Die Profitabilität wird nachhaltig gesteigert - KSPG AG
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Seite 16 Dokumentation<br />
Das Profil 3/2002<br />
Firmenhistorische Sammlung in Unterlüß<br />
Studienobjekte wurden<br />
zu historischen Zeugen<br />
Unterlüß. Vor knapp anderthalb Jahren,<br />
am 1. Januar 2001, ging die Betreuung<br />
der firmenhistorischen Sammlung<br />
der Rheinmetall W & M GmbH in Unterlüß,<br />
die viele Jahre Anton Fabry anvertraut<br />
war, in andere Hände über. Fritz H.<br />
Contag (56), zuständig für den Aufgabenbereich<br />
„Veranstaltungen und Besuche“,<br />
zeichnet seitdem für die wehrtechnische<br />
Ausstellung verantwortlich.<br />
<strong>Die</strong>se wiederum <strong>wird</strong> in den kommenden<br />
Monaten teilweise neu gestaltet –<br />
ein Grund für die Rheinmetall-Konzernzeitung<br />
„Das Profil“, Vergangenheit,<br />
Gegenwart und Zukunft dieser informativen<br />
Einrichtung näher zu beleuchten.<br />
Seit September vergangenen Jahres<br />
ist, wie ausführlich vorgestellt, im Foyer<br />
der Konzern-Hauptverwaltung in Düsseldorf-Derendorf<br />
die neue Ausstellung<br />
„Rheinmetall im Wandel“ zu besichtigen.<br />
In ihr fallen im wehrtechnischen<br />
Bereich zwei historische Gegenstände<br />
ins Auge: Eine Patrone mit dem Mantelgeschoß<br />
M 88 und das Maschinengewehr<br />
MG 42/59. Beide Gegenstände<br />
stammen aus der firmenhistorischen<br />
Sammlung in Unterlüß und symbolisieren<br />
zwei für die Geschichte Rheinmetalls<br />
sehr wichtige Stationen:<br />
<strong>Die</strong> Patrone<br />
stammt aus dem<br />
Jahre 1889 und war<br />
seinerzeit der erste<br />
Auftrag Rheinmetalls,<br />
den Firmengründer<br />
Heinrich Ehrhardt angenommen<br />
hatte, als das<br />
Unternehmen noch nicht<br />
existierte. Rheinmetall<br />
wurde mit dem M-88-Geschoß<br />
nicht groß – das<br />
geschah einige Jahre<br />
später mit der Erfindung<br />
des Rohrrücklaufgeschützes.<br />
Aber ohne den<br />
Patronenauftrag wäre das Unternehmen<br />
nicht gegründet worden. Das Maschinengewehr<br />
MG 42 wiederum war<br />
nicht nur ein Massenprodukt aus der<br />
Zeit des Zweiten Weltkrieges: Es war<br />
auch – in der auf die damaligen Bedürfnisse<br />
der „Nato“ zugeschnittenen, modernisierten<br />
Version 42/59 – das erste<br />
Produkt, mit dem Rheinmetall im Jahre<br />
1955 wieder mit der wehrtechnischen<br />
Produktion beginnen konnte.<br />
In jahrelanger beharrlicher Arbeit<br />
wurden diese und viele andere Produkte<br />
aus der Vergangenheit des „Defence“-Unternehmensbereiches<br />
in<br />
der firmenhistorischen<br />
Sammlung<br />
in Unterlüß zusammengetragen.<br />
Der frühere Name<br />
dieser Einrichtung<br />
– Wehrtechnische<br />
Studiensammlung<br />
– deutet im übrigen<br />
darauf hin,<br />
daß sie nicht als<br />
Museum geplant<br />
und konzipiert<br />
war, sondern als<br />
eine Sammlung<br />
von Studienobjekten.<br />
Der erste Ver-<br />
Exponate mit<br />
Geschichte(n)<br />
Was glauben Sie, welche Geschichte<br />
hinter diesem Flakscheinwerfer<br />
steckt?“ fragt Anton<br />
Fabry und deutet auf ein Ungetüm<br />
von Scheinwerfer, das an sich gar nicht<br />
so alt aussieht, wie man aufgrund seiner<br />
früheren Verwendung im Zweiten<br />
Weltkrieg denken könnte. „Wir bekamen<br />
einmal eine Anfrage vom Düsseldorfer<br />
Schauspielhaus“, erzählt der<br />
frühere Werbeleiter der Rheinmetall<br />
GmbH weiter: „Für eine Aufführung<br />
