallen allmählich, soziale und psychische Desintegration vermischen sich und setzeneinen Regressionsprozess in Gang.TatUnmittelbar der Tat voraus geht ein Wutanfall, der sich dann in einer Reihe vonTötungshandlungen ohne ersichtliches Motiv entlädt. Dabei wird der Blick desAmokläufers starr, er reagiert kaum auf andere Reize, ist nicht mehr ansprechbar.Während der Tat ist die Impulskontrolle ausgeschaltet, der Täter befindet sich in einemZustand der inneren Leere. Diese Phase wird auch die „Tötungsphase“ genannt, die inder Regel nicht länger als 15 bis 20 Minuten dauert, in der der Täter aber nichtansprechbar oder zu überzeugen ist.AbschlussDer Täter befindet sich danach oft in einem Zustand der Amnesie und Erschöpfung oderzeigt selbstzerstörerisches Verhalten bis hin zum Selbstmord. Statistisch gesehen tötensich 27 Prozent der Täter selbst, in 16 Prozent der Fälle werden sie getötet, wobei nichtausgeschlossen werden kann, dass eine Absicht zum suicide by cop – dieselbstmörderische Absicht, sich von der Polizei erschießen zu lassen – bestehen kann.Behandlung in der LiteraturStefan Zweig schildert in seiner Novelle Der Amokläufer das Verhalten eines Arztes ineiner psychischen Grenzsituation als amokähnlichen Zustand. Ebenfalls zu denKlassikern jener Literatur, die sich mit Amokläufen beschäftigt, ist die novellistischeStudie „Bahnwärter Thiel“ (erschien 1888) von Gerhard Hauptmann. Auch schriebMorton Rhue in seinem Roman Ich knall euch ab!, welcher 2002 erschien, über einenfiktiven Amoklauf an einer amerikanischen High School. Durch die Schilderung aus derSicht der zwei Amokläufer versuchte Rhue die Motivation hinter einer solchen Tat


greifbar zu machen. Der Autor Manfred Theisen rückte 2005 in seinem Roman„Amok“ (2005) erstmals einen deutschen Schul-Amokläufer in den Mittelpunkt seinesRomans. Dabei lehnte er sich an den Amoklauf von Erfurt an und erzählte dasGeschehen aus der Ich-Perspektive des Täters.Literatur• Lothar Adler: Amok: Eine Studie. Belleville, München 2000 • Richard Albrecht:Nur ein „Amokläufer“ ? – Sozialpsychologische Zeitdiagnose nach „Erfurt“. In: Rechtund Politik, 38 (2002) 3, 143-152 ([17] )• Mark Ames: Going Postal. Rage, Murder and Rebellion in America, Softskull PressNew York 2006, Snowbooks London 2007; Rezension: dradio.de, Deutschlandfunk,Büchermarkt, 27. März 2009, Uli Hufen: Amoklauf alsZeichen der Rebellion [18] (2. November 2010)• Nils Böckler, Thorsten Seeger: Schulamokläufer: Eine Analyse medialer Täter-Eigendarstellungen und deren Aneignung durch jugendliche Rezipienten. Juventa,Weinheim und München, 2010 • Heiko Christians: Amok. Geschichte einerAusbreitung. Aisthesis Verlag 2008, 301 Seiten, ISBN978-3-89528-671-1• Götz Eisenberg: Amok – Kinder der Kälte: über die Wurzeln von Wut und Hass .Rowohlt-Taschenbuch, Reinbekbei Hamburg 2000• Götz Eisenberg: Damit mich kein Mensch mehr vergisst: Warum Amok undGewalt kein Zufall sind. Pattloch,München 2010• Elsa Pollmann: Tatort Schule. Wenn Jugendliche Amoklaufen. Tectum Verlag,Marburg 2008• Jasmin Seiwert: "Die Bühne der Amokläufer. Mediale Selbstdarstellung der Täter inInternet und TV". Marburg, 2010, 136 S.Weblinks• Amok – Begriff und Geschichte [19] auf der Psychiater-Website „PsychosozialeGesundheit Net“ • Th. Knecht: Amok und Pseudo-Amok. [20] (PDF; 122 kB) –Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 150,142–148 • Jens Hoffmann Amok – ein neuer Blick auf ein altes Phänomen. [21](PDF; 203 kB) – Auszug aus dem BuchPolizei & Psychologie (ISBN 3-935979-12-6) • Lothar Adler: Amok [22] – Vortrag imRahmen der Ringvorlesung der Universität Erfurt „Gewalt und Terror“,2002 • Amoktaten. [23] (PDF; 225 kB) – Forschungsüberblick unter besondererBeachtung jugendlicher Täter imschulischen Kontext, Kriminalistisch-Kriminologische Forschungsstelle Analysen Nr.3/2007


Dr. Rita SeitzPsychologische Psychotherapeutin für Kinder, Jugendliche und ErwachseneAngsterkrankungen bei Schülerinnen und Schülern –Kindertherapeutische Ansätze und pädagogischeHandlungsmöglichkeitenKörperliche Angstsymptome: Beschleunigung der Pulsfrequenz, Anstieg des Blutdrucks,Schweißausbrüche, Schwindel, Zittern, Atemnot, Harndrang1. Verschiedene Formen von AngstSignalangst: nicht pathologisches Angstsignal als Warnsystem vor gefährlichen SituationenPhobie: objektiv nicht begründete, gerichtete Angst vor einem konkreten Objekt (z.B. Hund, Spinne,Schlange); oftmals wird ein Objekt gefürchtet, mit dem Betroffene sehr selten zu tun haben, etwaSchlangen in deutschen Großstädten; Angst ist damit gerichtet und in gewissem Maß vorhersehbar;Angstneurose: diffuse Angst (z.B. soziale Ängste); „etwas“ hat sich angesammelt und schlägt sich ineinem körperlichen Erregungszustand nieder; die diffuse Angst – beispielsweise sich ausgeliefert zufühlen – wird mit einer bestimmten Situation, die das Gefühl des Ausgeliefertseins stimuliert,verknüpft; die betroffene Person hat dann beispielsweise Angst vor Plätzen, an denen sich vieleMenschen aufhalten. So ist die diffuse Angst organisiert und gerichtet.Hypochondrische Ängste: Übertriebene Selbstbeobachtung und übertriebene Angst um den Körperoder vor bestimmten Krankheiten, z.B. Herzneurose, Aids-Phobie; oftmals ziehen sich betroffeneMenschen aus der Beziehungswelt in die Körperwelt zurück; alles dreht sich nur noch um den Körperund um Krankheiten und kränkende oder enttäuschende Beziehungssituationen können damit„umgangen“ werden;Bei Kindern und Jugendlichen können hypochondrische Ängste damit zu tun haben, eine neurotischeAuseinandersetzung mit der Erkrankung eines Elternteils zu sein: die Trauerarbeit über dieBeschädigung des elterlichen Körpers und die damit einhergehenden Gefühle von Schmerz, Trauer,Wut und Angst können damit aufgeschoben oder vermieden werden.Dr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


Panikattacken: plötzlich auftretender Angstschub, der nicht an eine spezielle Situation gebunden istund auch nicht vorhersehbar ist; eventuell werden Panikattacken durch die unbewußte, plötzlicheErinnerung an eine traumatisierende Situation hervorgerufen (z.B. misshandelter Mensch riecht aufder Straße das gleiche Rasierwasser, das der Täter benützt hatte -> Panikattacke wird ausgelöst;Generalisierte Angststörung: überdauernde, frei flottierende Angst vor sehr vielen Situationen und invielen Situationen; die Angst ist meist chronisch und die Teilhabe am Alltagsleben kaum mehrmöglich; eine strikte Angstbindung ist der geschwächten Psyche nicht mehr möglich und die Angstbestimmt das Leben betroffener Menschen;Psychotische Ängste: Ängste mit Realitätsverlust (z.B. von einem magischen bösen Blick getötet zuwerden)Typische Ängste bei Kindern: Imaginäre Ängste vor Gespenstern, Hexen, Teufeln etc.Ursache von AngsterkrankungAngst entsteht durch den Mangel an haltenden und beruhigenden Beziehungen, vor allem an Schutzund Sicherheit. Affekte und Konflikte können nicht ausgehalten und bearbeitet werden und das Kindist diffusen und bedrohlichen Gefühlen von Ausgeliefertsein, Vernichtung, Zerstörung, Kontrollverlustoder Bedrohung ausgesetzt. Dadurch entsteht ein bedrohlicher oder beunruhigender psychischerZustand.Um diesem diffusen Gefühl psychisch stand zu halten, „verschiebt“ das psychische System die Angstbeispielsweise auf ein Objekt oder eine Situation. Denn diese Situationen und Objekte könnenvermieden werden, was das psychische System erst einmal entlastet.Also: die diffuse Angst wird etwa auf Spinnen gerichtet, die ich mit dem Staubsauger einfachaufsaugen kann. Oder der beunruhigende Wunsch „sich gehen zu lassen“, mobilisiertKontrollverlustängste, die in einer Agoraphobie gebunden werden können -> ich gehe nicht aufStraßen und Plätze, damit ich mich nicht gehen lassen kann.Je nach Lebensalter, psychischer Stärke und vorhandenen Hilfssystemen entwickelt sich eine mehroder weniger starke Angstsymptomatik.Wichtig: Der angstneurotische Patient beantwortet Trennung oder Verlust nicht (so sehr) mitseelischem Schmerz, sondern mit existenzieller Angst.Dr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


2. Angstsituationen im schulischen Alltag2.1 SchulphobieSchulverweigerung wegen körperlicher Beschwerden (z.B. morgentliches Bauchweh, Kopfschmerzen)und übermäßig enge Bindung an eine Bezugsperson. Die Kinder möchten zuhause bleiben, möchtenwegen ihrer Krankheit versorgt werden und sind “zu krank”, um die Schule zu besuchen. In einigenFällen weigern sich die Kinder auch, sich von der begleitenden Bezugsperson zu verabschieden undklammern sich ängstlich an die Mutter. Zu dem schulphobischen Kind gehört fast immer eine Mutter,die ihr Kind nicht gehen lassen kann. Dieser Vorgang ist unbewußt. Meist sind dies Mütter, die selbstunsicher und versorgungsbedürftig sind, weshalb das Kind die Mutter nicht verlassen kann. Dieübermäßig enge Bindung zwischen Mutter und Kind läßt eine eigenständige Entwicklung des Kindesnicht zu. Die Ursache von Schulphobien liegen selten im schulischen Umfeld, sondern meist in derFamilie.Wichtig:• körperliche Symptome treten häufig nur morgens vor dem Schulgang auf, die Ferien und dasWochenende sind meist symptomfrei• die ärztliche Abklärung ist ohne Befund• wenn die Eltern das Kind zum Schulbesuch zwingen und nicht mehr als “krankes Kind”umsorgen, kommt es meist zu massiven Auseinandersetzungen und auch zu panikartigenAngstzuständen• schulphobische Kinder sind oft begabte Schüler und haben kaum Schulleistungsstörungen• keine antisoziale Haltung wie bei SchulschwänzernWichtiger Bezugspunkt: TrennungsangstDr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


2.2 SchulangstAngstneurotische Belastung bei Schülern. Schüler haben Angst vor bestimmten Lehrern, Fächern, aberauch vor bestimmten sozialen Situationen in der Schule (z.B. Vorlesen, vor Gruppe sprechen,Vorturnen, Kränkungen durch Mitschüler). Die Ursachen liegt meist in der psychischen Entwicklung:schwache Bindungen und Beziehungen haben das Kind oder die Jugendlichen destabilisiert undwerden an bestimmte schulische Ereignisse gebunden. Diese beunruhigenden psychischenErfahrungen sind unbewußt und den Schülern nicht zugänglich.Wichtig:• Auftreten physiologischer Angstsymtome während des Unterrichts• teilweise imposantes Vermeidungsverhalten• Angsterleben ist oft mit Schamgefühlen gekoppelt• bei schweren Angsterkrankungen ist der Besuch einer Regelschule manchmal nicht mehrmöglich2.3 PrüfungsangstBesondere Form der Angstneurose, bei der Schüler übermäßig stark Angst vor Leistungs- undPrüfungssituationen haben. Betroffen sind hier eher gute Schüler, deren Prüfungsangst irrational ist, dasehr schlechte Leistungen nicht zu erwarten sind. Etwa leiden betroffene Schüler und Schülerinnenunter Schlaflosigkeit, Übelkeit vor der Prüfung, haben überdimensionale Angst alles Gelerntevergessen zu haben oder haben Panikattacken unmittelbar vor der Prüfung. Falls die Schüler undSchülerinnen trotzdem an der Prüfung teilnehmen, bestehen sie die Prüfung meist auch.Bei Prüfungsängsten geht es meist nicht um die Angst vor der Prüfung, sondern um die Angst, wasnach der Prüfung kommt. Die Entwicklungshürde, z.B. nach dem Abitur zum Studium in eine andereStadt zu gehen und ein eigenes Leben als junger Erwachsener zu führen, ist so belastend, dass wegender Prüfungsangst die Prüfungssituation vermieden wird.Ein weiterer typischer Schauplatz ist der Übertritt in eine weiterführende Schule: hier werden durchdie Angst vor der Übertrittsprüfung z.B. auch Rivalitätsängste vermieden, etwa mit den Eltern, die“nur” einen niederen Schulabschluß haben und dies nicht verarbeiten können.Dr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


Wichtig:- bei Prüfungsangst ist sorgfältig zu unterscheiden, ob ein gefährdeter Schüler äußerstbeunruhigt auf zu erwartenden schulischen Misserfolg reagiert oder bei einem stabilen, gutenSchüler neurotische Prüfungsangst auftritt.- die Angst hat wenig mit den Prüfungsinhalten zu tun und überdimensionaler Lernaufwandmildert die Angst oft nicht- oftmals fehlen prüfungsängstlichen Schülern und Schülerinnen wenig ängstliche Vorbilder,bzw. zukunftsängstliche Eltern verschärfen die Dynamik, es gibt wenig Selbstverständnis,dass es gar nicht so schwer ist eine Prüfung zu bestehen und sich dann weiterzuentwickeln3. Umgang mit ängstlichen Schülern und Schülerinnen im pädagogischenAlltag3.1 Trennungsängstliche Kindern- Eltern sind Ansprechpartner der Intervention; zeitnahe Beratung der Eltern zur Vorbeugungder Chronifizierung der Angsterkrankung;- sich auf Enttäuschung und Wut der meist sehr bedürftigen Eltern gefasst machen;- trennungsängstliche Mütter oder Väter gehören nicht in den Unterricht, so wird die Angst vorder Trennung nur noch dramatisiert und sozial verzerrt;- dem trennungsängstlichen Kind in der Schule beistehen, jedoch nicht zum unverzichtbarenmütterlichen Ersatzobjekt für das Kind werden; Halt und Sicherheit bieten, aber nicht dasKind „adoptieren“; Hilfsangebote der Mitschüler nützen;- manchmal kann sich das Kind durch ein diskretes Übergangsobjekt beruhigen, z.B. ein kleinesStofftier, ein Foto der Familie o.ä.; schützen Sie das Kind jedoch vor dem Spott der Klasse;- achtsam mit Ratschlägen umgehen, welche das Vermeidungsverhalten der Familie nochausbauen könnten;-3.2 Schulängstliche Kinder und Jugendliche- bei sehr schwerer Symptomatik ist kinderpsychiatrische Diagnostik, bzw. in besonderenFällen Medikation oder auch stationäre Unterbringung zu prüfen; Medikamente, besondersPsychopharmaka, nur nach Verordnung durch den Facharzt;Dr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


- bei auffälliger, andauernder Symptomatik Information der Familie, bzw. des Jugendlichen mitHinweisen auf ärztliche oder therapeutische Anlaufstellen, schulpsychologische Betreuungetc.- angstneurotische Persönlichkeitsstrukturen entwickeln sich selten zurück, indem ängstlicheMenschen ungeschützt zur Angstüberwindung gezwungen werden. Dies verschärft dieAngstsymptomatik eher und steigert das Vermeidungsverhalten. Vielleicht kann es gelingen,passende Hilfestellungen zu geben, dass ein Schüler/eine Schülerin die Angst vor dergestellten Situation oder Aufgabe aushalten oder überwinden kann.- beruhigen Sie einen ängstlichen Schüler und helfen Sie, mit den körperlichen Symptomenumzugehen (z.B. langsam atmen).- bei Schülern und Schülerinnen mit sozialen Ängsten droht ein überwältigendes Gefühl vonKontrollverlust. Eventuell kann es hier wichtig sein, dass der betroffene Schüler denUnterricht kurz in Begleitung verlässt, dann aber wieder in die Klasse kommt und mitHilfestellung die Aufgabe noch einmal versucht.- zwingen Sie niemanden, eine gestellte Aufgabe unter allen Umständen erledigen zu müssen,bzw. drohen Sie nicht sadistisch. Falls ein ängstlicher Schüler/eine ängstliche Schülerin eineAufgabe nicht erledigen kann, ist es in besonderen Fällen möglich, eine Ersatzaufgabe zustellen (z.B. Referat schriftlich abgeben, nur vor dem Lehrer halten) oder über die Freistellungvon der Benotung zu beraten.- informieren Sie betroffene Schüler rechtzeitig über ihre Befremdung, sprechen Sie auffälligesVermeidungsverhalten oder heftige Angstsymptome an und versuchen Sie Ihren Ärger inGrenzen zu halten. Versuchen Sie mit den Schüler/der Schülerin über mögliche Konsequenzenzu beraten und tragen Sie dazu bei, dass nicht wieder eine Situation von Haltlosigkeit undKontrollverlust entsteht. Machen Sie Schülern Mut, eigene Konfliktlösungsstrategien zubenennen und zu erproben.- gehen Sie bei hypochondrischen Schülern eher weniger auf die geschilderte Symptomatik ein.Verweisen Sie auf die Abklärung beim Arzt und lassen Sie sich nicht in die aufgeregtenWelten drohender körperlicher Erkrankungen ziehen. Zurückhaltende Anerkennung der Angstund beruhigender Halt sind meist effektiver als Notarzteinsätze, ständig herbeigerufene Elternoder ein Schüler, der einsam im Krankenzimmer der Schule bibbert.- trauen Sie Ihrem Gefühl, – eventuell nach kollegialer Beratung – ob ein Schüler tatsächlichAngst hat und passende pädagogische Hilfestellungen braucht oder, ob es sich um ein„hysterisches“ Verhalten handelt, mit dem jemand seinen Geltungsdrang zeigen möchte;Dr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


3.3 Prüfungsangst- gehen Sie nicht zu sehr auf die Prüfungsinhalte ein, sondern ermutigen Sie betroffene Schülerund Schülerinnen, über die Zeit nach der Prüfung nachzudenken. Welche Vorstellungen hatein Schüler/eine Schülerin von der Zeit im Gymnasium, nach dem Abitur etc.?- verweisen Sie darauf, dass die meisten Schüler und Schülerinnen Abschlussprüfungentatsächlich bestehen und, dass nach der Prüfung etwas spannendes Neues beginnen kann.Eventuell könnten Sie sich als Vorbild anbieten. Möglicherweise könnten die Risiken undChancen der Zeit nach der Prüfung benannt werden.- ermuntern Sie betroffene Schüler und Schülerinnen, wenigstens zu erscheinen und die Prüfungzu versuchen. Auch Jugendlichen und jungen Erwachsenen helfen oft banale Hilfsmittel, umsich der drohenden Angst zu stellen und zu zeigen, was sie können (Cola mitnehmen fürKreislaufkollapse, Glücksbringer, Schokolade, Lieblingsbleistift). Verweisen Sie auf IhreErfahrungen, dass Prüflinge fast nie in körperlichen oder psychischen Ausnahmezustandkommen.- falls Sie während einer Prüfung einen Schüler/eine Schülerin mit ernsthaftenAngstsymptomen zu betreuen haben, versuchen Sie Kontakt aufzunehmen, zu beruhigen,eventuell kleine gemeinsame Atemübungen zu machen oder zum kurzen Durchatmen amFenster zu ermuntern.- wer wirklich Angst vor einer nicht bestandenen Prüfung haben muss, sollte rechtzeitig vorherüber geeignete andere Möglichkeiten informiert werden und eventuell passende Anleitungenzur Prüfungsvorbereitung bekommen (Prüfungsaufgaben, Verweise auf Nachhilfe- oderFördermöglichkeiten, Übungen zu Arbeiten unter Zeitdruck etc.).Mögliche AnsprechpartnerInnen für Kinder, Jugendliche oder Eltern:z.B.:• Schulpsychologische Beratungsstelle• BeratungslehrerInnen• Kinder- und JugendärztInnen• Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Eltern bzw. Erziehungsberatungsstellen• Kinder- und JugendlichentherapeutInnen (Adressen bei Krankenkassen, Gesundheitsamt oderKassenärztlicher Vereinigung, bzw. Telefonbuch)• Kinder- und JugendlichenpsychiaterInnen• Ambulanzen der Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie, bzw. KinderzentrumDr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


Literatur:- Ermann, M. (1997): “Psychotherapeutische und psychosomatische Medizin”; Suttgart,Kohlhammer- Heinemann, E., Hopf, H. (2001): “Psychische Störungen in Kindheit und Jugend”; Stuttgart,Kohlhammer- Nissen, B (Hg.) (2003): „Hypochondrie“; Gießen; Psychosozial Verlag- Remschmidt, H. (1997): “Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter”; Stuttgart, Thieme- Schoenhals Hart, H. (2006): “Angstneurose heute”; in: Psyche, Heft 3, S. 193-214, Stuttgart,Klett-CottaDr. Rita Seitzwww.praxisamschloss.de


Gerhard Tulodziecki"Medienkompetenz als Aufgabe von Unterricht und Schule"EinleitungIch beginne meine Ausführungen mit einem Untersuchungsergebnis aus einer Fallstudie, diewir kürzlich mit Schülerinnen und Schülern einer kleinen Regelschule in Schmiedefeld durchgeführthaben. Dabei haben wir 15- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schülern einzelneSatzanfänge vorgegeben, die von Ihnen ergänzt werden sollten. Einer der Satzanfängelautete:Wenn ich entscheiden soll, ob eine Nachricht glaubwürdig ist, achte ich auf folgenden Punkte:Dieser Satzanfang führte u.a. zu folgenden Äußerungen der Schülerinnen und Schüler:• ob andere diese Nachricht auch senden.• da fällt mir nichts ein.• ob sie logisch klingt.• weiß ich nicht.• ob Beweise wie Fotos da sind.• weiß nicht, ich vertraue meinem Instinkt.• von wo kommt sie; wie oft wird sie gesagt, wo ist sie noch.• meine weibliche Intuition.Dies Äußerungen deuten an, dass es bei einzelnen Schülerinnen und Schülern zwar sinnvolleAnsätze gibt, ein Großteil der Schülerinnen und Schüler jedoch kaum über angemesseneVorstellungen verfügt, welche Möglichkeiten es gäbe, die Glaubwürdigkeit einer Nachrichtzu prüfen.Dabei wurden diese Äußerungen von Schülerinnen und Schülern einer Schule gemacht, inder relativ häufig mit Medien gearbeitet wird. Dies legt eine erste Schlussfolgerung nahe:Offenbar reicht die bloße Nutzung von Medien noch lange nicht, um zu einer angemessenenEinschätzung von medialen Aussagen zu gelangen. Gerade die Fähigkeit zur Einschätzungmedialer Aussagen wäre - neben anderem - jedoch ein wichtiges Kennzeichen von Medienkompetenz.Damit stellt sich die Frage, was in einer Schule, in der Medien - gegebenenfalls sogar intensiv- genutzt werden, getan werden muss, um den Schülerinnen und Schülern den Erwerbvon Medienkompetenz zu ermöglichen.Bei der Bearbeitung dieser Frage gehe ich von zwei Bezugspunkten aus:(A) Aus den Entwicklungen im Bereich der Medien bzw. der Informations- und Kommunikationstechnologienergeben sich drei wichtige Anforderungen an Schulen:• Schulen sind gefordert, die mit den Medien verbundenen Möglichkeiten einer Verbesserungvon Lehren und Lernen zu nutzen.• Schulen müssen verschiedene Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Bereich von Medienbzw. Informations- und Kommunikationstechnologien wahrnehmen.• Schulen sind gehalten, bedingungsgerechte medienpädagogische Konzepte zu entwickeln.Vortrag im Rahmen der Fachtagung „Medienkomptenz“ des BLK-Modellversuchsprogramms SEMIK(Systematische Einbeziehung von Medien, Informations- und Kommunikationstechnologien in Lehr- undLernprozesse) am 8. Mai 2001- 1 -


Nach diesen drei Aufgaben werde ich im Folgenden meine Ausführungen strukturieren unddabei die Frage erörtern, in welchem Zusammenhang diese Aufgaben mit der Zielvorstellungder Medienkompetenz stehen.Bevor ich damit beginne, möchte ich jedoch noch meinen zweiten Bezugspunkt offen legen:(B) Mediennutzung und Medienkompetenz als Aufgaben der Schule müssen sich in den allgemeinenErziehungs- und Bildungsauftrag der Schule einfügen. Dieser Erziehungs- und Bildungsauftraglässt sich auf der Basis bildungspolitischer Entwürfe und didaktischer Diskussionendurch vier Leitideen oder Richtziele beschreiben. Diese sind ein sachgerechtes Handeln,ein selbstbestimmtes Handeln, ein kreatives Handeln sowie ein sozialverantwortlichesHandeln in einer offenen und pluralen Gesellschaft. Diese Leitideen oder Zielvorstellungenwerden durch die Entwicklungen im Bereich der Medien bzw. Informations- und Kommunikationstechnologienin besonderer Weise unterstrichen:• Die Leitidee sachgerechten Handelns ist angesichts der Gefahr wichtig, dass Medien verzerrteVorstellungen über die Realität hervorrufen können. Fragt man z. B. Kinder, wasihnen zum Thema „Polizei“ einfällt, so reagieren sie mit Begriffen wie „Mord, Totschlag,Vergewaltigung“. Bei Erkundungen in einer Polizeidienststelle sind sie dann völlig überrascht,dass Polizisten nicht ständig schießen, sondern häufiger vor einer Schreibmaschinesitzen, Protokolle schreiben und sogar die Rechtschreibung beherrschen müssen(vgl. Lewers 1993).• Die zweite Dimension, die Befähigung zu selbstbestimmtem Handeln ist als erzieherischesZiel angesichts möglicher Fremdbestimmung durch Medieneinflüsse ebenfalls vongroßer Bedeutung. Um diese Fremdbestimmung zu erkennen, muss man sich nur vergegenwärtigen,in welcher Weise die Medien die Freizeit vieler Jugendlicher beeinflussen -von der Notwendigkeit, bestimmte Hits, Musikgruppen oder Fernsehserien zu kennen, um„in“ zu sein, bis zu „Zwängen“, die gegebenenfalls von einem gerade auf den Markt gekommenenComputerspiel ausgehen.• Die dritte Leitidee - das kreative Handeln - ist in besonderer Weise wünschenswert, umeinen Gegenpol zur rezeptiven Mediennutzung mit der Gefahr bloßen Medienkonsums zubilden.• Schließlich muss sozialverantwortliches Handeln - als vierte Leitidee - als bedeutsamangesehen werden, um einer unreflektierten Übernahme ich-bezogener, hedonistischer,vielleicht sogar aggressiver Verhaltensmuster, wie sie teilweise in den Medien präsentiertwerden, entgegenzuwirken.Aber nicht nur um Gefährdungen durch den Mediengebrauch gegenzusteuern, sondern vorallem auch um die Chancen der Medien nutzen zu können, sind die genannten Zieldimensionenwichtig: Medien können umso angemessener für Information und Wissensaneignung,für Spiel und Unterhaltung, für Problemlösung und Entscheidungsfindung, für Kommunikationund kulturelle Zwecke eingesetzt werden, je stärker die Zieldimensionen ausgeprägt sind.Auf der Basis der damit erläuterten Bezugspunkte - der Anforderungen an die Schuleangesichts der Medienentwicklungen sowie der Leitideen bzw. des allgemeinen ErziehungsundBildungsauftrags der Schule - gehe ich nun der Frage nach einer Umsetzung desKonzepts von Medienkompetenz nach. Dabei werde ich das Konzept der Medienkompetenznicht vorab in akademischer Weise definieren, sondern es im Kontext der genanntenAufgaben entwickeln.- 2 -


1 Medienkompetenz im Zusammenhang der Nutzung von Medien für Lehrenund LernenSchulisches Lernen unterscheidet sich von alltäglichem Lernen in der Regel dadurch, dassdie für das Lernen notwendige Anforderung nicht aus einer unmittelbar gegebenen Lebenssituationerwächst, sondern als unterrichtlicher Anstoß gestaltet werden muss. Dies bedeutet,dass Lernen durch Aufgaben angeregt werden sollte, die ein Bedürfnis ansprechen und damitzu einem Spannungszustand führen, der in Lernen einmündet. Beim Lernen selbst gehtes dann darum, Lebenssituation und Bedürfnisse zu beachten, vorhandene Kenntnisse, Erfahrungenund sozial-kognitive Strukturen zu aktivieren und weiterzuentwickeln.Die folgenden Konkretisierungen für Lernen und Lehren basieren im Wesentlichen auf Überlegungen,wie sie sich in der Didaktik entwickelt haben (vgl. Tulodziecki 1987). Sie weisenzugleich viele Parallelen zu Forderungen auf, wie sich aus den Ansätzen zum situiertenLernen ergeben haben (vgl. Mandl/ Gruber/ Renkl 1995).Zunächst stellt sich die Frage, mit Hilfe welcher Aufgaben sich das Lernen in einer durch Informationsfülleund mediale Vielfalt gekennzeichneten Lebenswelt anregen lässt, wenn einsachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozialverantwortliches Handeln erreichtwerden soll (vgl. Tulodziecki 1996)Thesenartig lautet die Antwort, dass dies in besonderer Weise durch Probleme, Entscheidungsfälle,Gestaltungs- und Beurteilungsaufgaben geschehen kann:• Ein Problem kann z. B. in der Aufgabe bestehen, für einen Haushalt, der relativ hoheStrom- und Gaskosten aufweist, Vorschläge zu entwickeln, wie diese ohne größerenVerlust an Komfort und Behaglichkeit gesenkt werden könnten. Bei der Bearbeitung desProblems können u.a. Informationen im Internet zu Energiefragen im Haushalt alswichtige Informationsquellen dienen. Unter Umständen kann ein Computerprogramm notwendigeBerechnungen erleichtern.• Ein Entscheidungsfall ist z. B. gegeben, wenn Schülerinnen und Schüler sich in die Situationeiner Regierungskommission in einem Staat versetzen sollen, dessen soziale, politischeund ökologische Lage relativ desolat ist. Aufgabe ist es, Entscheidungen zu fällen,z. B. zu notwendigen staatlichen Maßnahmen, die möglichst den Zustand des Staats verbessernsollen. Als Entscheidungshilfe kann unter Umständen ein Simulationsprogrammgenutzt werden.• Eine Gestaltungsaufgabe liegt z. B. vor, wenn sich eine Schülergruppe entschließt, einemultimediale Homepage für ihre Schule zu produzieren. Vorliegende Homepages könnendafür zunächst als Gegenstand der Analyse und als Anregung dienen, ehe eine eigeneHomepage erstellt wird.• Eine Beurteilungsaufgabe besteht z. B. darin, Formen der Telearbeit zunächst mit Netzunterstützungzu erproben und auf dieser Basis in eine Analyse und Kritik aus sozialerund gesellschaftlicher Perspektive einzutreten. Diskussionsforen im Netz können genutztwerden, um Stellungnahmen auszutauschen und neue Argumente kennen zu lernen (vgl.Peters 1997).Aufgaben dieser Art bieten die Chance, die jeweilige Informationsfülle unter spezifischenAspekten der Aufgabenstellung zu strukturieren und für die Aufgabenlösung nutzbar zu machen.Solche Aufgaben sind für Lernende insbesondere dann lern- und entwicklungsfördernd,wenn sie erstens auf ein Bedürfnis bezogen werden können und damit Bedeutsamkeit für die- 3 -


