Ausgabe 02/2011 - Golf am Niederrhein
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GolF & PSYCHe<br />
von mentalen Strategien<br />
„Beim nächsten loch<br />
bin ich raus!“ Kerstin Wittke-Laube und Dennis Küpper<br />
Der wiederholte Ballverlust an<br />
bestimmten Löchern des heimischen<br />
Platzes führt mitunter zu kuriosen<br />
Reaktionen. „Beim nächsten Loch<br />
bin ich raus. Da schlage ich nur<br />
noch ab und nehme dann auf.“ Auf<br />
Nachfrage in einem ProAm stellt sich<br />
heraus, dass die Spielerin an diesem<br />
Par 4 noch nie das Grün erreicht hat.<br />
Sämtliche Bälle verschwanden in<br />
dem Wasserhindernis vor dem Grün.<br />
Verwunderlich eigentlich. Schließlich<br />
ist das Hindernis keine zwanzig<br />
Meter breit, und ihre Pitches flogen<br />
zuvor noch deutlich weiter.<br />
Verwunderlich? Nicht wirklich. Genau<br />
wie <strong>Golf</strong>bälle werden auch Gedanken<br />
wie magisch von Hindernissen<br />
angezogen. Wenn sich der Kopf, egal<br />
wie hintergründig, mit dem vor dem<br />
Ziel liegenden Hindernis auseinandersetzt,<br />
wird dem „Problem“ eine<br />
größere Bedeutung beigemessen und<br />
dadurch zwangsläufig wenigstens ein<br />
Teil des Fokus darauf gerichtet. D<strong>am</strong>it<br />
steigt auch die Wahrscheinlichkeit,<br />
dem Ball kein eindeutiges Ziel mehr<br />
zu geben und d<strong>am</strong>it einen inkonsequenten<br />
Schwung zu provozieren. Ob<br />
die <strong>Golf</strong>technik nun für das Zielen<br />
24 G LFA M NIEDERRHEIN<br />
auf einen kleinen Punkt reicht oder<br />
nicht, ist eigentlich unerheblich.<br />
Grundlegend ist der Unterschied<br />
in der Wahrnehmung und den Formulierungen.<br />
Einerseits finden sich<br />
Aussagen wie: „Ich schlage den Ball<br />
über das Wasser“ oder „Ich schlage<br />
<strong>am</strong> Bunker vorbei“, andererseits „Ich<br />
schlage den Ball an die Fahne“ oder<br />
„Ich schlage den Ball aufs Grün“.<br />
Natürlich nimmt der <strong>Golf</strong>er potentielle<br />
Hindernisse wahr. Aber er muss<br />
sie nicht im Fokus behalten. Schließlich<br />
möchte er seinen Ball ja zu einem<br />
bestimmten Ziel befördern und nicht<br />
irgendwo hin. Da es faktisch keinen<br />
Unterschied macht, ob der Ball über<br />
20 Meter Wasser, Sand, Abgrund oder<br />
Gras fliegt, ist der einzige bedeuts<strong>am</strong>e<br />
Ort der Zielpunkt des kommenden<br />
Schlags hinter dem Hindernis.<br />
Auch sollte sich jeder Spieler d<strong>am</strong>it<br />
beschäftigen, was passieren soll, nicht<br />
d<strong>am</strong>it, was nicht passieren soll. Eine<br />
gewisse Neugierde und Vorfreude<br />
beim Spielen ungewohnter Lagen<br />
reduzieren den Situationsdruck. Kontrolliert<br />
aggressiv lautet das Zauberwort.<br />
Leichtsinn hat noch niemandem<br />
auf dem <strong>Golf</strong>platz weitergeholfen,<br />
Angst vor wiederkehrenden Gegebenheiten<br />
aber ebenso wenig.<br />
Da der perfekte Schlag selbst bei Weltklasse-<strong>Golf</strong>ern<br />
absoluten Seltenheitswert<br />
hat, sind Qualität und Umgang mit<br />
den schlechteren Schlägen von großer<br />
Bedeutung. Zum einen reduziert ein<br />
wohl definiertes, kleines Ziel allgemein<br />
die Streuung der Schläge. Selbst bei<br />
einer Abweichung von zehn Metern<br />
vor, hinter oder neben einem anvisierten<br />
Punkt auf dem Fairway wird der<br />
Ball nach einem unterdurchschnittlich<br />
getroffenen Schlag wahrscheinlich<br />
noch auf dem Fairway liegen. Dieselbe<br />
Abweichung bei „irgendwo neben dem<br />
Hindernis“ befördert den Ball eventuell<br />
gleich in’s Rough oder eben über<br />
die Hindernisgrenze. Zum anderen<br />
fördert die Wahrnehmung der aus<br />
einem verunglückten Schlag resultierenden<br />
„schlechten Lage“ als interessante<br />
Herausforderung mit Sicherheit<br />
das Ergebnis des folgenden „Rettungsschlages“.<br />
Jeder Spieler, gleich welcher Handicap-<br />
oder Könnensklasse, muss<br />
den für ihn optimalen Weg finden,<br />
mit den eigenen Herausforderungen<br />
umzugehen. Aber eine positive<br />
Grundhaltung ist unerlässlich. Denn<br />
diese positive Grundhaltung ist der<br />
beste Weg, eine <strong>Golf</strong>runde erfolgreich<br />
zu beenden. An manchen Tage klappt<br />
es gut, an manchen schlechter und an<br />
manchen überhaupt nicht. Die Herausforderung<br />
liegt gerade darin, zu<br />
versuchen, an Tagen, an denen „mal<br />
wieder gar nichts läuft“ und irgendwie<br />
alle Bälle „auslippen“, aus diesem<br />
ganzen „Haufen zus<strong>am</strong>men gewürfelter<br />
schlechter Schläge“ doch noch<br />
einen brauchbaren Score zu machen.<br />
Wenig hilfreich für eine schöne<br />
<strong>Golf</strong>runde ist die Zuschreibung von<br />
eigenen Fehlschlägen auf externe<br />
Faktoren: „Die Bunker sind frisch<br />
gesandet“, „der Wind heute war<br />
unberechenbar“, „mein Mitbewerber<br />
hat immer so gestanden, dass ich ihn<br />
beim Putten gesehen habe“. Natürlich