würde ein großer Scheinwerfer<br />
such, bei der damaligen Rheinmetall<br />
GmbH in Düsseldorf-Derendorf eine<br />
derartige Sammlung einzurichten,<br />
geht bereits auf das Jahr 1958 zurück.<br />
Der frühere Bundesverteidigungsminister<br />
Franz-Josef Strauß hatte angeregt,<br />
eine Studiensammlung mit Waffen<br />
aus dem Zweiten Weltkrieg und der<br />
damaligen Alliierten anzulegen, um Ingenieuren<br />
und Technikern das Knowhow<br />
zu bieten, das beim Neuaufbau<br />
der deutschen Rüstungsindustrie notwendig<br />
war.<br />
<strong>Die</strong> ministeriale Bitte scheiterte<br />
zunächst an den Kosten, wurde aber<br />
in den folgenden Jahren gleich doppelt<br />
realisiert: Strauß‘ Vorstellungen<br />
wurden in einer eigenen Sammlung<br />
der Bundeswehr Wirklichkeit, die zuerst<br />
in Meppen, später in Koblenz<br />
beim Bundesamt für Wehrtechnik und<br />
Beschaffung (BWB) angesiedelt wurde,<br />
wo sie auch heute noch besteht<br />
und – für die Öffentlichkeit frei zugänglich<br />
– zu besichtigen ist.<br />
Auch bei Rheinmetall bestand Interesse<br />
daran, junge Techniker für die eigene<br />
Fertigung zu schulen. In einem<br />
Brief schrieb der damalige Rheinmetall-<br />
Direktor Prof. Carl Waninger<br />
im Februar<br />
1960: „Zu diesem<br />
Zweck gehe ich von<br />
Haus zu Haus betteln,<br />
um interessante<br />
Studienobjekte zu bekommen,<br />
die dann u.a.<br />
für unsere Lehrlinge<br />
von besonderer Bedeutung<br />
sind. Aber<br />
auch für unsere Konstrukteure<br />
<strong>wird</strong> diese<br />
Studiensammlung<br />
von Bedeutung sein.“<br />
Waningers Mühe<br />
machte sich bezahlt,<br />
und so wurden seit den sechziger Jahren<br />
des 20. Jahrhunderts zur Unterstützung<br />
der Lehrwerkstatt zivile Lehrexponate<br />
angeschafft, an denen Auszubildende<br />
sich an Legierungen und in der<br />
Verfahrenstechnik üben konnten.<br />
Außerdem wurden für Ingenieure Handfeuerwaffen<br />
und Maschinenkanonen<br />
von „Nato“-Partnern sowie deutsche<br />
Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg zusammengestellt,<br />
um aus diesen Geräten<br />
und Systemen leistungs<strong>gesteigert</strong>e<br />
Waffen entwickeln zu können. All dies<br />
bildete den Grundstock für die Wehr-<br />
Kein Serienprodukt: Das Gewehr, das um die Ecke schießt,<br />
gehört zu den Kuriositäten der firmenhistorischen Sammlung.<br />
benötigt, ob wir nicht so etwas hätten.<br />
Wir haben zugesagt, dem Schauspielhaus<br />
aber die Bedingung gestellt, das<br />
Gerät auf deren Kosten zu restaurieren.<br />
Das ist geschehen, und nachdem der<br />
Scheinwerfer seinen <strong>Die</strong>nst getan hatte,<br />
kam er – mit neuer Leuchtkraft ausgestattet<br />
– zu uns zurück.“<br />
So wie der Flakscheinwerfer haben<br />
viele Exponate in der firmenhistorischen<br />
Sammlung ihre eigenen Geschichten,<br />
und die meisten davon drehen<br />
sich um deren Erwerb. „Viele Sachen<br />
sind durch Tausch in die Sammlung<br />
gelangt“, erzählt Fabry. „Ich hatte<br />
im Laufe der Jahre einen ausgezeichneten<br />
Kontakt zu vielen wehrtechnischen<br />
Museen und Sammlungen im In-<br />
Restaurierungsbedürftig: <strong>Die</strong> im Freigelände vor den beiden Hallen der firmenhistorischen Sammlung in Unterlüß stehende,<br />
fast acht Tonnen schwere Flak 8,8 cm Gerät 41 mit Drehscheibenunterbau war ein Prestige-Objekt der Rheinmetall-Borsig <strong>AG</strong>.<br />
