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109 Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser,

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Rechtsprechung<br />

Kündigungsschutzrecht<br />

der Kündigung (vgl. nur BAG, Urt. v. 17.06.1999 – 2 AZR<br />

639/98 – EzA § 1 KSchG Wiedereinsetzungsanspruch Nr. 4)<br />

nicht nur vorübergehend zumindest teilweise unmöglich sein<br />

(BAG, Urt. v. 28.02.1990 – 2 AZR 401/89 – EzA § 1 KSchG<br />

Personenbedingte Kündigung Nr. 5; BAG, Urt. v. 10.10.2002 –<br />

2 AZR 472/01 – EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung<br />

Nr. 58).<br />

bb) Zwar hat der Kläger nach Behauptung der Beklagten am<br />

22.11.2005 bei seinem Einsatz als Omnibusfahrer mehrfach<br />

gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen <strong>und</strong> damit eine<br />

vorwerfbare Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten begangen.<br />

Dies würde für eine verhaltensbedingte Kündigung des<br />

Klägers sprechen (vgl. nur BAG, Urt. v. 10.10.2002 – 2 AZR<br />

472/01 a.a.O.). Gr<strong>und</strong> für die außerordentliche Kündigung der<br />

Beklagten vom 06.12.2005 war jedoch nicht ein steuerbares<br />

Verhalten des Klägers, das mit einer vorwerfbaren Verletzung<br />

arbeitsvertraglicher Pflichten verb<strong>und</strong>en war, sondern<br />

der Umstand, dass ihn ihr Betriebsleiter, Herr X, auf Dauer<br />

für ungeeignet hielt, einen KOM (sc. Omnibus) zu lenken <strong>und</strong><br />

sie sich an die Anordnung von Herrn X am Schluss seines<br />

Schreibens vom 02.12.2005, der Kläger werde auf Dauer nicht<br />

mehr im Fahrdienst bei ihr eingesetzt, geb<strong>und</strong>en fühlte.<br />

b) Gr<strong>und</strong>sätzlich ist ein personenbedingter Kündigungsgr<strong>und</strong><br />

aber nur ausnahmsweise an sich geeignet, eine außerordentliche<br />

Kündigung aus wichtigem Gr<strong>und</strong> nach § 626<br />

Abs. 1 BGB zu rechtfertigen. Denn stets ist zu prüfen, ob nicht<br />

u.a. mit der Wiederherstellung der Eignung gerechnet werden<br />

kann oder ob nicht andere mildere Mittel möglich sind (BAG,<br />

Urt. v. 06.03.2003 – 2 AZR 232/02 – EzA § 626 BGB 2002<br />

Nr. 2; Stahlhacke/Preis, Kündigung <strong>und</strong> Kündigungsschutz im<br />

Arbeitsverhältnis, 9. Aufl. 2005, Rn 746; vgl. auch schon BAG,<br />

Urt. v. 13.04.1989 – 2 AZR 444/88 – EzAÜG § 626 BGB Nr. 3).<br />

c) Im Streitfall können keine ausnahmsweise für die Berechtigung<br />

einer auf solche Gründe gestützten außerordentlichen<br />

Kündigung sprechenden Umstände festgestellt werden.<br />

aa) Zwar ist anerkannt, dass bei einem Kraftfahrer der Verlust<br />

der Fahrerlaubnis einen außerordentlichen personenbedingten<br />

Kündigungsgr<strong>und</strong> darstellen kann (vgl. BAG, Urt. v.<br />

30.05.1978 – 2 AZR 630/76 – EzA § 626 BGB n. F. Nr. 66).<br />

Der Verlust des Führerscheins führt zu einem gesetzlichen Beschäftigungsverbot.<br />

Ohne diese Erlaubnis darf der Arbeitgeber<br />

den Arbeitnehmer nicht weiter einsetzen, <strong>und</strong> dem Arbeitnehmer<br />

ist das Erbringen der geschuldeten Arbeitsleistung<br />

durch den Verlust der Fahrerlaubnis rechtlich unmöglich geworden<br />

(vgl. auch BAG, Urt. v. 24.02.2005 – 2 AZR 211/04 –<br />

EzA § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 18).<br />

bb) Bei der dem Kläger durch den Betriebsleiter der Beklagten,<br />

Herrn X, entzogenen Betriebsfahrberechtigung, deren<br />

Notwendigkeit sie aus § 6 Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 DFBus herleitet –<br />

diese Vorschrift verlangt für den Einsatz eines Omnibusfahrers<br />

bei ihr neben der vorgeschriebenen behördlichen Erlaubnis<br />

„die betriebliche Qualifikation“ – handelt es sich demgegenüber<br />

aber um eine betriebliche Fahrerlaubnis, die von<br />

der Beklagten bzw. ihrem Betriebsleiter zusätzlich zu dem<br />

158 02/07<br />

erforderlichen Führerschein erteilt wird <strong>und</strong> – sofern hierfür<br />

eine Rechtsgr<strong>und</strong>lage besteht – wieder entzogen werden<br />

kann. Der Verlust einer solchen Betriebsfahrberechtigung<br />

kann in seinen kündigungsrechtlichen Folgen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nicht dem Verlust einer behördlich vorgeschriebenen<br />