Lernenden erlangen und zweitens einen Neuigkeitswert für die Lernenden besitzen - alsonicht mit vorhandenen Kenntnissen gelöst werden können - zugleich aber die Chance aufihre Bewältigung bieten, d.h. einen angemessenen Schwierigkeitsgrad aufweisen. Aus didaktischerSicht ist es darüber hinaus wünschenswert, dass die Aufgaben es ermöglichen, einenLerninhalt exemplarisch zu erschließen und in orientierendes Lernen einzumünden, sodasseinerseits - angesichts der Vielfältigkeit von Informationen - eine angemessene Tiefe derAuseinandersetzung erreicht wird und andererseits eine ordnende Übersicht entstehen kann.Damit stellt sich die erweiternde Frage, wie Lehr- und Lernprozesse - ausgehend von einergeeigneten Aufgabenstellung - gestaltet werden sollten (vgl. dazu Tulodziecki 1996).Wichtig ist zunächst, dass Lernende im Zusammenhang mit der Aufgabenstellung zu eigenenLösungsvorschlägen angeregt werden, damit sie einerseits vorhandene Kenntnisse undkognitive Strukturen aktivieren und gleichzeitig erkennen, was sie zur Aufgabenlösung nochlernen müssen.In einer folgenden Phase geht es um die ausdrückliche Vereinbarung von Zielen und dieVerständigung über das Vorgehen zur Erarbeitung des notwendigen Wissens. Solche Überlegungensind für die Entwicklung von selbstständigem und selbstbestimmtem Lernen, wiees gerade in der Informationsgesellschaft gefordert wird, von besonderer Wichtigkeit.Darüber hinaus soll die Verständigung über das Vorgehen zu dem ebenfalls bedeutsamenMethodenbewusstsein beitragen.Eine anschließende Phase sollte in einer kooperativen Erarbeitung von Informationen bzw.Grundlagen für die Aufgabenlösung bestehen. Dabei können insbesondere Medien als Informationsquellegenutzt sowie eine gezielte Informationssuche und Informationsstrukturierungangeregt werden.Die so erarbeiteten Informationen sind danach für die Aufgabenlösung im Sinne einer selbstständigenProblemlösung, Entscheidung, Gestaltung oder Beurteilung einzusetzen, sodasssich die Einsicht und Fähigkeit ausbildet, Informationen und Informationsquellen hinsichtlichihres Wertes für Problemlösungen, für Entscheidungsfindungen, für Gestaltungen und begründeteBeurteilungen einzuschätzen bzw. zu bewerten.An Phasen dieser Art sollte sich ein Vergleich verschiedener Lösungen und Vorgehensweisensowie eine Zusammenfassung bzw. Systematisierung des Gelernten anschließen:zum einen, um ein Denken in Alternativen zu Grunde zu legen, und zum anderen, umgedankliche Strukturen zu entwickeln, durch die das Wissen geordnet wird.Die Bearbeitung von Anwendungsaufgaben sollte dann zur weiteren Konsolidierung undFlexibilisierung des Wissens und Könnens dienen.In einer abschließenden Phase lassen sich erweiternde inhaltliche Fragen, Handlungskonsequenzenund einordnende Überlegungen im Sinne einer übergreifenden Orientierung und Integrationdes Gelernten thematisieren. Darüber hinaus geht es um die Reflexion und Bewertungder Lernwege, damit die Selbständigkeit des Lernens weiter gefördert wird.Wichtig ist in unserem Zusammenhang, dass über die bloße Medienverwendung infachlichen und fachübergreifenden Unterrichtseinheiten hinaus die Medien genutzten Medienselbst thematisiert werden. Dies kann u.a. durch Fragen folgender Art geschehen (vgl. auchSpanhel/ Kleber 1996), z. B.:- 4 -


a) Wie wurden die Inhalte im Rahmen der Unterrichtseinheit erfahren bzw. präsentiert?b) Welche Möglichkeiten und Grenzen waren mit den Erfahrungsformen bzw. der Nutzungder medialen Angebote verbunden?c) In welcher Form wurden Beiträge der Lernenden dargestellt bzw. ausgedrückt?Welche Möglichkeiten und Begrenzungen waren dafür bedeutsam?d) Welche Einflüsse gingen von den benutzten Medien auf die Lernprozesse oder Lernergebnisseaus? Wodurch waren sie bedingt? Wie sind die Einflüsse zu beurteilen?Bei einer solchen Auseinandersetzung mit Problemen, Entscheidungsfällen, BeurteilungsundGestaltungsaufgaben können zugleich Computer Netze werden, um neue Formen derMedienverbreitung, der Kommunikation oder der Kooperation zu erproben. Beispielsweisekönnen – wie bereits angedeutet - bei dem oben skizzierten Projekt zur Telearbeit Computernetzefür die Simulation von Telearbeit genutzt und anschließend verschiedene Beiträgein einen Gedankenaustausch im Rahmen von Diskussionsforen eingebracht werden.Weitere Kommunikationsformen, für die sich das Netz nutzen lässt, sind die gezielte Informationsanforderungund -hilfe bei besonders kompetenten Partnerschulen, die parallel-vergleichendeBearbeitung eines Themas mit einer Partnerklasse, z. B. zur Erforschung der Umweltsituationin verschiedenen Regionen, und die gemeinsame Planung und Gestaltung verschiedenerAktionen, z. B. die netzgestützte Entwicklung eines gemeinsamen Umweltmagazins.Auch bei der Nutzung von Computernetzen würde es jeweils darum gehen, die Vorzüge undGrenzen der verschiedenen Kommunikations- und Arbeitsformen zu reflektieren. Die damitzusammenhängenden Überlegungen sollen im Folgenden systematisch entfaltet werden.2 Medienkompetenz im Rahmen von Erziehungs- und Bildungsaufgaben imMedienbereichUm heutige und zukünftige Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Medienzusammenhangherauszuarbeiten, liegt es nahe, zunächst einen kurzen Blick auf Entwicklungstendenzen imBereich medienpädagogischer Leitideen zu werfen.2.1 Leitideen zur MedienpädagogikBedeutsame Überlegungen zu Erziehungsaufgaben im Umgang mit Medien entwickeltensich schon zum Ende des 19. Jahrhunderts mit der massenhaften Verbreitung von Trivialliteraturund am Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Ausbreitung des Kinofilms.Als Reaktion auf die Entwicklung des Films ging bereits 1907 eine Kommission, die vomHamburger Lehrerverein eingesetzt worden war, der Frage nach: "Wie schützen wir dieKinder vor den schädlichen Einflüssen der Theater lebender Photographien?" Auf Grundeines von der Kommission vorgelegten Berichts fasste der Lehrerverein folgende Entschließung:"Da zur Zeit viele kinematographische Bilder (lebende Photographien) in ihrer Ausführungmangelhaft sind, das Hässliche, Verbildende und sittlich Gefährdende in ihnen überwiegt undviele Theaterräume billigen Anforderungen der Hygiene nicht genügen, halten wir den Besuchder Theater lebender Photographien für Kinder für gefährlich. Dem Besuch von Vorführungendieser Art hat die Schule erziehlich entgegenzuwirken." (Dannmeyer 1907, S. 38,zitiert nach Meyer 1978, S. 23).- 5 -


Die Sorge, dass Kinder und Jugendliche durch Filme in ihrer Entwicklung gefährdet werdenkönnten, und die Forderung, sie vor möglichen Verführungen durch die Medien zu schützen,gewann in der Folgezeit weiter an Bedeutung. Dies verwundert nicht, wenn man einmal einVerzeichnis der damals in Deutschland gelaufenen Filme aufschlägt und u.a. Filmtitel folgenderArt findet: „Irrgarten der Leidenschaften", „Saal der sieben Sünden", „Schamlose Seelen"und „Tragödie eines europäischen Rasseweibes" (vgl. Birett 1980). Die damals geführte Diskussionzeigt durchaus gewisse Parallelen zur heutigen Diskussion um Pornografie oderRassismus im Internet.Neben der Sorge um schädliche Einflüsse durch die Medien spielte allerdings auch schonzum Anfang des Jahrhunderts der Gedanke eine Rolle, geeignete Filme für Kinder und Jugendlichezu produzieren und sie an wertvolle Filme heranzuführen. So wurde schon 1907von dem bereits erwähnten Hamburger Lehrerverein außer der oben zitierten Entschließungfolgende Empfehlung ausgesprochen:"Technisch und inhaltlich einwandfreie kinematographische Darstellungen können ... ein ausgezeichnetesMittel der Belehrung und Unterhaltung sein. Eine Wendung zur besseren undedleren Ausnutzung des Kinematographen ist namentlich dadurch anzustreben, dass pädagogischund künstlerisch interessierte Kreise sich mit Großunternehmen dieser Industrie insEinvernehmen setzen, um sie zu guten, speziell für Kinder geeigneten Vorführungen in gesondertenKindervorstellungen zu ermuntern." (Dannmeyer 1907, S. 38 f., zitiert nach Meyer1978, S. 23).Auch dieser Teil der frühen Hamburger Entschließung verweist auf Parallelen zur heutigenDiskussion, insbesondere zu Bemühungen durch Private-Public-Partnership-Aktionen denKindern und Jugendlichen den Zugang zu bildungsrelevanten Netz- bzw. Multimediaangebotenzu ermöglichen.Insgesamt waren mit den Beschlüssen des Hamburger Lehrervereins schon früh wichtigeLeitideen der Medienpädagogik formuliert: Bewahrung vor Schädlichem und Pflege desWertvollen (vgl. Keilhacker/Keilhacker1955; Meyer 1978).Allerdings besteht bei diesen Leitideen die Gefahr, dass Kinder und Jugendliche nicht zueiner selbstständigen Auswahl und Bewertung von Medien gelangen. Deshalb wurde -insbesondere mit der Ausbreitung des Fernsehens in den 50er und 60er Jahren - dermündige Mediennutzer gefordert, der in der Lage ist, Programmangebote angemessen zuverstehen und zu nutzen, sowie selbstständig zu beurteilen und einzuordnen. Dabei wurdenMedien als wichtige Instrumente der Information und Aufklärung, Meinungsbildung undWerbung, der Kunst und Kultur aufgefasst (vgl. z. B. Kerstiens 1971). In diesem Sinne stelltder mündige Umgang mit Medien zur Förderung von Demokratie, Wirtschaft und Kultur eineweitere Leitidee der Medienpädagogik dar, die heute zum Teil im Begriff derMedienkompetenz dominant ist.Wäre Medienkompetenz auf diese Leitidee begrenzt, bliebe allerdings das Problemausgeblendet, dass Medien im gesellschaftlichen Zusammenhang zur Irreführung undManipulation missbraucht werden können. Historisch gesehen ist dieses Problem im Kontextder Studentenbewegung und neo-marxistischer Ansätze Ende der 60er Jahre bearbeitetworden. Dabei entwickelte sich die Zielvorstellung, Kinder und Jugendliche zu befähigen,Medien und ihre ideologische Prägung bzw. ihre gesellschaftlichen Bedingungen kritisch zuanalysieren und durch selbsterstellte Medien Öffentlichkeit für eigene Interessen und Bedürfnisseherzustellen (vgl. z. B. Holzer 1974). Ideologiekritik und Herstellung bzw. Produktion ei-- 6 -


gener Medien erweitern damit das Spektrum medienpädagogischer Leitideen und sind nachwie vor bedeutsam für Überlegungen zur Medienkompetenz.Die bisher dargestellten Leitideen basieren im Wesentlichen auf Annahmen zu der Frage"Was machen die Medien mit den Menschen?" Der so genannte Nutzenansatz führte zueiner Umkehrung dieser Sichtweise unter der Frage "Was machen die Menschen mit denMedien?" Auf dieser Grundlage kam in den 70er Jahren ins Bewusstsein, dass Mediennutzungals bedürfnisgesteuerte soziale Handlung aufzufassen ist. Kinder und Jugendliche wendensich den Medien mit ihren Bedürfnissen nach Sicherheit und Orientierung, nach Liebeund Zugehörigkeit sowie nach Achtung und Geltung zu und interpretieren die medialen Aussagenvor dem Hintergrund ihrer Kenntnisse, Einstellungen und sozialen Bedingungen. Ingleicher Weise gilt für die Herstellung eigener Medien, dass sie auf der Basis individuellerund sozialer Voraussetzungen als Mittel der Kommunikation zu deuten sind. Medienverwendungals sinnvolle Nutzung vorhandener Medienangebote und als eigene Herstellung vonMedien im Sinne sozialen Handelns und kommunikativer Kompetenz ist demgemäss eineweitere wichtige Leitidee der Medienpädagogik. In diesem Kontext ist im Übrigen auch derBegriff der Medienkompetenz entstanden (vgl. Baacke 1992). Aber nicht nur die zuletzt genannteLeitidee, sondern auch die zuvor skizzierten Leitideen markieren Perspektiven, diebis heute in der Diskussion um Medienkompetenz bedeutsam sind - selbst wenn sie nichtunter dem später entstandenen Stichwort Medienkompetenz entwickelt wurden.2.2 Medienkompetenz im Aspekt medienpädagogischer AufgabenWertet man zusammenfassend das bisherige Erziehungs- und Bildungsdenken zu Medienfragenunter Berücksichtigung gegenwärtiger und zukünftiger Problemlagen aus, so lässtsich für die Medienpädagogik - unter Berücksichtigung des oben angesprochenen generellenErziehungs- und Bildungsauftrags der Schule - das Folgende allgemeine Ziel formulieren:Kinder und Jugendliche sollen Kenntnisse und Einsichten, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben,die ihnen ein sachgerechtes und selbstbestimmtes, kreatives und sozialverantwortlichesHandeln in einer von Medien durchdrungenen Welt ermöglichen (vgl. Tulodziecki1997).Für den Begriff der Medienkompetenz bedeutet dies zunächst, dass er Handlungskompetenzenin zwei Zusammenhängen umfasst:• im Zusammenhang der Nutzung vorhandener Medienangebote, z. B. der Auswertung vonInformationen zu ökologischen, ökonomischen, naturwissenschaftlichen oder politischenFragen im Internet,• im Zusammenhang der eigenen Gestaltung medialer Aussagen, z. B. der eigenen Erstellungeiner Homepage oder der Gestaltung einer Schülerzeitung im Internet.Solche Handlungskompetenzen erfordern im Sinne eines sachgerechten, selbstbestimmten,kreativen und sozialverantwortlichen Handelns Kenntnisse und Verstehen sowie AnalyseundUrteilsfähigkeit in drei inhaltlichen Bereichen:• im Bereich der Gestaltungsmöglichkeiten, die in Medien Verwendung finden: vom realitätsnahenBild des Kölner Doms bis zur abstrakten Darstellung der Bevölkerungsentwicklungauf unseren Planeten, von der sprachlichen Darstellung von Problemen derSteuerreform bis zum Smilie, der bei der schriftlichen Kommunikation im Netz verwendetwird, um Freude auszudrücken,- 7 -


• im Bereich der Nutzungsvoraussetzungen und -wirkungen von Medien: von individuellenEinflüssen auf Gefühle, Vorstellungen und Verhaltensorientierungen bis zur Bedeutungder Massen- und Individualkommunikation für die öffentliche Meinungs- und die politischeWillensbildung und• im Bereich der Bedingungen von Medienproduktion und -verbreitung: von technischenVoraussetzungen für die eigene Nutzung von E-Mail über Datenschutzbestimmungen biszu wirtschaftlichen Interessen der Computerindustrie und der Netzprovider bzw. derdahinter stehenden Konzerne.Vor dem Hintergrund dieser Handlungs- und Inhaltsbereiche lässt sich Medienkompetenzbeschreiben als die Fähigkeit:• Medienangebote sinnvoll auszuwählen und zu nutzen,• eigene Medien zu gestalten und zu verbreiten,• Mediengestaltungen zu verstehen und zu bewerten,• Medieneinflüsse zu erkennen und aufzuarbeiten,• Bedingungen der Medienproduktion und -verbreitung zu durchschauen und zu beurteilen.Aus einem solchen Verständnis von Medienkompetenz ergeben sich für die Schule fünfAufgabenbereiche. Dabei gehe ich von der Position aus, dass Fragen der Medienkompetenznicht auf die Auseinandersetzung mit Computernetzen bzw. Multimedia beschränkt werdendürfen. Vielmehr muss in die Überlegungen zur Medienkompetenz das gesamte Medienspektrum- von den Printmedien über die audiovisuellen Medien bis zur Telekommunikation -einbezogen werden. Diese Forderung ist nicht zuletzt auch deshalb nahe liegend, weil dieHäufigkeit der Nutzung von Fernsehen und Musikangeboten bei Kindern und Jugendlichennach wie vor deutlich höher liegt als etwa die Häufigkeit des Surfens im Internet bzw. derComputernutzung. Dennoch soll im Folgenden - angesichts der neueren Entwicklungen - derHauptakzent bei der Frage von Multimedia und Computernetzen liegen. In diesem Sinnewerden die oben genannten fünf Aufgabenbereiche im Folgenden beschrieben:Medienangebote auswählen und nutzen:In diesem Aufgabenbereich sollen Kinder und Jugendliche lernen, Medienangebote d.h.,mediale Produkte, Werkzeuge und Kommunikationsdienste, bewusst im Sinne verschiedenerFunktionen zu nutzen. Ein mediales Produkt kann z. B. ein im Netz angebotener Zeitungsartikelaus der Times sein, ein Werkzeug, z. B. eine Suchmaschine, und ein Kommunikationsdienst,z. B. ein angebotener Online-Chat mit einem Politiker oder einer Ministerin. AlsVoraussetzung für eine reflektierte Auswahl und Nutzung sollen Kinder und Jugendlicheunterschiedliche Medienangebote funktionsbezogen vergleichen und gegebenenfalls auchnicht-mediale Handlungsmöglichkeiten, z. B. Erkundungen in der Realität, in Betracht ziehenbzw. abwägen.Als Funktionen für die Medienauswahl und -nutzung kann man z. B. nennen: Unterhaltung,Information, Lernen, Spielen, Simulation, Telekommunikation und Telekooperation.Beispielsweise kann man ein unterrichtlich relevantes und für Kinder und Jugendlicheinteressantes Thema - vielleicht auch aus einem Projektzusammenhang oder einemSituationsbezug heraus - absprechen und dazu Informationen aus verschiedenen medialenAngeboten nutzen. Plant eine Klasse z. B. eine Fahrt nach England, können verschiedeneInformationsquellen - vom Buch über den Hörfunk und das Fernsehen bis zur CD-ROM undzu Netzinformationen - herangezogen werden, um die Klassenfahrt vorzubereiten. Suchma-- 8 -


schinen und Suchstrategien können erprobt und die Glaubwürdigkeit der Quellen diskutiertwerden. Die Vorzüge und Grenzen der einzelnen Medienarten als Informationsquellen ließensich anschließend ins Bewusstsein heben und reflektieren.Gestalten und Verbreiten eigener Medienbeiträge:Kinder und Jugendliche sollen im Rahmen dieses Aufgabenbereiches lernen, eigene Aussagenmedial zu vermitteln, d.h. eigene Medienbeiträge herzustellen und zu verbreiten. DieBeiträge können dabei eher dokumentarischer, fiktionaler, experimenteller oder instrumentellerArt sein. Als Voraussetzung dafür sollen sie in die Handhabung der entsprechenden Geräteeingeführt werden und ihre Gestaltungstechniken handelnd erfahren. Als Medienartenkommen generell Bilder/Fotos, Hörbeiträge, Druckerzeugnissen bzw. Schrift-Bild-Kombinationen(z. B. Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren, Plakate), Videobeiträge und Computeranwendungenin Betracht.Ein typisches Beispiel sind Zeitungsprojekte. Sie waren im Rahmen der Medienerziehungsowie der Informationstechnischen Grundbildung stets wichtige Bausteine und erlauben denSchülerinnen und Schülern Erfahrungen beim journalistischen Schreiben sowie die Herstellungvon Öffentlichkeit für eigene Themen. Das Netz bietet darüber hinaus eine neue Möglichkeitder Verbreitung. So verweist der Deutsche Bildungsserver allein auf eine Fülle verschiedenerSchülerzeitungen, von denen einige auch online abgerufen werden können. DieZeitungsnamen reichen von „Abacus“ über „Blitzableiter“ und „Tarantel“ bis „Strebergarten“.Andere Titel sind „Auspuff“, „bravda“, „Engelsblatt“ und „Zyankali“.Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen:Kinder sollen im Rahmen dieses Aufgabenbereiches lernen, Mediengestaltungen angemessenzu verstehen und zu bewerten. Als Voraussetzung dafür sollen sie mediale Gestaltungsmittelvon Schrift, Bild und Ton (die „Sprache der Medien“) kennen lernen, Mediendarstellungenals vermittelte oder inszenierte Botschaften erfahren und Unterscheidungsfähigkeitbezogen auf verschiedene mediale Gestaltungsabsichten erlangen. Als medialeGestaltungsmittel sind vor allem Darstellungsformen (z. B. Bild, Grafik, Film, Zeichentrick,schriftlicher oder gesprochener Text, Tonaufzeichnungen), Gestaltungstechniken (z. B. Überschriftenbeim Text, Tonmischung bei Tonaufzeichnungen oder Kameratechniken undMontagen beim Film) sowie Gestaltungsarten (z. B. Hörszene, Zeitungsartikel, Videoclip) zunennen. Als Gestaltungsabsichten können z. B. Information, Aufklärung, Unterhaltung,Werbung oder Manipulation bedeutsam sein.Beispielsweise ist es denkbar, sich mit den Jugendlichen auf ein bestimmtes Thema zu verständigen,z. B. „Freundschaft und Partnerschaft“ oder „Ausreißen und Heimkommen“, undsie anzuregen, in Gruppen mediale Umsetzungen zu leisten, z. B. als Comic, Hörspiel,Videoclips oder als Hypertext oder auch in Form eines moderierten Diskussionsforums imNetz. Die verschiedenen medialen Gestaltungen können dann hinsichtlich ihrer technischenRahmenbedingungen, Darstellungsformen und Gestaltungstechniken sowie ihrer Verbreitungsmöglichkeitenverglichen und bewertet werden.Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinflüssen:Die Kinder sollen sich im Rahmen dieses Aufgabenbereichs bewusst machen, dass vonMedien Einflüsse auf sie selbst und auf andere ausgehen. Sie sollen in der Lage sein, solcheEinflüsse zu erkennen, auszudrücken und angemessen einzuordnen bzw. aufzuarbeiten. Indiesem Zusammenhang sollen sie mediale Gestaltungsmerkmale, die mit bestimmten Wir-- 9 -


kungen verbunden sind, durchschauen und zwischen medialer Darstellung und Realitätunterscheiden.Die Medieneinflüsse können sich auf Gefühle, z. B. Vergnügen, Schadenfreude oder Angst,auf Vorstellungen, z. B. angemessene oder irreführende Annahmen, auf Verhaltensorientierungen,z. B. prosoziale oder aggressive Konfliktlösemuster, auf Wertorientierungen, z. B.Konsum- oder Leistungsorientierung, sowie auf soziale Zusammenhänge, z. B. Einflüsse aufFamilie und Gesellschaft, beziehen.Beispielsweise ist es wichtig, Konfliktlösemuster, wie sie in vielen Medienangeboten – vomFortsetzungsroman in der Zeitung über Fernsehserien und –filme bis zum Computerspielpräsentiert werden –, zu thematisieren, hinsichtlich der damit verbundenen Verhaltensorientierungenbewusst zu machen und über alternative Konfliktlösemuster nachzudenken(vgl. Tulodziecki u.a. 1995).Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung:In diesem Aufgabenbereich soll gelernt werden, ökonomische, rechtliche, organisationsbezogenesowie weitere institutionelle und politische bzw. gesellschaftliche Bedingungen derMedienproduktion und Medienverbreitung zu durchschauen und zu beurteilen. EntsprechendeBedingungen können am Beispiel von Printmedien, Rundfunkangeboten, Musikangeboten,Computeranwendungen und politischen Informationen behandelt werden.Ein Zugang zu entsprechenden Fragen kann z. B. dadurch erreicht werden, dassJugendliche angeregt werden, sich einmal in die Situation einer Nachrichtenredaktion zuversetzen und aus einer Fülle von Meldungen für einen bestimmten Tag die Meldungenherauszusuchen, die sie in der Rolle von Redakteuren als Topmeldungen präsentierenwürden. Für das weitere Vorgehen können „Redaktionsgruppen“ für unterschiedliche Mediengebildet bzw. simuliert werden, z. B. für eine Abonnements-Tageszeitung und eineStraßenverkaufszeitung, für einen öffentlich-rechtlichen und einen privaten Hörfunksender,für eine öffentlich-rechtliche und eine private Fernsehanstalt sowie für eineNachrichtenpräsentation im Netz. Im Hinblick auf begründete Entscheidungen zu denTopmeldungen und zu ihrer Präsentation sollten die Jugendlichen zunächst überlegen bzw.erarbeiten, welche technischen und ökonomischen Bedingungen für dieNachrichtenpräsentation in den unterschiedlichen Medien bestehen. Werden die technischenund ökonomischen Bedingungen bei der Auswahl der Nachrichten und ihrer Präsentationbedacht, zeigen sich bei den Entscheidungen der einzelnen „Redaktionsgruppen“ sehrschnell Unterschiede. Diese können sich auf die Auswahl selbst, z. B. auf denSensationsgehalt der gewählten Topmeldungen, auf die Anordnung, z. B. auf dieReihenfolge und die Platzierung, auf die Gestaltung, z. B. auf Bilder und Überschriften, sowieauf den Umfang der Nachrichtenpräsentation beziehen. Die Unterschiede können dann zueiner vertiefenden Reflexion über ökonomische, technische und gegebenenfalls weitereinstitutionelle Bedingungen der Nachrichtenproduktion und -verbreitung führen. Die Reflexionsollte in Überlegungen zur Bedeutung entsprechender Bedingungen für die politischeMeinungsbildung und für eigene Handlungskonsequenzen einmünden.Es stellt sich die Frage, wie die oben beschriebenen Formen der Medienverwendung sowiedie angesprochenen Erziehungs- und Bildungsaufgaben in den schulischen Zusammenhangeingebettet und verankert werden können.- 10 -


3 Gestaltung medienpädagogischer Konzepte in der SchuleFür eine kontinuierliche medienpädagogische Arbeit in der Schule ist es - neben einer durchgängigenVerwendung von Medien für Lehren und Lernen - wichtig, dass die verschiedenenmedienpädagogischen Aktivitäten nicht als einmalige und isolierte Aktionen gelten, sondernin einen medienpädagogischen Rahmen gestellt werden (vgl. Tulodziecki u.a. 1995). Die Erarbeitungeines entsprechenden medienpädagogischen Konzepts kann dabei als wichtigeVoraussetzung für eine dauerhafte Verankerung in der Schule gelten.Für die Erarbeitung eines medienpädagogischen Konzepts in der Schule müssen zunächstzwei Bedingungen beachtet werden:• Es gibt keinen eigenen Lernbereich Medienbildung. Medienpädagogische Projekte undUnterrichtseinheiten müssen demnach entweder in Sondersituationen, z. B. in Projektwochen,oder im Kontext des Fachunterrichts durchgeführt werden.• Die Schule ist - neben der Fächerstruktur - wesentlich durch ihre Jahrgangsorientierunggeprägt.Diese beiden Bedingungen legen es nahe, medienpädagogische Konzepte für Schulen inAbstimmung verschiedener Aktivitäten schrittweise zu entwickeln.Dazu sollte sich in der Schule eine Kerngruppe von mehreren Lehrerinnen und Lehrernbilden, die sich zunächst mit der Frage auseinander setzt, wie ein inhaltlicher Rahmen für dieMedienpädagogik aussehen könnte. Insbesondere sollte so die Frage in den Mittelpunktrücken, welche Erziehungs- und Bildungsaufgaben eine Schule wahrnehmen muss, um ihrenDarstellung 1:Ausschnitt aus einer möglichen Bestandsaufnahme zu medienpädagogischen Aktivitäten ineiner Schule der Sekundarstufe IProjekt/UnterrichtseinheitFach/FächerJahr-GangsstufeMedienbezügeAuswählenundNutzen vonMedienangebotenGestaltenundVerbreitenvon MedienbeiträgenVerstehenundBewertenvon MediengestaltungenErkennenundAufarbeitenvon MedieneinflüssenDurchschauenundBeurteilenvonBedingungen5 SchöneReisezielein DeutschlandGeographieKatalog,Fernsehen,Zeitung,Zeitschrift,InternetNutzenVerschiedenerInformationsquellenKameratechnikenzur Bildgestaltung,ÜberschriftenzurTextgestaltungBeeinflussungdurchBild- undTextgestaltung6 Geschichtenin Wortund BildDeutsch,KunstFotografie,Computer,FotoromanEigene Gestaltungvon Fotogeschichtenmit Hilfe vonComputernKameratechnikenbei Fotos,Merkmalevon Erzählungen7 Ein MarkttagimMittelalterGesellschaftslehreBuch,CD-ROM,Internet,VideoNutzen vonBüchern,CD-ROMsund Internetzur InformationEigeneGestaltungvon VideoszenenzumMarkt imMittelalterKameratechnikenund Inszenierung- 11 -


Schülerinnen und Schülern ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozialverantwortlichesHandeln im Medienzusammenhang zu ermöglichen. Die Lehrergruppe kann sichdabei für einen systematischen Zugang entscheiden und die oben beschriebenen fünfAufgabenbereiche als Orientierungspunkte für die medienpädagogische Arbeit wählen.Diese Aufgabenbereiche können helfen, die Medienarbeit in der Schule zu strukturieren.Die in der Schule gebildete Kerngruppe sollte versuchen, in Zusammenarbeit mit weiterenLehrerinnen und Lehrern die skizzierten Aufgabenbereiche durch verschiedene Unterrichtseinheitenund Projekte umzusetzen. Dazu ist es wichtig, dass die Kerngruppe von vornhereinmit der ausdrücklichen Unterstützung der Schulleitung und auf der Basis einer wohlwollendenBegleitung durch das Kollegium arbeitet. Auf einer solchen Grundlage sollte die Kerngruppeeine Bestandsaufnahme zu den in der Schule vorhandenen medienpädagogischenAktivitäten durchführen und diese auswerten. Das Ergebnis einer entsprechenden Bestandsaufnahmekönnte beispielsweise in Teilen so aussehen, wie es Darstellung 1 zeigt (vgl. dazuTulodziecki/ Möller u.a. 1998).Im nächsten Schritt können - u.U. mit externer Beratung, z. B. durch eine kommunaleBildstelle - medienpädagogische Unterrichtseinheiten und Projekte mit medienerzieherischenAkzenten für das kommende Schuljahr geplant werden. Dafür sollten folgende Grundsätzegelten:• Die medienpädagogischen Aktivitäten sollen als kontinuierlicher Prozess überverschiedene Jahrgangsstufen unter Beteiligung verschiedener Fächer oder Lernbereichekonzipiert werden.• Die fünf Aufgabenbereiche sollen in aufbauender Form - u.U. gegliedert nach einzelnenTeilaufgaben bearbeitet werden.• Die medienpädagogischen Aktivitäten sollen das gesamte Medienspektrum - vom Buchbis zu den neuen Medien - beachten und dabei die altersspezifische Mediennutzungsowie den jeweiligen Entwicklungsstand der Kinder berücksichtigen.• Die Nutzung von und die Auseinandersetzung mit bestimmten Medienangeboten soll zuexemplarischen Einsichten führen, die auch für andere Medien bedeutsam sind. Zugleichsollen kategoriale Einsichten erworben werden, die auch für zukünftige Entwicklungen derMedienlandschaft grundlegend sind.Wenn anhand der Grundsätze und unter Berücksichtigung der spezifischen Möglichkeitenein Plan für das kommende Schuljahr entwickelt wurde, ist es wichtig, sich - sofern nochnicht vorhanden - um eine geeignete technische Ausstattung zu bemühen. Des Weiterensind Qualifizierungsmaßnahmen notwendig (vgl. dazu auch Spanhel 1999 a/b).Wichtig ist, dass die jeweilige Schule die Entwicklung eines medienpädagogischen Konzeptsals kontinuierliche Aufgabe begreift. Deshalb sollten die - auf der Basis der Planung -durchgeführten Unterrichtseinheiten und Projekte jeweils dokumentiert und am Ende desSchuljahres ausgewertet werden. Unter erneuter Beachtung der obigen Grundsätze kanneine wietere Planung für das nächste Schuljahr vorgenommen werden. DerEntwicklungsprozess sollte so in ein medienpädagogisches Konzept - als Teil desSchulprofils bzw. Schulprogramms – einmünden (vgl. Tulodziecki u.a. 1995). EineKurzdarstellung eines Koordinierungsrahmens für die medienpädagogische Arbeit in einerGrundschule und in einer Schule der Sekundarstufe I als Bestandteil des Schulprofils oderSchulprogramms zeigt die Darstellung 2.- 12 -