technische Studiensammlung, die<br />
ihren Platz in der Rheinmetall-Entwicklungsabteilung<br />
gefunden hatte.<br />
Nach eigener erfolgreicher Entwicklungstätigkeit<br />
ließ das Interesse an diesen<br />
Sammlungen spürbar nach, bis die<br />
damalige Geschäftsführung im Jahre<br />
1970 entschied, im Gebäude 40 des<br />
Derendorfer Werksteiles 1 – dort, wo<br />
sich heute das historische Archiv der<br />
Rheinmetall-Gruppe befindet – eine historische<br />
Sammlung aufzubauen, die<br />
der Abteilung KMB (Werbung und Öffentlichkeitsarbeit)<br />
übertragen wurde.<br />
Angefangen mit einer Ausstellung im<br />
Keller der damaligen Hauptverwaltung,<br />
begann die Werbeabteilung unter<br />
ihrem damaligen Leiter Anton Fabry, eine<br />
systematische historische Sammlung<br />
zu erstellen, die mit der ursprünglichen<br />
Zielsetzung als Studiensammlung<br />
für angehende Ingenieure nun nichts<br />
mehr gemein hatte. <strong>Die</strong> Exponate wurden<br />
beschrieben und dokumentiert,<br />
und mit der Unterstützung der Wehrtechnischen<br />
Studiensammlung des<br />
BWB in Koblenz sowie in Zusammenarbeit<br />
mit anderen deutschen und europäischen<br />
Museen (z.B. Bayerisches<br />
Armeemuseum – Ingolstadt, Heeresgeschichtliches<br />
Museum – Wien, Imperial<br />
War Museum – London) konnten im<br />
Laufe der Jahre frühere Rheinmetall-<br />
Produktreihen komplettiert werden.<br />
1988, ein Jahr vor dem 100jährigen<br />
Bestehen von Rheinmetall, war bereits<br />
soviel Material zusammengetragen<br />
worden, daß die Sammlung in einer<br />
ehemaligen Werkshalle im Werksteil IV<br />
ein eigenes Gebäude beziehen konnte.<br />
Über die Eröffnung der Ausstellung<br />
berichtete „Das Profil“ in seiner Ausgabe<br />
2/1988: „Drei Jahrhunderte waffentechnischer<br />
Entwicklung spiegelt die<br />
vor kurzem eröffnete ‚wehrtechnische<br />
Studiensammlung‘ der Rheinmetall<br />
GmbH wider. Mehr als hundert Exponate,<br />
vom Original-Tagebuch des Firmengründers<br />
Heinrich Ehrhardt über<br />
seltene Gewehre, Fotoapparate und<br />
Rechenmaschinen bis hin zu einem<br />
kompletten Rohrrücklaufgeschütz von<br />
und Ausland aufgebaut – zum Imperial<br />
War Museum, zum Heeresgeschichtlichen<br />
Museum in Wien,<br />
zum Bayerischen Armeemuseum<br />
in Ingolstadt<br />
– und natürlich<br />
auch zur Wehrtechnischen<br />
Studiensammlung in<br />
Koblenz. So haben wir<br />
zum Beispiel vom<br />
Smithonian Museum<br />
in Washington<br />
DC eine einzigartige<br />
Bildersammlung von<br />
Rheinmetall-Produkten<br />
aus den Jahren 1900 bis 1918<br />
im Tausch gegen ein MG-3-<br />
Schnittmodell erhalten, mit dem wir<br />
Das MG 42 / 59 – bis 1945 ein Massenprodukt für die Wehrmacht – stand am<br />
Beginn der Rheinmetall-Fertigung für die Bundeswehr und die „Nato“.<br />
1901, fügen sich zu einem facettenreichen<br />
Bild der Rheinmetall-Geschichte.“<br />
<strong>Die</strong> Ausstellung blieb allerdings<br />
nicht lange im Heinrich-Ehrhardt-Haus<br />
im Werk IV: 1992 wurde sie zusammen<br />
mit der Produktion von Düsseldorf-Derendorf<br />
nach Unterlüß verlegt, wo sie<br />
heute organisatorisch zur Rheinmetall<br />
W&M GmbH gehört.<br />
Parallel – und zunächst unabhängig<br />
von der firmenhistorischen Sammlung<br />
– entstand seit etwa 1978 auch das<br />
historische Archiv der Rheinmetall<br />
GmbH. Zu verdanken ist es dem historischen<br />
Interesse des – bereits genannten<br />
– früheren Werbeleiters Fabry,<br />
