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„Und es schrie aus den Wunden“ - eDiss - Georg-August-Universität ...

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und das war ein sehr heftiger Fall. Da sagten die Leute, daß beide Brüderschnell hinzugehen sollten und so wurde <strong>es</strong> gemacht. Darauf gab <strong>es</strong> einengewaltigen Ringkampf und bald war der eine, bald der andere stärker unddoch hatte Grettir immer einen von bei<strong>den</strong> unter sich und sie fielenabwechselnd auf die Knie oder wur<strong>den</strong> von dem anderen zu Bo<strong>den</strong> geworfen.So hart ging <strong>es</strong> zu, daß sie überall blau und blutig waren. Allen bereitete di<strong>es</strong>größt<strong>es</strong> Vergnügen. 16Das Erlebnis Schmerz ist Privatsache d<strong>es</strong> betroffenen Individuums. Außenstehendehaben nicht die Möglichkeit, an di<strong>es</strong>er Erfahrung teilzuhaben. Der AnblickLei<strong>den</strong>der löst zwar „Mit-Leid” <strong>aus</strong>, doch di<strong>es</strong><strong>es</strong> basiert immer auf <strong>den</strong> jeweiligenindividuellen Schmerzerfahrungen, die sich nicht mit <strong>den</strong>en d<strong>es</strong> Betroffenen decken.Aus di<strong>es</strong>em Grund ist <strong>es</strong> unmöglich, <strong>den</strong> Schmerz Anderer im Detail nachzufühlen.Ob jemand Schmerz erleidet, ist für Außenstehende nur erkennbar, indem er di<strong>es</strong>verbal, durch G<strong>es</strong>tik oder Mimik zum Ausdruck bringt. Inwieweit Schmerzverhaltenjedoch kulturell akzeptiert oder sogar erwünscht ist, ist eine andere Sache.Schiefenhövel untersucht in einer soziologischen Studie das Schmerzverhalten derEipo, einem Eingeborenenstamm im Hochland von W<strong>es</strong>t-Neuguinea. Von Kindheitan üben sich die Eipo im Ertragen von Schmerz, indem sie sich kleinereVerletzungen zufügen. Wun<strong>den</strong> <strong>aus</strong> kriegerischen Auseinandersetzungen ertragen sieerstaunlich gleichmütig. Schiefenhövel zieht dar<strong>aus</strong> <strong>den</strong> Schluß, Schmerztoleranz seitrainierbar. 17 Generell scheinen Mann<strong>es</strong>ehre und Ertüchtigung im Ertragen vonSchmerz f<strong>es</strong>te B<strong>es</strong>tandteile kriegerischer Kulturen zu sein. In schwerpunktmäßiglandwirtschaftlich <strong>aus</strong>gerichteten G<strong>es</strong>ellschaften ist das Zeigen von Schmerzhingegen kein<strong>es</strong>wegs unakzeptabel. 18 Auch die Isländer der untersuchten Sagasstehen zu einem nicht unerheblichen Teil in der kriegerischen Tradition derWikinger. Das gilt vor allem für die Hel<strong>den</strong> der Íslendingasögur. Di<strong>es</strong>e spielenzwischen 870 und 1030 und damit genau in der Wikingerzeit. Es erscheint dahernicht verwunderlich, wenn Sagahel<strong>den</strong>, die dem nordischen Männlichkeitsidealverpflichtet sind, Schmerz meist nicht nur verschweigen, sondern ihn sogarverlachen:16 Grettir seildisk aptr yfir bak Þórði ok tók svá í brœkrnar ok kippði upp fótunum ok kastaði honumaptr yfir hôfuð sér, svá at hann kom at herðum niðr, ok varð þat allmikit fall. Þá mæltu menn, at þeirskyldi fara til báðir brœðrnir senn, ok svá var gôrt. Þá urðu allmiklar sviptingar, ok máttu ýmsir betr,en þó hafði Grettir ávallt annanhvárn undir, en ýmsir fóru á kné eða slyðrur fyrir ôðrum. Svá tókuskþeir fast á, at hvervetna var blátt ok blóðrisa. Ôllum þótti at þ<strong>es</strong>su in m<strong>es</strong>ta skemmtun. Grettis sagaÁsmundarsonar, 235 f. (Guðni Jónsson 1936 [ÍF 7]).17 Schiefenhövel 1980, 227.18 Jensen 1933, 73.10

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