29.11.2010 10:22Studie zur Medienkompetenz in Schulen: "Lehrer haben Angst vor Kontrollverlust"Wenn es um das Internet geht, leben Lehrer und Schüler häufig in verschiedenenWelten. Eine Studie der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien (LfM) über"Medienkompetenz in der Schule" hat gezeigt: Während Online-Netzwerke beiSchülern ungemein populär sind, sehen Lehrer die Nutzung von Facebook und Co.eher kritisch. "Dabei sollten Lehrer diese Angebote wahrnehmen und nicht verteufeln.Schließlich ist das Teil der Lebenswelt ihrer Schüler", so der Leiter der Studie, ProfessorAndreas Breiter, der dpa.Statt neue Medien aus dem Unterricht zu verbannen, sollten Lehrer versuchen, sie zuverstehen – gemeinsam mit ihren Schülern, meinte Breiter. Blogs und Wikisbeispielsweise haben der Studie zufolge 80 Prozent der befragten Lehrer noch nicht imUnterricht eingesetzt.Auch generell werden digitale Medien wie Internet, Beamer und Laptop nurunsystematisch in den Schulalltag integriert. "Heute ist es eher Zufall, ob und wiedigitale Medien in der Schule genutzt werden", sagte Breiter. 1400 Lehrkräfte anweiterführenden Schulen im Land hat er befragt. An sechs Schulen hat er intensiveInterviews mit Lehrern geführt. Dabei sei deutlich geworden, dass viele von ihnen imUnterricht lieber auf Altbewährtes setzten – häufig aus Angst vor dem Verlust derKontrolle.So nutzen zwar bereits über 70 Prozent der befragten Lehrer digitale Medien zur VorundNachbereitung ihres Unterrichts. Etwa die Hälfte setzt nach eigenen AngabenComputer-Projektoren (Beamer) für eigene Vorträge ein. Doch nur knapp 40 Prozentgeben an, auch ihre Schüler mindestens einmal im Monat mit neuen Medien arbeitenzu lassen. "Viele Lehrer sind unsicher und haben Angst vor dem Kontrollverlust in derKlasse", meint Breiter. So verfügten viele Schüler zumindest in Teilgebieten über mehrMedienkompetenzen und forderten damit gleichsam das Wissensmonopol der Lehrerheraus.Neben dieser Angst gaben viele Lehrer auch eine unzureichende Infrastruktur alsProblem an. "An manchen Schulen müssen Lehrer Beamer oder Computerräume soweit im Voraus buchen, dass ein spontaner Einsatz im Unterricht gar nicht möglich ist",sagte Breiter. Gerade in Bezug auf die Infrastruktur stehe Deutschland iminternationalen Vergleich noch recht schlecht dar.Nach Ansicht der Landesanstalt für Medien NRW zeigt die Studie zwar, dass dieNutzung digitaler Medien im Unterricht schon deutlich zugenommen hat. Doch müsstesie noch besser in den Schulalltag integriert werden. "Die Verbesserung der technischenRahmenbedingungen sowie die verstärkte Qualifizierung der Lehrkräfte sind hierfürwesentliche Voraussetzungen", sagte LfM-Direktor Jürgen Brautmeier.Noch eröffnen sich ganz andere Möglichkeiten: "Wenn ein Student will, kann er inseinem gesamten Studium und im Referendariat um die Arbeit mit neuen Medienherumkommen." (Annelen Geuking, dpa) /(heise.de)


Wie Werbung wirktWer nicht wirbt, der stirbt. Die Kehrseite dieser einfachen Wahrheit ist die Tatsache, dass esimmer mehr Werbung gibt und dass es immer schwieriger wird, sein Zielpublikum zuerreichen, dass die Werbeflut zu Verweigerung und Ablehnungserscheinungen derKonsumenten führt. Eine Studie von SDI-Research untersucht die Reaktionen undVerhaltensmuster der Konsumenten, und stellt Wege dar, welche Arten von Information undWerbung trotz Information- und Advertising-Overkill die Menschen erreichen.Werbung: Reaktionen auf den Information-OverkillDem Informationsüberfluss durch Angebotsvielfalt und Werbung wird mit unterschiedlichenStrategien begegnet. Einerseits wird immer mehr Wert darauf gelegt, möglichst keine wichtigeInformation zu versäumen, andererseits werden Eindrücke bewusst gefiltert undausgeschlossen, um aus diesem "Information Overkill" herauszufinden.Strategie 1 - Informationsüberfluss wird durch Aufnahmeverweigerung bekämpftLieber aufs Klo, als den nächsten Werbeblock sehen. Der Anteil jener, die sich durch dieInformationsüberflutung belastet fühlen, nimmt kontinuierlich zu. Als Konsequenz darauswerden Informationen konsequent ausgeblendet. 79% fühlen sich durch Informations- undWerbefülle bedrängt, 68% weichen Information und Werbung absichtlich aus (z.B. durchZappen bei TV- und Radioprogrammen, Wegwerfen von Werbematerial und Postsendungen,ohne diese gelesen zu haben), 31% durch absichtliche Reduktion des Informationskonsums.Strategie 2 - Informationsüberfluss wird mit Informationsvielfalt bekämpftDoppelt hält besser. Informationen werden immer öfter über mehrere Medien - sowohl überklassische Medien als auch immer häufiger per Internet - eingeholt.Frage: "Wenn Sie sich für ein Thema oder ein Produkt interessieren, wie bzw. wo informierenSie sich?"95% der Konsumenten verwenden 2 oder mehr Informationskanäle81% der Konsumenten verwenden 3 oder mehr Informationskanäle47% der Konsumenten verwenden 4 oder mehr InformationskanäleStrategie 3 - Informationsüberfluss wird mit Identifizierung beantwortetI'm loving it - Information, Werbung als Lebensinhalt und Ziel, als Wirklichkeit in der manlebt, aufgeht und sich glücklich fühlt - keine Angelegenheit der Werbung allein, sondernauch ein intellektuelles Phänomen. 65% sagen, dass es Werbung gibt, die einfach gefällt,54% gefällt diese Vielfalt des modernen Lebens und 32% sehen im medialen Life-Style einewillkommene Orientierung.Die Reaktion der Menschen auf die Informations- und Werbeflut ist gespalten: Einerseits fühltman sich schnell überlastet, andererseits aber wird sie als durchaus positiver Teil desmodernen Lebens anerkannt. Die Strategie dahinter: Was nicht gesehen wird, ist es nichtwert gesehen zu werden. Was öffentlich gesehen wird, ist es auch wert beachtet zu werden.


Die gelungene Herstellung von Öffentlichkeit als Zertifizierung von Qualität mit allem Fürund Wider - siehe Dieter Bohlens Verkaufserfolg seiner einschlägigen Lebenserfahrungen.Werbung - Was behalten wirdAngesichts der Werbungs-Overkills und der bereits sehr ausgeprägt ablehnenden Haltungweiter Konsumentenkreise stellt sich die Frage nach Präsentationsformen und Inhalten, diederlei Widerstände überwinden (oder zumindest umgehen). Eine ganzheitliche Betrachtungder Werberezeption erfordert mehr als die rein quantitative Messung von kurzfristigenReichweiten. Die Frage ist, was positiv aufgenommen, was behalten und was umgesetztwird.Die folgenden fünf Regeln bilden die Essenz dessen, was zu den empirischnachvollziehbaren Erfolgsfaktoren von Information und Werbung zählt.Advertisement - erfolgreiche Werbung unterhält67% jener, die sich vom Werbungs-Overkill bedrängt fühlen, stehen trotzdem Werbung mitWitz und Unterhaltungswert positiv gegenüber. Positiv behalten wird was unterhält. Werbungals abwechslungsreiche Unterhaltung im Alltagsrosa der dutzendfachen Einheitswerbungperfekt gestylter Wohn- und Badezimmer, Körper, Finanzpläne und Vorstadtgarten-Waschmittel-Idyllen. Werbung, mit der man lachen kann, erzeugt freundschaftlicheStimmung zu den beworbenen Produkten. Werbung, die unterhält, wird gerne und längererinnert. Werbung, die gute Laune macht, wird kommuniziert (siehe Autopoiese).Adverteasement - erfolgreiche Werbung überrascht85% nennen langweilige Spots als Hauptgrund für die Vermeidung von Werbeblöcken durchZappen oder andere Beschäftigungen zwischendurch. Im Strom der Zeit fällt nur auf, wasgegen den Strom schwimmt. Die Überschwemmung mit Informationen führt zu einerunbewussten und auch absichtlichen Ausblendung des Gewöhnlichen in Form einesMainstream-Musters. Wahrgenommen wird deshalb nur mehr, was außerhalb dieses Musterssteht. Ob Bennettons Plakat-Schocker oder die Mannerschnitten des Terminators, bemerktwird zunehmend nur mehr, was außerhalb des zu Erwartenden positioniert ist.Fraktale Redundanz - erfolgreiche Werbung wiederholt sich (nicht ganz)31% der Konsumenten finden Werbeschaltungen in Form von kleinen abgeschlossenenStories am einprägsamsten. Wer nach wie vor der Ansicht ist, dass häufige Wiederholungalleine ausreicht, um Aufmerksamkeit zu erregen, geht an der Realität der Werberezeption -und an der aktiven Informationsfilterung der Konsumenten - vorbei. Nicht durch die ständigeWiederholung ein und derselben Botschaft erreicht man das Wohlwollen der Konsumenten,sondern mit der fraktalen (=selbstähnlichen) Wiederholung der Botschaften ausunterschiedlichen Perspektiven, vor unterschiedlichen Hintergründen und überunterschiedliche Kanäle.Identybility - erfolgreiche Werbung schafft Identifikationsmuster


32% sehen in Werbung und Life-Style Magazinen eine positive Quelle der Information undOrientierung. Ja, es gibt sie noch zahlreich - jene Menschen, die sich durchaus mit denBildern der Werbung identifizieren können. Aber es sind dieselben Personen, die das Grosdes Werbeangebotes als absolut langweilig und als zuviel befinden. Wer Identifikationensucht, findet diese nicht in Pseudo-Alltagsgestalten, die uns langweilig die Vorteileirgendwelcher Naschereien aufzählen. Es muss aber auch nicht notwendigerweise AndréAgassi, Heidi Klum oder Hermann Maier sein.Autopoiese - für erfolgreiche Werbung werben die Beworbenen62% reden über Werbung, die ihnen ausnehmend gefällt mit anderen Personen. Die hoheSchule der Werbung ist jene Kunst, die Beworbenen für sich werben zu lassen. Werbung,über die man spricht, ist beworbene Werbung. Palmers war so lange erfolgreich, als seineWerbung noch ein Thema war - und nicht die x-te Wiederholung eines schon längst zumMainstream gewordenen Musters. Über Duplos Austauschstudent(in) aus Frankreich sprichtniemand freiwillig. Die Kommunikationskanäle der Autopoiese gehen mit der Zeit. DerAustausch von Videoclips herausragender Werbespots via E-Mail ist zum Volkssportgeworden. Und eine Werbemethode, die bislang noch niemand erkannt oder genutzt hat.(Quelle: sdi-research)


Mehr als 6.000 Werbekontakte pro Tag sollen wir wahrnehmen - die aktuelle IMK- StudieBerlin (ots) - Mehr als 6.000 Werbekontakte pro Tag sollen deutsche Konsumenten pro Kopfwahrnehmen. Das geht aus einer aktuellen Studie des IMK, Institut für Marketing undKommunikation hervor. Dabei hat das Institut sechs Regionen in Deutschland untersucht:Berlin, Hamburg, Ruhrgebiet, Köln/Düsseldorf, Frankfurt und München.Berlin führt dabei mit 6.400 Werbekontakten vor Hamburg (5.800), Köln/Düsseldorf (5.650),Frankfurt (5.300), München (5.250) und dem Ruhrgebiet (4.850). Gemessen wurden jeweilsdie angegebenen Zielgruppen (inkl. Überschneidungen) der klassischen Medien (wieZeitungen, TV, Radio, Plakat). Hinzu kamen Beobachtungen an verschiedenen Orten derStädte. Gemessen wurden hierbei Leuchtreklamen, Schaufenster, Aufklebern, Logos aufBekleidung, Tüten usw.In einer zweiten Stufe der Untersuchung wurden Passanten befragt an wie vieleWerbekontakte sie sich aus den letzten 24 Stunden bewußt erinnern können. Das waren inaller Regel nicht mehr als drei.(Quelle: dpa)


Mittels des folgenden Musikclips und dem 3Sat-Beitrag kann Medienwirkung und -kompetenz diskutiert werden:Justice "S.T.R.E.S.S".: http://www.youtube.com/watch?v=4sbxOlk-Z1EVergleiche auch Beitrag bei 3Sat Kulturzeit: http://www.youtube.com/watch?v=TSagp3q8Wg4Vergleiche den Film "La Haine"(1995): http://www.youtube.com/watch?v=q70QQj0KHwQ


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t1Kontrollverlust – Zum Zusammenhang modernerInformationstechnologien und medialer GewaltBianca Becker und Jennifer Eickelmann„Ich werde beobachtet, also bin ich.“Thomas LevinEinleitungIm Zeitalter des allgegenwärtigen Voyeurismus und der allgegenwärtigenObservation sowie Datendokumentation, etabliert sich ein systematischerKatalog einer ganzen Reihe technischer Hilfsmittel und Praktiken zur Ausübungvon Macht. Dabei prägt Überwachung unseren Alltag immer stärker,sowohl von „eher offensichtlichen Videoüberwachungskameras […] bis hinzu den hinterhältigeren (weil weitgehend unsichtbaren) Varianten digitalerInformationsdokumentation […], die heute unter dem Namen ‚Datenüberwachung’(dataveillance) geläufig sind und alles Mögliche umfassen […].“ 1Diese Datenüberwachung erstreckt sich von der Registrierung getätigter1 Levin, Thomas: Die Rhetorik der Überwachung. Angst vor Beobachtung in denzeitgenössischen Medien, in: Nach dem Film 3 (2001), S. 1-10, hier S. 1.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t2Einkäufe in Supermärkten über die Aufzeichnung von Daten bei der Handybenutzungbis hin zur Erstellung individueller Interessensprofile einzelnerInternet-Surfer. Werbekampagnen nutzen dabei die rapide Entwicklung aufdem Markt der ‚Menschheitsüberwachung‘ und bewerben Satelliten-Handy-Systeme mit dem polarisierenden Werbeslogan „Tracking a packageshouldn‘t be easier than tracking a person“ 2 . Hinsichtlich moderner elektronischerDatenüberwachung kristallisiert sich dabei eine Ambivalenz in Bezugauf die spezifischen Umgangsweisen postmoderner Subjekte 3 mit jenenÜberwachungsmechanismen heraus. Thomas Levin formuliert in „Die Rhetorikder Überwachung. Angst vor Beobachtung in den zeitgenössischen Medien“die These, dass Überwachung in zwei Richtungen funktioniere: „Wirsind ihr Objekt, aber wir selbst betreiben sie auch aktiv.“ 4 So bezeichnet erdie Möglichkeit der analytischen Trennung moderner Überwachungsmethodenund deren Rezeptions- sowie Wirkungsweisen. Während eingangs dieObjektivierung durch Überwachung im Sinne einer digitalen Informationsdokumentationdes verobjektivierten Subjekts zitiert wurde, soll nun eine demPhänomen der Überwachung adäquatere Perspektive eingenommen werden,indem eine weitere Analyseebene miteinbezogen wird. Es gilt also, diezwei ambivalenten Richtungsweisen moderner Überwachungsmedien zubeleuchten: Objektivierung der Überwachung, sowie Subjektivität der Überwachungim Sinne der Substitution des Descarte’schen ‚cogito‘ durch dieLogik ‚Ich werde beobachtet, also bin ich‘. Wir haben es also mit einer Doppeldeutigkeitzu tun, die sowohl Faszination, als auch Bedrohung verbindet.Die theoretischen Grundlagen dieser Erörterung basieren vor allem auf zweimedientheoretischen Ausführungen, die sich auf analytischer Ebene mitdem Phänomen moderner Überwachung beschäftigen. Hierbei lassen sichspezifische Subjekt-Objekt-Relationen herauskristallisieren, die in Hinblick2 Ebd., S. 3. Levin bezieht sich dabei auf eine Werbekampagne für das weltumspannendeSatelliten-Handy-System der Firma Iridium, die auf ihrer Homepagehttp://www.smartsat.com/de/ unter anderem das DRK, Mercedes-Benz, RWE und den WDRin ihrer Referenzliste aufzählen.3 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf diesen Aspekt näher eingegangen.4 Levin, Die Rhetorik der Überwachung, S.1.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t3auf moderne Kommunikations- und Überwachungssysteme zu problematisierensind. Dieser Aufsatz stellt den Versuch dar, die analytischen Erkenntnisseund Ergebnisse der Texte auf das zeitgenössische Thema„Handygewalt“ zu beziehen. Es erfolgt also ein Transfer der theoretischenProblematisierung, hin zu neuen, durch Handys eröffneten, technischenMöglichkeiten der Bildaufzeichnung und des Datenaustausches. Dabei werdendie durch die Autoren gespeisten analytischen Trennungen beibehalten,auch wenn sich zeigen wird, dass es sich dabei um idealtypische Aufspaltungenhandelt, die in der Realität durch starke wechselseitige Beeinflussungenund Vernetzungen unterminiert werden. Im Folgenden wenden wiruns zunächst der Wiedergabe des Status Quo auf dem Gebiet der modernenÜberwachungs- und Observationstechniken zu, bevor wir uns en détailmit der Problematisierung beider zuvor genannter Analyseebenen beschäftigen.Spezifika moderner ÜberwachungstechnologienIm Zuge der raschen technologischen Entwicklung, konkretisiert in Form vonInternet und anderen Datenproduktions- und Datentransfermedien, hat sichein spezifischer Umgang mit Bildern etabliert. Sie zirkulieren auf eine spezifischeArt und Weise in den Massenmedien und stellen somit einen erheblichenWirkungsfaktor in Bezug auf die Konstituierung der modernenGesellschaft und ihrer Subjekte dar. Vor allem ihr enormer Wirkungsgrad,der nicht zuletzt auf die Möglichkeit der Datenreproduktion zurückzuführenist, bildet dabei das Kernstück ihres Charakteristikums. Dabei bilden sichneue Strukturen der Interaktion heraus, die die Notwendigkeit der Face-to-Face-Kommunikation weitestgehend obsolet werden lassen 5 . Deleuze bezeichnetdieses Phänomen als „Deterritorialisierung der Kultur“ 6 . Hierbeilässt sich also von einer ‚Emanzipation der Medien‘ von ihrem ‚ursprünglichen‘Autor sprechen, die auf die letztendliche Ungerichtetheit moderner5 Maresch, Rudolf: Medien der Gewalt – Gewalt der Medien, in: Florian Rötzer (Hg.): VirtuelleWelten – reale Gewalt. Hannover 2003, S. 169-188, hier S. 171ff.6 Deleuze, Gilles, zit. nach Mark Poster: Medienphilosophie des Internet, in: Mike Sandbothe,Ludwig Nagl (Hg.): Systematische Medienphilosophie. Deutsche Zeitschrift für PhilosophieSonderband 7 (2005), S. 359-379, hier S. 359.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t4Medien verweist 7 . Somit befindet sich der Anspruch auf eine intentionaleZielgebundenheit moderner Medien in Auflösung und führt zu einem folgenreichenKontrollverlust. Die sich daraus ergebende Konsequenz lässt sichdemnach als eine Unterbrechung der Kausalitätenkette begreifen. Die ursprünglicheIntention und Botschaft des produktiven Subjektes, d.h. seinekonkrete Absicht und intendierte Aussage an potenzielle RezipientInnen,verflüchtigt sich im Kontext frei zirkulierender Bilder und Bedeutungen. Innerhalbdieser Kausalitätenkette haben wir es somit mit einer kontextspezifischenSinn- und Wertezuschreibung zu tun, die sich jeweils auf einenspezifischen normativen Rahmen bezieht. Dies bedeutet, dass die Thematisierungein und desselben Sachverhaltes in bestimmten sozialen Kontexten‚neue‘ Sinn- und Wertezuschreibung hervorbringt, also aus dem ‚ursprünglich‘intendierten Sinn- und Wertekontext herausgelöst wird und einer ‚neuen‘Einbettung unterliegt. Moderne Massenmedien zeichnen sich demnachdurch das Charakteristikum der ‚Dekontextualisierung‘ (Kontextualisierung,Herauslösung, Re-Kontextualisierung) aus. Dieser Sachverhalt lässt sichanhand von ausgewählten Beispielen medialer Repräsentationen im Folgendenexemplifizieren.Transformation des Objekts der Überwachung zum produktiven SubjektWie eingangs erläutert stellen hochentwickelte bildgebende Verfahren einenzentralen Aspekt in Bezug auf moderne Gesellschaften dar. Diese Gesellschaftenfunktionieren als Gesellschaften, in denen nichts ohne Bebilderungexistieren kann. Die in diesen Strukturen verorteten Subjekte bedienen sicheben dieser bildgebenden Verfahrenen, um ihre eigene Identität herzustellen,„[…] das postmoderne Subjekt akzeptiert die Macht der Institutionen oderdie Macht der Gesellschaft, seine Identität zu formen, nicht mehr und glaubtzuweilen an die Möglichkeit der Selbst-Schöpfung, vielleicht in der Form7 Vgl. Barthes, Roland: Tod des Autors, in: Fotis Jannidis, Gerhard Lauer, Mattias Martinez,Simone Winko (Hg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Ditzingen 2000, S. 185-193.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t5eines Spiels mit seiner sexuellen Identität oder indem es aus sich einKunstwerk macht.“ 8Insbesondere im Bereich der kulturellen Produktion, das heißt im Bereichder Populärkultur, findet sich eine Vielzahl beispielhafter Aufzeichnungen,die die These von Salecl hinsichtlich der Konstitution postmoderner Subjekteunterfüttern. So scheint die Popularität zahlreicher Internetplattformen, wiebeispielsweise YouTube, ein Ausdruck dieses Phänomens zu sein.Abb. 1: Web-Cam JuliaDer hier gezeigte Ausschnitt geht auf eine privat aufgezeichnete Web-Cam-Aufnahme zurück, die eine junge Frau bei der Absicht zeigt,lasziv und erotisch zu posieren. Moderne Internetportale ermöglichendem User nun, seine Selbstproduktionen 9 einer breiten Masse vonInternet-Usern zugängig zu machen. Dabei scheint es offenkundig einenZusammenhang zwischen identitätsstiftendem Potenzial und dem Ausmaßder öffentlichen Rezeption zu geben, bedenkt man, dass die Protagonistinim oben angeführten Beispiel aufgrund der großen Rezeption zu enormerPopularität, auch über die Grenzen des Internets hinaus, gelangt ist (im TVwird etwa ein entsprechender downloadbarer Videoklingelton beworben) 10 .Mediale Repräsentationen dienen in diesen Räumen der bewussten undgewollten Selbstdarstellung und der Identitätsstiftung. In Anknüpfung anSalecls These der postmodernen Subjektkonstitution lässt sich konstatieren,dass sich das Selbst nicht länger ausschließlich lebensweltlich erfährt unddefiniert, sondern medial repräsentiert wahrnimmt und Selbstkonstitutionzunehmend auf Basis von Bebilderungsmechanismen funktioniert.8 Salecl, Renata, zit. nach Winfried Pauleit: Videoüberwachung und postmoderne Subjekte. EinHypertext zu den Facetten einer zeitgenössischen Bildmaschine, in: Nach dem Film 3 (2001), S.12.9 Selbstproduktion im Sinne von selbst produziert und Selbst-Produktion im Sinne der Produktiondes Selbst.10 Für weitere Informationen vgl. http://www.webcamjulia.com/ (18.10.2008).