der eine große Anzahl von Altakten<br />
aus den Derendorfer Werken I und<br />
IV für die Nachwelt bewahrte. <strong>Die</strong>se<br />
Unterlagen, von denen man sich ursprünglich<br />
hatte trennen wollen, wurden<br />
vor allem interessant, als Rheinmetall<br />
sich anschickte, das 100jährige<br />
Jubiläum (1989) zu feiern. Im Heinrich-<br />
Ehrhardt-Haus, der Heimat der Sammlung,<br />
wurden die historischen Papiere<br />
aus 100 Jahren Rheinmetall-Geschichte<br />
seit 1986 sorgfältig systematisiert<br />
und in einem Findbuch erfaßt. Dabei<br />
gelang es Fabry, technische Akten der<br />
Rheinmetall-Borsig <strong>AG</strong>, die nach 1945<br />
von den Alliierten nach England oder<br />
Amerika gebracht worden waren, im<br />
Freiburger Militärarchiv und im Imperial<br />
War Museum aufzufinden und<br />
wiederum die Washingtoner Handfeuerwaffensammlung<br />
ergänzen konnten.<br />
<strong>Die</strong> fünf Fotoalben waren bis 1918 in<br />
unserem Besitz gewesen, waren dann<br />
von den Alliierten mit vielem anderen<br />
Material beschlagnahmt worden<br />
und nach einer regelrechten Odyssee<br />
schließlich im Smithonian-<br />
Museum gelandet.“<br />
Und das Dampfflugmodell?<br />
„Dahinter verbirgt<br />
sich eine besonders<br />
lustige Geschichte“,<br />
lacht<br />
Fabry. „Es handelt<br />
sich dabei um ein<br />
originalgetreues Modell eines<br />
Rheinmetall-Lokomobils,<br />
zurück nach Düsseldorf zu holen. Viele<br />
Unterlagen gelangten nun auch aus<br />
einzelnen Abteilungen des Unternehmens<br />
ins Archiv, aber auch von Privatpersonen.<br />
So gaben z.B. die Erben des<br />
früheren Ingenieurs des Leichtmetall-<br />
Preßwerkes Hohenzollern in Düsseldorf-Grafenberg,<br />
Fritz Kühna, die bei<br />
ihnen vorhandenen historischen Unterlagen<br />
an Rheinmetall ab.<br />
Seit 1987 gab es auch bei der (damaligen)<br />
Rheinmetall Berlin <strong>AG</strong> die Überlegung,<br />
ein historisches Archiv der<br />
gesamten Rheinmetall-Gruppe aufzubauen.<br />
Für das Jubiläum Rheinmetalls<br />
spielte das neu entstandene Zentralarchiv<br />
allerdings noch keine entscheidende<br />
Rolle, die Firmenchronik von<br />
1989 entstand fast ausschließlich aufgrund<br />
der Unterlagen des Archivs der<br />
Rheinmetall GmbH. Das Zentralarchiv<br />
der Rheinmetall-Gruppe, das in seiner<br />
jetzigen Form seit 1992 existiert, und<br />
dasArchiv der Wehrtechnischen Studiensammlung,<br />
das 1992 – anders als<br />
die Ausstellung – nicht nach Unterlüß,<br />
sondern nach Ratingen transferiert<br />
wurde, bestanden mehrere Jahre lang<br />
ohne organisatorischen Bezug nebeneinander.<br />
Das änderte sich mit Beginn<br />
diesen Jahres: Vor wenigen Wochen<br />
wurden die beiden Archive unter dem<br />
Dach des Rheinmetall-Zentralbereiches<br />
Kommunikation zusammengeführt.<br />
Dr. Christian Leitzbach<br />
das sich im Besitz<br />
einer Schaustellertruppe<br />
befand. Es<br />
wurde auf Jahrmärkten<br />
benutzt,<br />
wo kleine Kinder<br />
damit herumgefahren<br />
wurden. Angetrieben<br />
wurde es<br />
mit Dampf, unterstützt<br />
durch eine Anton Fabry<br />
Sauerstoffflasche.“ <strong>Die</strong> Schreibmaschinensammlung<br />
ist auch sehr beachtlich:<br />
„Bis auf ein Modell haben wir die ganze<br />
Typenreihe der in Sömmerda hergestellten<br />
Maschinen komplett.“ Und<br />
kann man darauf auch noch schreiben?<br />
„Ja, aber selbstverständlich!“<br />
Fotos(3): Katja Kletzke