Fahrerlaubnis gleichgestellt werden. Würde man dies tun,<br />

hätte es der Arbeitgeber weitgehend in der Hand, selbst<br />

Kündigungsgründe zu schaffen, was der Unabdingbarkeit des<br />

gesetzlichen Kündigungsschutzes zuwiderliefe (BAG, Urt. v.<br />

25.04.1996 – 2 AZR 74/95 – EzA § 1 KSchG Personenbedingte<br />

Kündigung Nr. 14).<br />

cc) Im vorliegenden Fall gilt etwa nicht deshalb etwas anderes,<br />

weil es sich bei der Beklagten um ein Unternehmen<br />

des öffentlichen Personenverkehrs handelt. Nach § 3 Abs. 2<br />

Satz 3 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrtunternehmen<br />

im Personenverkehr (BOKraft) vom 21.06.1975 (BGBI<br />

l, S. 1573), zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung vom<br />

22.01.2004 (BGBI I 2004, S. 117), hat ein Personenbeförderungsunternehmen,<br />

das, wie die Beklagte, einen Betriebsleiter<br />

gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BOKraft bestellt hat, durch eine<br />

allgemeine Dienstanweisung sicherzustellen, dass die Mitglieder<br />

des Fahrpersonals befähigt <strong>und</strong> geeignet sind, eine sichere<br />

<strong>und</strong> ordnungsgemäße Beförderung zu gewährleisten<br />

(§ 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 1 BOKraft). Der nach näherer<br />

Maßgabe des § 4 Abs. 1 BOKraft bestellte Betriebsleiter ist<br />

der Genehmigungsbehörde gegenüber – unbeschadet der<br />

eigenen Verantwortung der Beklagten (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1<br />

BOKraft) – für die Einhaltung der Dienstanweisung verantwortlich.<br />

Mit dem Erlass der Dienstanweisung für den Fahrdienst<br />

mit Bussen (DFBus) – Ausgabe: Oktober 2000 – ist<br />

die Beklagte deshalb ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung<br />

nachgekommen, für die Sicherheit der Personenbeförderung<br />

in ihrem Betrieb zu sorgen.<br />

dd) Jedoch enthalten weder §§ 3 <strong>und</strong> 4 BOKraft noch die<br />

Vorschriften der DFBus eine Rechtsgr<strong>und</strong>lage dafür, dass der<br />

Betriebsleiter der Beklagten unter ganz konkret geregelten<br />

Voraussetzungen einem Omnibusfahrer, dazu noch mit für<br />

sie bindender Wirkung, die betriebliche Fahrerlaubnis überhaupt,<br />

geschweige denn auf Dauer, d. h. ohne ihm zuvor<br />

eine Bewährungschance, z.B. durch eine Nachschulung (vgl. in<br />

diesem Zusammenhang auch BAG, Urt. v. 25.04.2006 – 2 AZR<br />

74/95 – a.a.O.), gegeben zu haben, entziehen darf. Dies wäre<br />

aber im Hinblick darauf, dass dieser Entzug einen Eingriff in<br />

die Berufsausübungsfreiheit des Klägers gemäß Art. 12 Abs. 1<br />

Satz 1 GG darstellen würde, an den die Beklagte im Hinblick<br />

auf den Gr<strong>und</strong>satz, dass auch im Privatrechtsverkehr die zentralen<br />

Normen des Wertesystems der Gr<strong>und</strong>rechte zur Anwendung<br />

gelangen (gr<strong>und</strong>legend BVerfG, Urt. v 14.02.1973 –<br />

1 BvR 112/65 – NJW 1973, 1221 ff.; vgl. auch BVörfG, Urt.<br />

v. 30.07.2003 – 1 BvR 792/03 – EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte<br />

Kündigung Nr. 58a) notwendig gewesen (vgl. auch<br />

Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG).<br />

d) Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten der Beklagten<br />

annehmen würde, die §§ 3 <strong>und</strong> 4 BOKraft bzw. die Vorschrif-

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