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t6Stellt die selbst produzierte Aufzeichnung von Webcam Julia den Versuchdes selbstschöpferischen Spiels mit der eigenen sexuellen Identität dar, soverweist das folgende Beispiel des „Björk-Stalkers“ Ricardo Lopez auf dasselbstschöpferische Potenzial, sich selbst als Kunstwerk zu inszenieren.Abb. 2: Web-Cam-Aufnahme des „Björk-Stalkers“ Ricardo LopezDas den Protagonisten bereits lebensweltlich charakterisierende undsein Selbst konstituierende ‚Fansein‘ wird medial aufgegriffen undinszeniert. Darüber hinaus fungiert die Aufzeichnung der Webcam alsintentionale und als gerichtet verstandene Botschaft an eine breiteÖffentlichkeit, die die Inszenierung unmittelbar in Zusammenhang mitseiner Identität in toto setzt. Ricardo Lopez filmt sich selbst während einerArt Abschiedsritual von seiner lebensweltlichen Existenz. Dabei inszeniert ersowohl seinen Körper und damit sich selbst (Nacktheit, Gesichtsbemalung),als auch sein Umfeld (Plakat, TV mit Björk-Video) und das Mordinstrument(Waffe). Die Inszenierung des Selbst vollzieht sich dabei selbst über denTod des Protagonisten (Autors 11 ) hinaus, was wiederum unmittelbar durchdie Möglichkeit der Datenreproduktion moderner Medien bedingt ist.Ursachenforschung I„[…] dieses Unbeobachtet-Sein würde ihn mit der Zeit mehr quälen, als dasBeobachtet-Sein vorher […]. Nicht mehr beobachtet, käme er sich nicht beachtenswert,nicht beachtenswert nicht geachtet, nicht geachtet bedeutungslos,bedeutungslos sinnlos vor, er würde, stellte er sich vor, in einehoffnungslose Depression geraten, […]. Die Menschen, würde er dannzwangsläufig folgern, litten unter dem Unbeobachtet-Sein wie er, auch siekämen sich unbeobachtet sinnlos vor.“ 1211 Tod des Protagonisten – Tod des Autors? Verdeutlicht dieses Beispiel nicht primär die eigentlichebzw. letztendliche Irrelevanz eines Autors im Sinne eines Urhebers?12 Dürrenmatt, Friedrich, zit. nach Levin, Die Rhetorik der Überwachung, S.8.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t7Wie kommt es nun, dass ‚postmoderne Subjekte‘ technische Dokumentationsverfahrennutzen, um ihre eigene Identität zu generieren? Folgt manLevin, so etabliert sich im Zuge der sich immer weiter ausbreitenden Aufzeichnungssystemeein neuer Umgang des Subjekts mit ÜberwachungsundVideosystemen. Nach Levin lässt sich das „Spektakel der Überwachung“13 gleichzeitig als Sichtbarmachen von Überwachung bezeichnen.Moderne Überwachung sei demnach allgegenwärtig und drücke sich insbesonderein der Überwachungskultur des Internets und TVs aus. Hier werdedie Erkennbarkeit und Identifizierbarkeit von Überwachung zu einem Aspektzeitgenössischer Populärkultur:„Anhand verschiedener Kunstgriffe […] wird dem mitfiebernden Publikumklar gemacht, dass man Überwachung durchaus erkennen und als solcheidentifizieren kann: Dies lindert die Angst vor einer unsichtbaren Überwachung,die sich unmöglich erkennen lässt und einem keinerlei Kontrollmöglichkeitenbietet […].“ 14Dies erkläre nun das Umsichgreifen von beispielsweise Web-Cams im Internetund Real-Life-Observationen im TV (z.B. Big Brother, The Real World).In Echtzeit aufgezeichnete Mitschnitte von Privatpersonen, sowohl an privaten,als auch an öffentlichen Schauplätzen seien Ausdruck einer neuenForm des Exhibitionismus, die„[…] eine direkte Antwort auf den Wildwuchs des Phänomens der Überwachungdarstellt. Das Objekt der Überwachung ist nämlich jetzt nicht mehrlänger das Opfer repressiver Bespitzelung, sondern befindet sich in einereigenartig wünschenswerten, ja sogar schmeichelhaften Position.“ 15Das Phänomen lässt sich als Wandel des ‚panoptischen Behaviorismus‘begreifen, in Anlehnung an das Bentham’sche Konstruktionsprinzip. JeremyBentham entwickelte das Modell des Panopticons Ende des 18. Jahrhunderts.Hintergrund dieses Konzepts ist der Utilitarismus und die Entwicklung13 Ebd., S.6.14 Ebd., S. 4.15 Ebd., S. 8.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t8eines ökonomisch sinnvollen und effizienten Konstruktionsprinzips. Bei demPanopticon handelt es sich um einen mehrstöckigen, zylindrischen Bau, derseine Anwendung in verschiedenen Institutionen wie Gefängnissen, Krankenhäusern,Fabriken oder Schulen findet. Am Rand befinden sich ‚Zellen’,die von hinten mit Licht durchflutet werden, so dass der ‚Zellinsasse’ eineroptimalen Sichtbarkeit ausgesetzt ist. In der Mitte befindet sich ein Turm,von welchem aus der Wärter jeden einzelnen ‚Zellinsassen’ sehen kann. DieKonstruktion des Turmes ist in Bezug auf die Funktionalität des Panopticonsvon entscheidender Bedeutung: Aufgrund von angebrachten Jalousien könnendie ‚Zellinsassen’ den Wärter nicht sehen. Die Konsequenz ist, dass die‚Zellinsassen’ eine Beobachtung nie ausschließen können, so dass sie permanentvon eben dieser ausgehen müssen. In der Konsequenz dieser permanentenMöglichkeit, beobachtet zu werden, liegt die eigentlicheEffektivität. Die ‚Insassen’ beugen sich automatisch, aufgrund der reinenMöglichkeit sanktioniert werden zu können, den institutionellen Regeln. 16Foucault hat in den 1970er Jahren den Wandel dieses Disziplinarprogrammsund die ‚neue Einbindung des Individuums‘ in eben diese Strukturen thematisiert17 . Die Allgegenwärtigkeit moderner Aufzeichnungssysteme bedingeeinen Wandel in Bezug auf die Disziplinierung des Subjekts. Die verblüffendeSituationsumwertung durch die Subjektivität der Überwachung verweistsomit unmittelbar auf die Identifikation mit dem Überwachungsapparat. Eslässt sich an dieser Stelle also von einer selbsthergestellten Subjektivität derÜberwachung sprechen, die dabei den Bedeutungsverlust lebensweltlicherEreignisse zur Folge hat. Im Zeitalter der Überwachung reichen also zwischenmenschlicheHandlungen (im Sinne von Face-to-Face-Kommunikation) allein nicht mehr aus, um ein Ereignis zu konstituieren. Derüberwachende Blick wird in der Postmoderne zu jenem Blick umgedeutet,der einem Ereignis erst den Status der Realität verleiht. Die Notwendigkeitder medialen Repräsentation, der Bebilderung, rückt also in den Vordergrundder Identitätsgenese.16 Ebd., S. 9.17 Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt a.M.1977, S. 251ff.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t9Objektivierung durch Überwachung – Verobjektivierung durchRe-KontextualisierungDie durch mediale Repräsentationen geschaffenen Subjekt-Objekt-Relationen sind a) nicht mehr bzw. nicht immer offensichtlich und b) nichtuneingeschränkt gültig, sondern immer nur temporär wirksam. So könnenselbstdarstellerische, das Selbst konstituierende Aufnahmen in ‚neuen‘ sozialenRäumen, Situationen und Feldern ihren Subjektstatus verlieren undzur Verobjektivierung des Subjekts führen, das sich plötzlich medialer Gewaltausgesetzt sieht. Als Beispiel für diesen Sachverhalt können die Schilderungenin einem Jugendzentrum in Köln angeführt werden. 18 Gegenstandder Auseinandersetzung ist ein unter 14-17-jährigen Jugendlichen in Umlaufgeratenes Handy-Video. Diese Aufnahme zeigt ein Mädchen mit drei Jungenbei sexuellen Akten. Die eigentliche Brisanz des Videos besteht jedoch inder Uneindeutigkeit des Materials. Die Aussagen über dieses Video zeichnensich durch enorme Widersprüche, sowohl seitens des Mädchens, alsauch seitens der Rezipierenden aus. Der Einschätzung der Pädagogin desJugendzentrums zufolge kursierte das Video bereits mehrere Wochen unterden Jugendlichen. Dabei habe das Mädchen selbst das Video an einenFreund geschickt. Dieser Zustand lässt vermuten, dass besagtes Videomaterialim Rahmen der ‚Freiwilligkeit’ produziert und weiterverbreitet wordenist. Unter Voraussetzung dieser Gegebenheiten fungiert das Video alsselbstdarstellerisches Material, welches im Rahmen der jugendlichen Rezipientenals solches aufgefasst und nicht problematisiert wird. Durch dieMöglichkeit der Datenreproduktion (Handy zu Handy: via Bluetooth, Handyzu PC: Video-Upload auf PC, PC zu Handy: Video-Download usw.) gelangtenun das Video über den Kreis der Jugendlichen hinaus zu befreundetenEltern des Mädchen und schließlich zu den Eltern des Mädchens selbst.Laut Aussage der Pädagogin bedingte dieser Umstand den eigentlichenLeidensdruck des Mädchens. Die Erkenntnis seitens des Mädchens, dassdas Video bereits über den Kreis der Jugendlichen hinaus verbreitet wurde,18 Haardt-Becker, Annette; Schulte, Simone: Der einzige Wunsch, den die hat, ist, dass dasVideo vernichtet wird. In: Innocence in Danger Sektion in Deutschland e.V. Bundesvereinzur Prävention von sexuellem Mißbrauch an Mädchen und Jungen e.V.: Mit einem Klickzum nächsten Kick. Aggression und sexuelle Gewalt im Cyberspace. Köln 2007.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t10führte bei dem Mädchen zu einem Nervenzusammenbruch. Die Pädagoginäußerte sich dazu: „Und dann habe ich von einer Freundin von ihr gehört,dass das wohl schon ein paar Monate her wäre. Ich dachte immer, ich hättedas relativ zeitnah erfahren, aber das stimmte gar nicht. Die ganze Problematiktrat hier erst auf, als das Video hier in der Straße auftauchte.“ 19 Andieser Stelle zeigt sich ganz deutlich, dass die De-Kontextualisierung, bzw.Re-Kontextualisierung in ‚neue‘ Bedeutungszusammenhänge (Freunde derFamilie und Familie des Mädchens) die vorherigen Subjekt-Objekt-Relationen modifiziert. Das produktive Mädchen, das sich in ‚ursprünglichen‘Sinn- und Wertezuschreibungen selbst als produktives Subjekt erfährt undinszeniert, wird nun in ‚neuen‘ Sinn- und Wertekontexten verobjektiviert undsieht sich medialer Gewalt ausgesetzt. Die Gewalt besteht hierbei also nichta priori, sondern vielmehr a posteriori in Abhängigkeit von den Sinn- undWertezuschreibungen einer spezifischen Rezipientengruppe.Ursachenforschung IIDie kontextspezifische Umdeutung der Subjekt-Objekt-Relationen lässt sichauf theoretischer Ebene mit dem Begriff des „Photographesomenon“ nachPauleit 20 erfassen und erläutern. Pauleit will mit dem Modell des „Photographesomenons“die strukturellen Spezifika moderner Videotechnik in Abgrenzungzur Fototechnik herausarbeiten. Die Bilder der Fotographie lassensich nach Pauleit als „latente Bilder“, als ‚Festlegung‘ eines raumzeitlichenAusschnitts bezeichnen. Fotographie bezeichnet die Gegenwartsform von„Licht schreiben“, es gibt eine „besondere Ereignisstruktur der Bildaufnahme“.Das Prinzip des Photographesomenons bezeichnet hingegen die nachträgliche,das heißt die in der Zukunft verortete Sinnzuschreibung. Erentwickelt diesen Sachverhalt in Anlehnung an kontinuierlich aufzeichnendeVideosysteme, denen keine spezifische Ereignisstruktur zugrunde liegt,sondern die, bei Bedarf, erst zukünftig konstruiert wird. Ein konkretes raumzeitlichesGefüge kann lediglich als nachträglich verfügbare Bildspur ver-19 Ebd., S. 38f.20 Pauleit, Videoüberwachung und postmoderne Subjekte, S.3ff.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t11doppelt werden. Der leere Blick der Kamera schafft durch die zeit- undraumumfassende Konservierung der (potentiellen) Ereignisse die Möglichkeitder Re-Konstruktion einer zweiten Wirklichkeit: „Videokameras werdendazu als Verbundsystem aufgestellt und ihre Bilder überlagern die Wirklichkeitfür den Fall, dass …“. 21 Diese Bildproduktion ist dabei auf ein Futur IIgerichtet, das heißt „es handelt sich um eine Bildauffassung, die über eineZeitschleife funktioniert […].“ 22 Das Photographesomenon bezeichnet demnachdie Zukunftsform des Futurs II im Sinne von „Es-wird-Lichtgeschrieben-worden-sein“.Trotz des von Pauleit beschriebenen leeren und unintentionalen Blicks derVideoüberwachungssysteme kann das Modell des Photographesomenonsebenso auf intentional gerichtete Medien, wie beispielsweise Handyaufzeichnungen,angewendet werden. Bei Handyaufzeichnungen kann mannicht von einem leeren Blick der Kamera sprechen, da die Herstellung ebenjener Aufzeichnungen auf Interaktionspartner angewiesen ist, die bereitswährend der Erstellung des Videomaterials eine spezielle Ereignisstrukturfesthalten. Dennoch lässt sich auch in diesem Zusammenhang von der Konstitutioneines Futurs II sprechen, berücksichtigt man die Verobjektivierungvon Subjekten durch die Einbettung in ‚neue‘ Sinn- und Wertekontexte (sieheBeispiel Jugendzentrum). Hierbei bedingt die Rekonstruktion der Ereignissedie Entstehung einer zweiten Wirklichkeit: Die bereits vergangenenEreignisse werden durch erneutes Abspielen des Videomaterials in die Gegenwarttransportiert und bedürfen hier, unter Berücksichtigung der gegenwärtigenSinnstrukturen, einer neuen Einbettung und Kontextualisierung. Diegegenwärtigen Rezipienten konsumieren das Material bei gleichzeitiger Einordnungin die ihnen gegebenen Bedeutungszusammenhänge. Das Geschehenewird reproduziert und rekontextualisiert, in einer (wie Pauleitformulieren würde) zweiten Bildspur verdoppelt. Dabei muss es sich nichtzwangsläufig um Material handeln, das zunächst selbstschöpferische Subjektezeigt, die bei der Rekonstruktion der Ereignisse unter neuen situativen21 Ebd., S. 5.22 Ebd., S. 4.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t12und kontextuellen Bedingungen zum Objekt der Aufnahme degradiert werdenund sich infolgedessen medialer Gewalt ausgesetzt sehen. Generelllässt sich das Strukturprinzip des Photographesomenons auch an solchen(Handy-)Aufzeichnungen verdeutlichen, die von vornherein keine eineindeutigenSubjekt-Objekt-Zuschreibungen zulassen, wie unten stehendes Beispielverdeutlichen soll.Dieses Video zeigt italienische Schüler und ihre Lehrerin. Mehrere männlicheSchüler stehen oder sitzen neben der Lehrerin, die sich leicht nach vorngebeugt auf einen Tisch auflehnt. Dabei entblößt sich ein Stück des Rückensder Frau und legt zudem den Blick auf ihre Unterwäsche frei. Es ist zusehen, wie die Schüler sowohl nach dem Gesäß, als auch nach der Wäscheund sogar in die Hose der Lehrerin fassen. Diese greift nur ein einziges Malnach der in ihrer Hose steckenden Hand und scheint sich nicht weiter zurWehr zu setzen.Abb. 3: Handyaufnahme eines SchülersOb es sich bei diesen Handlungen um Formen der sexuellen Belästigungoder aber freiwillige Akte handelt, ist dem Material nicht zu entnehmen. DieInformation jedoch, dass die Lehrerin nach Veröffentlichung des Videos imKollegenkreis suspendiert wurde, verdeutlicht den Umstand, dass das Videomaterialin den innerschulischen Sinn- und Wertezusammenhängen alsAkt der Freiwilligkeit kontextualisiert worden ist. 23 Der Betrachter weiß nicht,ob die Lehrerin, ebenso wie die Schüler, Teil einer selbstschöpferischen undselbstinszenierenden Handlung ist. Lediglich hinsichtlich der Schüler lässtsich das Videomaterial im Sinne einer das Selbst konstituierenden Inszenierungverstehen (permanente Close-Ups von einem der ‚Täter‘). In Bezug aufdie Lehrerin, deren Rolle nicht eindeutig zu bestimmen ist, lässt sich dasVideo durchaus als Instrument medialer Gewalt verstehen (insbesondere imHinblick auf die sich für die Lehrerin ergebenden Konsequenzen).23 Http://www.break.com/index/italian_students_fondle_teacher.html (18.10.2008).


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t13ResümeeAllgegenwärtige Überwachung lässt sich als zentrales Charakteristikum dersich ab dem 20. Jahrhundert etablierenden Kontrollgesellschaft bezeichnen.Die in dieser Kontrollgesellschaft verorteten postmodernen Subjekte habenden Umgang mit alltäglichen Datenobservations- und Daten(re)produktionstechnologiennormalisiert und für sich nutzbar gemacht.Postmoderne Subjekte eignen sich die verschiedensten Verfahren der Daten-und Ereignisdokumentation auf verblüffende Art und Weise an und unterminierenso das Konzept der objektiven Überwachung zum Zweck derKonstitution des eigenen Selbst. Es wurde deutlich, dass die Mittel der modernenDokumentationsverfahren nunmehr im Rahmen einer subjektiven‚Freiwilligkeit’ zur Produktion von selbstinszenierenden Aufzeichnungenfungieren. Dabei bedarf die hier deklarierte subjektive ‚Freiwilligkeit’ durchauseiner genaueren Betrachtung. Versteht man die moderne Kontrollgesellschaftals komplexes Netzwerk diverser Macht- und Herrschaftsstrukturen,in denen durch Machtbeziehungen Felder von Möglichkeiten eröffnet werden,so gilt es den Begriff der ‚Freiwilligkeit’ respektive ‚Freiheit’ zu reformulieren.In Anlehnung an Foucault seien Subjekte eben nicht unabhängig voneben diesen „Maschen der Macht“ 24 zu betrachten. Vielmehr ist ‚Freiheit’ausschließlich in unmittelbarer Verbindung mit Macht zu denken. DiesesVerhältnis von Macht und Freiheit lässt sich als Agonismus bezeichnen, dasheißt als durch gegenseitiges Antreiben und Kampf geprägt. Macht undFreiheit schließen sich nach diesem Verständnis nicht aus, sondern bedingeneinander. Selbst in Momenten deklarierter ‚Freiheit’ unterliegt das ‚freie’Subjekt also spezifischen Macht- und Herrschaftsstrukturen. Freiheit existiertals notwendige Voraussetzung für Macht, denn entzöge sich die Freiheit derMacht, handelte es sich nicht länger um Machtstrukturen, sondern umZwang. Definiert sich das Subjekt also als ‚frei’, da es sich nicht zu einerHandlung gezwungen fühlt, bedeutet dies nicht gleichermaßen seine Unab-24 Foucault, Michel: Die Maschen der Macht, in: ders.: Schriften. Band Vier. Frankfurt amMain 2004, S. 224-244.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t14hängigkeit in Bezug auf Macht- und Herrschaftsverhältnisse. Die ‚Subjektivitätder Überwachung‘ erscheint unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltsals hochgradig ambivalentes Phänomen. Es stellt sich also die Frage, inwiefernvon einer Emanzipation des Subjekts von verobjektivierenden Überwachungsmechanismenüberhaupt die Rede sein kann, wenn hier dochwiederum Macht- und Herrschaftsverhältnisse unter dem Deckmantel derFreiheit wirksam werden.Darüber hinaus, unter Berücksichtigung des zweiten Teils der Arbeit, stelltsich die Frage, inwieweit die selbstdarstellerischen Inszenierungen den Intentionendes produktiven Subjekts gerecht werden können. An dieser Stellelässt sich auf die Spezifika moderner Massenmedien verweisen, die sichmitunter durch ihre Ungerichtetheit auszeichnen. Die notwendige De- undRekontextualisierung von Datenmaterial in neue Sinn- und Wertezusammenhängeverweist auf den fließenden Charakter von Bedeutung. Bedeutungkann nicht festgeschrieben werden, sondern wird stets neu erzeugt.Das Subjekt sieht sich einem Kontrollverlust ausgesetzt, worin sich das eigentlicheWesen medialer Gewalt offenbart.LiteraturBarthes, Roland: Tod des Autors, in: Fotis Jannidis, Gerhard Lauer, MattiasMartinez, Simone Winko (Hg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Ditzingen2000, S. 185-197.Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses.Frankfurt a.M. 1977.Foucault, Michel: Die Maschen der Macht, in: ders.: Schriften. Band Vier.Frankfurt a. M. 2004, S. 224-244.Foucault, Michel: Technologie des Selbst, in: Luther H. Martin, Huck Gutman,Patrick H. Hutton (Hg.): Technologien des Selbst. Frankfurt a. M.1993,S. 24-62.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t15Haardt-Becker, Annette; Schulte, Simone: Der einzige Wunsch, den die hat,ist, dass das Video vernichtet wird, in: Innocence in Danger Sektion inDeutschland e.V. Bundesverein zur Prävention von sexuellem Mißbrauch anMädchen und Jungen e.V. (Hg.): Mit einem Klick zum nächsten Kick. Aggressionund sexuelle Gewalt im Cyberspace. Köln 2007, S. 28-47.Levin, Thomas: Die Rhetorik der Überwachung. Angst vor Beobachtung inden zeitgenössischen Medien, in: Nach dem Film 3 (2001),http://nachdemfilm.de/no3/pdf/lev01. pdf (12.10.2009).Maresch, Rudolf: Medien der Gewalt – Gewalt der Medien, in: Florian Rötzer(Hg.): Virtuelle Welten – reale Gewalt. Hannover 2003, S. 169-188.Pauleit, Winfried: Videoüberwachung und postmoderne Subjekte. Ein Hypertextzu den Facetten einer zeitgenössischen Bildmaschine, in: Nach demFilm 3 (2001), http://nachdemfilm.de/no3/pdf/pau03.pdf (12.10.2009).Poster, Mark: Medienphilosophie des Internet, in: Mike Sandbothe, LudwigNagl, (Hg.): Systematische Medienphilosophie. Deutsche Zeitschrift für PhilosophieSonderband 7 ( 2005), S. 359-379.AbbildungenAbb. 1: http://www.youtube.com/watch?v=lrdkl1miiAw (18.10.2008)Abb. 2: http://www.youtube.com/watch?v=BwigfzmANBQ (18.10.2008)Abb. 3: http://www.break.com/index/italian_students_fondle_teacher.html(18.10.2008)http://www.webcamjulia.com/ (18.10.2008)AutorinnenBianca Becker, B.A. in Germanistik/ Sozialpsychologie und -anthropologie,derzeit Masterstudium Sozialpsychologie und -anthropologie/ GenderStudies an der Ruhr-Universität Bochum.Jennifer Eickelmann, B.A. in Erziehungswissenschaft/ Sozialpsychologieund -anthropologie, derzeit Masterstudium in Sozialpsychologie und-anthropologie/ Gender Studies an der Ruhr-Universität Bochum.


o n l i n e j o u r n a l k u l t u r & g e s c h l e c h t # 5 ( 2 0 0 9 )B e c k e r E i c k e l m a n n K o n t r o l l v e r l u s t16Der Text entstand im Rahmen des von Angela Koch angebotenen Seminars„Geschlecht und Gewalt: Das Internet als Raum der Genese neuer symbolischerOrdnungen?“ am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-UniversitätBochum. Die Auseinandersetzung mit dem Thema erfolgte zunächst im Zusammenhangeines mündlichen Vortrags, der im Anschluss zu einer Seminararbeitausgearbeitet wurde.Kontakt: Bianca.Becker@hotmail.de, Jennifer.Eickelmann@web.de


SCHULENTWICKLUNGBerlin – BrandenburgerAnti-Gewalt-FibelAktuelle Hilfe – nachhaltiges HandelnBildungsregion Berlin-Brandenburg


ImpressumHerausgeber:Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM)14974 Ludwigsfelde-StruveshofTel.: 03378 209-200Fax: 03378 209-232Internet: www.lisum.berlin-brandenburg.deFachliche Verantwortung:Ulrike Kahn, Michael Rump-RäuberAutorin:Ulrike KahnLayout und Fotografie:Christa PenserotDruck und Herstellung:Oktoberdruck, BerlinISBN: 978-3-940987-39-6© Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM); April 2009Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte einschließlichÜbersetzung, Nachdruck und Vervielfältigung des Werkes vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohneschriftliche Genehmigung des LISUM in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderesVerfahren) reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oderverbreitet werden. Eine Vervielfältigung für schulische Zwecke ist erwünscht.Das LISUM ist eine gemeinsame Einrichtung der Länder Berlin und Brandenburg im Geschäftsbereich desMinisteriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg (MBJS).


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelInhaltsverzeichnisVorwort ....................................................................................................................... 5Aspekte von Gewaltsituationen .................................................................................. 612 Gründe, warum Gewalt oft so attraktiv ist ........................................................... 6Was Gewaltsituationen so problematisch macht ..................................................... 6Gewalt wird nicht geduldet ...................................................................................... 6Aktuelle Hilfe ............................................................................................................... 7Intervention in Gewaltsituationen – 9 Schritte ......................................................... 7Konflikte aufarbeiten und Konsequenzen ziehen .................................................... 8Konflikte im Klassenzimmer – Checkliste .............................................................. 11Das Einschätzungsprofil ........................................................................................ 13Checkliste für Lehrerinnen und Lehrer .................................................................. 14Kooperation von Schule und Eltern ....................................................................... 16Primärprävention anstelle von Intervention ............................................................... 19Primärprävention in der Grundschule .................................................................... 22Prävention und Intervention in Schulen der Sekundarstufe I ................................. 23Nachhaltige Unterstützung ....................................................................................... 24Gewaltprävention und Schulentwicklung ............................................................... 26Gewaltprävention durch soziales und kooperatives Lernen...................................... 30Curriculum zum sozialen und kooperativen Lernen ............................................... 30Schulmediation ...................................................................................................... 33Programme zum sozialen Lernen – Lebenskompetenzprogramme ...................... 36Programme für Grundschülerinnen und -schüler................................................... 37Programm für Schulen der Sekundarstufe I .......................................................... 51Gewaltprävention durch Demokratiepädagogik ........................................................ 53Hilfe, Unterstützung und Beratung ............................................................................ 55Weiterführende Materialien ................................................................................... 573


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel4


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelVorwortGewalt an Schulen – psychische wie physische – ist völlig inakzeptabel. Die Schule hat denBildungs- und Erziehungsauftrag, der Gewalt, auch innerhalb der eigenen Institution, aktiventgegenzuwirken. Gewalt – auch als geringfügig empfundene Gewalt – darf im schulischenLeben keinen Platz haben. Aus diesem Grunde sind direktes Handeln und Intervenierengeboten. Alle am schulischen Leben beteiligten Lehrkräfte, Schulleitungen, Schülerinnen undSchüler, pädagogische und nicht pädagogische Mitarbeiter und ebenso die Elternschaftsollen auch offensiv präventiv der Gewalt entgegentreten.Schulische Gewaltprävention und -intervention gliedern sich in drei große Bereiche:• Intervention, um im akuten Fall schnell und konsequent zu reagieren,• Prävention im Sinne langfristiger vorbeugender Arbeit,• kurative Maßnahmen zur Konfliktregelung und -aufarbeitung.Die Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel verzichtet auf lange und bereits umfassendvorliegende Gewalterklärungen und wissenschaftliche Befunde. Hierzu hat das LISUMbereits ein Material 1 herausgegeben, das online verfügbar und weiter aktuell ist.Die Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel bietet für aktuelle Gewaltsituationen direkteinsetzbare Hilfe und benennt außerdem Ansprechpartnerinnen und -partner für Berliner undBrandenburger Schulen, die bei der Gewaltprävention und -intervention auf Anfrageberatend tätig werden.Es werden• umfassende Anregungen und Maßnahmen für eine wirkungsvolle Gewaltpräventionin der gesamten Schule im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen vorgestellt.• Möglichkeiten beschrieben, wie Kinder und Jugendliche durch soziales Lernen selbstbewusstund lebenskompetent werden können, um der Attraktivität von gewalttätigemHandeln nachhaltig widerstehen zu können.• Aspekte von Jungenförderung mitgedacht, da Jungen und junge Männer - sowohl alsTäter als auch Opfer – besonders betroffen sind.• demokratiepädagogische Lernarrangements aufgezählt, die besonders gewaltpräventivwirken.Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer verantwortungsvollen Aufgabe.Dr. Jan Hofmann1„Erst Nachdenken, dann Handeln“–Wahrnehmen, Erklären und Handeln zu Aggression und Gewalt als Strategiefür eine tolerante und weltoffene Schule; Hrsg.: Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg.2. , überarb. Auflage, Ludwigsfelde Januar 20095


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelAspekte von Gewaltsituationen12 Gründe, warum Gewaltoft so attraktiv ist1. Mit Gewalt können Interessendurchgesetzt und Ziele erreichtwerden.2. Gewalt baut aufgestaute, aggressiveImpulse ab.3. Gewalt kann das Ansehen in dereigenen Gruppe steigern.4. Gewalt schafft Fakten, die beispäteren Verhandlungen als Ausgangspunktgenommen werdenkönnen.5. Gewalt kann eigene Privilegien/Vorteile (zumindest kurzfristig)absichern und zudem berechtigteAnsprüche anderer (eine Zeit lang)abhalten.6. Die (scheinbare) Effektivität vonGewalt ist offensichtlich und brauchtnicht begründet zu werden.7. Gewalt wirkt auch nach innen,indem sie potenzielle Kritikereinschüchtert.8. Gewalt schafft Klarheiten in einerkomplizierten und undurchsichtigenWelt.9. Gewalt vermittelt das (Macht-)Gefühl, die eigene Ohnmacht zuüberwinden.10. Gewalttätigkeiten garantierenAufmerksamkeit, mitunter sogar eineeingehende Medienberichterstattung.11. Gewalthandlungen werden von denTätern oft als emotional erregendund stimulierend erlebt.12. Gewalthandlungen werden alsMännlichkeitsbeweis gesehen.Was Gewaltsituationen soproblematisch machtGewaltsituationen• sind oft emotional aufgeheizt;• sind in ihrem Verlauf kaum berechenbarund kaum zu kontrollieren;• kommen häufig unvermittelt, sodasseine Vorbereitung auf die spezifischeSituation kaum möglich ist;• erfordern sofortiges Handeln;• machen Absprachen mit anderen inder Situation oft nur schwer möglich;• provozieren Angst um die eigenekörperliche Unversehrtheit;• berücksichtigen nicht die Folgen;• tragen zu seelischen und körperlichenVerletzungen bei.Gewalt wird nicht geduldet,weil sie• physisch und psychisch verletzt• ausgrenzt• Schmerzen verursacht• die Beziehung abbricht• neue Gewalt erzeugt• die Menschenwürde verletzt,… dennoch gibt es Gewalt in derFamilie, der Schule und der Gesellschaft.6


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelAktuelle HilfeIntervention in Gewaltsituationen – 9 SchritteFür das sofortige Eingreifen beiGewalthandlungen werden folgendeSchritte vorgeschlagen:1. Die Situation einschätzen undeingreifen: In der Auseinandersetzungeingreifen und die Gewaltunterbrechen. Wenn die verbaleAufforderung nichts nützt, dazwischengehen.Wenn dies zugefährlich ist, Hilfe holen.2. Opferhilfe leisten:Ist jemand verletzt? Erste Hilfe undseelischen Beistand organisieren.3. Einen Überblick verschaffen:Wer war beteiligt? Und wer warZeuge? Eine erste Analyse istwichtig.4. Signale an den/die Täter/-ingeben:Gibt es einen eindeutigen Täter?Wenn ja, dem Täter gegenüberausdrücken, dass das VerhaltenKonsequenzen haben wird. Keinewilden Drohungen ausstoßen, diedann nicht umgesetzt werden.5. Unterstützung holen:Gezielt die Unterstützung einesJugendlichen bzw. einer weiterenLehrkraft einfordern, falls dieserforderlich ist.6. Zuschauende wegschicken:Die Zuschauer wegschicken odersich mit den Konfliktparteienwegbegeben.7. Konfliktparteien beruhigen:Konfliktparteien räumlich trennen, siezum „Durchatmen“ auffordern bzw. siein ein Gespräch verwickeln.Konflikt aufarbeiten:Wenn sich die Beteiligten beruhigthaben, so schnell wie möglich einKonfliktgespräch führen. Es soll geklärtwerden, was vorgefallen ist und wiedas Problem gelöst werden kann.8. Konsequenzen ziehen:Auf Vereinbarungen zwischen denKonfliktparteien hinarbeiten. Falls eineStrafe angeraten ist: Steht sie in einemVerhältnis zur Tat? Erhält das Opfereinen Ausgleich? Lernt der Täter durchdie Strafe? Wie sieht die Wiedergutmachungaus?Der längerfristige Erfolg von Interventionenhängt davon ab, was in denSchritten 8 und 9 nachhaltig verabredetwird.Bei Konfliktgesprächen ist eine Vereinbarungzwischen den Konfliktparteien zutreffen, die unbedingt nachhaltig zuüberprüfen ist.Wiedergutmachung bzw. Strafen für Tätersollen angemessen sein und möglichsteinen Täter-Opfer-Ausgleich einbeziehen.Die einzelne Schule ist klug beraten, wennsie erfahrungsbezogene Hinweisediskutiert und sammelt, sodass diese inder Notsituation benutzt werden können.7


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelKonflikte aufarbeiten und Konsequenzen ziehenBei gewalttätigen Auseinandersetzungen bei Kindern und Jugendlichen sind in jedem Falldie Klassenlehrkräfte und ggf. die Schulleitung zu informieren. Je nach Grad der physischenbzw. psychischen Gewalt ist zu beraten, mit welchen Maßnahmen auf das Verhaltenzu reagieren ist (Konfliktschlichtung, Wiedergutmachung, Sanktionsmaßnahmen,Ordnungsmaßnahmen).OrdnungsmaßnahmenSanktionsmaßnahmenWiedergutmachung(Täter‐Opferausgleich)Konfliktschlichtung(ggf. Schulmediation)In vielen Fällen kann durch Konfliktgespräche oder auch Schulmediation 2 der Konfliktbearbeitet werden. Hilfreich dabei sind Kolleginnen bzw. Kollegen, die eine Schulmediationsausbildungabsolviert haben und die die anderen Klassenlehrkräfte in diesenSituationen entlasten können.Zu den möglichen Wegen für eine Konfliktbearbeitung gehören:Konfliktschlichtung• Einzelgespräche: nach vorherigen Einzelgesprächen Verabredung zum Gesprächmit Tätern und Opfern;• Konfliktgespräch: Konfliktbewältigung durch Konfrontation der Konfliktpartner mitihrem aggressiven Verhalten bei gleichzeitiger Reintegration in die soziale Gemeinschaft,Einbeziehung von Rollen- bzw. Perspektivenwechsel, Erörterung der Folgenvon Gewalttaten, Sammlung von konstruktiven Verhaltensalternativen;• Schulmediation/Streitschlichtung/Konfliktlotsengespräch: Konfliktbewältigungdurch Schulmediation ist erfolgreich, wenn diese eingebettet ist in ein gewaltpräventivesSchulprogramm.2in Berlin „Konfliktlotsenmodell“ nach Ortrud Hagedorn“8


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelWiedergutmachung• Wiedergutmachungsgespräch: Vorschläge mit den beteiligten Schülerinnen undSchülern erarbeiten;• Täter-Opfer-Ausgleich: Die Schulordnung einer Schule kann festlegen, dass dieSchule sich bei Konflikten und gewalttätigen Übergriffen nicht auf den Einsatz vonOrdnungsmaßnahmen beschränken kann, sondern schon im Vorfeld interveniert bzw.kurativ tätig wird. Dabei wird der Täter-Opfer-Ausgleich bei schweren Gewaltanwendungeneingesetzt. Die Täter sind zunächst mit ihren Handlungen zu konfrontieren,sie müssen Verantwortung für ihre Tat und das Opfer übernehmen. Stimmen sowohlTäter als auch Opfer einem Ausgleichsversuch zu, kann der Konflikt unmittelbar mitden Beteiligten bearbeitet werden.Sanktionsmaßnahmen• Maßnahmenkatalog: Akteure der Schule haben Vorschläge erarbeitet, die in einemniedrigschwelligen Maßnahmenkatalog zusammengefasst sind. Diese Maßnahmenwerden je nach Tatschwere ausgesprochen bzw. mit Sanktionsmaßnahmen gekoppelt,die unterhalb von Ordnungsmaßnahmen liegen. Bei der Erarbeitung diesesMaßnahmenkatalogs empfiehlt sich, die Schülerinnen und Schüler mit einzubeziehen,da diese zum einen kreative Ideen haben und zum anderen diese Vorgehensweiseauf größere Akzeptanz stößt.Ordnungsmaßnahmen• Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen: Erziehungs- (§ 62) und Ordnungsmaßnahmen(§ 63) in Berlin und Grundsätze zu Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen(§ 63) und Ordnungsmaßnahmen (§ 64) in Brandenburg regeln im SchulgesetzMaßnahmen bei schwergewichtigen Regelüberschreitungen.Die hier aufgezeigten möglichen Wege stehen bei der Konfliktbearbeitung in einerRangfolge: Je konsequenter Konflikte niedrig schwellig bearbeitet werden, desto erfolgreicherwird die Konfliktbearbeitung sein. „Grenzen setzen“ heißt unmittelbare Reaktiondurch Konfliktschlichtung und Wiedergutmachung sowie in schweren Fällen Sanktionsmaßnahmen.Somit bleibt gesichert, dass die Lehrkräfte im Rahmen ihres ErziehungsundBildungsauftrags tätig sind und ein pädagogisches Konzept an der Schule wirksamwerden kann. Ordnungsmaßnahmen werden in der Regel viel zu häufig eingesetzt, wenndie präventiven und kurativen Wege kein Alltagshandeln sind.Bei allen hier vorgeschlagenen Wegen für eine Konfliktbearbeitung ist die Konfliktbegleitunggenau so bedeutsam wie der Weg: Im Prozess ist immer wieder Rückmeldungüber die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen einzuholen.9


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelExterne BeratungskompetenzIn die Beratung über eine Konfliktbewältigung und über mögliche schulische Konsequenzenkönnen auch die regional zuständigen Beraterinnen und Berater der staatlichenSchulämter Brandenburgs bzw. die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der regionalenFortbildung Berlin oder externe Beraterinnen und Berater auf Honorarbasis einbezogenwerden. Gewaltpävention arbeitet erfolgreich vernetzt im Team mit Schulpsychologen,Jugendämtern und dem Präventionsbereich der Polizei u.a. Einrichtungen im Kiez bzw.der Gemeinde zusammen.Bei schweren Fällen ist die Absprache mit der Schulaufsicht wichtig und zwar bevorOrdnungsmaßnahmen beschlossen werden.In Einzelfällen kann die Einschaltung des Jugendamtes hilfreich sein, insbesondere beifolgenden Problemlagen:• Hinweise auf fortdauernde Erziehungskonflikte in der Familie (z. B. Misshandlung,Vernachlässigung, Missbrauch),• schwere familiäre Belastungen (Alkohol- oder Drogenkonsum, psychische Auffälligkeitender Eltern),• schwere psychische Auffälligkeiten des Kindes bzw. des Jugendlichen im schulischenund außerschulischen Bereich.Zusätzlich ist zu prüfen, ob eine polizeiliche Anzeige erforderlich ist (örtliche Polizeidienststelle,bürgernaher Beamter, polizeilicher Jugendschutz, Jugendbeauftragte der Polizei).Zu Vorkommnissen, die ein Hinzuziehen der Polizei erfordern, gehören:• Bedrohungen der Schülerinnen und Schüler durch schulfremde Personen (Schulweg,Schulhof),• Delikte wie Diebstahl, Raub, Erpressung, Körperverletzung mit/ohne Waffen, sexuelleNötigung/Vergewaltigung, Sachbeschädigung schwereren Ausmaßes,• begründeter Verdacht auf oder nachgewiesener Waffenbesitz,• Cliquen- bzw. Bandenbildung mit kriminellem Charakter,• rechtsextreme Straftaten.Unterstützungund Beratung• Hilfe, Unterstützung, Beratung und weiterführende Materialiensind im Kapitel 8 zu finden.10


