Ausgabe 02/2011 - Golf am Niederrhein
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eGeleCKe<br />
der zähler ist kein Schiedsrichter!<br />
noch mal neu vom abschlag? Erhard Wetterich<br />
Fall 1<br />
Lars hat seinen Ball mit dem Abschlag<br />
in dichtes Unterholz befördert, wo<br />
man ihn nach kurzer Suchzeit auch<br />
findet, allerdings sehr ungünstig und<br />
schwer zu spielen. Lars erklärt den<br />
Ball für unspielbar, nimmt ihn auf<br />
und lässt ihn an günstigerer Stelle<br />
fallen. Da meldet sich sein Zähler<br />
Sven und sagt, Lars habe vor dem<br />
Fallenlassen nicht korrekt mit einem<br />
Schläger die erlaubten zwei Schlägerlängen<br />
ausgemessen, was schon mal<br />
1 Strafschlag koste, außerdem läge<br />
der Ball jetzt auch weiter als erlaubt<br />
vom ursprünglichen Punkt entfernt.<br />
Lars misst nach und stellt fest, dass<br />
der Ball tatsächlich nicht innerhalb<br />
der vorgeschriebenen zwei Schlägerlängen<br />
fallen gelassen worden ist.<br />
Er nimmt den Ball auf und erkennt<br />
dann, dass bei korrektem Fallenlassen<br />
der Ball völlig unspielbar im Gebüsch<br />
läge. Er legt den Ball im Einverständnis<br />
von Sven zurück an die ursprüngliche<br />
Stelle. Von dort schlägt er den<br />
Ball quer auf das Fairway und locht<br />
schließlich mit vier weiteren Schlägen<br />
ein und lässt sich eine „7“ notieren.<br />
Bei Abgabe der Scorekarte fragt er<br />
vorsichtshalber die Spielleitung, ob<br />
ein zusätzlicher Strafschlag hinzu<br />
komme, weil er den Ball für unspielbar<br />
erklärt habe. Immerhin habe er ja<br />
Regel 28 nicht in Anspruch genommen<br />
und von der ursprünglichen<br />
Stelle gespielt. Außerdem habe sein<br />
Zähler dem Verfahren ja zugestimmt.<br />
Wird die Spielleitung die „7“ akzeptieren?<br />
Antwort: Vorab sei gesagt, dass es<br />
völlig belanglos ist, ob der Zähler dem<br />
Verfahren zugestimmt hat. Der Zähler<br />
ist nicht Schiedsrichter. Er ist zum<br />
Zählen und Aufschreiben da, nicht<br />
aber dazu berechtigt, Regelentscheidungen<br />
zu treffen! Fehlerhaftes Ver-<br />
halten eines Spielers wird also nicht<br />
durch Aussagen des Zählers gedeckt.<br />
Aber gehen wir der Reihe nach. Hat<br />
sich Lars einen Strafschlag eingehandelt,<br />
weil er vor dem Fallenlassen<br />
nicht erst mit einem Schläger<br />
ausgemessen hatte? Nein, hat er<br />
nicht. Vorgeschrieben ist nur, dass<br />
je nach Regel innerhalb einer oder<br />
zweier Schlägerlängen der Ball fallengelassen<br />
werden muss. An keiner<br />
Stelle steht im Regelbuch, dass vorher<br />
gemessen werden muss. Wie der<br />
vorliegende Fall zeigt, ist ein vorheriges<br />
Ausmessen in kritischen Fällen<br />
aber empfehlenswert. Lars hat sich<br />
also nicht den von Sven rekl<strong>am</strong>ierten<br />
Strafschlag eingehandelt. Lars hätte<br />
jetzt nach Regel 20-6 (nicht korrekt<br />
fallen gelassenen Ball aufnehmen)<br />
seinen Fehler straflos korrigieren<br />
können. Das hat er aber nicht getan.<br />
Wie seine Aussage gegenüber der<br />
Spielleitung bestätigt, wollte er nicht<br />
mehr nach Regel 28 (unspielbarer<br />
Ball) verfahren, nachdem er erkannt<br />
hatte, dass der Ball bei korrektem<br />
Fallenlassen gar nicht mehr spielbar<br />
gewesen wäre. Durfte er aber seine<br />
Entscheidung rückgängig machen?<br />
Nein, das durfte er nicht mehr. Er hatte<br />
den Ball nach einer anwendbaren<br />
Regel (28) fallen gelassen, und d<strong>am</strong>it<br />
war der Ball gemäß Regel 20-4 nach<br />
dem Fallenlassen wieder „im Spiel“,<br />
und zwar unabhängig davon, ob der<br />
Ball korrekt und/oder an falscher Stelle<br />
fallengelassen worden war. Ab jetzt<br />
hätte er zwar noch eine der anderen<br />
in Regel 28 gegebenen Möglichkeiten<br />
anwenden können, nicht aber seine<br />
Entscheidung, den Ball für unspielbar<br />
zu erklären, rückgängig machen und<br />
den Ball an die ursprüngliche Stelle<br />
zurücklegen dürfen.<br />
D<strong>am</strong>it hat Lars also von falscher Stelle<br />
gespielt. Das kostet ihn gemäß Regel<br />
20-7 auf jeden Fall 2 Strafschläge<br />
nach der „anwendbaren Regel“.<br />
Anwendbare Regel ist hier Regel 28,<br />
die er nicht korrekt angewendet hat.<br />
Er ist allerdings disqualifiziert, wenn<br />
es sich um einen schwerwiegenden<br />
Verstoß gehandelt hat. Davon ist vorliegend<br />
auszugehen, da das Spielen<br />
vom falschen Ort Lars einen bedeutenden<br />
Vorteil gebracht hat (Anmerkung<br />
1 zu 20-7 c).<br />
Fall 2<br />
Nach dem Abschlag liegt der Ball in<br />
einem Gebüsch. Der Spieler versucht<br />
einen Schlag, der Schläger wird aber<br />
von Zweigen abgelenkt und verfehlt<br />
den Ball. Nunmehr erklärt der<br />
Spieler den Ball für unspielbar, und<br />
er erkennt, dass es die sinnvollste<br />
Lösung wäre, nochmals gemäß Regel<br />
28 a vom Abschlag zu spielen. Sein<br />
Mitbewerber meint, die Möglichkeit<br />
bestünde jetzt nicht mehr.<br />
Ist das richtig?<br />
Antwort Regel 28 a bietet die Wahl,<br />
nochmals so nahe wie möglich von<br />
der Stelle zu spielen, von der der Ball<br />
zuletzt „gespielt“ worden ist. Maßgebend<br />
ist, was die <strong>Golf</strong>regeln unter<br />
„gespielt“ verstehen. Eine Definition<br />
dieses Begriffs kennt das Regelbuch<br />
zwar nicht, aber darunter ist zu verstehen,<br />
dass der Ball dann als gespielt<br />
gilt, wenn man einen Schlag nach<br />
ihm ausgeführt hat, egal, ob man<br />
ihn dabei bewegt hat oder nicht. Und<br />
unter Schlag ist die Vorwärtsbewegung<br />
des Schlägers zu verstehen, die<br />
in der Absicht ausgeführt wird, nach<br />
dem Ball zu schlagen und ihn zu<br />
bewegen. Da der Spieler den Ball weg<br />
schlagen wollte, hat er ihn gespielt,<br />
und er kann nicht mehr zurück zum<br />
Abschlag.<br />
G LFA M NIEDERRHEIN<br />
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