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelKonflikte im Klassenzimmer – ChecklisteAlle Erfahrungen und wissenschaftlichen Untersuchungen lassen den Schluss zu, dassdas soziale (Lern-)Klima in der Klasse in der Regel ein Ausdruck für das Maß an Konfliktenunter den Schülerinnen und Schülern ist. Die Lehrhaltung steht in unmittelbarerKorrelation zu der Lernhaltung der Schülerinnen und Schüler. Die hier vorliegendeCheckliste bietet Anregungen und Möglichkeiten, die Konflikte im Lehrkräfte-Schülerverhältniszu minimieren.Die Vielzahl der Vorschläge gestattet der einzelnen Lehrerin bzw. Lehrer, für sich persönlichund für die entsprechenden Situationen eine geeignete Auswahl vorzunehmen.Gleichzeitig sind diese Vorschläge als Anregungen insgesamt zu verstehen und auch imKollegium bzw. im Team zu diskutieren.Ziel soll sein, bei den angstaggressiven Schülerinnen und Schülern das Selbstvertrauenzu stärken und bei den draufgängerischen die Selbstkontrolle zu steigern.Lassen Sie sich anregen, was Sie selbst kurz- und langfristig zur Verbesserung desKlassenklimas beitragen können. Selbst wenige Anregungen intensiv eingesetzt, werdendas Klassenklima verbessern. Hilfreich ist auch, wenn sie diese Absichten mit denSchülerinnen und Schülern diskutieren, sich sogar gegebenenfalls durch Schülerinnenund Schüler beraten lassen.Eine Transparenz seitens der Lehrkraft unterstützt die reflektierte Haltungen beiSchülerinnen und Schülern. Kleine Lernverträge durch Schülerinnen und Schüler tragenzu einer beidseitigen Verbesserung des Klassenklimas bei.Handlungen und Haltungen, die das Gewaltpotenzial in der Klassereduzieren können:• Klare Klassenregeln für Konfliktfälle mit den Schülerinnen und Schülern vereinbaren,die Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung ausschließen.• Persönliche und soziale Beziehungen zu allen Schülerinnen und Schülernaufbauen bzw. intensivieren.• In der Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern Humor zeigen.• In der Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern eine akzeptierendeGrundhaltung zum Ausdruck bringen.• Schulische und persönliche Konflikte und Probleme von und mit den Schülerinnen undSchülern versuchen kooperativ zu lösen.• Eine Haltung entwickeln, die Sache von der Person zu trennen, um im Konfliktfallder Person Wertschätzung entgegenbringen zu können.• Als Lehrende/-r die Aufmerksamkeit der Klasse als Gesamtgruppe finden und binden(„Gruppenfocus“).• Den Unterrichtsablauf transparent und mit Methodenvielfalt strukturieren.• Sich Feedback zu dem eigenen Unterrichtsstil von den Schülerinnen und Schülerngeben lassen.• Spannungs- und Entspannungsphasen im Unterricht einbauen und möglichst vieleIndividualisierungsphasen schaffen.11


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel• Vermeiden aggressiver Hinweisreize im Klassenzimmer und in den Unterrichtsmaterialien.• Keine eigenen aggressiven und undisziplinierten Verhaltensweisen zeigen,d. h. sich selbst als positives Verhaltensmodell darstellen.• Im Konfliktfall den Angreifer ignorieren 3 , um ihm nicht unnötige Aufmerksamkeitzukommen zu lassen.• Gewalt durch eine nonverbale Körperhaltung im Keim ersticken und mit Wortenaktiv stoppen und abbrechen.• Sachliche Kritik und Entzug von Vergünstigungen.Störungen und Aggressionen „entdramatisieren“ und deeskalieren:• Sich im Konfliktfall einmischen und nicht wegsehen bzw. weggehen.• Sich aktiv mit einer personalen Wertung einbringen wie z. B.: Mit mir läuft das nicht!• Die Haltung einer personale Konfrontation entwickeln: „Schluss, hier wird nichtgeprügelt“, da dies eher verstanden wird als sanfte Ermahnungen.• Die Kontrahenten trennen und sofort eindeutige Grenzen setzen.• Art der Gewalt einschätzen. Bei ängstlich-depressiver Gewalt auf Stärken aufmerksammachen, d.h. ermutigen. Bei draufgängerisch-chaotischer Gewalt begrenzen, d. h.Folgen und Konsequenzen des gewalttätigen Verhaltens aufzeigen.• Die Täter nicht entwischen lassen. Gewalttäter, die sich nicht mit den Folgen ihresTuns auseinandersetzen wollen, konfrontieren, d.h. als konkrete Person verantwortlichmachen.• Die Konfliktparteien ernst nehmen und die Sache nicht beschönigen.• Durch die Technik des Spiegelns aufzeigen, dass das eigene Tun Konsequenzennach sich zieht.• Über die Gewalttat hinaus begleiten, d.h. bewältigen, nicht nur unterdrücken.• In der Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern eigene Bedürfnisse undGefühle akzeptieren und sprachlich zum Ausdruck bringen.• In Konfliktsituationen Schuldzuschreibungen und Verurteilungen (Du bist ... / Duhast..) möglichst vermeiden und den Eigenanteil am Konflikt als je eigene Verantwortung(Ich... ) bewusst machen.• Aktuelle Konflikte durch Rollen- und Interaktionsspiele spielend bearbeiten.• Positive und damit gewaltalternative Verhaltensmuster im Sozialverhalten bestärken.• Als Lehrkraft selbst angemessen kommunizieren und versuchen, sich in Konfliktsituationenkooperativ zu verhalten und den Schülerinnen und Schülern diese Haltungpositiv zu verdeutlichen.• Gemeinsame Regeln für das Verhalten im Unterricht und in der Pause vereinbarenund für das Einhalten sich gemeinsam verantwortlich fühlen.• Ganzheitliche Intentionen im Unterricht realisieren: Kopf, Herz und Hand integrieren.• Konfliktgespräche selbst führen bzw. durch die Schülermediatoren führen lassen.• Möglichkeiten für Spiel/Kreativität und Entspannung/Ruhe einplanen.3Die Wirkung der Haltung „ignorieren“ wird ausführlich beschrieben in: Erst Nachdenken, dann handeln, LISUM, S. 5612


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelDas EinschätzungsprofilHaltungen von Lehrkräften, Schülerinnen bzw. Schüler wirken sich auf das soziale Klimain der Klasse aus. Das gegenseitige Feedback ist eine wirksame Möglichkeit, sich daseigene Verhalten zu spiegeln und an der eigenen Haltung zu arbeiten.Das Einschätzungsprofil ist ein einfaches Mittel, dass Schülerinnen und Schüler, als auchLehrkräfte und Eltern sich einschätzen und einschätzen lassen.ungeduldigintolerantinkonsequentaufbrausendmisstrauischausgrenzendpessimistischsarkastischunfreundlichungerechtunfairgleichmütigstarrautoritärängstlichablehnendunzuverlässigverantwortungslospedantischhektisch1(wenig) 2 3 4 5 6 7(viel)geduldigtolerantkonsequentgelassenvertrauendeinbeziehendoptimistischhumorvollfreundlichgerechtfaireinfühlsamoffenteamfähigkonfliktfähigrisikobereitzuverlässigverständnisvollgroßzügigruhig1. Welchen Wert ordnen Sie/ordnest Du den genannten Haltungen zu?(„Soll-Linie“)2. Wie schätzen Sie/schätzt Du gegenwertig den Stellenwert Ihrer eigenen/Deinereigenen Haltungen ein? („Ist-Linie“)Hilfreich ist, wenn die Profillinien in unterschiedlichen Farben gezeichnet werden.13


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelCheckliste für Lehrerinnen und LehrerReflektieren Sie mit dieser Checkliste Ihre eigene Haltung als Lehrkraft. Gehen Sie dabeiSchritt für Schritt vor und stecken Sie sich kleine, aber nachhaltige Ziele. Halten Sie IhreReflektion in einem Lerntagebuch fest.Seien Sie mutig und lassen Sie sich jeweils eine Woche von einer Schülerin bzw. einemSchüler beobachten und tauschen Sie die Ergebnisse aus. Legen Sie anhand dieserCheckliste gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern eine Checkliste für Schülerhaltungenauf Karteikarten an. Eine Haltung wird ausgewählt und eine fest verabredeteZeit eingehalten.So können Sie sich über den gemeinsamen Lernzuwachs austauschen und sich gegenseitigein Feedback geben. Schülerinnen und Schüler, denen diese Verantwortung derRückmeldung übertragen wird, lernen nach kurzer Zeit respektvoll damit umzugehen.Erfahrungen zeigen, dass auch bzw. besonders aggressive Kinder, Jungen oder jungeMänner wie verwandelt sind, durch die ihnen entgegengebrachten Aufmerksamkeit undWertschätzung. Was für manche Lehrkraft zunächst als Schwäche erscheint, wird vonden Schülerinnen und Schülern wertgeschätzt, sodass der soziale Gruppendruck seitensder Schülerinnen und Schüler auf die „Störer“ wächst und das Lernklima sich verbessert.Ich• wertschätze und erkenne die Arbeitmeiner Schülerinnen und Schüler an.• entwickle bei meinen Schülerinnenbzw. Schülern Frustrationstoleranzund Affektkontrolle.• gebe meinen Schülerinnen undSchülern die Möglichkeit, emotionaleSpannungszustände auszuleben.• mache mit meinen Schülerinnen bzw.Schülern autogenes Training oderEntspannungsübungen.• gebe meinen Schülerinnen bzw.Schülern Raum und Zeit fürAktivitätsbedürfnisse undAbenteuerdrang.• reflektiere aggressives Verhalten imElternhaus mit den Eltern bzw. in derSchule mit den Kollegen.• ermuntere meine Schülerinnen bzw.Schüler Ärger und Befindlichkeiten zuverbalisieren.• verstärke positives Verhaltendifferenziell, d. h. bekräftigeerwünschtes Verhalten.• fördere Anerkennung und vermeideSelbstwertverletzungen.• schaffe bei den Schülerinnen bzw.Schülern eine Atmosphäre vonAkzeptanz, Vertrauen und Gefühl derGeborgenheit.• reflektiere mit meinen Schülerinnenund Schülern verborgene Ängste undbiete persönliche Unterstützung an.• übe mit den Schülerinnen und Schülernprosoziale Verhaltensweisen ein.• lasse nicht zu, dass Schülerinnenund Schüler in der Klasse stigmatisiertwerden.• ignoriere bei meinen Schülerinnenbzw. Schülern unerwünschtesVerhalten bzw. reagiere pädagogischdarauf.14


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel• vermeide Etikettierungen, reflektieremeine Vorurteile und verstärkepositive Seiten von Schülerinnen undSchülern.• bemühe mich um eine demokratischeFeedback-Kultur in der Klasse.• unternehme den Versuch, eine/-nschwierige/-n Schülerin und Schüleraus einer Gruppe mit störungsanfälligenSchülerinnen und Schülernherauszulösen und unterbreiteihr/ihm alternative Integrationsangebote.• diskutiere mit meinen Kollegen überdie gerechtere und transparenteGestaltung der Chancenstrukturen.• entwickele Fördermaßnahmen undHilfen für Benachteiligte.• reflektiere meine Vorbildrolle undinitiiere alternative Identifikationsangeboteund Lernmöglichkeiten.• gestalte Schule als sozialemotionalenRaum.• arbeite an der Entwicklung meinersozialen Handlungskompetenzen.• diskutiere und arbeite mit meinenKollegen aktiv an der Entwicklungvon Schulqualität sowie von SchulundLernkultur.• diskutiere mit meinen Kollegen, dassjungenspezifische pädagogischeArbeit in unserer Schule angebotenwird.• denke selbst bzw. mit Kollegen nachüber vorherrschende „Männerbilder“.Ich überlege mit meinen Kollegen,wie wir patriarchalische Strukturenabbauen.• stärke unsere Schule als sozialesSystem.• berate meine Schülerinnen undSchüler und helfe ihnen, Problemezu bearbeiten.• arbeite mit meinen Kollegen an derSchulentwicklung als permanenterProzess.• denke über mehr Mitsprache- undPartizipationsmöglichkeiten für meineSchülerinnen bzw. Schüler nach.• arbeite an dem Ausbau sozialräumlicherund sozialpädagogischerElemente in der Schule.• schaffe für meine Schülerinnen undSchüler den Raum, solidarischeErfahrungen zu machen.• fördere prosoziales Verhalten beimeinen Schülerinnen und Schülern.• fördere bei meinen Schülerinnen undSchülern Identitäts- und Selbstwertprozesse,schaffe Lernarrangements,dass meine Schülerinnen und Schülerihre soziale Integration weiterentwickelnkönnen.• unternehme etwas, dass beimeinen Schülerinnen und SchülernAggressionshemmungen aufgebautwerden.• gebe meinen Schülerinnen undSchülern die Gelegenheit, Interaktionsbeziehungenund Anerkennungsverhältnissepositiv zugestalten.15


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelKooperation von Schule und ElternEin Kind, das aggressiv ist und zu Gewalttätigkeiten neigt, erlebt oft zu Hause oder inseiner unmittelbaren Umwelt Gewalt. Es erfährt zum einen Gewalt von Menschen, denenes mit Liebe verbunden ist und lernt andererseits, dass es moralisch richtig ist, Gewaltauszuüben: Wenn alles andere nichts bringt, muss Gewalt angewendet werden. Aufgrunddieser Erlebnisse können beim Kind folgende Schritte 4 ablaufen:Diese Schritte – auch Gewaltspirale benannt – bieten erfahrungsgemäß eine Grundlagefür Gespräche mit Eltern. Respekt und Wertschätzung sind Voraussetzung einer gutenKooperation zwischen Eltern und Lehrkräften. Mit der Einbeziehung der jeweiligenPerspektive der anderen Seite ist erkennbar, dass die „andere“ Seite sich genau soschwertut mit dem Verhalten des gewalttätigen Kindes bzw. Jugendlichen. Dabei haben4Josef Sachs: Checkliste Jugendgewalt. Ein Wegweiser für Eltern, soziale und juristische Berufe. orell füssli. Zürich 2006,S. 32 f. In Gugel, Günther: Handbuch Gewaltprävention in der Grundschule; 2.1. Gewalt, S. 2, Tübingen 200716


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibeldie Lehrkräfte die Verantwortung in der Schule, die Eltern bzw. der Erziehungsberechtigtedie Verantwortung zu Hause: „Jeder ist souverän in seinem Territorium“ 5 .In dem Fünf-Schritt-Verfahren: gegenseitiger Respekt, konkrete Beobachtung, Gespräche,Regeln und Prinzipien abstimmen und sich gegenseitige Unterstützung holen: eskann sowohl präventiv als auch intervenierend in konkreten Konfliktsituationen gearbeitetwerden.gegenseitiger Respektkonkete BeobachtungenGesprächeabgestimmte Regelnund PrinzipienUnterstützungDie Zusammenarbeit von Eltern und Schule ist wichtig und unabdingbar. AuchGewaltprävention kann nur durch eine enge Kooperation und Vernetzung gelingen. DieProbleme, die die Zusammenarbeit immer wieder erschweren und behindern, sindbekannt. Sie zu benennen ermöglicht es, ihnen zu begegnen und sie zu überwinden.Dabei sollte auch zwischen gegenseitigen Vorurteilen und tatsächlichen Problemenunterschieden werden, denn natürlich sind auch die Eltern sehr individuell und nicht alsgesamte Gruppe zu charakterisieren.Gegenseitige UnterstützungEltern und Lehrkräfte unterstützen sich gegenseitig, wenn sie miteinander klären welcheAspekte in der Gewaltprävention wichtig sind. In den Schulen der Sekundarstufe I und IIist es sinnvoll, auch die Schülerinnen und Schüler an den Beratungen aktiv teilnehmen zulassen.Dazu gehören:• Präsenz der Lehrkraft vor und im Unterricht sowie die Attraktivität des Unterrichts,• Räume für Ruhe- und Tobephasen,• Pausenzeiten und -angebote,• Servicelernen, d.h. Verantwortungsübernahme durch Schülerinnen und Schülerbei speziellen Aufgaben,• Sport- und AG-Angebote,• Modalitäten des Schulweges,• Koordination der Gewaltprävention,• gemeinsame Fortbildungen zur Gewaltprävention.5Haim Omer / Arist von Schlippe: Autorität durch Beziehung. Die Praxis des gewaltlosen Widerstands in der Erziehung.Göttingen 2004, S. 17517


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelRegeln 6 für Eltern, deren Kinder von Gewalthandlungen an der Schule betroffensind:• Versuchen Sie, bei konkreten Gewaltvorfällen mit größtmöglicher Ruhe undÜberlegung vorzugehen.• Vergleichen Sie Ihre Wahrnehmung mit der Wahrnehmung anderer Eltern.• Sichern Sie Ihrem Kind zu, nicht gegen seinen Willen tätig zu werden, und respektierenSie die Angst Ihres Kindes.• Sichern Sie Ihrem Kind zu, Aktivitäten nur in Absprache mit ihm zu entwickeln.• Geben Sie Ihrem von Gewalt bedrohten Kind das Gefühl, dass Sie ihm beistehenwerden.• Wenden Sie sich an eine Lehrkraft Ihres Vertrauens.• Überlegen Sie, ob Sie einen Berater/eine Beraterin für die Schule hinzuziehen wollen.• Überlegen Sie mit anderen Eltern, in welcher Form das Thema an die Schule herangetragenwerden kann.• Überlegen Sie mit anderen Eltern, ob es Möglichkeiten gibt, dass Eltern im Rahmenvon Schule sich vorbeugend beteiligen können.• Sprechen Sie mit Ihrem Kind über das Erlebte.Hilfe und Unterstützung bei der präventiven ArbeitErziehungsberechtige erhalten Beratung und Unterstützung durch die pädagogischenElternberaterinnen und -berater, die im Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg qualifiziert worden sind. Sie geben Hilfe zur Selbsthilfe, indem sie inSeminaren Probleme der Kommunikation innerhalb der Familie und zwischen Elternhausund Schule aufgreifen, um gemeinsam mit den Eltern Lösungsstrategien zu entwickeln.Die Seminare werden in der Schule durchgeführt, wenn sich acht bis zwölf interessierteEltern zusammenschließen. Zum Selbststudium gibt es ein umfangreiches Material onlineauf dem Bildungsserver.Unterstützungund Beratung• Hilfe, Unterstützung, Beratung und weiterführende Materialiensind im Kapitel 8 zu finden.6Michael Grüner: Gewalt in der Schule: Arbeiten im Einzelfall und im System. In: Wolfgang Vogt (Hrsg.): Gewalt undKonfliktbearbeitung: Befunde - Konzepte - Handeln. Baden-Baden 1997, S. 18018


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelPrimärprävention anstelle von InterventionDie Rechtslage ist eindeutig, denn nach dem Schulgesetz sind die Lehrkräfte sowohl inBerlin als auch in Brandenburg für die Unversehrtheit der Kinder und Jugendlichen verantwortlich.Ein Blick in das Brandenburgische (§ 4 Absatz 5) sowie Berliner Schulgesetz(§ 3, § 4, Absatz 5) und die Verwaltungsvorschriften beider Länder kann ebenso aufbauendund unterstützend sein wie der Blick in die Präventionsforschung. Dan Olweus 7hat in Langzeitstudien den Erfolg von Regelritualen ebenso aufgezeigt wie Klaus-JürgenTillmann und Wolfgang Melzer durch den Ost-West-Vergleich in ihren Gewaltstudien 8 .Durch die letztere Studie wird vor allem die Bedeutung der Unterrichts- und Lernkultur fürdie Primärprävention deutlich hervorgehoben. Diese Ergebnisse lassen sich mit folgendenGrundsätzen komprimiert und pointiert zusammenfassen:Regeln etablieren und Grenzen setzen.Bei 27% der schweren Prügeleien greifen Lehrkräfte überwiegend nicht ein, kleine Regelverstößewerden dagegen fast immer geahndet. Die Schülerinnen und Schüler habenumgekehrte Erwartungshaltungen. Angemessene Reaktionen werden erwartet: Regelnund Rituale auf der einen Seite und Deeskalationstraining und Konfliktmoderation alsKompetenzerweiterung für Lehrkräfte und Jugendlichen auf der anderen Seite. Etikettierungenvermeiden.Die Studien zeigen, dass „Lehrkräfte auf schwierige Dispositionen und Verhaltensmustervon Kindern und Jugendlichen oft nicht angemessen reagieren können.” 9• Allein die Tatsache, dass landläufig von dem „verhaltensauffälligen bzw. schwierigen“Kind in den Lehrkräftezimmern gesprochen wird, ist eine Stigmatisierung(d. h. Zuschreibung von negativen Eigenschaften) an sich, denn sie lässt demeinzelnen Kind wenig Raum, im positiven Licht gesehen werden zu können.• Diese Kinder haben das Gefühl, immer als Sündenböcke dazustehen. DieseProzesse der sozialen Etikettierung erweisen sich als besonders bedeutsam fürdie Erklärung des Gewalthandelns von Jugendlichen.• Gerade Jungen und junge Männer leiden darunter, dass sie zu wenig Zuneigungerfahren und machen oft durch Störverhalten auf sich aufmerksam.Das Sozialklima verbessernDer Zusammenhang zwischen einem negativen sozialen Klima und dem Gewalthandelin der Schule ist bemerkenswert:• Gruppenhandeln, soziale Des- bzw. Integration, aber auch das Lehrkräfte-Schüler-Verhältnis haben Auswirkungen auf das aggressive Verhalten.789Olweus, D.: Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten – und tun können. Bern, Göttingen, Toronto,Seattle 1995.Arbeitsgruppe Schulevaluation, dies. s.o.; Tillmann, Klaus-Jürgen u.a.: Schülergewalt als Schulproblem. Weinheim undMünchen 1999, S. 75ff; Arbeitsgruppe Schulevaluation (s. Anmerkung 1) S. 51ff.Holtappels, H.G., Tillmann, K.-J.: Hausgemachte Gewaltrisiken – und was in der Schule dagegen getan werden kann..In:. Pädagogik, Jahrgang 51, Heft 1/ 1999, S. 8ff.19


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel• Positive Verstärkung auch gerade bei scheinbaren Selbstverständlichkeiten ist dasoberste Primat der Gewaltprävention, ebenso wie der Blick, soziale Bindungen zustärken wie z. B. Schulfahrten, Projektunterricht etc.• Restriktivität im Erziehungsverhalten der Lehrkräfte, rigide Regelanwendung undregelmäßiges Disziplinieren bei Kleinigkeiten haben einen negativen Einfluss aufdas Sozialklima.• Bei einer spezifischen Jungenförderung in der Schule wird gemeinsam mit denSchülern temporär in geschlechtshomogenen Gruppen gearbeitet, um das sozialeMiteinander aufzubauen und zu stärken. Wenn es in dieser Gruppenarbeit erst einmalgelungen ist, das Sozialverhalten positiv zu bewerten, dann werden die Schüler auchdie Bereitschaft haben, ihr männlich-omnipotentes Macho-Gehabe zu reflektieren.Die Lernkultur entwickelnDie didaktische Ausgestaltung des Unterrichts lässt deutliche Zusammenhänge im Hinblickauf das Gewalthandeln erkennen.• Präventiv wirksam ist ein demokratischer, lebenswelt- und handlungsorientierterUnterricht mit individualisierten Lernzugängen, -formen und -orten.• Ein fördernder und zuwendungsgeprägter Führungsstil dämpft eindeutig dasGewaltpozential.• Wertschätzung und gegenseitiger Respekt sind eindeutig gewaltreduzierend.• Partizipation und Individualisierung des Lernens bieten weniger Friktionen als einausschließlich lehrkraftzentrierter Unterricht.• Die Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit haben, ihre Interessen in denLernprozess einzubringen.• Erhalten die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit einer Teilhabe und einer Verantwortungsübernahmefür den Lernprozess, üben sie auch eine stärkere soziale Kontrolleuntereinander aus.Räume und Orte sehenDie Gestaltung und Verantwortungsübernahme für Räume und Orte haben eine präventiveWirkung.• Die Größe und Ausgestaltung der Räume tragen zum Wohlbefinden von Kindern undJugendlichen bei, sodass die Eigeninitiative gefragt ist, hier das Mögliche zu unternehmen,was unter den bestehenden Bedingungen möglich ist, d.h. Räume und Flurefarblich gestalten und mit Produkten der Kinder ausschmücken.• Die Gestaltung des Schulhofes mit einer attraktiven Spiel-, Tobe- und Ruhezone lädtzum aggressionsfreieren Aufenthalt ein.Entwicklung einer SchulkulturLehrkräfte und Schülerinnen sowie Schüler entwickeln gemeinsam Schritt für Schritt dieSchulkultur.20


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelNicht die einzelnen Maßnahmen zur Gewaltprävention sind die entscheidenden, sondernein abgestimmtes Gesamtkonzept wirkt sich positiv auf das Gewaltverhalten von Kindernund Jugendlichen aus. Dabei ist der Diskurs mit der Entwicklung eines Schulethos vongrundlegender Bedeutung.• Das Schulethos (bzw. eine Schulcharta) ist etwas anderes als eine Hausordnung:Alle haben miteinander im Konsens abgestimmt und entschieden, von welchenÜberzeugungen und Einstellungen das gemeinsame Zusammenleben in der Schulegeprägt sein soll. Dies wird dann schriftlich formuliert und in verabredeten Abständen,z. B. wenn eine neue Generation von Schülerinnen und Schülern in die Schuleeingeschult wird, überarbeitet.• Die Schulqualität einer guten Schule ist geprägt durch eine individualisierte undkooperative Lernkultur, die didaktische Kompetenz der Lehrkräfte sowie ihre Integrations-,Kommunikations- und Partizipationsfähigkeit. Die Schule stellt Gelegenheitsstrukturenzur Verfügung, in denen die Schülerinnen und Schüler Demokratie lernenund leben. Attraktive inhaltliche und räumliche Lernarrangements runden das Bild ab.Kooperation im Stadtteil / in der KommuneGewalt wird nicht nur in der Schule, sondern auch im Umfeld produziert.• Gewaltpotenzial kommt auch aus der Umgebung in die Schule. Aus diesem Grunde istdie Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Familien- und Jugendhilfe, aber auch mitVereinen notwendig. Die Erarbeitung eines kommunalen Präventionskonzepts istunabdingbar.• Außerschulische Lernorte und die Verantwortungsübernahme von Schülerinnen undSchülern in der Gemeinwesenarbeit sind außerordentlich wertvolle Kooperationsprojekte,die einen hohen präventiven Charakter haben.Unterstützungund Beratung• Hilfe, Unterstützung, Beratung und weiterführende Materialiensind im Kapitel 8 zu finden.21


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelPrimärprävention in der GrundschulePrimärprävention beginnt im Elternhaus,in der Kindertagesstätte und wird imschulischen Bereich in der Grundschulefortgesetzt. Wenn in diesem Prozess inder Grundschule sich eine Kontinuitätentwickelt, wird die Gewalt in der Grundschulekaum Fuß fassen.• Die Förderung der Ich-Stärke und dieEntwicklung der sozialen Kompetenzbei Kindern wirken ebenso präventivwie die Entfaltung der Fähigkeit,Konflikte konstruktiv auszutragen. Beider Jungenförderung ist die Ich-Stärkungvon besonderer Bedeutung.• Lehrkräfte arbeiten in der Grundschulepräventiv, wenn sie die Lernfreude,Leistungsbereitschaft, Selbstständigkeit,soziale Sensibilitätstärken, aber auch den KindernVerantwortung übertragen und sie anEntscheidungen teilhaben lassen.• Von großer präventiver Bedeutung ist,dass Kinder die Regeln bzw. Ritualefür ihr Zusammenleben in der Klasseund der Schule eigenständig und auf„Augenhöhe“ partizipativ entwickeln.Bei Nichteinhaltung für sich und dieMitschülerinnen und -schüler werdenanstelle von Bestrafung durch dieLehrkräfte eigene Möglichkeiten derWiedergutmachung wirkungsvoll fürdie Täter bzw. Täterinnen eingesetzt.• Kindern, denen es schwerfällt, Regelneinzuhalten, werden erfolgreich durchLehrkräfte unterstützt, indem siebesondere Wertschätzung erhalten.Bei Einhaltung kleiner Regeln werdensie besonders gelobt. Das wirkt alspositive Verstärkung besser als eineder üblichen Sanktionen.• Die Einschätzung und Bewertung vonKonflikten durch die Schülerinnen undSchüler und Lehrkräfte gemeinsamwerden zunehmend in die Verantwortungder Schülerinnen und Schülerübergeben.• Die Einführung des Klassenrates inden ersten Grundschuljahren hat sichals erfolgreich erwiesen.• Konflikte beginnen zunächst alsMissverständnisse oder harmloseMeinungsverschiedenheiten, skalierenaber bei einem destruktiven Umgang.Wenn Kinder die Möglichkeit haben,ihre Gefühle zu reflektieren, könnenKonflikte eine Chance werden,konstruktiv mit Gefühlen und Konfliktenumzugehen.• Um Möglichkeiten zu eröffnen, mitKonflikten klärend umzugehen, ist dieallgemeine Konfliktkompetenz zuerweitern. Dazu gehören insbesondereeine Sensibilisierung der Wahrnehmungdafür, wo es Konflikte gibt,und das Verständnis, warum dieseentstanden sind, sowie das Kennenlernenvon Methoden, die andereWege aufzeigen, mit Konfliktenumzugehen.• Bereits Kinder der Vorschule und derersten Jahrgangsstufe 10 könnenKonflikte mediativ klären. Schulmediationist erfolgreich, wenn es insgesamtein Klima der konstruktivenKonfliktklärung in der Schule gibt.Programme zum sozialen Lernenunterstützen diesen Prozess.• Kinder brauchen aber auch Zeiten undOrte zum Sammeln von lustvollenKörpererfahrungen 11 und zum Ausagierenvon Aggressionen. So kannz. B. bei einem Wutanfall auch einritualisierter Ringkampf eine Konfliktlösungbieten.• Ein Toberaum bietet eine wirksameUnterbrechung des Unterrichts, dennnach einer Kraftanstrengung ist eineneue Konzentrationsphase wiedermöglich. Somit wird Störungen undAggressionen entgegengewirkt.1011Hannah Sibylle Wennekers: TuT - Trenner undTröster - Schulanfänger lotsen durch Konflikte;Gewaltprävention im Miteinander, Verstehen undHandeln X. Senatsverwaltung für Bildung,Wissenschaft und Forschung, Berlin 2007;www.berlin.de/sen/bwf S. 13 ff.Preuss-Lausitz, Ulf: Mehr Gewalt in die Schule!?In Pädagogik 51. Jahrgang, Heft 1/1999, S. 25ff.22


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelPrävention und Intervention in Schulen der Sekundarstufe IDurch den Übergang in die Sekundarstufe lassen die Kinder ihr gewohntes soziales Netzhinter sich, was gerade denjenigen, die bereits sekundärpräventiv bedürftig sind, wenigentgegenkommt. Deshalb sind alle Möglichkeiten, die ein neues soziales Klima in derJahrgangsstufe 7 stabilisieren, gewaltpräventiv. Die Jungenförderung hat besondereBedeutung.• Durch eine Schulcharta bzw. durch ein Schulversprechen wird ein offener Diskurs zurVermeidung von Gewalt prägend für ein Leitbild der Schule.• Das schulumfassende Präventionsprogramm nach Olweus ist wirkungsvoll.• Eine Einführungswoche zu Beginn der Jahrgangsstufe 7 bietet den Schülerinnen undSchülern die Möglichkeit, Kommunikations- und Kooperationsformen miteinander zuentwickeln, die einen störungsfreieren Unterricht ermöglichen.• Gemeinschaftserlebnisse (Feste, Fahrten, Unternehmungen) sowie gemeinsam entwickelteRegeln und festgelegte Rituale bei einer Regelübertretung festigen das sozialeVerhalten der Schülerinnen und Schüler.• Die Verankerung eines Curriculums zum sozialen Lernen in der ganzen Schule istgewaltpräventiv. Dazu gehören auch Programme zum sozialen Lernen.• Die Lehrkräfte schaffen durch geeignete Unterrichtsmethoden, wie Individualisierung undpartizipativ-kooperatives Lernen ein friktionsfreieres Lernklima.• Die Lehrkräfte arbeiten mit wertschätzender Haltung und Vermeiden von Etikettierungenpräventiv.• Die Lehrkräfte übergeben den Schülerinnen und Schülern fortlaufend mehr Verantwortungund lassen sie stärker partizipativ aktiv werden.• Die Schülerinnen und Schüler erarbeiteten Regeln für das Zusammenleben in derKlassengemeinschaft/Jahrgangsebene, überlegen sich geeignete Sanktionen, wenn dieRegeln nicht eingehalten werden, und achten gemeinsam auf die Einhaltung.• Die Schülerinnen und Schüler lernen wertschätzende und gewaltfreie Kommunikationund üben den achtsamen Umgang mit den eigenen Gefühlen.• Die Schülerinnen und Schüler klären Konflikte durch Schulmediation.• Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung durch die Einführung desKlassenrates und übernehmen Verantwortung für sich und die Gemeinschaft durchService learning.• Die Schülerinnen und Schüler führen verantwortlich Ämter in der Klasse, im Jahrgangund in der gesamten Schule aus.In der Sekundarstufe I sind dennoch Maßnahmen zur Intervention unumgänglich.• Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung bei Mobbing und Gewalttätigkeitvon Mitschülerinnen und -schülern, indem sie nicht wegschauen, um die Gewaltspiralezu unterbrechen.• Sie entwickeln gemeinsam mit den Lehrkräften für die kleine und große Gewalt Lösungenund einen Maßnahmenkatalog der Wiedergutmachung.• Sie unterstützen die Interventionsarbeit, indem sie sich konsequent zur Gewaltlosigkeitbekennen. Gewalt ihrer Mitschülerinnen und -schüler ist unakzeptabel.• Bei harten Konflikten und bei Gewalttaten wird unmittelbar nach einem verabredetenVerfahren eingegriffen, damit auf Täter unmittelbar eingewirkt wird und den Opferndirekte Hilfe zukommt. So ist für alle klar, dass sofort eingegriffen wird und Gewalt keineAkzeptanz hat und sanktioniert wird.• Antiaggression- und Coolness-Training 12 erzielen deutliche Erfolge besonders beiJungen und jungen Männern.12 Gall, Reiner: Ziele und Methoden des Coolness-Trainings (CT) für Schulen. In: Kilb, Rainer; Weidner, Jens; Gall, Reiner:Konfrontative Pädagogik in der Schule: Anti-Aggressivitäts- und Coolnesstraining. Weinheim, München 2006, S. 93-106.22


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelNachhaltige UnterstützungDie Landesregierungen in Berlin und Brandenburg haben gesetzlich verankert, dass dieSchule den Schutz der körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Schülerinnen undSchüler sicherzustellen hat. Es gibt nicht den „einen“ Weg, wie alle Beteiligten in denSchulen den Konsens zur Zielerreichung herstellen, aber durch die fünfjährige Auseinandersetzungmit der Lern- und Schulkultur in dem Schulentwicklungsansatz des BLK-Programms „Demokratie lernen und leben“ sind eine demokratische Schul- und Lernkultur inden vielfältigen Facetten der Ergebnisse erfahrbar geworden. Dies kann als ein Beitrag zueiner nachhaltigen Unterstützung gewertet werden.Partizipation in der Schule hat in diesem Programm Gestalt angenommen. Damit sich anjeder Schule eine nachhaltige wertschätzende Schulkultur entfaltet, die die Rechte derKinder und die Rechte von Lehrkräften gleichermaßen schützt, braucht jede SchuleMenschen, die bereit sind, die Initiative zu ergreifen und Mitstreiterinnen und Mitstreiter zugewinnen.Nachhaltig wird die Unterstützung durch den systemischen Ansatz auf mehreren Ebenen ineiner Schule:• auf der individuellen Ebene,• auf der Ebene der Klasse,• auf der Schulebenesowie durch die Anerkennung einer Führungshaltung von Lehrkräften sowie der Schulleitung.Die Lehrkräfte sind als Berater, Moderatoren, Lernbegleiter (Facilitator 13 ) und alsFührungspersonen gefragt, die Verantwortung an die Schülerinnen und Schüler delegierenkönnen. Die Schulleitung hat eine innovative Verantwortlichkeit und ist gut beraten, wenn sieihr Kollegium durch Fortbildungsangebote wie Supervision, Coaching, Fallberatung etc.unterstützt und dafür sorgt, dass die Kolleginnen und Kollegen gegenseitig hospitieren undsich ein Feedback geben können. Dieser berufsbegleitende Professionalisierungsprozessunterstützt die Lehrkräfte und verhindert bzw. reduziert das Burnout-Syndrom im Kollegium.Erfolgreiche Präventionsbemühungen fangen dort an, wo sich die einzelne Lehrkraft aus derRolle des Wissensvermittlers in eine Rolle eines Lernprozessbegleiters begeben kann, derEmpathie, Achtung und Wertschätzung als Grundsatz hat. Dabei kann die Methode 14 , diePerson und Thema strikt trennt („weich zum Menschen und hart in der Sache"), sehrerfolgreich sein. Es ist auch möglich einen Dritten, einen Mediator, zur Konfliktentschärfungeinzuschalten. Eine aktuelle Meta-Analyse 15 aus den USA kommt zu Ergebnissen, vondenen an dieser Stelle nur zwei wesentliche benannt werden. Programme, die sich auf diegesamte Schulumwelt beziehen, sind nach den Auswertungen als sehr effektiv einzuschätzen,insbesondere auch im Hinblick auf die Reduzierung von Drogenkonsum undGewalt (Delinquenz). Des Weiteren sind die Ansätze Erfolg versprechend, die sich denAufbau und die Unterstützung von Selbstkontrolle und sozialer Kompetenz zum Ziel gesetzthaben.131415Facilitating. 20 Fragen als Hilfe für die Unterrichtsplanung. (aus: Löhr 1997, S. 43) http://www.kiko.de/blk/praxis_kultur_methodenaz_total.htmlDie Autoren des sog. Harvard-Konzepts entwickelten in einem Nachtrag zur Darstellung der Methode weitere Techniken fürHärtefälle, Grenzfälle und scheiternde Verhandlungen. Diese Methode, die an Win-Win angelehnt ist, trennt Person undThema strikt („weich zum Menschen und hart in der Sache"), siehe auch: Erst Nachdenken, dann Handeln, S. 36PIT Brandenburg – Prävention im Team Ludwigsfelde 200724


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelWas bedeutet das auf der individuellen Ebene?• Wertschätzung anstatt dauernde Bewertung,• Ermutigung bei Fehlern,• Kultur der gegenseitigen Anerkennung (auch Anti-Bias-Training 16 ),• Persönliche Verantwortungsübernahme,• Übertragung von Ämtern und Ehrenämtern,• Respekt-Training,• Training und Trainingsprogramme zum sozialen Lernen insbesondere auch für Schüler,• Täter-Opfer-Ausgleich,• Coolness-Training 17 bzw. Anti-Aggressivitätstraining 18 besonders zur Jungenförderung,• Verfassen von eigenen Lernverträgen zur Verbesserung einer eigenen Haltung mit eineErfolgsüberprüfung nach einigen Wochen durch einen Freund/eine vertraute Lehrkraft,• Schüler-Schüler-Feedback; Lehrkräfte-Schüler-Feedback,• Jungenförderung z.B. durch spezifische Aktivitäten, wie z. B. Schüler lesen in der KITAvor; Schüler arbeiten in jungenunspezifischen Arbeitsfeldern wie z. B. Mitwirkung beimCatering, Streitschlichter etc. und spezifischen Arbeitsgruppen.Was bedeutet das auf der Ebene der Klasse?• Regeln in der Klasse einschließlich Sanktionen und Wiedergutmachungen,• Kommunikations- und konstruktives Konfliktklärungstraining,• Teamarbeit,• Schulmediation,• Klassenrat.Was bedeutet das auf der Schulebene?• Regeln auf Schulebene gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöheerarbeiten und in festgelegten Zeitabständen auf die Machbarkeit und Umsetzungeinschließlich Sanktionen und Wiedergutmachungen überprüfen.• Kooperative Instrumente wie z. B. Befragungen, Klassen- und Konfliktmediation und die„No Blame Approach“-Methode 19 im Schulprogramm verankern.• Präventiv und nachhaltig wirken nur Schulentwicklungsmaßnahmen, die als Mehrebenenprogramme(Olweus-Programm) im Schulprogramm verankert sind.• Feedbackprozesse werden in der gesamten Schule etabliert.• Aushandlungsprozesse werden in der Schule ermöglicht.• Sportliche Aktivitäten für Jungen, die besondere Fairness erfordern.Alle diese Lernarrangements und Programme intendieren, die personale und die sozialeKompetenz von Schülerinnen und Schülern zu stärken, wertschätzende und gewaltfreieKommunikation als Grundlage einer partizipativen Lern-, Unterrichts- und Schulkultur zuetablieren, eine offene Atmosphäre und faire konstruktive Gesprächs- und Streitkultur zuermöglichen.16Der Ansatz setzt sich mit Vorurteilen und Diskriminierungen erfahrungsbezogen auseinander.17Der Trainingsansatz für Jugendliche basiert auf der Grundlage der konfrontativen Pädagogik.18Das Anti-Aggressivitäts-Training dient dem Zweck, aggressive Verhaltensweisen vorzubeugen oder abzubauen.19Diese Methode wird in der Berlin-Brandenburger Anti-Mobbing-Fibel erklärt.25


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelGewaltprävention und SchulentwicklungGewaltprävention ist in der einzelnen Schule nur dann nachhaltig wirksam, wenn alleBeteiligten sich dem Problem stellen und es nicht unter den Tisch kehren. Da das Gewaltproblemein phänomenologisches Kinder- und Jugendproblem und vor allem auch einJungenproblem ist, wird es in jeder Schule zu Gewaltvorfällen kommen. Der Ruf einer gutenzukunftsfähigen Schule hängt nicht davon ab, wie wenig Gewaltvorfälle an die Öffentlichkeitgeraten, sondern wie die Akteure der Schule offensiv gewaltpräventiv damit umgehen undwelche schulumfassenden Maßnahmen im Schulprogramm verankert werden. Erfolg versprechendsind die Integration und Kooperation der vorhandenen Programme undRessourcen in einem nachhaltigen Schulkonzept.Allerdings sind auch die kleinen Schritte, wenn diese von allen gestaltet werden, bereitswirkungsvoll und sind ein Anfang für ein Schulkonzept.So kann z. B. ein erster Schritt in einer Kennenlernwoche aller Schülerinnen und Schüler des7. Jahrgangs ein Projekttag zum sozialen Lernen, einem Kommunikations- bzw. Konfliktlösungskursbestehen.Nachhaltige Schritte in einem SchulentwicklungsprozessDer erste SchrittDer erste nachhaltige Schritt, gewaltpräventiv in der Schule zu agieren, ist die Bestandsaufnahmebereits vorhandener gewaltpräventiver Maßnahmen bzw. eine Analyse des Ist-Standes. Dies ist durch die Vier-Felder-Analyse mit einem geringen Zeitaufwand zu realisieren.Ein vorgeschobener bzw. gleichzeitiger Schritt kann die Information über mögliche gewaltpräventiveMaßnahmen in Lehrkräftekonferenzen, Elternversammlungen und Schülerkonferenzensein. Hier können bereits die ersten Aushandlungsprozesse stattfinden, welcheWege gegangen werden sollen.Eine durch die Schulkonferenz legitimierte Gruppe von Lehrkräften, Eltern und Schülernsammelt in einem moderierten Gespräch mit Beraterinnen bzw. Beratern aus den staatlichenUnterstützungssystemen der regionalen Fortbildung 20 bzw. durch Berater auf Honorarbasisden Ist-Zustand und den Soll-Zustand, um dann im weiteren Verfahren Zielsetzungen underste Schritte von Maßnahmen in einem Projektplan festzulegen.Das Vorgehen wird auf einer großen Pinnwand visualisiert (s. Abbildung), dokumentiert undmündet in einem Projektstrukturplan, der von der durch die Schulkonferenz legitimiertenGruppe im Prozess gesteuert wird. Auch hier können Prozessberater aus dem Unterstützungssystemder regionalen Fortbildung hilfreich beraten.20Diese Berater werden in beiden Verwaltungen unterschiedlich bezeichnet: Für Berlin gilt der Begriff: „Multiplikatoren“, fürBrandenburg „Berater“.26


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelVierfelderanalyseIstWas haben wir erreicht?StolpersteineWas behindert uns?SollWas sind unsere Ziele?ProjektplanWelche ersten Schritte von Maßnahmenwollen wir festlegen?Waskann das LISUM bzw. dasUnterstützungssystem beitragen?In dem Projektplan sind die 7 W-Fragen von Bedeutung:Für wen? Warum? Wer?Wozu? Was? Wie? Womit?Der zweite SchrittIm zweiten Schritt werden die einzelnen Maßnahmen in der Priorität verabredet. Dabei ist eserfolgversprechend, wenn nicht zu viele Projekte nebeneinander laufen. Die Aktivitäten dieVerantwortlichkeiten sowie die Zeiten werden in dem Projektstrukturplan festgelegt. DieUmsetzung ist fortlaufend zu prüfen. Dabei hat die Steuergruppe eine verantwortungsvolleAufgabe: Sie behält den verabredeten Zeitplan im Auge und reflektiert mit den Akteuren dieStolpersteine, um ggf. nachzusteuern.Der dritte SchrittIn einem dritten Schritt sollte jede Maßnahme des Projektplans evaluiert werden. Hilfreich istauch die Einbeziehung von Experten aus den Unterstützungssystemen, die mit ihrenErfahrungen die schulinterne Arbeit unterstützen können. Wird die Maßnahme als erfolgreichbewertet, sollte diese im Schulprogramm verankert werden, um somit nachhaltig im Schulalltagwirksam zu werden. Dann können weiteren Schritte nach dem gleichen Verfahrengeplant werden.Gewaltprävention bedarf einer kontinuierlichen Reflexion im Rahmen von Schulentwicklung.Eine schulinterne Steuergruppe ist für die Nachhaltigkeit des Prozesses verantwortlich.Beratung und Unterstützung von außen durch die bereits erwähnten Beraterinnen undBerater sind erfahrungsgemäß hilfreich und werden nicht als Schwäche, sondern alsProfessionalität ausgelegt.27


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelVon anderen lernen – das schulumfassende Präventionsprogramm nach Olweus 21 /Anti-Bullying-ProgrammDie Akteure der Schule können für die eigene Schulentwicklung aus vorliegendenErfahrungen lernen:„Prävention ist in der Schule am erfolgreichsten, wenn sie nicht durch Aktionismus, sonderndurch die Gestaltung von Schulentwicklungsprozessen geprägt ist.“Hierzu kann der Norwegische Psychologe Dan Olweus gewissermaßen ein Pate sein. Erentwickelte in den achtziger Jahren ein schulumfassendes Programm zur Gewaltpräventionund -intervention gegen Gewalt (Bullying), nachdem er umfangreiche Längsschnittuntersuchungenin norwegischen Schulen zur Gewalt durchgeführt hatte.Zielsetzung des Programms ist eine Reduzierung mittelbarer und unmittelbarer Gewalt unddie Verbesserung der Beziehungen unter den Schülerinnen und Schülern. Es sollen Bedingungengeschaffen werden, die sowohl Opfern als auch Tätern ein besseres Auskommenmiteinander innerhalb und außerhalb der Schule möglich machen. Die Förderung undErweiterung der sozialen Kompetenz sowie die Entwicklung des Schulklimas sindZielsetzung insgesamt.Dan Olweus beschreibt die „Hauptbestandteile” seines Programms sinngemäß wie folgt:Es ist schon bemerkenswert, wie oft Schulleiterinnen und Schulleiter und Kollegen betonen,dass es an ihrer Schule keine Gewalt gibt, obwohl doch Hänseleien, Rangeleien, aber auchdas Verprügeln von Mitschülerinnen und -schülern zum Schulalltag gehören. Deshalb istOlweus der Auffassung, dass Problembewusstsein und Betroffensein der Lehrkräfte und zueinem gewissen Grad auch der Eltern Voraussetzungen sind für den Erfolg von Präventionund Intervention.Diese Erkenntnisse sind identisch mit denen aus der Organisationsentwicklung und derSchulentwicklung. Olweus hatte im Zusammenhang mit seinen Längsschnittuntersuchungeneinen umfangreichen Fragebogen zur Ist-Analyse entwickelt. Da die einzelne Schule keineSchulforschung betreibt, kann sie selbstverständlich einen eigenen Fragebogen entwerfen,der den gleichen Zweck erfüllt bzw. sich durch externe Beratung unterstützen lassen undggf. auf die Schulsituation zuschneiden.Eine einfache und besonders wirksame Art, diese Ziele zu erreichen, ist eine anonymeFragebogenuntersuchung unter den Schülerinnen und Schülern zum Themenkreis„Aggression und Gewalt” an ihrer Schule. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen imRahmen eines Pädagogischen Tages „Gewalt und Gewaltprävention in Schulen” vorgestellt,interpretiert und im Hinblick auf schulische Konsequenzen diskutiert werden. Führt der„Pädagogische Tag” zu dem Ergebnis, dass zur Gewaltprävention schulische Maßnahmennotwendig sind, sollten diese in einer Schulkonferenz beraten und als Bestandteile in dasSchulprogramm aufgenommen werden. Die von Olweus vorgeschlagenen Maßnahmenwurden aufgrund seiner Forschungsergebnisse für die Ebene der Schule, der Klasse und dereinzelnen Person entwickelt.21Olweus wie 8.28


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelIm Überblick stellt sich das Interventionsprogramminsgesamt wie folgt dar:Schulebene Klassenebene Individuelle Ebene• verbesserte Pausenaufsicht• Gestaltung des Schulhofeszu einem attraktiven Platzvon Begegnung mit TobeundRuheflächen• Kontakttelefon• Konfliktsprechstunde bzw.Mediationsraum• Entwicklung der Schulkultur• Treffen von Lehrkräften undEltern• Lehrkräftegruppen für dieEntwicklung eines positivenSchulklimas• Elterngesprächskreise (LernundDiskussionsgruppen)• gemeinsame Erarbeitungvon Klassenregeln gegenBullying• Klarstellung, Lob,Sanktionen• Wertschätzung• Opfer-Täterausgleich• Wiedergutmachung• Aufarbeitung von Konfliktendurch Aufstellung• regelmäßige Klassentreffen• kooperatives Lernen• Treffen von Lehrkräften undEltern/Kindern• allgemeine positiveTätigkeiten; Rollenspiele• intensive Gespräche mitSchlägern und Opfern• intensive Gespräche mitEltern von beteiligtenKindern• phantasievolle Maßnahmenseitens der Lehrkraft• Hilfe von 'neutralen'Schülerinnen bzw.Schülern• Ratschläge für Eltern(Elternbroschüre)• Diskussionsgruppen mitEltern von Schlägernund von Opfern• letztes Mittel: KlassenoderSchulwechselBeratung und UnterstützungInteressierte Schulkonferenzen können sich Berater aus dem Unterstützungssystem zurSchulkonferenz einladen, um sich über das Programm informieren zu lassen. Aufgrund derpositiven Wirkungen, die das Präventionsprogramm von Dan Olweus hat, sind dieseErfahrungen mittlerweile auch in anderen Ländern 22 mit Erfolg erprobt worden. Jede Schuleist mit ihren Bordmitteln in der Lage, die von Dan Olweus entwickelten Vorschläge in deneigenen Schulalltag zu implementieren. Eltern können sich als Gruppen pädagogisch durchdas LISUM beraten lassen.Unterstützungund Beratung• Hilfe, Unterstützung, Beratung und weiterführende Materialiensind im Kapitel 8 zu finden.22Ferstl, R.; Niebel, G. Hanewinkel, R.: Gutachterliche Stellungnahme zur Verbreitung von Gewalt und Aggression an Schulenin Schleswig-Holstein. Eutin 1993; Hanewinkel, R.; Knaack, R.: Mobbing: Gewaltprävention in Schulen in Schleswig-Holstein. Kiel 199729


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelGewaltprävention durch soziales und kooperativesLernenKinder und Jugendliche entwickeln ihre sozialen und personalen Kompetenzen in derFamilie, in der Peergroup und überall, wo sie sozial lernen können; aber nur in dem Kindergartenund in der Schule kann ein gezieltes Kompetenztraining für alle Kinder gleichermaßenstattfinden. Besonders für Kinder, die im Elternhaus nicht umfassend gefördert werden, istdiese schulische Fokussierung von größter Bedeutung für ihre Entwicklung.Zwar ist die Entwicklung von personaler und sozialer Kompetenz Bestandteil des Lernensund in den Rahmenlehrplänen in Berlin und Brandenburg fest verankert, dennoch zeigen dieSchulvisitations- bzw. -inspektionsergebnisse 23 , dass es noch einen umfassenden Modernisierungsbedarfgibt.Kooperatives Lernen steht für ein bestimmtes Lehr- und Lernkonzept, das darauf abzielt, inkoordinierten und konstruktiven Partnerarbeiten eine gemeinsame Lösung für ein vorgegebenesProblem zu finden. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich beim Lernen gegenseitigunterstützen und gemeinsam zu Ergebnissen gelangen. Die Methoden des kooperativenLernens trainieren soziale Kompetenzen und vermitteln ein problemorientiertes Denkenund Handeln.Curriculum zum sozialen und kooperativen LernenUm das Gewaltpotenzial in der Schule zu mindern, ist es erfolgversprechend, das sozialeund kooperative Lernen durch ein Curriculum zum sozialen und kooperativen Lernen imSchulprogramm zu verankern.Dabei entwickeln die Schülerinnen und Schüler folgende Kompetenzen• Fähigkeit zur Selbst- und Fremdwahrnehmung,• Fähigkeit zum Umgang mit Gefühlen,• Fähigkeit zu Perspektivübernahme und Empathie,• Kommunikationsfähigkeit,• Kooperationsfähigkeit,• Fähigkeit zu konstruktiver Konfliktbewältigung,• Fähigkeit zum vorurteilsbewussten Lernen,• Fähigkeit zum geschlechterbewussten Lernen.die dem Alter der Schülerinnen und Schüler entsprechend nach Jahrgangsstufen und Unterrichtsfächerndurch die Fachkonferenzen ausgewiesen werden. Soziales und kooperativesLernen findet im Unterricht, d. h. in jedem Unterrichtsfach statt. Darüber hinaus ist es hilfreich,wenn in der Schulorganisation auch entsprechende Zeiteinheiten ausschließlich demsozialen Lernen, z. B. der Klassenratsstunde oder den Programmen zum sozialen Lernengewidmet sind.23Schulinspektion (Berlin); Schulvisitation(Brandenburg)30


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelDie Einführung dieses Curriculums kann nach den folgenden Schritten erfolgen:BestandsaufnahmeZiel‐ undSchwerpunktsetzungProjektplanVerabredungenDabei sollten die nachfolgenden 10 Grundgedanken aufgenommen werden:Ein schulinternes Curriculum zum sozialen und kooperativen Lernen• ist systematisch – sowohl in der zeitlichen Abfolge als auch im inhaltlichen Aufbau(vom Leichten zum Schweren, vom Einfachen zum Komplexen), nach diesem Prinzipwerden einzelne Bausteine miteinander verknüpft,• folgt lernbiologischen und -psychologischen Prinzipien (altersgemäße Inhalte,Vermittlung in kleinen Portionen, gehirngerechtes Lernen, ständiges Wiederholenund Vertiefen),• ist spiralcurricular aufgebaut (die Inhalte werden im Laufe eines Schuljahres undjeweils von Schuljahr zu Schuljahr systematisch wiederholt und vertieft),• ist leicht praktikabel (keine langen Einarbeitungszeiten, leichte Umsetzbarkeit),• ist fachübergreifend und integrativ (die Lerninhalte lassen sich auf die einzelnenFächer übertragen; die Leitfrage lautet: Was befähigt Schülerinnen und Schüler,in allen Fächern effektiv zu lernen?),• ist handlungsorientiert,• ist erfahrungsorientiert (Schülerinnen und Schüler erkennen und verstehen bestimmtelernpsychologische und -biologische Abläufe und Zusammenhänge durch eigenes Tunund Experimentieren),• integriert unterschiedlichste Formen selbst reflektierenden und kooperativen Lernens alsgrundlegendes Lernprinzip,• ist für alle Lehrkräfte der Schule verbindlich,• beinhaltet somit Verantwortlichkeit (die Umsetzung, also Lernfortschritt und -erfolg, bleibtnicht dem Zufall überlassen, sondern liegt in der Verantwortung einer Lehrkraft).31


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelEin Beispiel für die Jahrgangsstufe 7Schulen der Sekundarstufe I sollten den Schülerinnen und Schülern einen sozialintegrativenEinstieg ermöglichen, indem in den ersten Wochen verstärkt durch Phasen des sozialenLernens eine gute Arbeitsgrundlage für ein gemeinsames kooperatives, effektives Lernengeschaffen wird. Ein mögliches Beispiel 24 wird hier vorgestellt:TeamentwicklungSelbst- undFremdwahrnehmungKommunikationUmgang mitKonfliktenAugust/SeptemberKennenlernwocheund RitualeStärken /SchwächenKlassenregeln,GesprächeVerhaltensregeln fürKonfliktsituationenPartizipation- undVeranwortungsübernahmeKlassensprecherwahlKlassenämterEinführungKlassenratOktober/NovemberDezember/JanuarFebruar/MärzGemeinsam sind wir stark – Arbeiten in undmit der GruppeGefühleausdrückenMädchen- und JungenprojekteArbeit mit Klassenregeln und (individuellen)Vereinbarungen/ Feedback geben und erhaltenfair streiten, Ehrenkodex fürSchülerEskalation/DeeskalationApril /MaiJuni/JuliJungen werdenTeamplayerTheaterprojekt,auch getrenntnachGeschlechternRaumgestaltung kooperatives Lernen sozialesEngagementArbeit mit dem KlassenratLeistungsbewertung im UnterrichtZusammenarbeitmit den ElternFortbildungen fürLehrkräfteEinbeziehung vonKooperationspartnernMädchen undJungen – welcheErziehungszielesind mir wichtig?Kinder stärken –aber wie?Lernen lernen Lernvertrag Portfolio Logbuch weiteres s.VerantwortungsübernahmeKommunikationin derFamiliekonstruktivgestaltenInfobriefeElternstammtischpassend zu den Schwerpunktsetzungen des Curriculums zum sozialen Lernen: z. B.:Kommunikationstraining, fair streiten, Methoden des kooperativen Lernenspassend zu den Schwerpunktsetzungen ist zu prüfen, welche Kooperationspartner ausdem Kiez/der Gemeinde hinzugezogen werden können.24leicht verändert nach Elke Klein: Neue Wege entstehen beim Gehen – ein schulinternes Curriculum zum sozialen Lernen.Aus GanzGut 3, Serviceagentur Ganztag, kobra.net 09.07, Potsdam32


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelSchulmediationMediation als Methode der gewaltfreien Konfliktbearbeitung strebt mithilfe einer allparteilichendritten Person bei Konflikten win-win-Lösungen an. Dieses Verfahren wurde ausjuristischen Schiedsverfahren in den 90er-Jahren auf die Schule übertragen. Evaluationenhaben ergeben, dass eine Gelingensbedingung für die Mediation das programmatische Zieleiner wertschätzenden Schulkultur ist.In der Schullandschaft hat sich der Begriff „Schulmediation/Streitschlichtung 25 “ etabliert. Ineiner Ausbildung (mind. 40 Std.) erlernen die Schülermediatorinnen bzw. -mediatorenKommunikations- und Mediationsmethoden wie z. B. „aktiv zuhören“, „offene Fragen stellen“,„spiegeln“ und „paraphrasieren“. Das Konfliktklärungsgespräch ist für die Kontrahenten(möglichst) freiwillig und verläuft nach einem definierten Ablauf. Die Schülerinnen bzw.Schüler, die im Konflikt stehen, erarbeiten sich mit Unterstützung der Schülermediatorinnenbzw. -mediatoren eine für sie akzeptable Lösung. Diese wird verbindlich durch eine Vereinbarunggeregelt und nach einem mehrwöchigen Zeitraum auf Einhaltung überprüft.Weitere Gelingensbedingungen sind, dass ein bis zwei besonders qualifizierte Kolleginnen/Kollegen die Streitschlichter/-innen der Schule coachen, ein Raum für die Gesprächeeingerichtet ist und die Klärungsgespräche auch während der Unterrichtszeit geführt werdenkönnen.Mediation an Schulen ist dann erfolgreich, wenn• Schulleitung und Kollegium das Modell aktiv unterstützen,• entsprechende Rahmenbedingungen (z. B. Bereitstellung eines Raumes, Informationund Werbung, Kontinuität, Anerkennung, Entlastung der Betreuer; Unterrichtsbefreiungfür die Konfliktschlichterinnen und -schlichter, Anerkennung ihrer Arbeit – Zertifikat,Urkunde etc.) gewährleistet sind,• mind. zwei Lehrkräfte über Mediationskompetenzen verfügen,• alle Schülerinnen und Schüler Kenntnisse in Mediation/konstruktive Konfliktlösungerlernen können,• eine gute Ausbildung gegeben ist,• die Schülermediatorinnen und -mediatoren bzw. Streitschlichterinnen und -schlichterdurch Lehrkräfte begleitet und beraten werden,• wenn Eltern und andere Partner in die Arbeit einbezogen werden,• wenn Mediation Bestandteil einer gewaltpräventiven Schulentwicklung in der jeweiligenSchule ist.25In Berlin hat sich maßgeblich das Konfliktlotsenmodell von Ortrud Hagedorn durchgesetzt.33


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelBevor der Prozess der Verankerung der Streitschlichtung in der Schule beginnt, sollten eineAnalyse der Ausgangssituation 26 der Schule in Bezug auf das Umgehen mit Gewalt undGewaltprävention und eine Festlegung von Maßnahmen in den schulischen Gremienerfolgen.Folgende Prozesse sind für die Verankerung der Schulmediation wichtig:InformationsveranstaltungBeschlussfassungQualifizierung inSchulmediationSchulinterne FortbildungSozialkompetenztrainingAusbildung derStreitschlichterProjekt‐ bzw. SteuergruppeeinrichtenGrundkurs MediationUmsetzung1. InformationsveranstaltungUm eine fundierte Entscheidung über die Einrichtung von Streitschlichtung zu treffen,ist es notwendig, dass alle Lehrkräfte, die Schüler- und Elternvertretung über Schulmediationals gewaltpräventive Maßnahme informiert werden.2. Schulinterne FortbildungHier sollten alle Lehrkräfte teilnehmen, da der Prozess die gesamte Schule betrifft.3. Projekt- bzw. Steuergruppe einrichtenDa die Verankerung der Streitschlichtung als Prozess zu betrachten ist, lehren dieErfahrungen, dass es sinnvoll ist, eine Projektgruppe einzurichten bzw. der bestehendenSteuergruppe diese Aufgabe zu übertragen.4. Grundkurs MediationDamit die Schulmediation umfassend in der Schule insgesamt verankert wird, ist essinnvoll, dass möglichst alle Lehrkräfte einen Grundkurs in konstruktiver Konfliktklärungbesuchen. Schulmediation ist nur wirksam, wenn sich im Lehrkräftekollegiumein umfassendes Verständnis für konstruktive Konfliktklärung entwickelt.5. SozialkompetenztrainingAuch bei den Schülerinnen und Schülern entwickeln sich durch ein gezieltes TrainingKonfliktlösekompetenzen, die die Akzeptanz von Streitschlichtung erhöhen.26z. B. Vierfelder-Analyse, s. Gewaltprävention und Schulentwicklung, S. 2634


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel6. BeschlussfassungDie entsprechenden Gremien sollen die Etablierung von Streitschlichtung in derSchule und die notwendigen Voraussetzungen wie Stundenentlastung für die verantwortlichenLehrkräfte, die Einrichtung eines Schlichterraums und die Akzeptanz, dassdie Streitschlichtung auch während des Unterrichts erfolgen kann, beschließen.7. Qualifizierung in SchulmediationDie Lehrkräfte (mind. zwei) nehmen an einer Ausbildung zur Schulmediation teil.Diese soll 100 Stunden umfassen.8. Ausbildung der StreitschlichterDie Ausbildung der Schülerinnen und Schüler als Streitschlichter umfasst mindestens40 Stunden. Die Auswahl sollte nach verabredeten Kriterien erfolgen.9. UmsetzungBei der Umsetzung ist eine externe Begleitung bzw. die Teilnahme an Intervisionsgruppenfür die Etablierung des Projekts in der Schule Erfolg versprechend. DieVerankerung der Streitschlichtung in der Schule ist erfolgreich, wenn es seitens allerBeteiligten eine konstruktive Unterstützung gibt. Ein Zeitraum von 3 bis 5 Jahren isteinzuplanen.Ursachendiagnose/PerspektivenDie Schulmediation (Streitschlichterprogramme) ist in vielen Schulen noch zu wenig in dieschulische Bildungs- und Erziehungsarbeit integriert. Es geht um die Übertragung vonVerantwortung an die Schülerinnen und Schüler. Der vorherrschende „Ausbildungsansatz“ist dem Mediationsgedanken eher abträglich, weil er mit der traditionellen Schulpraxis inKonflikt gerät.Zu empfehlen ist eher ein „systemischer Ansatz“, der die Integration der Streitschlichtung aufallen Ebenen des Systems Schule (Kollegium, Klasse, Unterricht, Umfeld) verfolgt. Beidiesem Ansatz ist z. B. vorstellbar, dass in jeder Klasse Streitschlichter ausgebildet sind, diedie Konflikte der Klasse klären und dass jede Klasse in der Jahrgangsstufe 7 einenBasiskurs in konstruktiver Konfliktschlichtung absolviert und ggf. sich Erweiterungskurse inden höheren Jahrgängen anschließen. Darüber hinaus wirken Streitschlichter auf Jahrgangsebeneund auf Schulebene. Sie sind für Konflikte zuständig, die außerhalb des Unterrichts inden Pausen und auf dem Schulhof bzw. auf dem Schulweg entstehen. Abgerundet wirddieser Ansatz, wenn auch möglichst viele (alle) Lehrkräfte ein Training in gewaltfreierKommunikation und konstruktiver Konfliktklärung absolvieren.Unterstützungund Beratung• Hilfe, Unterstützung, Beratung und weiterführende Materialiensind im Kapitel 8 zu finden.35


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelProgramme zum sozialen Lernen -LebenskompetenzprogrammeProgramme zum sozialen Lernen in der Schule haben den Vorteil, dass sie alle Kinder undJugendlichen erreichen. Die Entwicklung der sozialen und personalen Kompetenz wird zwarin jedem Unterricht gefördert, durch diese Programme erfolgt aber eine systematische undnachhaltige Förderung. Die hier beschriebenen Programme sind wissenschaftlich erfolgreichevaluiert.Die aufgeführten Programme sind zumeist für die Gewalt- bzw. Suchtprävention entwickeltworden, gelten aber als Basisprogramme zur Entfaltung sozialer und demokratischerKompetenzen und steigern die Lernleistungen der Kinder- und Jugendlichen insgesamt.Alle hier aufgeführten Programme benötigen einen schulorganisatorischen Rahmen, dergewährleistet, dass ein Zeitfenster zur Verfügung steht, um die interaktiven Übungen durchführenzu können. Dieses Zeitfenster ist je nach Programm epochal oder für das ganzeSchuljahr zu gewährleisten.Eines oder mehrere Programme sollten in einer Informationsphase im Lehrkräftekollegium,der Schüler- und Elternvertretung vorgestellt werden. Nach dem Beschluss durch dieSchulkonferenz wird eines der Programme jahrgangsweise eingeführt und nachhaltig imSchulalltag verankert. Nur so ist die Wirkung für die Schülerinnen, Schüler und Lehrkräftenachhaltig und erfolgreich.Bei jedem aufgeführten Programm ist beschrieben,• in welchen Jahrgängen es einsetzbar ist,• wie das Material aufgebaut ist,• wie das Material eingesetzt wird,• welche Kosten auf die einzelne Schule zukommen,• welche Fortbildungsmaßnahmen für die Lehrkräfte notwendig sind,• wer für die Fortbildung in Berlin und Brandenburg die Ansprechpartner sind.Außer diesen Programmen gibt es weitere Programme, die entweder als Landesprogrammez. Z. nur in Berlin laufen, wie z. B. Buddy, Klasse 2000, Mindmatters. Diese sind auf denjeweiligen Internetseiten beschrieben, können aber in Schulen des Landes Brandenburgnicht wirksam werden, da das Land keinen entsprechenden Kooperationsvertrag abgeschlossenhat. Andere Programme, die hier auch nicht ausführlich beschrieben sind, habenbisher in den Schulen keine Akzeptanz gefunden. Alle Programme, die evaluiert sind,wurden in PITBrandenburg 27 beschrieben.27PITBrandenburg: Schulische Prävention im Team. LISUM, 2008, LudwigsfeldeBundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Gesundheitsförderung durch Lebenskompetenzprogamme in Deutschland.Köln 200536


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelProgramme für Grundschülerinnen und -schülerFit und stark fürs LebenJahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten•1.bis 2. Jhg.•3. bis 4. Jhg.•5. bis 6. Jhg.•20 Unterrichtseinheiten•3 Doppeljahrgsstufenheftekäuflich zuerwerben•im Unterrichtdurch Lehrkraft•regionaleFortbildung,LISUM•Kauf derMaterialien imBuchhandel•FortbildungkostenneutralDas Programm zielt auf Aggressionsabbau und Suchtprävention durch Persönlichkeitsförderungin den Jahrgangsstufen 1 – 6. „Fit und stark fürs Leben“ ist ein erprobtesUnterrichtsmaterial zur Persönlichkeitsstärkung. Es wurde im Rahmen eines europäischenGemeinschaftsprojekts entwickelt und enthält für die Jahrgangsstufen 1 und 2 sowie 3 und 4jeweils in einem Heft 20 klar strukturierte Unterrichtseinheiten, die eine Förderungallgemeiner Lebenskompetenzen in folgenden Bereichen anstreben:• Selbstwahrnehmung und Einfühlungsvermögen,• Umgang mit Stress und negativen Emotionen,• Kommunikation,• kritisches Denken/ Standfestigkeit,• Problemlösen,• gesundheitsrelevantes Wissen.Material• Asshauer, M.; Burow, F.; Hanewinkel, R. (1998): Fit und stark fürs Leben. 1. und 2.Schuljahr – Persönlichkeitsentwicklung und Prävention von Aggression, Rauchenund Sucht. Klett Grundschulverlag, Leipzig• Asshauer, M.; Burow, F.; Hanewinkel, R. (1999): Fit und stark fürs Leben. 3. und 4.Schuljahr – Persönlichkeitsentwicklung und Prävention von Aggression, Rauchenund Sucht. Klett Grundschulverlag, LeipzigUnterstützungund Beratung• Regionale Fortbildung Brandenburg: Beraterinnen und Berater für soziales Lernenund Demokratie bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAA e.V.• Regionale Fortbildung Berlin: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fürDemokratie37


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelFAUSTLOS – Ein Programm des Heidelberger TherapiezentrumsJahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten• Kindergarten• Grundschule1. bis 4. Jhg.• Lernprogramm• Folien imFaustloskoffer• im Unterricht• durch Lehrkraft• Fortbildung durchdas HeidelbergerTheraphiezentrum(ein Tag)• Materialkosten• FortbildungkostenFAUSTLOS ist ein Programm, das Kindern hilft, ihr aggressives Verhalten eigenständig zukontrollieren, und unterstützt den Aufbau von positivem Sozialverhalten. Es wurde für dieArbeit im Kindergarten und in der Grundschule entwickelt. Dieses Präventionsprogrammbasiert auf entwicklungspsychologischen Erkenntnissen zur sozial-emotionalen Entwicklungvon Kindern: Defizite in diesem Bereich produzieren die Entwicklung eines aggressiven undgewaltbereiten Verhaltens. Entfaltet sich die Empathiefähigkeit im kindlichen Alter nicht, sindJugendliche nicht in der Lage, kooperative Problemlösestrategien zu entwickeln, um sich beider Lösung alltäglicher Probleme sozialintegrativ verhalten zu können.Mit dem Programm wird soziales Verhalten gelernt und eingeübt. Effektiv ist das Programm,da es didaktisch gut aufgebaut ist und die Lerneinheiten systematisch aufeinander aufbauenund somit in der kontinuierlichen Anwendung eine nachhaltige Verhaltensveränderung undein Transfer in den Alltag erzeugt wird.Da FAUSTLOS sich allen Kinder einer Klasse zuwendet, erfolgt keine StigmatisierungEinzelner, sodass sowohl kindliche Opfer wie Täter gemeinsam ihr Verhalten trainieren.Das Lernprogramm liegt für den Kindergarten sowie für die Grundschule vor. Es ist sogegliedert, dass es leicht in den Alltag integrierbar ist.Für die Grundschule liegen 51 Einheiten; für den Kindergarten 28 Lektionen vor: In allenEinheiten sind die Förderung von Empathie, Impulskontrolle und der Umgang mit Ärger undWut die grundlegende Zielsetzung.Die Materialien für die Grundschule bestehen aus Fotofolien, die den Kindern verschiedenesoziale Situationen zeigen, aus einem didaktischen Material und einem Handbuch mit theoretischemHintergrund. Die Unterrichtsmaterialien („FAUSTLOS-Koffer") können über denHogrefe-Verlag bezogen werden (498 €). Bei der Teilnahme an einer eintägigen Fortbildungkann das Heidelberger Präventionszentrum die Materialien zu einem um 10% ermäßigtenPreis anbieten (E-Mail: info@faustlos.de, Internet:www.faustlos.de). Die Materialien für denKindergarten sind in derselben Form strukturiert.Das Programm FAUSTLOS wurde im Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und SportBaden-Württemberg durch das Heidelberger Präventionszentrum an 14 Grundschulen (30Klassen) über einen Zeitraum von drei Jahren eingesetzt. 7 weitere Schulen dienten alsKontrollgruppe. Die Ergebnisse der Längsschnittstudie mit insgesamt vier Messzeitpunkten,zu denen Eltern, Kinder und Lehrkräfte befragt wurden, belegen die gewaltpräventive und38


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibelsoziale Kompetenz fördernde Wirkung von FAUSTLOS (vgl. zusammenfassend denAbschlussbericht von Cierpka, Schick & Ott, 2001). So hatten die FAUSTLOS-Kinderdeutlich weniger soziale Ängste als die Kinder in der Vergleichsgruppe, waren empathischergeworden und lehnten aggressive Verhaltensweisen als Mittel der Konfliktlösung zunehmendab.Material• Cierpka, M. (Hrsg.) (2001). FAUSTLOS. Ein Curriculum zur Prävention vonaggressivem und gewaltbereitem Verhalten bei Kindern der Klassen 1 bis 3.Göttingen: Hogrefe• Cierpka, M. (Hrsg.) (2002): Kinder mit aggressivem Verhalten.Hogrefe, Göttingen, 2. AuflageUnterstützungund Beratung• Das LISUM bietet in Kooperation mit den Beraterinnen und Beratern für sozialesLernen und Demokratie eine erste Information an. Die Durchführung derFortbildung erfolgt direkt durch das Heidelberger Präventionszentrum.39


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelEigenständig werden – Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung undPersönlichkeitsentwicklungJahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten• Grundschule 1. bis2. Jhg.• 3. bis 4. Jhg.• Schülermanualmit 40Lerneinheiten• Lehrerhandbuch• im Unterricht je10 Stunden proSchuljahr• durch Lehrkraft• 16 StundenFortbildung durchTrainer• Manualkostenneutral• FortbildungkostenneutralDas Programm „Eigenständig werden“ ist ein Programm zur Gesundheitsförderung und zurPrimärprävention des Substanzmissbrauches an Schulen. Die allgemeinen persönlichen undsozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler werden gezielt gefördert. Die Unterrichtseinheitenbehandeln Themen wie Selbstwahrnehmung, der Umgang mit eigenenGefühlen und den Gefühlen anderer, kritische Auseinandersetzung mit Werbung undkonstruktives Problemlösen.Durch das Programm erwerben die Kinder alters- und entwicklungsadäquate Kenntnisse undFähigkeiten in den Bereichen:• Persönlichkeitsentwicklung,• Gesundheitsförderung,• Suchtprävention,• Gewaltprävention,• Förderung von Lebenskompetenzen.Das Programm ist bei Lehrkräften auf große Zustimmung gestoßen. In den Klassen hat sichdas soziale Klima in der Zeit der Projektdurchführung merklich verbessert. Es kam zu einerAbnahme von Verhaltensauffälligkeiten und Gewaltbereitschaft sowie zu einer Zunahmesozialer Kompetenzen.Material• Institut für Therapie‐ und Gesundheitsforschung, Mentor‐Stiftung: Eigenständig werden ‐Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Kiel 2007, 3. Aufl.Unterstützungund Beratung• Regionale Fortbildung Brandenburg: Beraterinnen und Berater für soziales Lernen undDemokratie bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAA e.V.• Regionale Fortbildung Berlin: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Demokratie• bzw. direkt durch Trainerinnen zum Programm: www.eigenstaendig‐werden.de40


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelErziehen heißt bildenJahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten• JÜL• Grundschule1. bis 6. Jhg.• Schülermanualmit 7 LerneinheitenundLehreranleitung,• Ordner und CD• im Unterricht• in derSchulstation• im Freizeitbereich• Manualkostenneutral• FortbildungkostenneutralIn dem Programm „Erziehen heißt bilden“ stehen das soziale und das kommunikativeLernen im Zentrum für gelingende Lernprozesse im Vordergrund.Lehrkräfte und Erzieher/innen erhalten hier Anregungen und Ideen, wie solche Fähigkeitenerlernt und trainiert werden können, welche diagnostischen Möglichkeiten in derBeobachtung spielerischer Aktivitäten stecken und wie Förderung erwünschter Verhaltensweisengelingen kann.Das Programm benennt zahlreiche Kooperationsmöglichkeiten zwischen den genanntenBerufsgruppen und beschränkt sich nicht auf den Bereich von Betreuung, Freizeitgestaltungoder auf ein „soziales Anhängsel“.Im Zentrum steht die Entwicklung von Handlungskompetenz. Sie umfasst die TeilkompetenzenMethoden-, Sach-, soziale und personale Kompetenz.Diese Handreichung richtet sich an Lehrer/innen und Erzieher/innen, weil eine ihrerwesentlichen Aufgaben darin besteht, Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung vonSelbst- und Sozial-Kompetenz zu unterstützen.Die vorliegende Handreichung soll dazu einen Beitrag leisten und gleichzeitig den vielenKolleginnen und Kollegen, die bisher noch nicht in der Schule gearbeitet haben, für ihrneues Wirkungsfeld Hilfestellung geben.Im ersten Teil der Broschüre wird beschrieben, wie Lehrer/innen und Erzieher/ denBildungsprozess von Kindern begleiten können. Sie bietet verschiedene Möglichkeiten,einen konstruktiven Umgang mit Kindern miteinander einzuüben und zur Auseinandersetzungdamit anzuregen.Der zweite Teil der Handreichung enthält Spiele und Übungen zu sieben Handlungsfelderndes sozialen Lernens, die zu einer gezielten Kompetenzerweiterung beiSchülerinnen und Schülern beitragen sollen.• Kontakt aufnehmen / Kennen lernen / Sich miteinander wohl fühlen• Sich selbst und andere wahrnehmen / Selbstwertgefühl stärken• Mit den eigenen und den Gefühlen anderer umgehen• Kommunikationsfähigkeit erweitern• Kooperationsfähigkeit entwickeln41


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel• Mit Konflikten konstruktiv umgehen• Sich mit Geschlechterzuschreibungen kritisch auseinandersetzenMaterial• Böttger, G.; Hein, R.; Kügele, H.; Reich, A.; Wichniarz, M. u.a. (2009): Erziehenheißt bilden –Eine Handreichung für Erzieher/innen und Lehrer/innen.Landesinstitut für Schule und Medien Berlin‐Brandenburg, 2.Aufl.Unterstützungund Beratung• Regionale Fortbildung Brandenburg: Beraterinnen und Berater für soziales Lernenund Demokratie bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAA e.V.• Regionale Fortbildung Berlin: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fürDemokratie42


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelSozialtraining in der Schule (nach Petermann)Jahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten• 4. Jhg.• 7. Jhg.• Lernprogrammzum Lernen vonRegeln• 10 Doppelstunden• durch Lehrkraft• Fortbildungdurch BUSS undLISUM(ein Tag)• Materialkosten• FortbildungkostenneutralAngelehnt an das Training mit aggressiven Kindern (Petermann / Petermann 1997) wurdezur Förderung sozial-kompetenten Verhaltens bei Schülerinnen bzw. Schülern das präventivwirkende Sozialtraining in der Schule (Petermann / Jugert / Tanzer / Verbeek 1997) entwickelt.Das Programm bezieht sich auf die Schülerinnen bzw. Schüler der Grund- undOrientierungsstufe (Jahrgangsstufe 3 bis 6), die sich in einer Entwicklungsphase befinden, inder sie ein hohes Maß an sozialer Orientierung benötigen und in der bei vielen Schülerinnenbzw. Schülern Verhaltensauffälligkeiten, wie aggressives und sozial unsicheres Verhalten zubeobachten sind. Mittels der Stärkung der Sozialkompetenz und der Förderung sozialerFähigkeiten soll der Verfestigung dieser Auffälligkeiten und daraus resultierender potenziellerVerhaltensstörungen präventiv entgegengewirkt werden.Mit dem Sozialtraining werden Lehrkräften verhaltenstheoretische und praktische Kenntnissean die Hand gegeben, um auf die Schülerinnen bzw. Schüler mit Verhaltensauffälligkeitenangemessen reagieren zu können bzw. diesen entsprechende Verhaltensmuster zu vermitteln.Die Ziele des Programms werden zum Großteil aus der Theorie der sozial-kognitivenInformationsverarbeitung von Dodge (1986) abgeleitet. Dodge beschreibt, wie Eindrücke ausder sozialen Umwelt (Informationen) verarbeitet, gespeichert und interpretiert werden unddadurch handlungsleitend wirken. Von Kindern mit Verhaltensstörungen werden dieseInformationen auf allen Stufen verzerrt oder fehlerhaft wahrgenommen und verarbeitet, z. B.selektiv auf bedrohlich eingestufte Handlungen. Diese Befunde werden vom Sozialtrainingaufgegriffen, indem es kognitive Prozesse in spielerische Übungen des sozialen Lernenseinbettet, die den Aufbau eines differenzierten und situationsangemessenen Verhaltensrepertoiresbei den Kindern ermöglichen (soziale Fertigkeiten). Das Verhaltenstrainingumfasst einen Mindestzeitraum von zehn Wochen mit einer jeweils 90-minütigen Trainingssitzungpro Woche und beinhaltet einen Maßnahmenkatalog u. a. mit Rollenspielen,Verhaltensregeln, Entspannungsübungen und Verfahren wie Selbstbeobachtungs- undSelbstkontrolltechniken in kindgerechter Form.Die erfolgreiche Anwendung des Verhaltenstrainings setzt eine Lehrkräfteschulung in derHandhabung des Manuals und der sicheren Beherrschung des Trainingsprogramms voraus.Die Ergebnisse bisheriger Evaluationen weisen darauf hin, dass durch das Sozialtrainingeine leicht erhöhte Aggressionsbereitschaft sowie eine leicht erhöhte Angst von Schülerinnenbzw. Schülern deutlich verringert werden konnte. Damit konnte im Hinblick aufSchülerinnen bzw. Schüler mit leicht aggressiven und sozial unsicheren Auffälligkeiten dieprimärpräventive Wirkung des Programms nachgewiesen werden.43


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelMaterial• Petermann F.; G. Jugert; U. Tanzer; D. Verbeek (1997): Sozialtraining in der Schule.Weinheim: Psychologie Verlags Union• Petermann, F.; G. Jugert; D. Verbeek; U. Tänzer (1997): Verhaltenstraining mit Kindern. In:Holtappels, H.G./Heitmeyer, W./Melzer, W./Tillmann, K.‐J. (Hg.): SchulischeGewaltforschung. Stand und Perspektiven. Weinheim: Juventa, S. 315‐329Unterstützungund Beratung• Regionale Fortbildung Brandenburg: Beraterinnen und Berater für soziales Lernen undDemokratie bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAA e.V.• Regionale Fortbildung Berlin: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Demokratie44


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelGewaltfreier Umgang mit Konflikten / Streitschlichtung für jüngere Schülerinnenund SchülerJahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten• 1. bis 6. Jhg• Lernprogramm zurgewaltfreienKonfliktlösung• Unterricht• durch Lehrkraft• Fortbildung durchBUSS und RAAe.V.• Materialkosten• FortbildungkostenneutralDie hier aufgeführten Programme richten sich zum einen an alle Schülerinnen bzw. Schülereiner Klasse, die zumeist durch spielerischen Unterricht einen gewaltfreien Umgang mitKonflikten erlernen, und zum anderen an die gesamte Schule, die Streitschlichtung als eineInstitution einrichten will.Jamie Walker stellt heraus, was es zum gewaltfreien Umgang bedarf und wie dieSchülerinnen bzw. Schüler zu einer positiven Veränderung ihres Handelns bewegt werdenkönnen.Ziel der angestrebten gewaltfreien Konfliktaustragung ist eine Lösung, bei der beideKonfliktparteien gewinnen. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler motiviert werden,selbstständige Entscheidungen zu treffen, um letztendlich ihre Konflikte allein und gewaltfreiauszutragen. Als unverzichtbar betrachtet Walker folgende Voraussetzungen:1. Achtung vor sich selbst und anderen;2. Bereitschaft zum Zuhören und zum Verständnis;3. Einfühlungsvermögen;4. Selbstbehauptung;5. Zusammenarbeit in der Gruppe;6. Aufgeschlossenheit und kritisches Denken;7. Fantasie, Kreativität und Spaß.Walkers Buch bietet eine Fülle von spielerischen Möglichkeiten, jedoch kein geschlossenesProgramm.Das Streitschlichterprogramm von Karin Jefferys-Duden bietet Grundschullehrkräften eineAnleitung für eine Mediatorenausbildung für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen3 bis 6. Mediation (lat. Vermittlung) meint dabei ein Verfahren zur konstruktiven Regelungeines Konflikts, bei dem die Konfliktparteien mit Unterstützung eines Dritten (Mediator)einvernehmliche Vereinbarungen suchen, die ihren Bedürfnissen und Interessen dienen.Mithilfe der anspruchsvollen Inhalte und Übungen des Programms dürfte es problemlosmöglich sein, die Schülerinnen und Schüler in Schlichtungsfähigkeiten und -ablaufeinzuweisen. Das Programm beschreibt, wie die einzelnen Schritte mit gezielten Übungenvertieft werden können und wie Schlichtung an einer Schule institutionalisiert werden kann.Das Buch gliedert sich in verschiedene Unterrichtseinheiten mit vielen Arbeitsblättern undBeobachtungsbögen.45


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelDie verschiedenen Unterrichtseinheiten sind:1. Einführung in die Schlichtung,2. Konfliktlösungen,3. Schlichterkenntnisse und -fähigkeiten,4. Gefühle erkennen, benennen, vergleichen,5. Schlichtungsablauf,6. Erfolgskontrolle.Es ist sinnvoll, das Streitschlichterprogramm von Karin Jefferys-Duden nicht nur in einerKlasse, sondern in der gesamten Schule nachhaltig einzuführen.Material• Walker, J. (1995): Gewaltfreier Umgang mit Konflikten in der Grundschule.Grundlagen und didaktisches Konzept. Spiele und Übungen für die Klassen 1‐4.Frankfurt/Main: Cornelson Scriptor• Jefferys‐Duden, K. (1999): Das Streitschlichterprogramm. Mediatorenausbildungfür Schülerinnen und Schüler der Klassen 3‐6. Weinheim, Basel: Beltz‐VerlagUnterstützungund Beratung• Regionale Fortbildung Brandenburg: Beraterinnen und Berater für sozialesLernen und Demokratie bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAA e.V.• Regionale Fortbildung Berlin: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fürDemokratie bieten für Berliner Lehrkräfte eine Konfliktlotsenausbildung an.• Das LISUM bietet in Kooperation mit der RAA für brandenburgischePädagoinnen und Pädagogen einen Jahreskurs zur Schulmediation an. EineAusbildung für Schülerinen und Schüler wird durch die RAA und weitereAnbieter geboten.• Anbieter kann das LISUM und die regionale Fortbildung vermitteln.46


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelProgramme für Grundschulen und Schulen derSekundarstufe IPAGS – Unterrichtsmaterialien zur Prävention von Aggression und Gewalt anSchulenJahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten• 1. bis 2. Jhg• 3. bis 4. Jhg• 5. bis 6. Jhg• 7. bis 8. Jhg• 9. bis 10. Jhg• Lernprogrammzur Gewaltprävention• und zumsozialen Lernen• fünf Themenkomplexe• Unterricht• Extra-Stunde• durch Lehrkraft• Fortbildungdurch BUSS,LISUM und RAAe.V.• Materialkosten• Fortbildungkostenneutral• Fortbildungdurch dieAutorinnen mitKostenverbundenDas Material ist eingebettet in ein umfassendes Konzept zur Gewaltprävention an Schulen.Es wurde im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertenProjekts von September 2000 bis Februar 2002 an ausgewählten brandenburgischenSchulen von Prof. Dr. Rita Marx und Susanne Saliger, Fachhochschule Potsdam, erprobt,implementiert und evaluiert.Der Einstieg in das Programm beginnt mit einem Fragebogen, mit dem das Problembewusstseinin der Schule eingeschätzt werden kann.Die Materialien bieten theoretische Informationen zu Erscheinungsformen von Gewalt. DieBedeutung des sozialen Lernens wird beschrieben und in einem Elternbrief den Erziehungsberechtigtennahegebracht.Ziel der curricularen Arbeit ist es, Lernprozesse anzuleiten und anzuregen, die zur Präventionvon Aggression und Gewalt beitragen. Die Schülerinnen und Schüler sollen – im Sinneeiner primären Prävention – mit neuen/alternativen, gewaltfreien Verhaltensweisen vertrautgemacht werden, prosoziale Kompetenzen erwerben sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten, diezu einem Umgang mit Aggression und potenzieller Gewalt im Sinne von konstruktiver, nichtgewaltförmiger Konfliktlösung beitragen, einüben.Das Unterrichtsmaterial umfasst die fünf Themenkomplexe:• Wahrnehmung von und Umgang mit eigenen und fremden Gefühlen,• Förderung kommunikativer Fähigkeiten und Fertigkeiten,• Förderung der Fähigkeit zur Perspektivenübernahme,• Neugier auf das Fremde,• Wahrnehmen von und Umgang mit Konflikten.Die Materialien bieten Lehrkräften, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern –thematisch in fünf Themenkomplexen zusammengefasst – curriculare Module mit47


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelInteraktionsübungen, die in der gewaltpräventiven Arbeit mit Schülerinnen und Schülerneingesetzt werden können.Jeder Themenbereich umfasst Übungen, die altersspezifisch Doppeljahrgangsstufen zugeordnetsind. Das Programm zeigt Möglichkeiten für alle Jahrgangsstufen auf. Jeder inhaltlicheThemenbereich ist strukturiert durch eine einleitende pädagogische Bemerkung und diedidaktische Beschreibung der Übungen. Entsprechende Übungsmaterialien für die Kinderbzw. Jugendlichen folgen als Kopiervorlagen.Der Ansatz verfolgt das Training von Fertigkeiten und bietet curriculare Module zur Selbsterfahrung,zum Perspektivenwechsel und Umgang mit Andersartigkeit.Die Materialien enthalten kopierfähige Arbeitsblätter, (Rollen-)Spiele und Interaktionsübungensowie Materialien für die Eltern.Material• Marx, R.; Saliger, S. (Hrsg.): PAGS. Unterrichtsmaterialien zur Prävention von Aggression undGewalt an Schulen(2004), 2. Auflage, Vertrieb: Institut für Fortbildung, Forschung undEntwicklung e.V. (IFFE) an der Fachhochschule Potsdam• Das Material ist über das LISUM oder die Fachhochschule zu beziehen.Unterstützungund Beratung• Regionale Fortbildung Brandenburg: Beraterinnen und Berater für soziales Lernen undDemokratie bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAA e.V.• Regionale Fortbildung Berlin: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Demokratie48


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelLions-Quest International Programm „Erwachsen werden –Persönlichkeitsentfaltung von JugendlichenJahrgangMaterialEinsatzKosten• 5. bis• 10. Jahrgang• Lernprogrammzur Gewalt- undGesundheitspräventionundzum sozialenLernen• Extra-Stunde• durch Lehrkraft• Fortbildungdurch Lions-Quest• Für die jeweiligeSchuleentstehenFortbildungskosten.DasMaterial wirddann kostenlosan die Schuleübergeben.Die Förderung sozialer Kompetenzen junger Menschen in der Schule steht im Mittelpunktvon „Erwachsen werden“. Das Programm will die Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen,• ihr Selbstvertrauen und ihre kommunikative Kompetenz zu stärken,• Kontakte und Beziehungen aufzubauen und zu pflegen,• Konflikt- und Risikosituationen in ihrem Alltag zu begegnen,• für Probleme, die gerade die Pubertät gehäuft mit sich bringt, konstruktive Lösungenzu finden,• kritisches Denken und den Mut zu entwickeln, die eigene Meinung offen zu vertreten,• sich für sich selbst und andere zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen,und so das Bewusstsein zu erhalten, etwas bewirken zu können und darausBestätigung zu erhalten,• die eigene Entschlusskraft und Entscheidungsfreudigkeit bis hin zum Nein-Sagenzum Mitmachen bei Gefährdungen zu stärken,• das Verhältnis der Jugendlichen zu ihren Eltern spürbar zu verbessern,• die Schulleistungen erkennbar zu verbessern und den Spaß am Lernen wieder zufinden.Gleichzeitig möchte es ihnen beim Aufbau eines eigenen Wertesystems Orientierunganbieten. Damit ordnet sich das Konzept in den Ansatz der Life-Skills-Erziehung(„Lebenskompetenz-Erziehung“) ein, dem von der aktuellen Forschung die größten Erfolgsaussichtenbei der Prävention (selbst-)zerstörerischer Verhaltensweisen zugesprochenwerden. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen: Die Vermittlung von Lebenskompetenzen(„Life Skills") ist gleichzeitig die wirksamste Vorbeugung gegen Suchtgefährdungund reduziert die Gewaltbereitschaft.49


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelBei diesem Programm stehen als Manual 73 Unterrichtsthemen durch Lions-Quest geschulteLehrkräfte zur Verfügung. Ziel ist es, in einem Zeitraum von zwei Jahren Fähigkeiten undFertigkeiten von 10- bis 15-Jährigen zu entwickeln. Die Unterrichtseinheiten sind dabei denfolgenden sieben Themenbausteinen 28 zugeordnet:• Erwachsen werden – Life-Skill-Programm für Schülerinnen und Schüler derSekundarstufe I.• Ich werde Teenager: die bevorstehende Herausforderung.Stärkung des Selbstvertrauens.• Mit Gefühlen umgehen.• Die Beziehungen zu meinen Freunden.• Mein Zuhause.• Es gibt Versuchungen: Entscheide dich.• Ich weiß, was ich will.• Sammlung von Energizern.• „Jahre der Überraschung“ - Anregungen zur Durchführung unterstützenderElternarbeit.Ein weiterer Schwerpunkt des Programms ist die aktive Mitarbeit der Eltern, die über Briefeund ein Begleitheft mit einbezogen werden. Eine Erprobungsstudie von Hurrelmann ergabbereits 1996 eine hohe Akzeptanz des Programms bei Lehrkräften, Schülerinnen bzw.Schülern und Eltern.Material• Diese Materialien sind nur im Zusammenhang mit einer durch Lions‐Questorganisierte Lehrkräftefortbildung zu beziehen. Sie sind nicht im Buchahndelerhältlich. Das Material umfasst ein Lehrerhandbuch mit einer CD‐ROM, einenSchülerordner, das Elternheft und Elternbriefe.Unterstützungund Beratung• Die Fortbildung wird durch Lions‐Quest‐Trainerinnen durchgeführt. InteressierteSchulen im Land Brandenburg können eine Unterstützung durch Herrn GüntherHennig erhalten. E‐Mail: as‐evole@o2online.de28Alle Bausteine sind ausführlich auf der Internetseite von Lions-Quest beschrieben.(http://www.lions-quest.de)50


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelProgramm für Schulen der Sekundarstufe IKompetenztraining “FIT FOR LIFE”Jahrgang (Jhg.)MaterialEinsatzKosten• 7. bis 10. Jhg• Lernprogrammzur Gewalt‐ undGesundheitspräventionundzum sozialenLernen• Extra‐Stundedurch Lehrkraft• Fortbildung durchdie regionalenUnterstützungssysteme• Sozialpädagoginnenund‐pädagogen• Materialkosten• Fortbildung istkosteneutralDieses Programm beugt bei Jugendlichen ab dem Alter von dreizehn bis vierzehn Jahrendurch die Stärkung ihrer sozialen Kompetenz Aggression, Gewalt und soziale Unsicherheitvor. Das Training thematisiert soziale Wahrnehmung, Kommunikation, Kooperation, Lebensplanung,berufliche Schlüsselqualifikationen, Umgang mit Gefühlen, Einfühlung, gewaltfreieKonfliktlösung, Umgang mit Lob und Kritik. Das geschieht mit Methoden wie strukturiertenRollenspielen, Verhaltensübungen, Einübung sozialer Regeln, Konzentrationsübungen undTrainingsritualen.Das Konzept beruht auf der Erkenntnis, dass aggressive Kinder und Jugendliche erheblicheProbleme mit der Wahrnehmung und Verarbeitung sozialer Informationen haben. Währenddes Trainings nehmen die Kinder und Jugendlichen regelmäßig an Rollenspielen undVerhaltensübungen teil, in denen sie mithilfe von sozialen Regeln, Entspannung undTrainingsritualen ihre Wahrnehmung, den Umgang mit Gefühlen, ihre Kommunikation,Kooperation und Empathie verbessern.Module des Trainings:• Selbstmotivation zu dem Training• Gesundheit• Selbstsicherheit• Körpersprache• Kommunikation• Fit für Konflikte Teil I• Freizeit.• Lebensplanung• Beruf und Zukunft• Gefühle• Einfühlungsvermögen• Fit für Konflikte Teil II• Lob und Kritik.Jedes Modul ist auf einen Fähigkeits- bzw. Kompetenzbereich bezogen und folgendermaßenaufgebaut:• Titelblatt mit Cartoon• Begriffsklärung• Feinziele51


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-Fibel• drei Trainingsvorschläge, jeweils mito Zielangabeo Angabe des benötigten Materialso Übungsanweisungeno Auswertungsanleitungo Arbeitsbogen mit CartoonsAlle Trainingsstunden haben eine feste transparente Struktur. Dies ist für die Jugendlichenhilfreich und förderlich, da sie dadurch die Aufgaben Schritt für Schritt lösenkönnen. Durch das Einhalten des strukturierten Sitzungsablaufs wird den Jugendlicheneine Struktur vermittelt, die Verhaltenssicherheit fördert und zum Aufbau von Vertrauen zuder Trainerin bzw. zum Trainer beiträgt. Gleichbleibende Handlungsabläufe sorgen fürÜberschaubarkeit und Nachvollziehbarkeit. Die Trainingsrituale sind in Anlehnung an dasSelbstwirksamkeitskonzept von Bandura gestaltet.Sitzungsaufbau des FIT FOR LIFE‐TrainingsStimmungslageBesprechung von RegelnEntspannungBearbeitung eines ModulsAuswertung und TransferAbschlussrundeMaterial• Jugert; Gert u.a.: FIT FOR LIFE. Module und Arbeitsblätter zum Training sozialerKompetenzen für Jugendliche. Juventa. Weinheim 2001Unterstützungund Beratung• Regionale Fortbildung Brandenburg: Beraterinnen und Berater für soziales Lernenund Demokratie bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAA e.V.• Regionale Fortbildung Berlin: Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fürDemokratie52


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelGewaltprävention durch DemokratiepädagogikDemokratiepädagogische Ansätze befördern die Gewaltprävention: „Es gibt einen grundlegendenund empirisch nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Demokratieerfahrungund Gewaltverzicht: Wenn Kinder und Jugendliche die Erfahrung machen, dass inSchule und Erziehung Mitwirkung, demokratisches Handeln und Verantwortungsübernahmeerwünscht sind und als wichtig anerkannt werden, sind sie für Gewalt undRechtsextremismus weniger anfällig als Jugendliche, denen diese Erfahrung versagtbleibt. Die Schule verfügt hier also über eigene, grundlegende und nachhaltig wirksameMittel und Möglichkeiten.“ 29Dieser Zusammenhang fand bisher in der Auseinandersetzung um Gewalt in den Schulennoch wenig Beachtung. Demokratie als Gesellschafts- und Herrschaftsform ist zwarGegenstand des Unterrichts, gemeint ist aber die Demokratie als Lebensform in der Schule.Besonders erfolgreich ist, wenn alle Beteiligten einer schulischen Organisation, d. h.Schulleitung, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Eltern, in partizipativen Aushandlungsprozessendie entsprechende demokratiepädagogischen Entwicklungsvorhabennach einem Mehrebenenkonzept 30 im schulischen Alltag und im Schulprogramm verankern:• individuelle Ebene,• Klassenebene,• Schulebene.Auf der individuellen Ebene können die Schülerinnen und Schüler ihre Lernentwicklungso gestalten, dass ihre demokratiepädagogischen Kompetenzen entwickelt werden. Sielernen sich und die anderen wahrnehmen, üben wertschätzende Kommunikation undkonstruktive Konfliktlösungsstrategien ein. Sie übernehmen für sich und andere Verantwortung,steuern selbstwirksam ihren Lernprozess und werden altersadäquat in derGemeinschaft tätig.Auf der Klassenebene werden Lernstrategien entwickelt, die das Miteinander kommunikativwertschätzend und in einer konstruktiven Konfliktkultur und mit Methoden deskooperativen Lernens gestalten. Zunehmend steuern sie in Eigenverantwortung diesozialen Belange der Klasse bzw. der Schule und wirken mit zivilgesellschaftlichemEngagement aktiv in der Gemeinde bzw. dem Kiez mit.Auf der Schulebene sind die Schülerinnen und Schüler tätig, um diese Strategienzwischen den Akteuren von Schule auszuhandeln, und tragen dazu bei, dass mehrDemokratie in der Schule im Schulprogramm verankert wird und Aktivitäten ihrer Schulein der Demokratie stärker in den Mittelpunkt von schulischen Aktivitäten gerückt werden.Dies kann bedeuten, dass die Schülerinnen und Schüler sich aktiv in die Unterrichtsgestaltungeinbringen sowie dazu beitragen, dass die Schulorganisation sich verändertund Projekte etabliert werden. Es kann aber auch bedeuten, dass die Schülerinnen undSchüler sich engagiert in die Umgebung außerhalb der Schule in Sinne von ServiceLearning 31 einbringen.293031Wolfgang Edelstein / Peter Fauser: Demokratie lernen und leben. Bund Länder-Kommission für Bildungsplanung undForschungsförderung. Materialien zur Bildungsplanung und Forschungsförderung. 96/2001, S. 20PITBrandenburg: Schulische Prävention im Team. LISUM, 2008, LudwigsfeldeService Learning s. im Internet unter: http://www.servicelearning.de/.53


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelDie Implementierung als Mehrebenenkonzept soll durch zwei Beispiele transparent gemachtwerden:Demokratiepädagogische Handlungskompetenzen werden mit nachfolgenden Lernarrangementsaufgebaut und wirken gewaltpräventiv:demokratische Partizipationbei der SchulkulturdemokratischePartizipation bei der Lernkulturindividuelle Ebene Klassenebene Schulebene/ÖffnungPate, Mentor, BuddyLernen durchEngagementAktivitäten in derGemeinde, im KiezVerantwortungsübernahme Klassenrat SchulgemeindePlanungskompetenzProjektaktivitätenAllparteilichkeitMediation/StreitschlichtungOlweus-ProgrammSchulhof gestaltenAuditZertifizierungKompetenztraining durch Programmezum sozialen Lernenschuleigenes Curriculumzum sozialen Lernendemokratisches Sprechen Deliberation, Debating DebatingforumFeedback Klassenfeedback systemischesSchulfeedbackSelbstachtungwertschätzendesMiteinanderAnerkennungskulturgewaltfreieKommunikationgewaltarmeAnerkennungskulturIch-Identität entwickeln Kinderrechte Schulkommunikationpersönliche Regeln/Lernvertrag Klassenregeln SchulparlamentVorurteilsbewusstes Lernen durch den konstruktiveSchulregeln aushandelnAnti-Bias-Ansatz 32Konfliktklärungkooperatives LernenProjektlernenService LearningPartizipation bei denLerninhaltenschulinternes CurriculumDiese Lernarrangements werden in diesem Zusammenhang nicht detailliert beschrieben,da es umfassende Literatur und Möglichkeiten zur Information im Internet und auf demBerlin-Brandenburger Bildungsserver gibt.32Anti Bias bedeutet im positiven Sinne, diskriminierendes Verhalten zu verlernen und seinen Mitmenschen offen undpositiv gegenübertreten zu können. Z.Z. wird dieser pädagogische Ansatz als sehr erfolgversprechend für dieantidiskriminierende Arbeit gewertet.54


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelHilfe, Unterstützung und BeratungAnsprechpartnerinnen und -partner/regionale Fortbildung Im LandBerlinWilmersdorfAxel Becker, Comenius-Schule, WilmersdorfE-Mail: axbec@web.dePankowReinhard Grosspietsch, Kurt-TucholskyOberschule, PankowE-Mail: grosspietsch@web.deSpandauLuzie Haller, Birken-Grundschule,SpandauE-Mail: luzie.haller@berlin.deTempelhof/SchönebergBirthe Rasmussen-Möhring, Paul-Simmel-Grundschule, TempelhofE-Mail: birabo@t-online.deFriedrichshain/KreuzbergHannah Wennekers, Reinhardswald-Grundschule, KreuzbergE-Mail: hannah-wennekers@web.deReinickendorfAnnette Weweler, Richard-Keller-Schule,ReinickendorfE-Mail: annette.weweler@gmx.deMitteUte Winterberg, Anna-Lindh-Grundschule,MitteE-Mail: utwin@web.deMargot WichniarzLandeskommission Berlin gegen GewaltE-Mail: m.wichniarz@gmx.deSteglitzCarla Ulbrich,Bröndby-Oberschule, SteglitzE-Mail: c._ulbricht@web.deIm Land BrandenburgSchulamt Brandenburg a. d. H.Gabriele Pochert, Nicolaischule,Brandenburg a. d. H.Christiane Czeyka, Oberschule Nord,Brandenburg a. d. H.Sybille Leimbach, Bertolt-Brecht-Gymnasium, Brandenburg a. d. H.alle zu erreichen unterE-Mail: sozialeslernen@gmx.dePetra Reimann, Oberschule BrandenburgNord, Tel: 03381-302234Schulamt CottbusKarin Pützschler, UmweltschuleDissenchen, CottbusE-Mail: bss-cb-spn@yahoo.deEdeltraut Lessing, Oberschule Ehm Welk,Lübbenau/SpreewaldE-Mail: edle.lessing@web.deSchulamt WünsdorfN.N.Schulamt PerlebergAnette Kwade, Marie-Curie-Gymnasium,WittenbergeE-Mail: Harald.Kwade@gmx.netSchulamt EberswaldeChris Zanzig, Barnim-Gymnasium-Bernau,Bernau bei BerlinE-Mail: chris.zanzig@freenet.deSonja Werdermann, Goethe-Oberschule-Eberswalde, EberswaldeE-Mail: seawer@t-online.deSchulamt Frankfurt(O)Dieter Karau, Carl-Bechstein-Gymnasium,Erkner, E-Mail: karau@surfeu.deFröhlich, Martina, Oberschule Letschin,Letschin , E-Mail: tina_froehlich@web.de55


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelSchulpsychologische Beratungszentrensind in Berlin nach Bezirken und in Brandenburg nach staatlichen Schulämtern geordnet.Anschriften, Telefonnummern und E-Mailadressen sind auf den entsprechendenInternetseiten zu finden.BerlinTeam Gewaltprävention undKrisenintervention im SchulpsychologischenDiensthttp://www.berlin.de/sen/bildung/hilfe_und_praevention/schulpsychologie/BrandenburgSchulpsychologischer Diensthttp://www.schulaemter.brandenburg.deExterne Beratung für die Bildungsregion Berlin-Brandenburgbieten an:Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM),14974 Ludwigsfelde-Struveshof, http://www.lisum.berlin-brandenburg.deTel.: 03378 209-417; Fax. 03378 209 444Michael Rump-RäuberE-Mail: michael.rump-raeuber@lisum.berlin-brandenburg.deSenatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und ForschungArbeitsgebiet GewaltpräventionFrau Ria Uhle, Stellenzeichen III G 2Telefon: 030 9026 6320; Fax: 030 9026 5012E-Mail: ria.uhle@senbwf.berlin.deBeuthstr. 6-8, 10117 BerlinLandeskommission Berlin gegen GewaltManuela BohlemannGeschäftsstelle der Landeskommission Berlin gegen GewaltKlosterstr. 47, 10179 BerlinTel.: 030 9027 2913; Fax: 030 9027 2921manuela.bohlemann@seninnsport.berlin.deBerlin-Brandenburger Landesbüro der Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik(DeGeDe)Ulrike KahnE-Mail: kahn@degede.de oder ulrike.kahn@googlemail.dewww.degede.deRAA Brandenburg; Demokratie und Integration Brandenburg e.V.Benzstraße 11/12; 14482 PotsdamTel.: 0331 747 80 11E-Mail: info@raa-brandenburg.dewww.raa-brandenburg.de56


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelWeiterführende MaterialienIn der Berlin-Brandenburger Antimobbing-Fibel werden eine umfassende Literatur- undMedienliste sowie eine Internetrecherche aufgeführt. Aus diesem Grunde sind die nachfolgendenHinweise als Ergänzung zu betrachten.Auf der Seite des Bildungsserver von Berlin-Brandenburg sind Literaturhinweise, Linksund Materialien zu finden:• „Erst Nachdenken, dann Handeln“ – Wahrnehmen, Erklären und Handeln zuAggression und Gewalt als Strategie für eine tolerante und weltoffene Schule,(Hrsg.) Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg. 2.,überarbeiteteAuflage, Ludwigsfelde Januar 2009http://www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/gewalt.html• Berlin-Brandenburger Anti-Mobbing-FibelAugust 2008; 4.,überarbeitete Auflage der Berliner Anti-Mobbing-Fibel,http://www. bildungsserver.berlin-brandenburg.de/anti-mobbing-fibel.html• PIT Brandenburg – Prävention im TeamLudwigsfelde 2007http://www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/pit-brandenburg.html• Ein Handbuch für Beraterinnen und Berater für Demokratiepädagogik„Demokratie erfahrbar machen – demokratiepädagogische Beratung in der Schule“.Ludwigsfelde 2007http://www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de /demokratiepaedagogik.htmlVerwendete LiteraturBundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Gesundheitsförderung durchLebenskompetenzprogamme in Deutschland. Köln 2005Edelstein, Wolfgang; Fauser, Peter: Demokratie lernen und leben. Bund Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung. Materialien zurBildungsplanung und Forschungsförderung. 96/2001, S. 20 Eutin 1993;Hanewinkel, R.; Knaack, R.: Mobbing: Gewaltprävention in Schulen in Schleswig-Holstein.Kiel 1997Ferstl, R.; Niebel, G. Hanewinkel, R.: Gutachterliche Stellungnahme zur Verbreitung vonGewalt und Aggression an Schulen in Schleswig-Holstein. Kiel 1997Gall, Reiner: Ziele und Methoden des Coolness-Trainings (CT) für Schulen.In: Kilb, Rainer; Weidner, Jens; Gall, Reiner: Konfrontative Pädagogik in der Schule:Anti-Aggressivitäts- und Coolnesstraining. Weinheim, München 2006, S. 93-106Grüner, Michael: Gewalt in der Schule: Arbeiten im Einzelfall und im System.In: Wolfgang Vogt (Hrsg.): Gewalt und Konfliktbearbeitung: Befunde – Konzepte –Handeln. Baden-Baden 1997, S. 18057


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelGugel, Günther: Handbuch Gewaltprävention in der Grundschule; Grundlagen –Lernfelder – Handlungsmöglichkeiten; Bausteine für die praktische Arbeit.Tübingen 2007http://www.schulische-gewaltpraevention.deHoltappels, Hans-Günther, Tillmann, Klaus-Jürgen: Hausgemachte Gewaltrisiken – undwas in der Schule dagegen getan werden kann. In Pädagogik, 51. Jahrgang, Heft 1/ 1999,S. 8ff.Klein, Elke: Neue Wege entstehen beim Gehen – ein schulinternes Curriculum zumsozialen Lernen. Aus: GanzGut 3, Serviceagentur Ganztag, kobra.net 09.07,Potsdam 2007Limmer, Christa; Becker, Dieter; Riebl, Andreas: 88 Impulse zur Gewaltprävention.Landesinstitut Schleswig-Holstein für Praxis und Theorie (ITPS), Kiel 1997Olweus, Dan: Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten – und tunkönnen. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle 1996Omer, Haim / Schlippe, Arist von: Autorität durch Beziehung. Die Praxis des gewaltlosenWiderstands in der Erziehung. Göttingen 2004, S. 175Preuss-Lausitz, Ulf: Mehr Gewalt in die Schule!? In: Pädagogik, 51. Jahrgang, Heft1/1999, S. 25ff.Schrul, Barbara; Euhus, Brigitta: Hintergründe und Auswirkungen häuslicher Gewalt –ein Curriculum für die Familienbildung – Institut für angewandte Familien-, Kindheits- undJugendforschung an der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit dem NetzwerkBrandenburgischer Frauenhäuser e.V.http://www.ifk-vehlefanz.de/sites/curriculum-site/index.htmTillmann, Klaus-Jürgen u.a.: Schülergewalt als Schulproblem: Weinheim und München1999, S. 75ff; Arbeitsgruppe Schulevaluation(s. Anmerkung 1), S. 51ff:Wennekers, Hannah Sibylle: TuT – Trenner und Tröster - Schulanfänger lotsen durchKonflikte; Gewaltprävention im Miteinander, Verstehen und Handeln X. Senatsverwaltungfür Bildung, Wissenschaft und Forschung. Berlin 2007; S. 13 ff.Trainingsprogramme zum sozialen Lernen (Auswahl)Asshauer, Martin.; Burow, Fritz.; Hanewinkel, Rainer: Fit und stark fürs Leben. 1. und2. Schuljahr – Persönlichkeitsentwicklung und Prävention von Aggression, Rauchen undSucht. Klett Grundschulverlag. Leipzig 1998Asshauer, Martin: Burow, Fritz: Hanewinkel, Rainer: Fit und stark fürs Leben. 3. und4. Schuljahr – Persönlichkeitsentwicklung und Prävention von Aggression, Rauchen undSucht. Klett Grundschulverlag. Leipzig 1999Böttger, Gudrun; Hein, Renate; Kügele, Helena; Reich, Angelika; Wichniarz, Margot u. a.:Erziehen heißt bilden – Eine Handreichung für Erzieher/innen und Lehrer/innen.Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg, 2. Aufl., Ludwigsfelde 2009Cierpka, Manfred (Hrsg.): FAUSTLOS. Ein Curriculum zur Prävention von aggressivemund gewaltbereitem Verhalten bei Kindern der Klassen 1 bis 3., Hogrefe, Göttingen 200158


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelJefferys-Duden, Karin: Das Streitschlichterprogramm. Mediatorenausbildung für Schülerinnenund Schüler der Klassen 3-6. Weinheim, Basel 1999Jugert; Gert u. a.: FIT FOR LIFE. Module und Arbeitsblätter zum Training sozialerKompetenzen für Jugendliche. Juventa. Weinheim 2001Marx, Rita; Saliger, Susanne (Hrsg.): PAGS. Unterrichtsmaterialien zur Prävention vonAggression und Gewalt an Schulen. 4. Auflage, Vertrieb: Institut für Fortbildung,Forschung und Entwicklung e.V. (IFFE) an der Fachhochschule Potsdam/Ludwigsfelde2008Petermann Franz.; Jugert, Gert; Tanzer, Uwe; Verbeek, Dorothea: Sozialtraining in derSchule. Weinheim 1997Petermann, Franz; Jugert, Gert; Tänzer, Uwe; Verbeek, Dorothea: Verhaltenstraining mitKindern. In: Holtappels, Hans-Günther, Heitmeyer, Wolfgang, Melzer, Wolfgang, Tillmann,Klaus-Jürgen (Hrg.): Schulische Gewaltforschung. Stand und Perspektiven. Weinheim1997, S. 315-329Walker, Jamie: Gewaltfreier Umgang mit Konflikten in der Grundschule. Grundlagen unddidaktisches Konzept. Spiele und Übungen für die Klassen 1-4. Frankfurt/Main 1995Literatur zur Jungenförderung (Auswahl zum Selbststudium)Das Projekt „Neue Wege für Jungs“ wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren,Frauen und Jugend sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert und bietetumfassende Zugänge: www.neue-wege-fuer-jungs.deBiermann, Christine: Wie kommt Neues in die Schule? Individuelle und organisationaleBedingungen nachhaltiger Schulentwicklung am Beispiel Geschlecht. Juventa Verlag,Weinheim und München 2007Bentheim, Alexander; Murphy-Witt, Monika: Was Jungen brauchen. Das Kleine-Kerle-Coaching. Gräfe & Unzer Verlag, München 2007Pickering, Jon: Wie das Lernen Jungen erreicht. Ein Programm zur Integration undFörderung. Verlag an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr 2005Bay, Christine; Sauer, Robert: Vom Warming-Up zum Cool-Down. Neue Methoden fürdie Arbeit mit Jungengruppen. Juventa Verlag, Weinheim und München 2006Koch-Priewe, Barbara: Schulprogramme zur Mädchen- und Jungenförderung.Die geschlechterbewusste Schule. Beltz-Verlag, Weinheim und Basel 2002Herwartz-Emden, Leonie u.a.: Interkulturelle und geschlechtergerechte Pädagogik fürKinder im Alter von 6 bis 16 Jahren. Zum Download: www.landtag.nrw.deBoldt, Uli: Buben unterstützen – Männer bringen sich in die Erziehung ein. Das Handbuchfür Eltern und LehrerInnen: Coole Mädchen – starke Jungs. Öbvhpt Verlag, Wien 2007Preuschoff, Gisela / Preuschoff, Axel: Arme Jungs. Was Eltern, die Söhne haben, wissensollten. PapyRossa Verlag, Köln 2004Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport (Hrg.): Konfliktbewältigung für Mädchenund Jungen – Ein Beitrag zur Förderung sozialer Kompetenzen in der Grundschule, Bd. 1und Bd. 2, Berlin 199859


Berlin-Brandenburger Anti-Gewalt-FibelWichniarz, Margot: ”.... ene mene muh....” – Mädchen und Jungen entwickeln Selbst- undSozialkompetenz im gechlechtsdifferenzierten Unterricht, Hrsg. vom Berliner Landesinstitutfür Schule und Medien. Berlin 200060


www.lisum.berlin-brandenburg.de


Wir sehen all das Schöne in dieser Welt. Wir greifen danach und versuchen es fest zu halten.Wir sehen all das (weniger Schöne) Hässliche in dieser Welt. Wir stossen es von uns undkämpfen dagegen an.Wir leiden, wenn wir das Schöne nicht halten können.Wir leiden, wenn uns das Hässliche in die Arme fällt.Jedes Ding hat seine Zeit. Wenn diese Zeit vorüber ist, sollten wir es gehen lassen.(Clemens Lukas Luderer)


Darstellung 2:Übersicht über mögliche Teilaufgaben und Projekte im Sinne eines medienpädagogischenAuswählen undNutzen vonMedienangebotenKonzepts für eine Grundschule und eine Sekundarstufe IEigenes Gestaltenund Verbreiten vonMedienbeiträgenVerstehen undBewerten vonMediengestaltungenErkennen undAufarbeiten vonMedieneinflüssenDurchschauen undBeurteilen vonBedingungen1 / 2 Unterhaltung undInformationFotodokumentationverschiedeneDarstellungsformenGefühleFreizeitgestaltung3 / 4 LernenVerkehrsprojektDruckerzeugnis mitHilfe des ComputersMärchenprojektversch. GestaltungstechnikenGruselprojektVorstellungenökonomischeBedingungenSingvögel5 / 6 Unterhaltung undSpielenComputerspieleKartengestaltungDruckerzeugnisGeschichten in Wortund BildWerbeprojektverschiedeneAbsichtenSchöne ReisezielePolizeiprojektVerhaltensorientierungenKonfliktverhaltenComicsrechtlicheBedingungenVideo undJugendschutz7 / 8 Lernen undInformationInternetrechercheTelekommunikationFrühlingsboten9 / 10 SimulationHörmagazinKlassenradioVideobeitragEin Marktag imMittelalterComputerbasierterBeitragverschiedeneGestaltungsartenMediale Variationenzu einem ThemaWertorientierungenMedienethischeReflexionen zuMedieninhaltensoziale Zusammenhängepersonale undinstitutionelleBedingungenNachrichten undMagazinegesellschaftlicheBedingungenComputersimulationHypertexteComputergestützteFragebogenaktionTelearbeitTelekooperationVorbereitung einerKlassenfahrtEine Schule, die ein entsprechendes Konzept entwickelt, sollte sich begleitend und zunehmendin einen lokalen Verbund mit anderen Schulen und Medieneinrichtungen einbringen, indem sich die verschiedenen Personen und Institutionen gegenseitig stützen und an Entwicklungenim Medienbereich ihrer Kommune beteiligt sind bzw. teilhaben.Bisher war der Blick bei der Frage nach der Verankerung medienpädagogischer Aufgabenvorwiegend auf die Entwicklungen innerhalb der einzelnen Schule und die Einbettung ihrerAktivitäten in ein lokales Umfeld gerichtet. Sollen alle Schulen zu entsprechenden Aktivitätenangeregt werden, müsste sich die jeweilige Landesregierung entschließen, ein gemeinsamescurriculares Rahmenkonzept zu formulieren und Anreize für seine Umsetzung in denSchulen zu schaffen. Dabei wäre es wichtig ein angemessenes Verhältnis von konzeptionellerEntwicklung in den Schulen in dem vorgegebenen Rahmen, von Personal- und Organisationsentwicklungeinschließlich geeigneter Qualifizierungsmaßnahmen sowie von Ausstattungsaktivitätenanzustreben.Bei entsprechenden Initiativen und Unterstützungen könnten die Schulen einen wesentlichenBeitrag zur Medienkompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler sowie zur Medienkultur imlokalen Zusammenhang sowie in der Gesellschaft insgesamt leisten.- 13 -


Zitierte Literatur:Baacke, D. (1992): Handlungsorientierte Medienpädagogik. In: Schill, W./ Tulodziecki, G./Wagner, W.-R. (Hrsg.): Medienpädagogisches Handeln in der Schule. Opladen: Leske +Budrich, S. 33 - 58Birett, H. (1980): Verzeichnis in Deutschland gelaufener Filme/ Entscheidungen derFilmzensur. München: SauerBLK - Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (1995):Medienerziehung in der Schule. Orientierungsrahmen. Bonn: BLK-GeschäftsstelleFWU- Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (Hrsg.)(1999): Die Alpen. CD-Rom und Handbuch. Grünwald: FWUHolzer, H. (1974): Kinder und Fernsehen. Materialien zu einem öffentlich-rechtlichenDressurakt. München: HanserKeilhacker, M./ Keilhacker ,M.. (1995): Kind und Film. Stuttgart: KlettKerstiens, L. (1971): Medienkunde in der Schule. Lernziele und Vorschläge für denUnterricht. 2. Aufl., Bad Heilbrunn: KlinkhardtLeufen, S. (1996): Ansätze zur Bewertung von Unterrichtssoftware. In: Bertelsmann Stiftung,Heinz Nixdorf Stiftung (Hrsg.): Neue Medien in den Schulen. Projekte – Konzepte –Kompetenzen. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, S. 55 – 71.Lewers, M. (1993): Das Bild der Polizei im Fernsehen - Aufarbeitung medienvermittelterVorstellungen über die Realität. In: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.):Medienerziehung in der Schule. Teil 6: Unterrichtsbeispiele Grundschule. Soest: LSW, S. 59– 72Mandl, H./ Gruber, H./ Renkl, A. (1995): Situiertes Lernen in multimedialenLernumgebungen. In: Issing, L.J./ Klimsa, P. (Hrsg.): Information und Lernen mit Multimedia.Weinheim: Psychologie Verlags Union, S.167-178MSWWF von NRW (Hrsg.) (2000): Zukunft des Lehrens – Lernen für die Zukunft: NeueMedien in der Lehrerausbildung. Rahmenkonzept. Frechen: RitterbachPeters, J.M. (1963): Grundlagen der Filmerziehung. München: JuventaPeters, J.-R. (1997): Telearbeit. LOG IN, (1997) 1, S. 58 – 64Preiser, D./ Seibold, W. (1989): Erfahrungen mit Massenmedien. Katalog schulischerMedienproduktionen. Stuttgart: Landesinstitut für Erziehung und UnterrichtSpanhel, D. (1999 a): Integrative Medienerziehung in der Hauptschule. EinEntwicklungsprojekt auf der Grundlage responsiver Evaluation. München: KoPädSpanhel, D. (1999 b): Multimedia im Schulalltag – was müssen Lehrerinnen und Lehrerwissen, um Multimedia einsetzen zu können ? In: Meister, D. M./ Sander, U. (Hrsg.):Multimedia: Chancen für die Schule. Neuwied: Luchterhand, S. 54 - 76Spanhel, D./ Kleber, H. (1996): Integrative Medienerziehung in der Hauptschule.Pädagogische Welt, 50 (1996), S. 359 - 364Tulodziecki, G. (1987): Unterricht mit Jugendlichen. Eine Didaktik für allgemein- undberufsbildende Schulen. 1. Aufl., Bad Heilbrunn: Klinkhardt- 14 -


Tulodziecki, G. (1996): Unterricht mit Jugendlichen. Eine handlungsorientierte Didaktik mitUnterrichtsbeispielen. 3. Aufl., Bad Heilbrunn: KlinkhardtTulodziecki, G. (1997): Medien in Erziehung und Bildung. Grundlagen und Beispiele einerhandlungs- und entwicklungsorientierten Medienpädagogik. 3. Aufl., Bad Heilbrunn:KlinkhardtTulodziecki, G., u.a. (1995): Handlungsorientierte Medienpädagogik in Unterrichtsbeispielen.Projekte und Unterrichtseinheiten für Grundschulen und weiterführende Schulen. BadHeilbrunn: KlinkhardtTulodziecki, G,/ Möller, D. u.a. (1998): Rahmen für die Medienerziehung in derSekundarstufe I. Ergebnisse des Modellversuchs „Differenzierte Medienerziehung alsElemente allgemeiner Bildung“. Düsseldorf: Ministerium für Schule und Weiterbildung,Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-WestfalenWolgast, H. (1896): Das Elend unserer Jugendliteratur. Ein Beitrag zur künstlerischenErziehung der Jugend. Neuausgabe besorgt von E. Arndt-Wolgast und W. Flacke, Worms1950Autor:Prof. Dr. Gerhard Tulodziecki lehrt Erziehungswissenschaft an der Universität-GesamthochschulePaderborn mit den Schwerpunkten Allgemeine Didaktik und Medienpädagogik.Anschrift:Universität-GH Paderborn, Fachbereich 2, 33095 PaderbornE-Mail: tulo@uni-paderborn.de- 15 -

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